JudikaturBVwG

W131 2311262-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
06. Juni 2025

Spruch

W131 2311262-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter iZm dem Nachprüfungsverfahren betreffend die Anfechtung der Auswahlentscheidung, mit welcher Bieterin eine Rahmenvereinbarung beim Los 1 abgeschlossen werden soll, ergangen im Vergabeverfahren der Auftraggeberin Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft mit deren vergebender Stelle ASFINAG Service GmbH (insgesamt = AG) mit der Bezeichnung „ASFINAG SG Baumkontrolle 2025-2028“, nach erfolgter Erlassung einer einstweiligen Verfügung (= eV) nunmehr folgenden Beschluss:

A)

Die einstweilige Verfügung, die über Antrag der XXXX (= ASt) erlassen wurde und mit welcher es der Auftraggeberin am 02.05.2025 untersagt wurde, für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens die Rahmenvereinbarung dieses Vergabeverfahrens beim Los 1 abzuschließen, wird hiermit mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. In dem im Entscheidungskopf bzw Spruch ersichtlichen Vergabeverfahren brachte die ASt am 18.04.2025 einen insb auch mit einem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (= eV) verbundenen Nachprüfungsantrag gegen eine Auswahlentscheidung zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung betreffend die Vergabe (erkennbar) beim Los 1 ein. [Zur Klarstellung insb der Darstellung des Verfahrensgangs wird ausgeführt, dass die Entscheidung zur Erlassung bzw auch Aufhebung der einstweiligen Verfügung zur Verfahrenszahl W131 2311262-1 getroffen wurde bzw wird, und das Nachprüfungsverfahren zur Verfahrenszahl W131 2311262-2 bzw das Verfahren betreffend Pauschalgebührenersatz nach § 341 BVergG zur Verfahrenszahl W131 2311262-3 geführt werden.

In den einzelnen mit den Verfahrenszahlen bezeichneten Gerichtsakten weisen die jeweiligen zusammengehörigen Aktenbestandteile Ordnungszahlen = OZ (Plural: OZZ) auf, wobei im BVwG insb zwecks internen kanzleitechnischen Aktenmanagements Zwischenerledigungen und Folgeeingaben iZm dem strittigen Vergabeverfahren dabei grundsätzlich in der Verfahrenszahl des Nachprüfungsverfahrens mit OZZ erfasst werden, auch wenn sie sich inhaltlich mitunter nicht (allein) auf das Nachprüfungsverfahren, sondern auf die vorersichtlichen akzessorischen Verfahren beziehen.

Derart gilt für diese Entscheidung, dass mangels gegenteiliger Angabe OZZ - Angaben Ordnungszahlen bezeichnen, wie sie im Verfahrensakt W131 2311262-2 abgelegt sind.]

2. Im Nachprüfungsantrag OZ 1 rügte die ASt insb, dass mit der angefochtenen Auswahlentscheidung vergaberechtswidrig ein Angebot mit einem viel zu geringen Preis ausgewählt worden wäre, was auf zu gering angesetzte Personalkosten oder weiteres Zusammenhängendes zurückzuführen wäre. Zudem wurde wohl auch die Leistungsfähigkeit der MB iZm deren Personalkapazitäten bestritten.

In der nachmaligen Replik OZ 18 auf die Stellungnahme der AG zum Nachprüfungsantrag, OZ 15, ergänzte die ASt, dass die AG insb auch überschießende Geheimhaltungsinteressen gemäß § 17 AVG iVm § 333 BVergG an jenen Unterlagen geltend macht, die die angefochtene Entscheidung erst entsprechend nachprüfbar machen würden.

Die ASt führte in der OZ 18 aber auch iZm den hier auszulegenden Ausschreibungsunterlagen zu Baumuntersuchungserfordernissen iZm einer spezifischen ÖNORM L 1122 in Gegenüberstellung zu einem mit dieser Eingabe vorgelegten „Leitfaden für das Baumsicherheitsmanagement“ aus, was nachprüfend wohl zu Auslegungsfragen der Ausschreibung bei der Nachprüfung führen dürfte.

2. Die auftraggeberseitig in der mit Nachprüfungsantrag angefochtenen Auswahlentscheidung als Rahmenvereinbarungspartnerin in Aussicht genommene Bieterin mit dem korrekten Firmennamen „ XXXX “ brachte in ihrem Einwendungsschriftsatz - abseits von Darlegungen auch gegen die ursprünglich erlassene eV - insb wie folgt vor:

[…]

2. Erläuterungen zum Nachprüfungsantrag

a. Technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

Gemäß Ausschreibungsunterlagen ist die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der ausgeschriebenen Dienstleistungen nachzuweisen. Unter anderem sind auch entsprechende Referenzprojekte vorzulegen. Diese Nachweise wurden als Beilage des Angebots am 03.02.2025 übermittelt und als positiv beurteilt.

Weiters sind im abgegebenen Angebot 2 Subunternehmer angeführt, die ebenfalls deren technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bekundet haben. Somit ist auch der Einwand der zu geringen Personalausstattung und die Einhaltung der arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen nicht gegeben.

b. Nachprüfungsantrag

Nach erfolgter Angebotsöffnung am 04.02.2025 wurden wir am 19.02.2025 zur Aufklärung der angebotenen Preise durch die ASFINAG aufgefordert. Diese Aufklärung mit Offenlegung der internen Kalkulation wurde am 03.03.2025 fristgerecht nachgereicht. Somit ist die geforderte Nachprüfung bereits erfolgt.

Die ausschreibende Stelle dürfte unsere Darlegungen fachlich als plausibel eingestuft haben, wodurch sie beabsichtigt uns mit der Rahmenvereinbarung zu beauftragen.

Beweis: „1-Aufklärung_FTB XXXX “ (Beilage 1 – von der Akteneinsicht auszunehmen)

c. Kostenschätzung durch AG

Die Dienstleistungen zum gegenständlichen Verfahren werden seit 2015 (siehe Nachprüfungsantrag (4)) durch die XXXX durchgeführt. Kein anderes Unternehmen konnte bislang die hohen Anforderungen des AG erfüllen. Somit genoss sie bislang Monopolstellung. Durch die eingebrachten Anträge wird nun versucht kleinere Unternehmen an der Erfüllung derartiger Aufträge zu hindern.

Aus diesem Grund gab es für den AG keine Vergleichsangebote und sie ist von einem überteuerten Preisniveau ausgegangen, was die Differenz zur Kostenschätzung durch den AG erklärt.

d. Preisspiegel

Die XXXX hat als einziges Unternehmen ein Angebot für alle 7 Lose abgegeben. In keinem der Lose hat sie das billigste Angebot eingereicht. Auf Grund der Differenzen zu den jeweiligen Billigstbietern wird sie in keinem Los als Bestbieter hervorgehen und verliert somit auf einen Schlag den gesamten Auftrag und somit die Monopolstellung. Das ist sicherlich mit ein Grund, warum vehement versucht wird die Entscheidung des AG in dem gegenständlichen Los zu beeinspruchen.

[…]

3. Die AG nahm inhaltlich zum Nachprüfungsantrag OZ 1 mit der Eingabe OZ 15 Stellung und brachte dort insb wie folgt vor:

1 Bei dem nachprüfungsgegenständlichen Vergabeverfahren handelt es sich um ein offenes Verfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung, das nach den im Oberschwellenbereich geltenden Bestimmungen des BVergG 2018 durchgeführt wird. Das Vergabeverfahren ist in sieben Lose unterteilt, wobei je Los eine Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer abgeschlossen werden soll.

2 Gegenstand des Vergabeverfahrens sind die Leistungen der fachgerechten Ausführung der jährlich wiederkehrenden Baumkontrolle in Bezug auf die in den Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin bzw der ASFINAG Service GmbH fallenden Einzelbäume und Gehölzbestände. Die Baumkontrolle umfasst zusammengefasst die Einzelbaumprüfung und die Bestandsprüfung.

3 Die Einzelbaumprüfung stellt eine Sichtkontrolle vom Boden aus dar, welche die Baumzustandserfassung, die Beurteilung der erhobenen Merkmale, der Vorschlag erforderlicher Maßnahmen und die Erstellung eines Prüfprotokolls umfasst (Teil D.3, Pkt 3.2.3 der Ausschreibungsunterlagen). Betreffend die Leistungen der Einzelbaumprüfung waren gemäß den bestandfesten Ausschreibungsunterlagen Einheitspreise pro Stück (Baum) anzubieten, wobei zwischen Ersterfassungen einerseits und wiederkehrenden Kontrollen andererseits unterschieden wurde (Teil D.5 der Ausschreibungsunterlagen).

4 Im Rahmen der Bestandsprüfung erfolgt die Verkehrssicherheitsüberprüfung des Bestandes in dem für die Verkehrssicherheit relevanten Bereich durch Sichtkontrolle, wobei diese Sichtkontrolle den Vorschlag erforderlicher Maßnahmen und die Erstellung einer entsprechenden Dokumentation im Baumkataster umfasst (Teil D.3, Pkt 3.2.4 der Ausschreibungsunterlagen). Betreffend die Leistungen der Bestandsprüfung waren gemäß den bestandfesten Ausschreibungsunterlagen Einheitspreise pro Hektar anzubieten, wobei ebenfalls zwischen Ersterfassungen einerseits und wiederkehrenden Kontrollen andererseits unterschieden wurde (Teil D.5 der Ausschreibungsunterlagen).

5 Das nachprüfungsgegenständliche Los 1 umfasst die Autobahnmeistereien der „Region Nord, Raum Oberösterreich“ (Ried, Wels, Seewalchen, Ansfelden, Haag, Ybbs).

[…]

9 Die Antragstellerin beteiligte sich am Vergabeverfahren und legte (unter anderem) ein Angebot in Los 1 mit einer Gesamtsumme iHv € XXXX .

10 Die präsumtive Partei der Rahmenvereinbarung XXXX legte ein Angebot im Los 1 mit einer Gesamtsumme iHv XXXX netto.

11 Aufgrund des deutlichen Unterschieds der Gesamtsumme des Angebots der präsumtiven Partei der Rahmenvereinbarung im Vergleich zur Kostenschätzung der Antragsgegnerin einerseits und den Angeboten der beiden Mitbewerber andererseits, erfolgte im nachprüfungsgegenständlichen Los 1 eine vertiefte Angebotsprüfung durch die Antragsgegnerin. Diese vertiefte Preisprüfung umfasste folgende Schritte:

• In einem ersten Schritt wurde ein Preisspiegel erstellt, in dem das Preisangebot der prä-sumtiven Partei der Rahmenvereinbarung mit a) der Kostenschätzung der Auftraggeberin und b) mit den Preisangeboten der weiteren Bieter auf Positionsebene mathematisch verglichen wurde.

• Auf Basis des im ersten Schritt vorgenommenen Preisvergleichs wurden konkrete Preispo-sitionen identifiziert, in denen die von der präsumtiven Partei der Rahmenvereinbarung an-gebotenen Preise hohe Abweichungen im Vergleich zur Kostenschätzung bzw den Preis-angeboten der weiteren Bieter identifiziert und damit als aufklärungsbedürftig qualifiziert wurden. Es handelt sich dabei um folgende Preispositionen:

[…]

• Mit Aufforderung vom 19.02.2025 wurde die präsumtive Partei der Rahmenvereinbarung zur Aufklärung über die vorgenannten Positionen aufgefordert.

• Die präsumtive Partei der Rahmenvereinbarung erstattete mit Schreiben vom 03.03.2025 fristgerecht umfassende Aufklärungen zu ihrer Preiskalkulation.

• Auf dieser Basis erfolgte eine weitergehende vertiefte Angebotsprüfung, bei der die Plau-sibilität und Angemessenheit der von der präsumtiven Partei der Rahmenvereinbarung an-gebotenen Preise auf Grundlage der von der präsumtiven Partei der Rahmenvereinbarung erstatteten Aufklärungen eingehend geprüft wurde.

• Diese Prüfung gelangte zu dem Ergebnis, dass die Preisangaben als plausibel und ange-messen zu beurteilen waren und eine ausschreibungskonforme Angebotskalkulation vor-genommen wurde (dazu im Detail unten in Kapitel 1.2 dieser Stellungnahme).

12 Nachdem die Angebotsprüfung positiv abgeschlossen werden konnte, erfolgte mit Schreiben vom 08.04.2025 die Mitteilung der von der Antragstellerin angefochtenen Auswahlentscheidung.

Beweis: Vergabeakt, insbesondere Ausschreibungsunterlagen; Aufforderung zur Aufklärung der Auftraggeberin vom 19.02.2025 (von der Akteneinsicht der Antragstellerin auszunehmen); Aufklärungsschreiben der präsumtiven Partei der Rahmenvereinbarung vom 03.03.2025 (von der Akteneinsicht der Antragstellerin auszunehmen); Vergabebericht der Auftraggeberin (von der Akteneinsicht der Antragstellerin auszunehmen); Auswahlentscheidung vom 08.04.2025.

[…]

13 Die von der Antragstellerin gegen die Auswahlentscheidung ins Treffen geführten Behauptungen gehen allesamt ins Leere. Die Auswahlentscheidung wurde aus folgenden Gründen vergabe- und ausschreibungskonform getroffen:

1.2.1. Keine unplausible Zusammensetzung des Gesamtpreises gemäß § 141 Abs 1 Z 3 BVergG 2018

14 Die Antragstellerin stützt ihren Nachprüfungsantrag zusammengefasst auf die Behauptung, dass die von der Partei der Rahmenvereinbarung angebotenen Preise „zu niedrig“ – insbesondere nicht kostendeckend bzw nicht betriebswirtschaftlich erklär- bzw nachvollziehbar – seien.

15 Zunächst ist festzuhalten, dass entgegen den Behauptungen der Antragstellerin eine vergaberechtskonforme und gründliche Angebotsprüfung – insbesondere auch eine vertiefte Angebotsprüfung nach Maßgabe der §§ 137ff BVergG 2018 – durchgeführt wurde. Dies wird sich für das Bundesverwaltungsgericht schon allein aus dem Vergabeakt, insbesondere aus der Prüfdokumentation betreffend das Angebot der präsumtiven Partei der Rahmenvereinbarung, ergeben.

16 Diese vertiefte Angebotsprüfung gelangte zu dem Ergebnis, dass die präsumtive Partei der Rahmenvereinbarung die von ihr angebotenen Preise ausschreibungs- und vergaberechtskonform kalkuliert hat und die Plausibilität und Angemessenheit der angebotenen Preise im Rahmen des Vergabeverfahrens nachgewiesen hat.

17 Es mag zwar zutreffen, dass der Auftraggeber bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 137 Abs 2 BVergG 2018 zu einer vertieften Angebotsprüfung verpflichtet ist. Die Antragstellerin macht aber den – verkürzten – Schluss, dass dabei ihr Angebot bzw die Kostenschätzung der Auftraggeberin die unwiderlegbare „Beurteilungsgrundlage“ – im Sinne einer „Messlatte“ – zu bilden hätte.

18 Im Übrigen basiert die Kostenschätzung der Auftraggeberin in erster Linie auf den Erfahrungswerten aus den Vorbeauftragungen, deren Auftragnehmer die Antragstellerin war. Die Antragstellerin war in den letzten sieben Jahren (u.a. aufgrund mangelnden Mitbewerbs) immer die Bestbieterin in der Baumkontrolle und hatte insoweit eine gewisse „Monopolstellung“ inne.

19 Somit resultiert die hohe Kostenschätzung der Auftraggeberin letztlich aus den hohen Preisen der Antragstellerin.

20 Gemäß § 137 Abs 1 BVergG 2018 ist die Angemessenheit der Preise

• in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und

• unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen die Leistung zu erbringen sein wird zu prüfen, wobei

• dabei von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen ist.

21 Die Preisangebote der Mitbewerber bzw die Kostenschätzung der Auftraggeberin mögen dazu dienen, Auffälligkeiten bzw aufklärungsbedürftige Aspekte der Preisangaben und der dahinter liegenden Kalkulation zu erkennen; Maßstab für die Preisprüfung der individuellen Kalkulation des Bieters im Rahmen seiner Kalkulationsfreiheit sind aber allein die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Leistungen samt Umständen der Leistungserbringung.

22 Bei der vertieften Angebotsprüfung handelt es sich um eine Plausibilitätsprüfung, bei der nicht die gesamte Kalkulation des Bieters minutiös nachvollzogen werden muss, sondern nur – grob – geprüft werden, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann (ua BVwG 21.03.2024, W 187 2285829-2 mit Verweis auf VwGH 22.11.2011, 2007/04/0201 mwN). Glaubwürdig dargelegte Erfahrungen der Bieter dürfen vom Auftraggeber bei der Prüfung der Preisangemessenheit berücksichtigt werden (VwGH 09.04.2024, Ra 2023/04/0056).

23 Die Preisprüfung durch die Auftraggeberin ist dem vorgenannten Prüfmaßstab jedenfalls gerecht geworden. Die von der präsumtiven Partei der Rahmenvereinbarung ihrer Kalkulation zu Grunde gelegten Leistungs-, Zeit-, und Kostenansätze waren durchwegs als plausibel und angemessen zu beurteilen. Dies im Einzelnen aus folgenden Gründen:

[…]

1.2.2. Kein Verstoß/Widerspruch gegen arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen

24 Wie den oben in Kapitel 1.2.2 dieser Stellungnahme gemachten Ausführungen entnommen werden kann, hat die präsumtive Partei der Rahmenvereinbarung ihrer Kalkulation Leistungs-, Zeit- und Kostenansätze zu Grunde gelegt, die auch mit den maßgeblichen arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften im Einklang stehen. Somit liegt auch kein Widerspruch gegen die Ausschreibungsbedingungen vor und geht das Vorbringend er Antragstellerin auch in diesem Punkt ins Leere.

1.2.3. Fazit

25 Die von der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten der angefochtenen Entscheidung liegen nicht vor. Es wird daher beantragt, die Anträge der Antragstellerin zurück- bzw abzuweisen.

Beweis für das gesamte Vorbringen:

Vergabeakt, insbesondere Ausschreibungsunterlagen; Vergabebericht der Auftraggeberin (von der Akteneinsicht der Antragstellerin auszunehmen); PV; weitere Beweise vorbehalten.

4. Das BVwG verfasste mit der Note, OZ 17, ein Parteiengehör insb auch mit folgendem Inhalt iZm der allfälligen Aufhebung der ursprünglich erlassenen einstweiligen Verfügung:

[…]

2. Das BVwG stellt es den Adressaten nunmehr frei, ehestmöglich und längstens bis 22.05.2025 dazu Stellung zu nehmen, ob

2.1. iZm den abzuklärenden Sachverhaltsfragen zur Preisprüfung und insb

2.2. vor dem Hintergrund der angestrebten Geheimhaltung iZm diesbezüglichen Tatsachen insb auch zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens iSd Art 47 GRC die Beiziehung eines Sachverständigen zwecks Erledigung des Nachprüfungsantrags geboten ist.

3. Binnen gleicher Frist wird auch eine Äußerung freigestellt, inwieweit

3.1. das dz in § 52 Abs 1 AVG iVm § 333 BVergG normierte Primat des Amtssachverständigen vor dem Hintergrund des unionsrechtlichen Raschheitsgebots und des unionsrechtlichen Fairnessgebots gemäß Art 47 GRC bzw (sekundärrechtlich) der RL 89/665/EWG idgF unionsrechtskonform erscheint, und

3.2. wie die Interessenslage iZm der dz erlassenen einstweiligen Vefügung gesehen wird [Aufhebung versus Aufrechterhaltung], sofern das BVwG, insb auch vor dem Hintergrund der in Österreich bereits mehrfach kritischen Literaturmeinungen iZm dem Amtssachverständigenprimat (zB vor dem Hintergrund des Art 6 MRK) ein diesbezügliches Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH richten sollte; dies

3.3. vor dem zusätzlichen Hintergrund, dass nach der Rsp Amtssachverständige auch dann zur Verfügung stehen sollen, wenn sie im Amtshilfeweg beigezogen werden können, [obwohl zur Amtshilfe verpflichtete Verwaltungsträger idR hinsichtlich ihrer eigenen Aufgaben personalstandsmäßig sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig vorgehen werden müssen] - siehe idZ zB VwGH 22.06.2016, Ra 2016/03/0027,

eine diesbezügliche Einschränkung der Beiziehungspflicht vorrangig von Amtssachverständigen gemäß § 14 BVwGG e contrario im Vergabenachprüfungsverfahren nicht gelten soll

und zudem gerichtsnotorisch die Suche nach und Tätigkeit von Amtssachverständigen diverse Verfahren mitunter schon mehrere Monate prolongiert hat, während - vor dem Hintergrund des unionsrechtlichen Äquivalenzprinzips - jeder Zivilrichter sofort auf nichtamtliche Sachverständige zugreifen kann und die nationale Legistik vor dem Hintergrund der (- nach den EBRV -) gebotenen Raschheit über § 3b UVP-G den sofortigen Zugriff auf nichtamtliche Sachverständige ermöglicht hat,

und zudem im Lichte von EuGH Rs C-197/23 die auch nur mittelbare Abhängigkeit der judiziellen Entscheidungstätigkeit des BVwG von der Exekutive unionsrechtlich unzulässig sein dürfte.

[…]

5. Die ASt und die MB reagierten nicht spezifisch auf die vom BVwG aufgeworfenen Fragen iZm der Sachverständigennotwendigkeit und der allfälligen eV - Aufhebung bzw iZm dem erwogenen Vorabentscheidungsersuchen.

6. Die ASt brachte danach mit der OZ 18 vielmehr die oben bereits erwähnte Replik zur Verstärkung ihrer Nachprüfungsargumente ein.

7. Die AG nahm mit der OZ 19 insb wie folgt eV - spezifisch Stellung:

[…]

1 Die Antragsgegnerin geht davon aus, dass aufgrund der geltenden Gesetzeslage die Beiziehung eines Amtssachverständigen zu erfolgen hat.

2 Die Antragsgegnerin geht weiters davon aus, dass Amtssachverständige ihre Leistungen in derselben Zeit wie nichtamtliche Sachverständige erbringen.

3 Wenn das erkennende Gericht der Meinung sein sollte, dass ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten sei, kann dies nicht dazu führen, dass für die Dauer eines solchen Vorabentscheidungsverfahrens – welches in der Regel zumindest zwei Jahre dauert – die Vergabe der gegenständlichen Leistungen nicht abgeschlossen werden kann. Die Antragsgegnerin hat die vergabegegenständlichen Leistungen zu vergeben, um die von ihr zu erfüllenden Pflichten erfüllen zu können. Demnach wurde auch eine Leistungserbringung ab April 2025 vorgesehen (Punkt 2.3 des Teils D.2). Die vergabegegenständlichen Leistungen müssen daher zeitnah vergeben werden und es kann nicht bis zu einer Entscheidung des EuGH in einem Vorabentscheidungsverfahren mit der Vergabe zugewartet werden.

[…]

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die AG führt das strittige Vergabeverfahren dz als offenes Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung über künftige Dienstleistungen durch.

Zu den ausgeschriebenen Leistungen enthält die Leistungsbeschreibung der Ausschreibung insb auch folgende Passagen:

[…]

3.1.1 Leistungsumfang und Leistungsziel

Leistungsumfang der gegenständlichen Dienstleistung ist die fachgerechte Ausführung der jährlich wiederkehrenden Baumkontrolle.

Der Leistungsumfang der gegenständlichen Ausschreibung ist grundsätzlich:

die wiederkehrende Folgekontrolle aller Einzelbäume und Gehölzbestände (Baumgruppen, Wald laut Forstgesetz, etc.)

die Ersterfassung von Einzelbäumen und Gehölzbeständen auf ASFINAG Grund

die Erstellung von Maßnahmenvorschlägen nach Dringlichkeitsstufen sowie die Abnahme bereits ausgeführter Maßnahmen

die Ersterfassung von Bäumen und Gehölzbeständen auf ökologischen Ausgleichsflächen der ASFINAG. Diese Flächen befinden sich idR abseits der Fahrbahn.

das Erkennen von Gefahrenbäumen auf Fremdgrund inklusive Erstellung von Geonotizen (Information an den AG), sowie die Abnahme von veralteten oder bereits abgearbeiteten Geonotizen

die Einarbeitung der aufgenommenen Daten in das bestehende IT-System Baumkataster „iSiWebGIS“ der Firma XXXX – gemäß ÖNORM L1125

die Übermittlung von Lage- und Maßnahmenplänen im PDF-Format an die betroffene Autobahnmeisterei

Ziel der Baumkontrolle und Baumpflege ist die Entwicklung von vitalen und funktionserfüllenden Bäumen und deren langfristige Erhaltung, unter Berücksichtigung der jeweiligen Erfordernisse der Verkehrssicherheit.

Die Baumkontrolle, die Vergabe von Maßnahmen bzw die Erhaltung von Bäumen hat sich nach den folgenden Punkten in hierarchischer Reihenfolge zu richten:

1. Erhaltung der Verkehrssicherheit sowie der Streckenverfügbarkeit (durch gezielte Maßnahmenvergabe mit höchster und hoher Priorität; zB Einzelbaumentfernung)

2. Langfristige Erhaltung des Baumbestandes, insbesondere Erhaltung von Wertbaumarten sowie die Erhaltung und Förderung der vielseitigen Funktionserfüllung der Bäume (u.a. Biodiversität, Vernetzung von Lebensräumen, Immissionsschutz, Schadstoff- und Wasserrückhalt, Sichtbarriere für Anrainer, Schutz vor Naturgefahren, Erosionsschutz, Verkehrstechnische Funktionen, Gestaltungsfunktion, ökologische Funktionen etc.).

3. Minimierung des kurz- und mittelfristigen Baumkontrollaufwands, durch Vergabe von längeren Kontrollintervallen an Bäumen weit abseits des Verkehrsbereiches und auf Flächen ohne öffentlichen Zugang

4. Minimierung des mittelfristigen und langfristigen Pflegeaufwands für die betriebliche Erhaltung (z.B. durch Förderung von Wertbaumarten, Entfernung von Pionierbaumarten, Flächenumwandlungen etc.)

5. Entwicklung eines stabilen und vitalen Baumbestandes; ggf. Entwicklung forstwirtschaftlich-attraktiver Flächen wo sinnvoll

Leistungsziel ist der zeitgerechte Abschluss der Kontrolltätigkeiten jeder Autobahnmeisterei mit Ende eines jeden Kalenderjahres.

3.1.1.1 Gesetzliche Grundlagen und Normen:

Die Baumkontrolle hat nach den Vorgaben dieser Ausschreibung, nach den gültigen ÖNORMen bzw. nach den Anforderungen der gültigen gesetzlichen Bestimmungen für einen Grundeigentümer/Baumhalter zu erfolgen:

ÖNORM L1122

ÖNORM L1125

ONR 121122

§1319a ABGB („Wegehalterhaftung“ – Erkennen von Gefahren in danebenliegenden Randbereichen von Wegen)

§1319b ABGB („Baumhaftung“)

§176 Forstgesetz

[…]

1.2. Der Verfahrensgang wird mit den darin festgehaltenen Vergabeverfahrenstatsachen gleichfalls als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt; und ergibt sich dieser aus dem Inhalt der Verfahrensakten W131 2311262-1 [eV - Verfahren], -2 [Nachprüfungsverfahren] und -3 [Pauschalgebührenersatzverfahren] samt vorgelegten Vergabeunterlagen.

1.3. Zusätzlich ist festzustellen, dass auf Basis des aktuellen Vorbringensstands die Beiziehung von Sachverständigen im Nachprüfungsverfahrens notwendig erscheint, dass auch nach der AG - und unbestritten von der ASt und MB - vorerst einmal zeitaufwändig zu ermitteln wäre, ob der Sachverhalt mit Hilfe von Amtssachverständigen hinsichtlich der anstehenden Kalkulationsfragen und Eignungsfragen für oder gegen den Standpunkt der jeweiligen Verfahrensparteien spricht, wobei die Suche nach Amtssachverständigen und die nachmalige gutachterliche Sachverhaltsabklärung gerichtsnotrisch jeweils mehrere Monate dauert bzw dauern kann.

1.4. Weiters ist festzustellen, dass ein vom Senat iZm dem Primat des Amtssachverständigen gemäß dem aktuellen § 52 Abs 1 AVG aus unionsrechtlichen Gründen und insb Art 4 Abs 3 EUV indiziert erscheinendes Vorabentscheidungsverfahren zeitlich mit ein bis zwei Jahren zu veranschlagen ist.

Die Interessen der AG an der Vergabe bereits vor einem derartigen Vorabenscheidungsersuchen sind dabei evident, da der Leistungszeitraum gemäß Ausschreibung von 2025 bis 2028 geht und die Kontrolle, ob der Baumbestand neben Autobahnen und Schnellstraßen allenfalls gefahrgeneigt für Menschen und Sachen ist, jeweils jedenfalls im öffentlichen Interesse und im Interesse der AG, nicht mangels ausreichender Kontrolle zur Haftung herangezogen zu werden, ist.

Das notorische Interesse insb der MB als weiterer Bieterin, ihr Personal nicht permanent ohne Auftrag für den Auftragsfall vorhalten zu müssen, ist gleichfalls ein Interesse, das gegen eine einstweilige Verfügung für die Dauer eines Vorabentscheidungsersuchens spricht.

Für die ASt wurden nach der Versendung der OZ 17 keine Interessen an der Aufrechterhaltung der eV für die Dauer eines Vorabentscheidungsersuchens konkretisiert.

Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Verfahrensakten und dem unstrittigen Parteienvorbringen.

Die Dauer von Vorabentscheidungsverfahren ergibt sich aus der Praxiserfahrung des erkennenden Richters, der insoweit bereits in den anfragenden Spruchkörpern des BVA bzw BVwG zu Rs C-454/06 bzw C-274/21 ua mitwirkte.

Der aufgezeigte Zeitaufwand für die Suche nach zB im Amtshilfeweg zur Verfügung stehenden Sachverständigen ergibt sich gleichfalls aus der Verfahrenspraxis des hier tätigen Richters, ist also gerichtsnotorisch,

zumal zuletzt zB im einem Vergabefall ca zwei Monate frustriert nach einem Amtssachverständigen gesucht wurde,

nach diesen ca zwei Monaten ein positiv engagierter Bundesdienstmitarbeiter sich anerbötig machte, mit seinen Kollegen zu prüfen, ob amtssachverständig geholfen werden könnte;

und dann - nach ca mehr als drei Monaten Klarheit über die Sachverständigennotwendigkeit beim Senat des BVwG iZm der damaligen Spezifität des Themas - die Information beim BVwG einlangte, dass doch nicht amtssachvertändig Amtshilfe geleistet werden könnte,

womit dann dann der zuständige Senat letztlich in damaligen Vergaberechtssache ca erst nach vier Monaten einen nichtamtlichen Sachverständigen beizog, der sehr rasch Befund erhob und das Gutachten erstellte.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Inhaltlich zur Aufhebung der einstweiligen Verfügung

3.4.1. Gemäß § 351 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 351 Abs 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Gemäß § 351 Abs 4 Satz 3 BVergG hat das BVwG die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

3.2. Bei der Erlassung der einstweiligen Verfügung wurde insb auch von folgenden Tatsachen iZm der Nachprüfungsverfahrensdauer ausgegangen:

[…]

Es wurde auftraggeberseitg kein substantiiertes Vorbringen erstattet, das dem Grunde nach gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung spricht. Das Referenzauftrags- und die monetären Interessen der ASt sind dem Grunde nach notorisch. Eine Bezifferung ist dabei - rechtlich vorwegnehmend - nicht erforderlich.

Die ASt wurde bislang noch nicht aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden. Dz ist gerichtnotorisch noch nicht ersichtlich, dass das gegenständliche Nachprüfungsverfahren wesentlich länger als bis zum Ablauf der sechswöchigen Entscheidungsfrist gemäß § 348 BVergG dauern sollte.

[…]

3.3. Wenn unionsrechtlich nach der RL 89/665/EWG idgF iVm Art 47 GRC ein rasches gerichtliches Nachprüfungsverfahren vor der Zuschlagserteilung, welche (scil: Zuschlagserteilung) iSv EuGH Rs C 274/21 ua iVm Art 1 Abs 1 RL 89/665/EWB idgF dem Abschluss der Rahmenvereinbarung gleichzuhalten ist, verlangen, hat der österreichische Gesetzgeber vor diesem unionsrechtlichen Hintergrund in § 348 BVergG die Wertung getroffen, dass - hier - von der AG und der MB jedenfalls einmal ein Nachprüfungsverfahren in der Dauer von sechs Wochen in die jeweils eigenen zeitlichen Planungen einzufließen hat, soweit es um die Auswahlentscheidung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung beim Los 1 dieser Vergabe geht.

3.4. Nach dem bisherigen Parteienvortrag insb auch der AG und der ASt ist insb strittig, ob die MB in ihre Angebotskalkulation vor dem Hintergrund der Z 3 und Z 7 des § 141 Abs 1 BVergG ausreichend hohe Personalkosten pro Arbeitsstunde oder aber ausreichend Leistungszeit bei ihrer Angebotskalkulation angesetzt hat; bzw ob die MB ausreichend personell aufgestellt ist.

Wenn der VwGH zB zu Zl 2007/04/0012 die Notwendigkeit der Beiziehung eines Sachverständigen als erforderlich erachtet hat, um zu klären, ob ein aus erprobten Komponenten neu zusammengesetzter Prototyp eines Tierversuchskäfigs eine oder keine erprobte Lösung iSd damaligen Ausschreibungsunterlagen gewesen ist, ist aus dieser Entscheidung zu folgern, dass die Notwendigkeit einer Sachverständigenbeiziehung mitunter sehr bald beginnen kann.

Daran anschließend lauten weitere Rechtssätze zur SV - Beiziehungsnotwendigkeit wie folgt:

- VwGH 2012/04/0016: Die im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung zu beantwortende entscheidende Frage, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind, ist nach der Rechtsprechung in der Regel auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens zu beantworten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 2012, Zl. 2008/04/0054, mit Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2011, Zl. 2008/04/0082).

- Ra 2022/04/0121: Ausschreibungsbestimmungen sind nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. In Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibungsbestimmungen kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr der objektive Erklärungswert der Ausschreibungsbestimmungen (Hinweis E vom 27. Oktober 2014, 2012/04/0066, mwN). Lässt sich der Inhalt eines Begriffes aus dem allgemeinen Sprachgebrauch bzw unter Heranziehung der gesamten Ausschreibungsunterlagen nicht eindeutig ermitteln, so kann für die Klärung, welche Bedeutung eine Ausschreibungsbestimmung für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter hat, auch die Beiziehung eines Sachverständigen erforderlich sein (Hinweis E vom 12. September 2013, 2010/04/0066).

Insoweit erscheint es nach hier vertretener Auffassung für die aufgezeigt insb strittige Preisangemessenheitsfrage bzw Frage der Ausschreibungskonformität des Preises der MB iZm der mindesterforderlichen Personalkostenhöhe pro Zeiteinheit bzw der Frage der erforderlichen Personalausstattung zur Auftragserfüllung - als wohl zentralen Kalkulationsdeterminanten - gegenständlich für das BVwG (zB wohl auch in weiterer Übereinstimmung mit VwGH Zl 2007/04/0076) notwendig, diesen Streitpunkt auf Tatsachenebene durch einen oder mehrere Sachverständige iSv § 52 AVG abzuklären, zumal dz nicht erkennbar wäre, dass der beim BVwG gemäß § 328 BVergG entscheidende Senat iSv Art 83 Abs 2 B-VG korrekt mit Personen besetzt werden könnte, die zumindest personell teilweise die ausreichende Fachwissen über die korrekte Kalkulation von Angeboten iZm der Untersuchung von Bäumen und Sträuchern entlang von Autobahnen und Schnellstraßen auf Basis der gegenständlichen Ausschreibungsvorgaben bzw iZm der erforderlichen Personalausstattung iZm den sich dabei stellenden Tatsachenfragen hätten.

In gleicher Weise besteht eine Sachverständigennotwendigkeit zur Prüfung der notorisch in solchen Nachprüfungsfällen zumeist auftauchenden Frage, ob die AG insoweit die Angebotsprüfung ausreichend sachkundig iSv § 134 BVergG durchgeführt hat; bzw inwieweit - insb iZm bislang vorgebrachten Geheimhaltungsinteressen an Vergabeunterlagen und den sich daraus mitunter vergebenden Zwischenverfahren iSv VfGH E706/20 tatsächlich schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vorliegen.

3.5. Nach § 333 BVergG hat das BVwG bei der Vergabenachprüfung die Regelungen der §§ 52ff AVG über den Sachverständigenbeweis sinngemäß anzuwenden, wobei der § 14 BVwGG über die Einschränkung der zur Verfügung stehenden Sachverständigen va im Bescheidbeschwerdeverfahren, aber jedenfalls nicht im Vergabenachprüfungsverfahren gilt.

3.6. Damit ist umgekehrt davon auszugehen, dass vor dem Hintergrund des Art 22 B-VG und der Rsp, wie zB VwGH Zl Ra 2021/03/0038, Sachverständige zB auch dann zur Verfügung stehen, wenn sie im Amtshilfeweg beigezogen werden können.

Die bislang in etlichen Nachprüfungsverfahren vor dem BVwG mitunter auch öffentlich mündlich erörtert von bestimmter Auftraggebervertreterseite oft vertretene Rechtsauffassung der Pflicht des BVwG zur primären Beiziehung von Amtssachverständigen durch das BVwG führt iVm vordargestellten Rechtsmeinung iZm der Amtshilfe dazu, dass ein Amtssachverständiger auch dann zur Verfügung steht, wenn er eben im Amtshilfeweg beigezogen werden kann; und dann eben vorrangig beigezogen werden muss.

Diese Rechtsmeinung zur Beiziehungsmöglichkeit/-pflicht im Amtshilfewege wird auf nationaler Ebene dabei auch dadurch gestützt, dass Landesgesetze der Bundesverfassung entsprechen müssen und derart zB § 17 Tiroler Landesverwaltungsgerichtsgesetz bzw § 24 des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien die Beiziehung von sonstigen Amtssachverständigen im Weg der Amtshilfe nach Art 22 B-VG generell - neben anderen Möglichkeiten für Amtssachverständigenbeiziehungen - vorsehen, ohne dass diese landesrechtlichen Bestimmungen bislang zB vom VfGH aufgehoben worden wären.

Für das BVwG ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass vorerst - notorisch mit oft sehr viel zeitlichen Aufwand verbunden - zu ermitteln ist, ob geeignete Amtssachverständige zur Verfügung stehen, bevor - abseits der Sondervorschrift des § 52 Abs 3 AVG - auf nichtamtliche Sachverständige zurückgegriffen werden kann, wobei Verfahrensfehler, die bewirken, das objektiv rechtswidrig sofort nichtamtliche Sachverständige eingesetzt wurden, dazu führen, dass die diesbezüglich anlaufenden Sachverständigenkosten bei Verfahrensende nicht gemäß § 76 AVG auf eine Verfahrenspartei überwälzt werden können- VwGH Ra 2021/03/0038; und insoweit die die Bestellung eines nichtamtlichen Sachverständigen inkorrekt nach § 52 AVG vornehmenden Richter:innen das gerichtsnotorische Risiko einer Haftung nach dem Organhaftpflichtgesetz wegen fehlender Kostenüberwälzbarkeit - wegen allenfalls doch möglich gewesener Amtssachverständigentätigkeit - zu gewärtigen haben.

Zu einem solchen Sachverhalt des parteienseitigen Hinweises auf die vorrangige Pflicht zur Beiziehung eines Amtssachverständigen im Vergabenachprüfungsverfahren siehe zB BVwG 17.12.2024, W131 2295868-5/3E, historisch neben etlichen anderen derartigen Parteivorträgen der jeweils gleichen gesetzlich eingerichteten Parteienvertretung.

Dies obiter weiters vor dem weiteren Hintergrund, dass iZm dem unionsrechtlichen Effektivitäts- und Äquivalenzgrundsatz und Raschheitsgebot vergleichsweise zB § 3b UVP-G iVm § 17 BVwGG, ähnlich wie in der ZPO, in dessen Regelungsbereich jederzeit sofort den Rückgriff auf nichtamtliche Sachverständige möglich macht; und § 3b UVP-G in den diesbezüglichen Gesetzesmaterialien mit der dadurch erzielten Verfahrensbeschleunigung gerechtfertigt wird.

3.7. Nachdem das BVwG bereits mit der OZ 17 gegenüber den Verfahrensparteien transparent das Thema eines Vorabentscheidungsverfahren iZm § 52 AVG mit dem darin normierten Primat des Amtssachverständigen erwogen und erörtert hat, ist nach der Einschätzung des entscheidenden Richters aktuell davon auszugehen, dass ein solches vorskizziertes Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH dann zu richten sein wird, wenn der Zuschlag entweder nicht erteilt und der Nachprüfungsantrag aufrechterhalten wird; oder aber wenn im Falle einer eV - Aufhebung nach einer Zuschlagserteilung ein Antrag gemäß § 353 Abs 4 BvergG gestellt wird, damit verfahrensmäßig und insb unionsrechtskonform korrekt darüber entschieden werden kann, ob die zentrale Angebotspreisrüge der ASt zu Lasten der MB zutrifft.

3.8. Damit ist mit einer Verfahrensdauer des Nachprüfungsverfahrens vor Zuschlagserteilung (bzw des allfällig gemäß § 353 Abs 4 BVergG beantragten Feststellungsverfahrens nach Zuschlagserteilung) im Ausmaß von ein bis zwei Jahren und damit weit länger als den in § 348 BVergG vorskizzierten sechs Wochen zu rechnen.

Insoweit überwiegen bei einer derart absehbaren Verfahrensdauer des Vergabekontrollverfahrens die Interessen der AG, die Rahmenvereinbarung abzuschließen und die Baumuntersuchungen durchführen zu lassen, insb um Schäden durch potentiell gefährliche Bäume zu vermeiden, die Interessen der ASt am Aufrechterhalt der Chance, die aktuell ausgeschrieben Rahmenvereinbarung beim Los 1 „nur“ zwecks Umsatzerzielung und allfälliger Referenzauftragschance bereits jetzt erhalten zu können.

Die ASt - Interessen an einer Auftragsvergabesperre mögen maW zwar in dem in § 348 BVergG vorskizzierten Zeitraum die Interessen an einer sofortigen Auftragsvergabe überwiegen, was sich aber nach § 351 Ab 4 BVergG dann wesentlich ändert, wenn zur Klärung der im Nachprüfungsantrag angezogenen Preisprüfungsfrage zuvor noch ein bis zwei Jahre verfahrensmäßige Vorlaufzeit einzukalkulieren sind.

Insoweit war die erlassene einstweilige Verfügung wegen den - die Interessen der ASt zum aktuellen Zeitpunkt überwiegenden - Interessen der AG an der Beschaffungsdurchführung, die (scil: AG - Interessen) mit dem evidenten öffentlichen Interesse an der aktuellen Hintanhaltung von Schadensrisken iZm potentiell gefahrgeneigten insb Bäumen entlang des hochrangigen österreichischen Straßennetzes und den notorischen Interessen der MB bzw allfälig anderer Bieter an der möglichsten Vermeidung von Vorhaltekosten iZm der Angebotsbindung nach § 131 Abs 4 BVergG korrespondieren, mit sofortiger Wirkung aufzuheben.

3.9. Nach dem Vorstehenden musste mangels weiterer Rechtserheblichkeit gegenständlich gemäß § 333 BVergG iVm § 39 AVG auch nicht mehr näher auf die dem Gericht zB durchaus bekannten konkreten Risken iZm dem aktuellen, offenbar iZm dem Pilz Hymenoscyphus fraxineus in Zusammenhang stehenden Eschensterben eingegangen werden, durch welches hohe Eschen insb bei Wind sehr oft plötzlich umfallen, wie dz in österreichischen Wäldern sehr häufig vorkommend; oder auch nicht auf die Gefahren von durch von Bibern heutzutage häufig stark angenagte größere Bäume, nachdem ohnehin evident erscheint, dass schadhafte Bäume generell und egal welcher Sorte zB die in § 1319b ABGB thematisierte Risken in sich bergen.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision war gegenständlich nicht zuzulassen, da gegenständlich eine Interessensabwägung im Einzelfall zu treffen war, bei der sich wegen dieser Einzelfallentscheidung und dem eindeutigen Rechtsrahmen in § 351 Abs 4 BVergG keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellten.

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