Spruch
W113 2303278-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Katharina DAVID über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.08.2024, Zahl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet stellte der Beschwerdeführer am 14.09.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung brachte er vor, aus dem syrischen Polizeidienst ausgetreten zu sein, weil er mit der Behandlung der Bürger durch die Polizei nicht einverstanden gewesen sei. Danach sei er von der Polizei verfolgt und bedroht worden.
2. Bei der Befragung durch die belangte Behörde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, während des Urlaubs von der Polizei desertiert zu sein, weil er als Sunnit diskriminiert worden sei. Es sei gegen ihn ein Verfahren als Verräter geplant gewesen, wovon er gewusst habe.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Internationalen Schutz bezüglich Asyl (Spruchpunkt I.) abgewiesen, dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung zuerkannt (Spruchpunkt III.).
Die negative Asylentscheidung begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen zum Austritt aus der Polizei gesteigert habe und es daher unglaubwürdig sei. Auch habe der Beschwerdeführer bezüglich der Konsequenzen seiner Desertion aus der Polizei deutlich übertrieben.
4. In der dagegen erhobenen Bescheidbeschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr aufgrund seiner Desertion aus dem Polizeidienst die Inhaftierung durch das syrische Regime unter Anwendung von Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen würden. Aufgrund der Desertion, seines Herkunftsortes, den Demonstrationen, seiner Zugehörigkeit zur Bevölkerungsgruppe der sunnitischen Araber, der illegalen Ausreise und Asylantragstellung im Ausland wird der Beschwerdeführer vom syrischen Regime als oppositionell und politischer Gegner betrachtet. Der Beschwerdeführer lehne aus Gewissensgründen jede Partei im syrischen Bürgerkrieg ab, da alle Gruppierungen ausweislich der aktuellen Länderberichte Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung begehen würden.
5. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
6. Mit Stellungnahme vom 04.04.2025 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass sich der Beschwerdeführer im wehrfähigen Alter befinde und jahrelang in XXXX als Polizeibeamter gedient habe. Aktuell werde das Staatsgebiet überwiegend von der HTS kontrolliert. Daher befürchte der Beschwerdeführer, von den neuen Machthabern in Damaskus als Anhänger des Assad-Regimes verfolgt zu werden, was zu einer systematischen asylrelevanten Verfolgung führen könnte. Dass diese Befürchtung auch im Fall des Beschwerdeführers zutreffen könnte, ließe sich durch die aggressive Vorgehensweise der neuen Machthaber gegen ehemalige regimenahe Personen, die sie festgenommen hätten, belegen. Aufgrund der aktuellen Ereignisse sei unklar, inwieweit die HTS, die mittlerweile große Teile Syriens kontrolliert, auf Zwangsrekrutierungen zurückgreift, um ihr Herrschaftsgebiet zu verteidigen oder auszudehnen. Die Situation in Syrien ist derzeit zu volatil, um valide Informationen zu liefern. Die Voraussetzungen für subsidiären Schutz würden weiterhin vorliegen, bezüglich Asyl sei die Sache nicht entscheidungsreif.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 07.04.2025 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer im Wesentlichen seine bisherigen Fluchtgründe wiederholte.
8. Mit Stellungnahme vom 11.04.2025 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass zurzeit noch nicht abschätzbar sei, wie sich die Lage in Syrien weiterhin entwickeln werde, somit fehle es zurzeit an einer wesentlichen Grundlage für die Entscheidung. Dem Beschwerdeführer drohe aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Polizist in Syrien die Gefahr, mit dem Vorwurf konfrontiert zu werden, ein Unterstützer oder Anhänger des Assad-Regimes gewesen zu sein, und deshalb von den neuen Machthabern verfolgt zu werden. Gerade in Gebieten, die heute von oppositionellen oder anderen bewaffneten Gruppen kontrolliert werden, würden ehemalige Mitarbeiter des syrischen Staatsapparats oft automatisch als Kollaborateure gelten. In diesen Regionen drohten ihm bei einer Rückkehr Verhaftung, Folter oder sogar die Todesstrafe, ohne dass ihm die Möglichkeit einer fairen Untersuchung oder Verteidigung gegeben wäre. Im Falle einer Rückkehr bestünde für den Beschwerdeführer auch die Gefahr, dass er von der HTS als „Europa-Rückkehrer“ wahrgenommen werden würde und dass „ihnen aufgrund ihrer westlichen Werteeinstellung eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt werden würde“. Dem Beschwerdeführer droht daher ausgehend von der HTS asylrelevante Verfolgungsgefahr. Die Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Gefährdungslage in Syrien und den zur Verfügung stehenden Länderinformationen zeige, dass dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung aufgrund einer ihm zugeschriebenen oppositionellen politischen Einstellung drohe.
9. Mit hg. Schriftsatz vom 09.05.2025 wurde dem Beschwerdeführer zum Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 08.05.2025 rechtliches Gehör gewährt. Von der eingeräumten zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme hat der Beschwerdeführer in der Folge keinen Gebrauch gemacht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Aufgrund des vom Gericht durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:
1. Der Beschwerdeführer hat den im Rubrum genannten Namen und das Geburtsdatum, er ist syrischer Staatsangehöriger und sunnitischer Moslem.
2. Er stammt aus XXXX (Gouvernement XXXX ) und war ab September 2015 in XXXX als Polizist tätig. XXXX stand bis Juli 2018 unter Kontrolle der syrischen Opposition, danach bis Dezember 2024 unter Kontrolle der syrischen Regierung, zwischen Dezember 2024 und April 2025 unter Kontrolle der HTS-geführten Koalition und steht seit Mai 2025 unter Kontrolle der (zweiten) syrischen Übergangsregierung.
3. Er hat am 15.06.2023, während des Urlaubs im aktiven Polizeidienst, die Flucht aus Syrien angetreten, weil er aufgrund seiner Religionszugehörigkeit von seinen Vorgesetzten schlecht behandelt wurde und diese negative Berichte über ihn verfasst haben. Auch hätte er an Kampfhandlungen teilnehmen sollen, was er abgelehnt hat.
4. Seine Familie in Syrien wurde wegen seiner Desertion und Flucht ins Ausland nicht bedroht.
5. Der Beschwerdeführer ist in Syrien nicht vorbestraft und war dort nicht politisch tätig.
6. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat
Am 27.11.2024 startete unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) die von der Provinz Idlib ausgehende Operation „Abschreckung der Aggression“. Am 08.12.2024 wurde Damaskus ohne Gegenwehr eingenommen und die Regierung von Bashar Al-Assad gestürzt. Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad. Die HTS übernahm die Kontrolle im Land. Es wurde eine Übergangsverwaltung geschaffen. Der ehemalige Premierminister Mohammed Al-Jalali übertrug die Macht formell an Mohammed al-Bashir, den neu ernannten Übergangspremierminister, um die Fortführung der staatlichen Aufgaben zu gewährleisten. Bei Mohammed al-Bashir handelt es sich um den ehemaligen Leiter der SSG im Nordwesten Syriens, welche seinerzeit zusammen mit der HTS gegründet worden war. Die Amtszeit von al-Bashir und die der Übergangsregierung sollte am 1. März 2025 enden, allerdings gab es Ende Januar 2025 noch keinen Termin für Wahlen in Syrien. Zwischenzeitlich wurde Ahmad Al-Sharaa, der Anführer der HTS, zum De-facto-Führer Syriens ernannt. Am 29.01.2025 wurde Al-Sharaa zum Präsidenten für die Übergangszeit ernannt. (Staatendokumentation 10.12.2024; EUAA Syria Country Focus März 2025).
Die Übergangsregierung schaffte die Wehrpflicht ab, außer in Situationen wie dem nationalen Notstand. Laut Samir Saleh, Mitglied des Militärkommandos im Umland von Damaskus, wird die syrische Armee eine Freiwilligenarmee sein, an der sich die Bevölkerung beteiligen soll, um die Grenzen des Landes zu sichern. Frühere Überläufer, wie z.B. Offiziere der Freien Syrischen Armee (FSA), werden in der Struktur des Verteidigungsministeriums einen besonderen Status erhalten, je nach ihrer Expertise. Am 29. Dezember wurde eine Liste mit 49 neuen militärischen Befehlshabern veröffentlicht, darunter Mitglieder der HTS, übergelaufene Offiziere der syrischen Armee und mindestens sechs Nicht-Syrer, wobei die sieben höchsten Positionen Berichten zufolge mit HTS-Mitgliedern besetzt sind.
Schließlich verpflichtete sich die Übergangsregierung, alle Rebellengruppen in das Verteidigungsministerium zu integrieren. Zwischen Januar und Februar 2025 bemühten sich die Interimsministerien für Verteidigung und Inneres, alle bewaffneten Gruppen in einer einzigen Militär- und Polizeitruppe zu vereinen. Das Verteidigungsministerium berichtete, dass über 70 Gruppierungen aus sechs Regionen der Integration zugestimmt hätten, und es wurde ein Oberster Ausschuss eingerichtet, der den Einsatz militärischer Mittel, einschließlich Personal, Stützpunkte und Waffen, steuern sollte. (vgl. zum Gesamten EUAA Country Focus Syria März 2025)
Mehrere Quellen berichten im Februar 2025, dass der Präsident der syrischen Übergangsregierung, Ahmed Al-Scharaa, erklärt habe, dass er die Wehrdienstpflicht abgeschafft habe und stattdessen auf freiwillige Rekrutierung setze (Enab Baladi, 12.02.2025; France 24, 10.02.2025; siehe auch Markaz Al-Jazeera l-il-Dirasat, 30.01.2025; FDD, 28.01.2025). Anfang Februar 2025 wurde berichtet, dass sich Scharaa zufolge tausende Freiwillige der neuen Armee anschließen würden (France 24, 10.02.2025; Enab Baladi, 12.02.2025). Dem Online-Begleittext eines Videobeitrags des schwedischen Fernsehprogramms Svtnyheter von Jänner 2025 zufolge hätte die Hayat Tahrir Al-Scham (HTS)aktiv mit intensiven Rekrutierungen für die Reihen der Polizei und des Militärs begonnen (Svt nyheter, 18.01.2025). In einem undatierten arabischsprachigen Artikel bezieht sich das Swedish Center forInformation (SCI) auf den genannten Videobeitrag. Laut dem SCI-Artikel würden Berichten zufolge Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere mittels intensiver Programme rekrutiert, die von traditionellen akademischen Standards und Trainingsstandards abweichen würden. Dies habe den Zweck, die Ausbildung der Militär- und Sicherheitskräfte zu beschleunigen, um den Bedarf des neuen Staates zu decken (SCI, ohne Datum). (vgl. zum Gesamten ACCORD vom 21.03.2025, Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen, a-12592-v2)
Die neue Führung hatte sich seit ihrer Machtübernahme verpflichtet, die Rechte der Minderheiten zu wahren (The New Arab, 07.01.2025). Anfang Jänner kündigte das Bildungsministerium der Übergangsregierung auf seiner Facebook-Seite einen neuen Lehrplan für alle Altersgruppen an, der eine stärker islamische Perspektive widerspiegelt und alle Bezüge zur Assad-Ära aus allen Fächern entfernt. Zu den vorgeschlagenen Änderungen gehörte unter anderem die Streichung der Evolutionstheorie und der Urknalltheorie aus dem naturwissenschaftlichen Unterricht. Aktivist·innen zeigten sich besorgt über die Reformen (BBC News, 02.01.2025).
„EUAA, Syria: Country Focus, Country of Origin Information Report, March 2025
[…]
1.3. Treatment of certain profiles and groups of the population
1.3.1. Persons affiliated with the government of Bashar Al-Assad
Upon its takeover of power, the transitional administration did not pursue a sweeping de Baathification process akin to Iraq’s post-war policies and the offices of the Baath Party were not systematically targeted. In December, the Baath Party leadership suspended activities.155 At the end of January, it was announced that the party had been dissolved.156 From the outset, the new authorities announced that soldiers who had been recruited under compulsory service were safe, and it was forbidden to assault them. On 9 December, the MOA issued a general amnesty for all military personnel conscripted under compulsory service.157 The new administration subsequently established so-called ‘reconciliation centres’ to provide temporary civilian identity cards to former members of the police, military, intelligence services, and pro-Assad militias who surrender their weapons.158 These reconciliation centres oversee the process by which former regime affiliates surrender their weapons and register their personal information in exchange for temporary identification cards. These cards grant limited legal protection and safe passage, but the process lacks transparency, follows inconsistent criteria, and is influenced by security agencies, with many applicants facing complex bureaucratic hurdles.159 In late December, the BBC reported significant participation, with hundreds of individuals queuing at a reconciliation centre in Damascus.160 In January and February, local media and organisations following the events in Syria reported that the new administration granted amnesty to some high level figures associated with the Assad government, such as Fadi Saqr, previous leader of the National Defence Forces.161 The MOA was further said to have granted reconciliation to collaborators of Maher Al-Assad, such as businessmen who sponsored his activities,162 as well as Major General Talal Makhlouf, leader in the Assad government’s Republican Guard.163 Concurrently, the collapse of Bashar Al-Assad’s government prompted numerous senior officials and associates of the ruling family to flee to Lebanon. However, Lebanese authorities expelled Syrian officers and soldiers who had entered illegally, returning them to Syria, where they were detained by the new administration.164 By the end of December, the transitional administration intensified efforts to apprehend individuals associated with the ousted government.165 Authorities claimed their arrest campaigns target only individuals who committed crimes on behalf of the Assad regime.166 Campaigns in Deir Ez-Zor, Aleppo, and Tartous focused on confiscating illegal weapons and apprehending suspects involved in illegal activities.167 Nearly 300 individuals were detained in one week alone across Damascus, Latakia, Tartous, Homs, Hama, and Deir Ez-Zor, including former regime informants, pro-Iranian fighters, and lower-ranking military officers. According to SOHR, some detainees accused of having provided intelligence to the Assad government were reportedly executed immediately after their arrest.168 On 10 January, SOHR reported that fighters associated with the transitional administration publicly executed Mazen Kneneh, a local official accused of serving as an informant for the ousted president Assad.169 In February, further extrajudicial killings of former affiliates of militias supportive of Bashar Al-Assad were reported, such as the assassination of four members of the Meido family, who were part of a local militia, which had fought alongside the previous government. According to SOHR, extrajudicial and revenge killings resulted in the deaths of 287 individuals between the start of 2025 and middle of February 2025.170 Operations continued throughout January, with members of the general security administration inspecting houses, looking for weapons and individuals who had not reconciled with the transitional administration.171 Extensive military and security operations across key regions, such as the coastal cities, Homs, Hama, Aleppo, and Damascus involved raids, weapons searches, and the further detention of hundreds of individuals.172 The operations focused on former military fighters and ex-government personnel and resulted in significant amounts of weapons and ammunition seized. The arrested individuals were transported to Homs Central Prison, Hama Central Prison, and Adra Prison in the Rural Damascus area. Additionally, videos posted online showed detainees, apprehended during these operations, enduring physical and verbal mistreatment, including assaults and humiliating treatment.173 According to the Syria Justice and Accountability Center, these security operations resulted in various human rights violations, including the reported death of detainees in custody and the arrest of relatives of wanted individuals, affecting both former Assad government affiliates and unrelated civilians.174 By mid-January, the SOHR reported that over 9 000 combatants and officers remained detained, amid allegations of torture and restricted communication with families.175 Information by the Syrian Network for Human Rights (SNHR) match the allegations of torture, as reported by families who had bodies of family members returned after their detention by the General Security Directorate.176 Concurrently, SOHR reported that 275 detainees from the Central Homs Prison were released following a determination of their innocence in war crimes committed against the Syrian population.177 In January 2025, the transitional administration freed around 641 individuals, mainly from the governorates of Homs, Hama, and Latakia, who had been held in detention for durations spanning a few days to a month, with the majority being released in small groups from Homs Central Prison.178 At the beginning of February, the Ministry of Information imposed a prohibition on conducting interviews with or disseminating statements attributed to individuals affiliated with the former government.179 Since the takeover by the transitional administration, remnant pro-Assad groups have conducted small-scale, targeted hit-and-run attacks against its security forces across Syria.180 These attacks have prompted the authorities to launch operations to capture the culprits which at times resulted in civilian casualties.181 In early March, coordinated attacks by pro-Assad groups on security forces, particularly in the coastal areas, led to a significant escalation which resulted in large numbers of civilian casualties, mostly from the Alawite community.182
[…]
Next to the transitional administration’s operations, incidents of suspected revenge acts, including killings, kidnappings, and arson, by unidentified groups have been documented, though their scale remains unclear. At the end of December, three Alawite judges in Masyaf, responsible for property disputes, were killed, an act condemned by the transitional administration.183 In January, SOHR reported the execution of 15 people, including officers of the former government, by unidentified gunmen in Homs governorate. Furthermore, 53 people were arrested and brought to unknown locations.184
[…]“
„Länderinformationen der Staatendokumentation, Version 12 vom 08.05.2025
[…]
Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
[…]
Seitdem der friedliche Aufstand gegen das Assad-Regime Ende 2011 in den bewaffneten Konflikt überging, bildeten sich bewaffnete Gruppierungen auf fast der gesamten syrischen Landkarte, angefangen bei Offizieren und Soldaten, die vom Regime übergelaufen waren, bis hin zu Gruppierungen, die sich aus lokalen und religiösen Gruppierungen zusammensetzten. Sie standen im Konkurrenzkampf einerseits untereinander und andererseits kämpften sie gegen die Regimekräfte, die ihnen bis 2018 schwere Verluste zufügten. Danach wurden viele Gruppierungen aufgelöst. Andere übersiedelten unter russischer Schirmherrschaft im Rahmen von Abkommen nach Nordsyrien oder blieben auf der Basis von „Versöhnungsabkommen“ unter russischer Schirmherrschaft und Garantien bzw. direkten Abmachungen mit dem Assad-Regime weiter bestehen. Im Zuge der Kampfhandlungen im Spätherbst 2024 schienen die Oppositionskämpfer gut organisiert zu sein und arbeiteten in einem Bündnis unter dem Namen Abteilung für militärische Operationen (Department of Military Operations - DMO) zusammen (Asharq 9.12.2024). Für die Großoffensive „Abschreckung der Aggression“, die am 17.11.2024 startete und zum Sturz des Präsidenten al-Assad führte, hatten sich die Rebellen monatelang vorbereitet (NYT 1.12.2024). Im Laufe des vergangenen Jahres entwickelten die Kämpfer eine neue Methode, die sich auf die Verwendung von Drohnen stützte (Guardian 8.12.2024). Von den ersten Tagen der Offensive an veröffentlichte die von den Rebellen geführte DMO mehrere Videos von Angriffen auf Militärfahrzeuge und Versammlungen von Soldaten des syrischen Regimes mit sogenannten Shaheen-Drohnen, die eine große Effektivität und Genauigkeit beim Treffen der Ziele zeigten. Für diese Drohnen wurden eigens die Shaheen-Bataillone geschaffen (AJ 10.12.2024). Diese Bataillone sind für ihr hohes Maß an Fachwissen und ihre Präzision bekannt. Sie sollen von Offizieren aus Osteuropa ausgebildet worden sein (IndepAr 5.12.2024). Für die Ausbildung soll die Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) sogar eine eigene Drohnenakademie betrieben haben (LF 13.12.2024). Zum ersten Mal in der Geschichte des Syrienkonflikts war die bewaffnete Opposition nun in der Lage, den Luftraum zu kontrollieren (IndepAr 5.12.2024). Die verschiedenen Drohnentypen trugen dazu bei, eine Art Gleichgewicht im Luftraum zu erreichen, gemeinsam mit der Tatsache, dass die Russen den Großteil ihres Luftarsenals aus Syrien abgezogen hatten, weil sie mit dem Krieg in der Ukraine beschäftigt waren (AJ 10.12.2024). Die Drohnen, die in niedriger Höhe fliegen, greifen Fahrzeuge und gepanzerte Fahrzeuge an, feuern Raketen auf Soldaten ab, oder es sind Selbstmorddrohnen, die sich schnell auf Fahrzeuge und Panzer stürzen und sich sofort mit jedem Objekt, das mit ihnen kollidiert, in die Luft sprengen. Einer Warnung Russlands zufolge soll die HTS über mehr als 250 fortschrittlicher Drohnen verfügt haben. Gerüchten zufolge unterhielt die HTS im Nordwesten Syriens eine Fabrik zur Herstellung von Drohnen mit Düsentriebwerken und Sprengbomben gemeinsam mit ausländischer Unterstützung (IndepAr 5.12.2024), wie beispielsweise durch uigurische Ingenieure der Turkistan Islamic Party (TIP, die aus Dschihadisten besteht, die aus China stammen und sich im ländlichen Latakia und Idlib niedergelassen haben). Sie beaufsichtigen die Herstellung der Drohnen für ein monatliches Gehalt von bis zu 4.000 Dollar (Nahar 29.11.2024). Die Entwicklung dieser Waffen soll in kleinen Werkstätten, untergebracht in Garagen, Häusern, ehemaligen Schulgebäuden, Lagerhäusern und anderen Orten, die schwer zu entdecken sind, passiert sein (LF 13.12.2024). HTS hat eine komplexe Infrastruktur aufgebaut, um den Einsatz von Drohnen zu ermöglichen. Dazu gehört auch der Einsatz von 3-D-Drucktechnologie zur Herstellung von Teilen, die nicht ohne Weiteres aus kommerziellen Quellen bezogen werden können (LF 13.12.2024). Der Interimsregierung unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) fehlt es an ausreichendem Personal, um das ganze Land zu verwalten und die Posten zu bemannen. Es werden entweder andere Gruppierungen mit an Bord geholt werden müssen, oder möglicherweise auch ehemalige Soldaten (PBS 16.12.2024). Die einzigen Ordnungskräfte sind diejenigen Gruppierungen, die aus Idlib mitgekommen sind und die sich – personell überlastet – um ein Minimum an Ordnung in den Städten bemühen (SYRDiplQ1 5.2.2025). Associated Press berichtete am 16.12.2024, dass Polizeikräfte des Assad-Regimes verschwunden sind und an ihre Stelle Polizeikräfte der Syrischen Heilsregierung (Syrian Salvation Gouvernements - SSG) - der von der HTS geführten Regierung, die bis zum Sturz al-Assads in Idlib regierte - getreten waren. Sie bearbeiten Fälle von kleineren Diebstählen und Straßenkrawalle (AP 15.12.2024b). Die Polizisten der SSG sollen 4.000 Mann stark sein, wobei die Hälfte davon weiterhin in Idlib operiere, während die andere Hälfte in Damaskus und anderen Teilen Syriens für Ordnung sorgen. Obwohl manche von ihnen religiöse Symbole tragen, ließen sie andersgläubige Minderheiten weitgehend in Ruhe (AP 15.12.2024b).[Weiterführende Informationen zur Behandlung von Minderheiten finden sich im Kapitel Ethnische und religiöse Minderheiten - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (seit 8.12.2024) sowie Allgemeine Menschenrechtslage – Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad Regimes (seit 8.12.2024).] Die Kräfte, die Syriens neuem Machthaber zur Verfügung stehen, sind unzureichend. Die 30.000 Mann starke HTS ist nun über das ganze Land verteilt (Economist 5.3.2025). In Damaskus ist in den wichtigsten Bereichen nur Militärpersonal der HTS zu sehen, das ein Gefühl der Sicherheit vermittelt und versucht, den Verkehr zu regeln – allerdings mit begrenztem Erfolg. Dies ist nicht nur eine Folge der begrenzten Kapazitäten der HTS, die nun an ihre Grenzen stoßen, da sie ein ganzes Land und nicht nur einen Teil einer Provinz verwalten müssen. Es ist auch ein Symptom für den abrupten Zusammenbruch der traditionellen Sicherheitsstrukturen. In den meisten Städten wurden in den ersten Tagen nach dem Zusammenbruch des Assad-Regimes Polizeistationen und Gerichte geschlossen, und Diebstähle – sowohl von Autos als auch von Häusern – nahmen aufgrund des Mangels an neu ausgebildeten Polizisten zu (AGSIW 4.3.2025). Während des Umsturzes am 8.12.2024 wurden die meisten Polizeistationen in Damaskus von Plünderern verwüstet, wobei Ausrüstung und Unterlagen geplündert oder zerstört wurden. Die Polizei gab an, dass die Hälfte der etwa 20 Polizeistationen inzwischen wiedereröffnet wurde, aber sie jeweils nur mit zehn Beamten besetzt sind, die größtenteils aus Idlib kommen. Zuvor waren es 100 bis 150 Mann (REU 23.1.2025). In Damaskus und anderen Orten kam es häufig zu Gewaltausbrüchen, weil Polizei und Armee nicht über genügend Personal verfügen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Straßen sind oft mit Müll übersät, und anstelle der Polizei regeln Teenager den Verkehr (FT 25.3.2025). HTS hat sich auf ihre eigenen Einheiten und die ihrer engen Verbündeten verlassen, um die vier von Minderheiten dominierten Gouvernements zu sichern. Zu diesen gehören vor allem die Einheiten der Allgemeinen Sicherheit (auch: General Security) des Innenministeriums der ehemaligen syrischen Heilsregierung (Syrian Salvation Government - SSG). Diese Kräfte sind im Wesentlichen schwer bewaffnete Polizisten, die eingesprungen sind, um Unterstützung zu leisten, während neue lokale Polizeikräfte noch aufgebaut werden. Die Abteilung für militärische Operationen hat auch Einheiten im ganzen Land eingesetzt, um die überlastete Allgemeine Sicherheit zu unterstützen und weitere Sicherheitslücken zu schließen. DMO-Einheiten führen gezielte Razzien gegen bewaffnete Zellen durch, halfen anfangs bei der Überwachung von Städten und besetzten zeitweise Kontrollpunkte. Ende Dezember 2024 wurden viele Einheiten aus den Küstenstädten abgezogen und auf Kontrollpunkte und Stützpunkte beschränkt, wo sie durch wachsende lokale Polizeikräfte ersetzt wurden. Am problematischsten waren die ausländischen Kämpfergruppen innerhalb der Eliteeinheit Rote Brigaden [mehr dazu s. unten Anm.] von DMO und HTS, die viele der Razzien der neuen Regierung anführt (MEI 21.1.2025). Die Sicherheitskräfte des alten Regimes wurden aufgelöst. Frühere Versprechen, die Polizei auf ihre Posten zurückzurufen, wurden nicht eingehalten. Die Menschen wurden aufgefordert, sich erneut auf ihre Stellen zu bewerben, aber das Verfahren ist undurchsichtig und soll Alawiten abschrecken. Ash-Shara’ hat sich größtenteils an die Sicherheitskräfte seiner Verwaltung in Idlib gewandt, um den Personalmangel auszugleichen. Erfahrene Offiziere des alten Regimes sind jetzt Taxifahrer. In diesem Vakuum stellen die örtlichen Gemeinden ihre eigenen Bürgerwehren zusammen (Economist 5.3.2025). Ash-Shara’ versprach, dass die bewaffneten Gruppierungen und Milizen entwaffnet würden (HB 16.12.2024), und kündigte an, dass die bewaffneten Gruppierungen aufgelöst und die Kämpfer ausgebildet werden, um in die Reihen des Verteidigungsministeriums einzutreten. Sie werden dem Gesetz unterworfen sein (DW 17.12.2024). Seit Jänner 2025 haben die Interimsministerien für Verteidigung und Inneres zügig daran gearbeitet, alle bewaffneten Gruppen unter einer einzigen, mit dem Staat verbundenen Armee und Polizei zu vereinen. Für diesen Prozess wurde der Oberste Ausschuss für die Regulierung der Streitkräfte eingerichtet, der Waffen, Technologie, Militärstützpunkte und Personal überwachen soll. Ein Ausschuss von Offizieren entwirft derzeit die Struktur der neuen syrischen Armee. Die Regierung hat klargestellt, dass alle militärischen Fraktionen aufgelöst und in staatliche Institutionen integriert werden (TNA 3.2.2025). Der Prozess der Bildung einer neuen Armee für Syrien wird auf der Vereinigung mehrerer bewaffneter Gruppierungen beruhen, die über das ganze Land verteilt sind. Einige dieser Gruppierungen waren in Nord- und Westsyrien aktiv, während andere ihren Einfluss auf Südsyrien konzentriert haben, wie die Achte Brigade unter der Führung des ehemaligen Oppositionskommandeurs Ahmad al-’Awda oder andere Formationen, die in der drusischen Mehrheitsprovinz Suweida eingesetzt werden. Diese Formationen, die sich in der nächsten Phase zu einer einzigen Armee vereinigen sollen, sind jedoch über ihre Visionen und Ziele sowie darüber, woher sie Unterstützung erhalten, zerstritten (AlHurra 12.2.2025). Die HTS verhandelte mit Einheiten der aufgelösten Syrischen Arabischen Armee (SAA) über die Zusammenlegung und Integration in eine neue syrische Armee (ISW 16.12.2024).Der neue syrische Verteidigungsminister Murhaf Abu Qasra kündigte am 6.1.2025 den Beginn von Sitzungen mit militärischen Gruppierungen an, um Schritte für deren Integration in das Verteidigungsministerium zu entwickeln. Die zwei größten drusischen Fraktionen aus der südlichen syrischen Provinz Suweida haben daraufhin ihre Bereitschaft erklärt, sich der neuen syrischen Armee anzuschließen (AlHadath 7.1.2025). Die richtungsweisende Entscheidung, die bewaffneten Gruppierungen unter einer einzigen nationalen Armee zusammenzufassen, wurde während eines hochrangigen Treffens in Damaskus formalisiert. Die neu vereinte Truppe wird dem Verteidigungsministerium unterstellt sein und darauf abzielen, die militärische Führung zu zentralisieren und die Ordnung wiederherzustellen. Das Abkommen umfasst nicht alle Fraktionen. Gruppierungen, die in südlichen Regionen wie Dar’aa, Quneitra und Suweida operieren, sowie in at-Tanf stationierte, von den USA ausgebildete Truppen bleiben außerhalb des Geltungsbereichs. Auch diekurdisch dominierten SDF fallen nicht unter das Abkommen. Pläne für eine umfassendere Integration sollen nach dem Ende der Amtszeit der Übergangsregierung im März umgesetzt werden (TR-Today 8.1.2025). Dem syrischen Verteidigungsminister zufolge waren die bewaffneten Gruppen bereit, sich der neuen Militärstruktur anzuschließen. Das syrische Verteidigungsministerium berichtete, dass die neue syrische Regierung mit Vertretern von mehr als 60 bewaffneten Gruppierungen zusammengetroffen sei, die sich bereit erklärt hätten, sich in das neue Verteidigungsministerium zu integrieren. Es wurde ein Ausschuss eingerichtet, um eine einheitliche Datenbank der Streitkräfte zu erstellen, die Informationen über die Humanressourcen (Offiziere, Unteroffiziere, Soldaten und akademisches Personal) und über militärische Vermögenswerte (Hauptquartiere, Technologie und Waffen) enthalten soll. Die Informationen würden der Führung des Verteidigungsministeriums vorgelegt, gefolgt von Treffen mit den bewaffneten Organisationen, um die Struktur der Sicherheitskräfte festzulegen und Kommandeure zu ernennen (MAITIC 23.1.2025). Die Bewegung der syrischen Oppositionsfraktionen gegen Assad war schon immer zersplittert, und es gibt eine lange Geschichte von gescheiterten Vereinigungsprojekten, sowohl im Norden als auch im Süden des Landes. Nach dem Sturz von al-Assad hat sich die Lage geändert, aber die Probleme sind nicht völlig verschwunden (AlHurra 12.2.2025). Der Übergangsregierung ist es gelungen, von bewaffneten Gruppen im ganzen Land (mit Ausnahme von Suweida) vorsichtige Zugeständnisse zu erwirken. Die Bildung einer Süddivisiondeutet darauf hin, dass sie an einer vorübergehenden Lösung gegenüber dem geschäftsführenden Verteidigungsministerium interessiert ist: Bisher scheinen nicht zu HTS gehörende bewaffnete Gruppen bereit zu sein, mit dem Ministerium zusammenzuarbeiten, ohne jedoch ihre Organisationsstrukturen und geografische Einflusszonen aufzugeben oder sich entwaffnen zu lassen. Tatsächlich werden die Brigaden der Süddivision die Spaltungen, die den Süden seit Jahren prägen – zwischen dem östlichen und westlichen Dara’a, zwischen Dara’a und Suweida und zwischen konkurrierenden Gruppierungen untereinander – aufrechterhalten (Etana 22.2.2025). Obwohl ash-Shara’ Fortschritte bei der Bildung eines Verteidigungsministeriums nach al-Assad unter der Kontrolle der von HTS geführten Behörden in Damaskus signalisiert hat, gibt es über Erklärungen gegenüber den Medien und Diplomatenbesuchen hinaus kaum Anzeichen für praktische Fortschritte. Da es keinen transparenten Plan für die Bildung eines neuen Verteidigungsministeriums gibt, haben ehemalige Oppositionsfraktionen ihre Waffen nicht abgegeben (Etana 10.1.2025). Übergangspräsident ash-Shara’ und Verteidigungsminister Abu Qasra haben sich noch nicht mit den Einzelheiten befasst, wie diese Armee von innen aussehen wird und ob das neue syrische Verteidigungsministerium in der Lage ist, eine vollständige Harmonie zwischen den Fraktionen und Kämpfern zu erreichen (AlHurra 12.2.2025). [Informationen zur neuen syrischen Armee finden sich auch im Kapitel Wehr- und Reservedienst - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (seit 8.12.2024). Informationen zur Eingliederung der kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF) finden sich im UnterkapitelSicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) / Sicherheitsbehörden in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF - Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) Anm.] Am 29.1.2025 wurde die Auflösung bewaffneter Gruppierungen in Syrien bekannt gegeben, darunter auch die HTS (Sky News 31.1.2025). Einem Journalisten von Sky News zufolge sind viele Gruppierungen, die HTS unterstützten, bereits Teil der Allgemeinen Sicherheit (General Security Force) geworden und tragen alle einheitliche schwarze Uniformen und Kampfanzüge (Sky News 13.2.2025). Die General Security war die wichtigste Polizeitruppe der HTS im Nordwesten Syriens und ist nun zur Gendarmerie der Übergangsregierung in ganz Syrien geworden, um das Sicherheitsvakuum nach dem Sturz des Regimes zu füllen (ISW 16.4.2025). Bereits am 28.1.2025 wurde berichtet, dass sich die der al-Qaida nahestehende Gruppierung Hurras ad-Din aufgelöst hatte. 2018 geriet die Gruppierung mit der HTS in Konflikt, nachdem sich Letztere von der al-Qaida losgesagt und ihren Namen geändert hatte (Araby 28.1.2025). Die verschiedenen Gruppierungen in Südsyrien, darunter die von Russland unterstützte 8. Brigade in Dara’a und drusische Milizen in Suweida, haben bestimmte Bedingungen für den Beitritt zu einer nationalen Armee festgelegt. Dazu gehören die Einrichtung einer wirklich repräsentativen Regierung, eine neue Verfassung und ein nicht konfessionsgebundenes Militär. Diese Forderungen unterstreichen das tief sitzende Misstrauen gegenüber einer zentralisierten Autorität und den Wunsch nach lokaler Autonomie, was die Aufgabe der Armeevereinigung weiter erschwert (DNewsEgy 3.2.2025). Bisher ist es gelungen, die von der Türkei unterstützten Gruppierungen in den nördlichen Teilen Syriens aufzulösen (NLM 25.2.2025). Militärangehörige, darunter hochrangige Offiziere, sagten, dass einige Oppositionsfraktionen weiterhin in den Formationen operieren, die sie vor dem Sturz des ehemaligen Präsidenten Bashar al-Assad im Dezember genutzt haben, während gleichzeitig eine schrittweise Übergabe an Brigaden unter der Führung von Damaskus stattfindet, um eine neue Armee aufzubauen (National 21.2.2025). Für das Innenministerium wird ein Kader vorbereitet, der eine spezielle Ausbildung erhalten soll, um seine Aufgaben im Rahmen eines Plans zur Geährleistung einer sicheren Gesellschaft zu übernehmen (Araby 16.12.2024). Am 10.1.2025 gab das Innenministerium bekannt, dass der Eintritt in die Polizei und die Allgemeine Sicherheit durch die Einschreibung in die Polizeihochschule möglich sei. Die Kurse erstreckten sich auf fast alle syrischen Gouvernements, angeführt von Damaskus und seinem Umland, Homs, Tartus, Idlib, Suweida und Deir ez-Zour. In der Meldung hieß es, dass die Bewerber mindestens 20 sein müssen und höchstens 30 Jahre alt sein dürfen, mindestens einen Highschool-Abschluss oder einen gleichwertigen Abschlus haben müssen. Sie müssen die vorgeschriebenen Kurse bestehen, nicht wegen eines Verbrechens oder einer Straftat verurteilt worden sein, bei guter Gesundheit und körperlicher Fitness und mindestens 168 cm groß sein (Syria TV 21.2.2025). Mehr als 200.000 Menschen haben sich für einen neuen Polizeidienst angemeldet, der derzeit aufgebaut wird, sagte der Kursleiter an der Polizeiakademie in Damaskus. Polizisten, die vor Assads Sturz zu den Rebellen übergelaufen sind, können sich für die neue Truppe bewerben. Diejenigen, die dies nicht getan haben, wurden aufgefordert, einen „Versöhnungsprozess“ zu durchlaufen, einschließlich der Unterzeichnung eines Dokuments, in dem sie den Regimewechsel akzeptieren, und der Abgabe ihrer Waffe. Es ist noch nicht klar, ob sie sich der neuen Truppe anschließen dürfen (REU 23.1.2025). […] Das Innenministerium änderte die Bedingungen für die Aufnahme von Mitgliedern des Sicherheits- und Polizeidienstes. Darunter sind eine Altersgrenze von 30 Jahren anstelle von zuvor 26 Jahren und Lockerungen bei den Anforderungen an die körperliche Gesundheit und Fitness. Die Ausbildung dauert 21 Tage. Unter dem Assad-Regime betrug die Ausbildungszeit neun Monate (Tayyar 31.1.2025). Reuters hingegen berichtet von zehn Tagen Unterricht in Waffenhandhabung und islamischen Recht. Wenn sich die Sicherheitslage verbessert, soll die Ausbildung auf neun Monate verlängert werden, wobei ein von den Rebellen in Idlib eingeführtes System verwendet wird (REU 23.1.2025). Die allgemeine Landschaft des neuen Sicherheitsapparats weist deutliche Veränderungen auf, vor allem in Bezug auf die islamistische Färbung, die mit einigen Details einhergeht, wie die lauten Takbir-Rufe [„Allahu Akbar“-Rufe Anm.] bei den Abschlussfeiern, nachdem die Freiwilligen die Scharia- und Militärtrainingskurse absolviert haben, und die Abschlussreden der Veranstaltung, die sich auf die islamischen Lehren und die Notwendigkeit konzentrieren, „im Einklang mit Gottes Gesetz“ zu handeln (Tayyar 31.1.2025). Reuters zitiert Quellen, wonach die islamische Lehre dazu dienen soll, der neuen syrischen Polizei Moral zu vermitteln. Mitglieder der HTS-Polizeieinheit in Idlib sind nach Damaskus gereist, um Polizeibeamte zu rekrutieren. Die HTS-Polizei hat den Bewerbern eine Reihe von Fragen zu ihrem Glauben gestellt und die Ausbildung der neuen Rekruten konzentriert sich auf das Scharia-Recht (REU 23.1.2025). Am 16.4.2025 kündigte das Innenministerium an, dass es einen Beamten ernennen werde, der sowohl die Kräfte der Allgemeinen Sicherheit als auch die Polizeikommandos in jeder Provinz beaufsichtigen solle, um so die Kontrolle über beide Kräfte zu zentralisieren (ISW 16.4.2025). Langfristig werden Syriens Bemühungen zur Reform seines Militärs mit enormen Herausforderungen beim Wiederaufbau seines Waffenarsenals und seiner Infrastruktur konfrontiert sein, insbesondere nach der weitreichenden Zerstörung durch israelische Luftangriffe im Dezember 2024. Diese Angriffe galten über 100 Luftverteidigungsbatterien, Radarsystemen und Geheimdienstbasen, wodurch ein Großteil des syrischen Arsenals unbrauchbar wurde. Berichten zufolge führte Israel in acht Tagen über 600 Angriffe durch und zerstörte dabei etwa 80 % der strategischen Waffen Syriens. Die syrische Luftwaffe, die Berichten zufolge Anfang 2024 über 184 einsatzfähige Flugzeuge verfügte, verfügt nun nur noch über eine Handvoll übergebliebener – wenn auch einsatzfähiger – Flugzeuge. Dasselbe gilt für die Hunderte von Fahrzeugen und Ausrüstungsgegenständen – darunter Kampfpanzer, Schützenpanzer, Langstrecken-Mehrfachraketenwerfer und SAM-Systeme – welche die Rebellen von der sich zurückziehenden Syrischen Arabischen Armee (Syrian Arab Army - SAA) erbeutet haben, deren Schicksal unbekannt ist. Schätzungsweise 15 Marineschiffe wurden bei Angriffen auf Minaa el-Beida und Latakia zerstört, Tartus wurde jedoch verschont, um russische Streitkräfte nicht zu treffen. Der Wiederaufbau des syrischen Militärs – insbesondere der Luftwaffe und der Luftverteidigungsnetze, einschließlich Abfangjäger-Vorräte, Ersatzteile und Ausbildung der Besatzungen – wird Jahre dauern und Milliarden Dollar kosten, und das zu einer Zeit, in der die staatlichen Kassen fast leer sind (TNA 3.2.2025). Ash-Shara’ kündigte einen Plan an, für den Import moderner militärischer Fahrzeuge, die für die Sicherheitsdienste in allen Provinzen geeignet sein sollen (Araby 16.12.2024). Die ehemaligen militärischen Geheimdienste Syriens waren für ihre Unterdrückung berüchtigt. In der neuen Struktur werden Anstrengungen unternommen, um ein Nachrichtensystem von Grund auf neu aufzubauen, das frei von den Altlasten des vorherigen Regimes ist (TR-Today 8.1.2025). Das syrische Generalkommando hat die Ernennung von Anas Hassan Khattab zum Leiter des allgemeinen Nachrichtendienstes bekannt gegeben. Khattab übernahm Anfang 2014 die Position des administrativen Emirs der Jabhat an-Nusra, nachdem er Ende 2013 einer der Anführer der Gruppe und allgemeiner administrativer Emir gewesen war. Nach Angaben des Sicherheitsrats wurde Khattab am 23.9.2014 gemäß den Ziffern 2 und 4 der Resolution 2161 (2014) auf die Sanktionsliste gesetzt, weil er mit al-Qa’ida in Verbindung stand, weil er „an der Finanzierung, Planung, Erleichterung, Vorbereitung, Begehung, Beteiligung oder Unterstützung der Handlungen und Aktivitäten der Jabhat an-Nusra beteiligt war“ und weil er „die Handlungen und Aktivitäten der Jabhat an-Nusra in irgendeiner anderen Form unterstützt hat“ (BBC 26.12.2024). Quellen bestätigten gegenüber Al Jazeera die Ernennung von Generalmajor ’Ali Nour ad-Din an-Na’san zum neuen syrischen Generalstabschef. Lokalen syrischen Plattformen zufolge war an-Na’san ein militärischer Befehlshaber von Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) (AJ 9.1.2025b). Ende Dezember 2024 wurden von der neuen Regierung Kämpfer in Führungspositionen ernannt. Unter den 50 neuen militärischen Ernennungen waren sechs ausländische Kämpfer im Rang eines Brigadegenerals und eines Obersts, darunter zwei Araber. Die Ernennungen sind Teil einer umfassenderen Kampagne von ash-Shara’ zur Umstrukturierung der Neuen Syrischen Armee, die Persönlichkeiten mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlicher Nationalität umfasst (Sky News 30.12.2024).“
2. Beweiswürdigung:
Beweis erhoben wurde durch Einsicht in Behörden- und Gerichtsakt und Einvernahme des Beschwerdeführers.
1. Ergibt sich aus den im Behörden- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren kongruent vorgebrachten Angaben.
2. Ergibt sich aus den im Behörden- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren kongruent vorgebrachten Angaben. Die Feststellung zur Kontrolle von XXXX durch Opposition, Assad-Regierung, HTS und Übergangsregierung ergibt sich aus dem Online-Kartenwerk des Carter Center, abrufbar unter https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html (abgerufen am 11.06.2025). Die von den Angaben im Verfahren abweichende Schreibweise des Herkunftsortes XXXX ergibt sich aus der Schreibweise des Carter Center.
3. Ergibt sich aus den im Behörden- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren kongruent vorgebrachten Angaben. Aus der nur kursorischen Befragung eines Asylwerbers zu seinen Fluchtgründen im Rahmen der Erstbefragung durch die Exekutive (§ 19 Abs. 1 AsylG 2005) ergibt sich, dass die Angaben eines Asylwerbers vor der belangten Behörde regelmäßig ausführlicher und detaillierter sein werden. Beweiswürdigende Überlegungen zulasten des Beschwerdeführers waren aus Sicht des Gerichts deswegen nicht anzustellen.
4. Ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor Gericht.
5. Ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor Gericht.
6. Ergibt sich aus dem Strafregisterauszug vom 11.06.2025.
2.3. Zur Situation im Herkunftsstaat
2.3.1. Die Länderfeststellungen gründen auf den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen, zusammengefasst im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 12 vom 08.05.2025 und im EUAA Syria Country Focus vom März 2025.
Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Syrien zugrunde gelegt werden konnten. Sie erweisen sich für das Vorbringen des Beschwerdeführers auch als hinreichend aktuell und es hat sich seither aufgrund des Amtswissens die Lage im Herkunftsstaat nicht maßgeblich geändert, sodass die Länderberichte den Feststellungen zur Situation in Syrien zugrunde gelegt werden konnten. Die getroffenen Länderfeststellungen enthalten eine Vielzahl von Berichten, legen damit ein ausgewogenes Bild der allgemeinen Situation in Syrien dar und beziehen sich zudem auch auf die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Relevante Rechtsprechung
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 i.V.m. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung droht.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 31.07.2018, Ra 2018/20/0182). Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413; 30.08.2017, Ra 2017/18/0119; 25.01.2001, 2001/20/0011).
Für eine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, 95/01/0454; VwGH 09.04.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr – Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung – bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse, sondern erfordert eine Prognose (VwGH 16.02.2000, 99/01/0397). Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183). Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Erlassung der Entscheidung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Einer von Privatpersonen und privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 21.04.2011, 2011/01/0100). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119; 28.10.2009, 2006/01/0793, mwN). Die Richtlinie (EU) 2011/95 (Statusrichtlinie) sieht einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit zwar generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber anderseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119).
Abgesehen davon, dass einer derartigen, nicht vom Staat sondern von Privatpersonen ausgehenden Bedrohung nur dann Asylrelevanz zuzubilligen wäre, wenn solche Übergriffe von staatlichen Stellen geduldet würden (VwGH 10.03.1993, 92/01/1090) bzw. wenn der betreffende Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt wäre, diese Verfolgung hintanzuhalten, hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausdrücklich klargestellt, dass die Asylgewährung für den Fall einer solchen Bedrohung nur dann in Betracht kommt, wenn diese von Privatpersonen ausgehende Verfolgung auf Konventionsgründe zurückzuführen ist (VwGH 23.11.2006, 2005/20/0551).
Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Im Falle der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers können positive Feststellungen von der Behörde nicht getroffen werden (VwGH 23.09.2014, Ra 2014/01/0058). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051). Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (VwGH 15.03.2016, Ra 2015/01/0069, Rz 16).
Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann („innerstaatliche Fluchtalternative“). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann (zur Rechtslage vor dem AsylG 2005: VwGH 15.03.2001, 99/20/0036; 15.03.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist – wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert – nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen – mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates – im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer „inländischen Flucht- oder Schutzalternative“ (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal wirtschaftliche Benachteiligungen auch dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 29.03.2001, 2000/20/0539; VwGH 08.09.1999, 98/01/0614).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 22.10.2002, 2000/01/0322; VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Dabei reicht für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0089).
Auch aus einer Mehrzahl allein jeweils nicht ausreichender Umstände im Einzelfall kann sich bei einer Gesamtschau die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus einem oder mehreren von asylrelevanten Gründen ergeben (VwGH 26.06.1996, 95/20/0423).
3.2. In der Sache
In die Zeit des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens fällt der Sturz des Regimes Assad und die Machtübernahme der HTS-geführten Koalition sowie der Übergangsregierung. Der Vollständigkeit halber wird das gesamte Vorbringen behandelt, wenn es auch in Schriftsätzen nach dem Umsturz (vom 04.04.2025 und 11.04.2025) nicht mehr wiederholt wird.
3.2.1. Verfolgung wegen Desertierung bzw. Tätigkeit als Polizist
Aus den oben wiedergegebenen Länderberichten (EUAA) ergibt sich, dass für ehemalige Angehörige von Militär und Polizei ein Prozess im Rahmen von reconciliation centers angeboten wird, der ihnen bei Übergabe der Waffen begrenzten rechtlichen Schutz gewährt. In der Folge wurden hochrangige Mitglieder des Assad-Regimes und jene, die sich nicht bei den reconciliation centers gemeldet haben, landesweit gesucht, es kam hiebei auch zu außerrechtlichen Erschießungen. Weiters kam es zu Zusammenstößen mit Assad-treuen Gruppierungen und zu Racheaktionen gegen ehemalige Regimeangehörige.
Nach Ansicht des Gerichts hat die neue Regierung den (hier relevant) Polizeimitarbeitern des Assad-Regimes einen Weg der reconciliation eröffnet, den auch der Beschwerdeführer gehen könnte. Eine erhöhte Gefahr der Rache an ihm – weil er ein exponiertes Mitglied des Assad-Regimes gewesen wäre oder gar Verbrechen begangen hätte und nun die Rache der Angehörige fürchte – hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, ganz im Gegenteil hat er den Polizeidienst verlassen, weil er solche Handlungen eben nicht unterstützen bzw. ausführen wollte. Auch von den in den Länderberichten wiedergegebenen Verhaftungen der Angehörigen von gesuchten Polizisten des Assad-Regimes konnte der Beschwerdeführer nichts berichten, seine Familie im Herkunftsstaat blieb unbehelligt.
Die Rückkehr nach Syrien wäre somit auch aus diesem Gesichtspunkt für den Beschwerdeführer nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr verbunden.
3.2.2. Teilnahme an Demonstrationen in Österreich
Der Beschwerdeführer brachte in seiner Beschwerde vor, in Österreich an Demonstrationen gegen das Assad-Regime teilgenommen zu haben. Dieser potenzielle Nachfluchtgrund ist aus Sicht des Gerichts durch den Sturz des Assad-Regimes weggefallen.
3.2.3. Illegale Ausreise und Antragstellung im Ausland bzw. Europa-Rückkehrer
Sofort nach dem Umsturz haben die neuen Machthaber Syrer in aller Welt aufgerufen, nach Syrien zurückzukehren, sehr viele haben davon bereits jetzt Gebrauch gemacht. Von Diskriminierungen oder gar asylrelevanten Verfolgungen geflohener Syrer nach deren Rückkehr ist den Länderberichten nichts zu entnehmen, weshalb das Gericht eine diesbezügliche Wahrscheinlichkeit als gering einschätzt.
3.2.4. Sonstige Verfolgungsgründe
Auch haben sich im Verfahren darüber hinaus keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen. Die allgemeine Lage in Syrien ist nicht dergestalt, dass automatisch jedem Antragsteller aus Syrien der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste. Der Schutz des Beschwerdeführers vor den mit der aktuell schlechten Sicherheitslage und der aktuellen allgemeinen Unsicherheit in Syrien einhergehenden Gefahren wird durch die – dem Beschwerdeführer bereits rechtskräftig zuteil gewordene – Gewährung subsidiären Schutzes gewährleistet (vgl. VwGH 14.10.2024, Ra 2024/20/0491).
3.2.5. Conclusio
Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen, die maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung darzutun. Der Abweisung des Antrags auf Internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten durch die belangte Behörde war somit nicht entgegenzutreten.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.