Spruch
W265 2304871-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 22.11.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 88 Abs. 2a FPG stattgegeben. XXXX ist gemäß § 88 Abs. 2a FPG ein Fremdenpass auszustellen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 29.10.2024 mittels Formblatt einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte gemäß 88 Abs. 2a FPG.
2. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 30.10.2024 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG abzuweisen. Ihm wurde die Möglichkeit geboten, dazu binnen vierzehn Tagen eine Stellungnahme abzugeben.
3. Am 18.11.2024 langte eine Stellungnahme durch den bevollmächtigten Vertreter ein.
4. Mit im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses vom 29.10.2024 gemäß § 88 Abs. 2a FPG abgewiesen.
5. Gegen den am 27.11.2024 rechtswirksam zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht am 18.12.2024 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
6. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 19.12.2024 vorgelegt. Beim Bundesverwaltungsgericht langten diese Dokumente am 23.12.2024 ein.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 14.05.2025 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer zu den Gründen seiner Antragstellung befragt wurde. Der Beschwerdeführer legte ein Bescheinigungsmittel der syrischen Botschaft in Wien vom 23.04.2025, einen Identitätsnachweis, welcher für Angehörige der Maktoumin ausgestellt wird, sowie eine Geburtsurkunde vor.
8. Mit Eingabe vom 21.05.2025 gab der bevollmächtigte Vertreter eine schriftliche Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien und führt die im Spruch angeführten Personalien.
1.2. Er befindet sich seit dem Jahr 2018 in Österreich und stellte am 16.04.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ihm jedoch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Der Bescheid erwuchs am 13.10.2018 in Rechtskraft.
1.3. Dem Beschwerdeführer wurde am 11.12.2018 ein auf fünf Jahre befristeter Fremdenpass gemäß § 88 Abs. 2a FPG ausgestellt.
1.4. Der Beschwerdeführer beantragte am 29.10.2024 mittels Formblatt die Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG. Der Antrag wurde mit im Spruch angeführten Bescheid gemäß § 88 Abs. 2a FPG abgewiesen.
1.5. Beim Beschwerdeführer liegen die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG vor.
Das ASSAD-Regime wurde am 08.12.2024 gestürzt. Der Beschwerdeführer hat keinen syrischen Reisepass.
Die syrische Botschaft stellt aktuell keine neuen Reisepässe aus, weshalb es dem Beschwerdeführer nicht möglich ist, sich ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu beschaffen.
Der Beschwerdeführer stellt keine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar.
2. Beweiswürdigung
Der Beweiswürdigung liegen folgende Erwägungen zugrunde:
2.1. Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers
2.1.1. Die Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit beruhen auf den vom Beschwerdeführer im Verfahren getätigten Angaben.
2.1.2. Die Feststellung, dass er sich seit 2018 im Bundesgebiet aufhält und sein Antrag auf internationalen Schutz vom 16.04.2028 mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.04.2023 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ihm jedoch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus den Akten der belangten Behörde. Auch das der Bescheid am 13.10.2018 in Rechtskraft erwuchs, ergibt sich aus den Akteninhalt.
2.1.3. Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer am 11.12.2018 ein auf fünf Jahre befristeter Fremdenpass ausgestellt wurde, ergibt sich aus den Akten der belangten Behörde.
2.1.4. Die Feststellung zu dem vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses waren unstrittig dem Akteninhalt zu entnehmen. Dasselbe gilt hinsichtlich der Feststellung, dass der Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid der belangten Behörde abgewiesen wurde.
2.1.5. Hinsichtlich der Feststellung, dass bei ihm die Voraussetzungen für die Erteilung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG vorliegen, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.
Dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich ist, sich ein neues Reisedokument seines Herkunftsstaates zu beschaffen, ergibt sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, insbesondere aufgrund seiner Situation als Angehöriger der Maktoumin (vgl. Niederschrift vom 14.05.2025, S. 5 und 6), dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Syrien in der Fassung vom 08.05.2025 (Version 12), insbesondere zur Ausstellung von Pässen bei der syrischen Botschaft (siehe Seite 334 ff) sowie dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben der syrischen Botschaft in Wien vom 23.04.2025.
3. Rechtliche Beurteilung
Zu A)
Zur Stattgabe der Beschwerde
3.1. Zu den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen
Gemäß § 5 Abs. 1a Z 3 FPG sowie § 3 Abs. 2 Z 5 BFA-VG obliegt der belangten Behörde die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG.
Der mit „Ausstellung von Fremdenpässen“ betitelte § 88 FPG lautet wie folgt:
„§ 88 (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für
1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;
2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;
3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) gegeben sind;
4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder
5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.
(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend.“
Der mit „Versagung eines Fremdenpasses“ betitelte § 92 FPG lautet wie folgt:
„§ 92 (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;
2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;
3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;
4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;
5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
(1a) Die Versagungsgründe des § 14 Abs. 1 Z 3 lit d, e und Z 5 Passgesetz 1992 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Reisepasses der Fremdenpass tritt.
(2) Die Ausstellung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn der Fremde unentschuldigt einer Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, in der diese Folge angekündigt ist, nicht Folge leistet oder an der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht mitwirkt.
(3) Liegen den Tatsachen die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992.“
3.2. Zu den rechtlichen Abwägungen im gegenständlichen Fall
3.2.1. Der Beschwerdeführer beantragte am 29.10.2024 mittels Formblatt die Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte gemäß 88 Abs. 2a FPG. Die belangte Behörde führte vor der Abweisung seines Antrags mit im Spruch angeführten Bescheid eine umfassende Prüfung des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 88 Abs. 2a FPG durch, wobei zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar gewesen ist, dass das ASSAD Regime am 08.12.2024 gestürzt werden wird.
3.2.2. Durch den Sturz des ASSAD Regimes im Dezember 2024 hat sich die faktische Situation für den Beschwerdeführer nunmehr geändert.
Ein Fremdenpass kann Fremden nach dieser Bestimmung auf Antrag ausgestellt werden, wenn ihnen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und sie nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen. Weiter wird nach dieser Bestimmung vorausgesetzt, dass der Ausstellung keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung entgegenstehen.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.09.2018 wurde dem Beschwerdeführer der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten zwar abgewiesen, aber der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. In weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer eine Karte für subsidiär Schutzberechtigte ausgestellt. Am 11.12.2018 wurde dem Beschwerdeführer bereits ein auf fünf Jahre befristeter Fremdenpass gemäß § 88 Abs. 2 a FPG ausgestellt. Demnach erfüllt der Beschwerdeführer diese Tatbestandsvoraussetzung des § 88 Abs. 2 a FPG.
3.2.3. Gemäß den Ausführungen im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 08.05.2025 stellt die syrische Botschaft aktuell keine neuen Reisepässe aus. Dies deckt sich auch mit dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreiben der syrischen Botschaft in Wien vom 23.04.2025.
Der Beschwerdeführer besitzt keinen syrischen Reisepass. Daher ist der Beschwerdeführer aktuell nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen. Somit ist auch diese Tatbestandsvoraussetzung des § 88 Abs. 2a FPG erfüllt.
3.2.4. Es sind im Verfahren weder zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung, die der Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG entgegenstehen würden, noch Versagungsgründe iSd § 92 FPG hervorgekommen.
3.2.5. Im Ergebnis war daher der Beschwerde stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und auszusprechen, dass der vom Beschwerdeführer beantragte Fremdenpass gemäß § 88 Abs. 2a FPG zu erteilen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.