JudikaturBVwG

W162 2313347-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2025

Spruch

W162 2313262-1/3E

W162 2313347-1/3E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Ing. Robert FODROCZI und Erwin GATTINGER als Beisitzer aufgrund des Vorlageantrags über die Beschwerden des XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice St. Pölten im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung vom 12.05.2025, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe und Einstellung der Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit ab 24.02.2025 (Spruchpunkt II) sowie den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden gegen die beiden Bescheide vom 20.03.2025 (Spruchpunkt III), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden gegen Spruchpunkt III werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit dem im Spruch zitierten Bescheid des AMS St. Pölten (in der Folge belangte Behörde oder AMS) vom 12.05.2025 wurden die drei Beschwerden des BF vom 12.03.2025 und vom 07.04.2025 gegen die Bescheide vom 05.03.2025 und vom 20.03.2025 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gem. § 14 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 und § 58 AlVG abgewiesen. Es wurden damit die Verfahren über insgesamt drei Beschwerden des BF vom 12.03.2025 und vom 07.04.2025 gegen die Bescheide des AMS St. Pölten vom 05.03.2025 und vom 20.03.2025 gemäß § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen zur gemeinsamen Entscheidung verbunden (Spruchpunkt I). Mit dem angefochtenen Bescheid vom 05.03.2025 war gem. § 10 iVm § 38 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für 42 Tage ab 12.02.2025 ausgesprochen worden, wobei Nachsicht erteilt wurde. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.03.2025 war gem. § 10 iVm § 38 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für 56 Tage ab 21.02.2025 ausgesprochen worden, wobei Nachsicht erteilt wurde. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.03.2025 war gem. § 24 Abs. 1, § 7, § 9 Abs. 1 und § 33 Abs. 2 iVm § 38 AlVG die Notstandshilfe mangels Arbeitswilligkeit ab 24.02.2025 eingestellt worden. In Spruchpunkt III wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerden gegen die beiden Bescheide vom 20.03.2025 gem. § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

Dagegen erhob der BF fristgerecht einen Vorlageantrag und wandte sich inhaltlich gegen die jeweils verhängten Sperren sowie gegen den Vorwurf der Arbeitsunwilligkeit.

Mit Schreiben vom 23.05.2025, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, legte das AMS den Akt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des AMS St. Pölten vom 12.05.2025 wurden die drei Beschwerden des BF vom 12.03.2025 und vom 07.04.2025 gegen die Bescheide vom 05.03.2025 und vom 20.03.2025 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gem. § 14 VwGVG iVm § 56 Abs. 2 und § 58 AlVG abgewiesen. In Spruchpunkt III wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerden gegen die beiden Bescheide vom 20.03.2025 gem. § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid vom 12.05.2025 hat der BF fristgerecht einen Vorlageantrag eingebracht und wandte sich inhaltlich gegen die jeweils verhängten Sperren sowie gegen den Vorwurf der Arbeitsunwilligkeit.

Der BF macht jedoch keine konkreten Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen, insbesondere bringt er auch nichts Näheres dazu vor, welche konkreten wirtschaftlichen, finanziellen oder rechtlichen Nachteile für ihn mit der (vorläufigen) Vollstreckung des Bescheides verbunden wären und inwiefern er dadurch einen unverhältnismäßigen Nachteil erlitte.

Mit Schreiben vom 23.05.2025, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, legte das AMS den Akt vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zum angefochtenen Bescheid ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zum Vorbringen des BF gegen den Bescheid des AMS vom 12.05.2025 ergeben sich aus dem ebenfalls im Akt einliegenden Vorlageantrag des BF.

Die Feststellung zur Aktenvorlage beim Bundesverwaltungsgericht ergeben sich aus dem Schreiben vom 09.10.2023 bzw. aus dem Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG in Verbindung mit § 56 Abs. 2 AlVG (vgl. VwGH vom 07.09.2017, Ra 2017/08/0065).

Zu A)

„§ 13. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

(1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

(3) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte.

(4) Die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Gleichzeitig hat die Behörde den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen sind. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.“

Daraus folgt:

Das VwGVG sieht vor, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung hat (§ 13 Abs. 1 VwGVG).

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Gemäß § 13 Abs. 4 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 hat keine aufschiebende Wirkung. Sofern die Beschwerde nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen.

Was die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 2 VwGVG anbelangt, entsprechen diese großteils jenen, die § 64 Abs. 2 AVG normiert (vgl. Lehhofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5 f.). Auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage weisen darauf hin, dass § 13 VwGVG weitgehend der Bestimmung des § 64 AVG nachgebildet wurde (RV 2009 BlgNR 24. GP). Wie auch dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 01.09.2014, Zl. 2014/03/0028, zu entnehmen ist, kann somit ohne weiteres auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden, um die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung an Hand der dort aufgestellten Kriterien zu überprüfen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Rechtsmitteln gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 64 Abs. 2 AVG hat die Rechtsmittelinstanz zu überprüfen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der belangten Behörde die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gegeben waren (VwGH 29.09.2005, 2005/11/0123; 28.06.2001, 99/11/0243).

Die zuständige Behörde hat eine Interessenabwägung durchzuführen und darzulegen, worin die Gefahr im Verzug besteht, die einen vorzeitigen Vollzug des Bescheides dringend gebietet (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31). In der Interessenabwägung sind die Interessen des Beschwerdeführers gegen die berührten öffentlichen Interessen und allfälliger weitere Parteien abzuwägen, wobei in einem ersten Schritt festzustellen ist, welche Interessen überwiegen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. VwGH 11.01.2012, AW 2011/07/0062; 02.07.2012, AW 2012/03/0011) hat jedoch der Beschwerdeführer – unabhängig von der Frage, ob einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen – im Aufschiebungsantrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung. Es ist demnach erforderlich, dass der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen.

Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können (vgl. zur Interessenabwägung nach § 30 Abs. 2 VwGG VwGH 14.2.2014, Ro 2014/02/0053), hat ein Notstandshilfebezieher insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren Umstände, die sein Interesse an einer Weitergewährung untermauern, sowie die in seiner Sphäre liegenden Umstände, die entgegen entsprechender Feststellungen des AMS für die Einbringlichkeit einer künftigen Rückforderung sprechen, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) seiner Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen, zumal das Verwaltungsgericht gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden hat.

Gegenständlich führt der Beschwerdeführer nichts Näheres über seine einkommens- und vermögensrechtliche Situation aus, insbesondere brachte er auch nichts Näheres dazu vor, welche konkreten wirtschaftlichen, finanziellen oder rechtlichen Nachteile für ihn mit der (vorläufigen) Vollstreckung des Bescheides verbunden wären und inwiefern er dadurch einen unverhältnismäßigen Nachteil erlitte, sodass eine Interessenabwägung nicht vorgenommen werden konnte.

Unter Berücksichtigung des im Rahmen eines Provisorialverfahrens eingeschränkten Prüfungsmaßstabes (gemäß § 13 Abs. 4 letzter Satz VwGVG hat das Bundesverwaltungsgericht "ohne weiteres Verfahren" unverzüglich zu entscheiden [vgl. Dünser, Beschwerde und Vorverfahren bei der Behörde, ZUV 2013, 12 ff.]) vermag das erkennende Gericht die Erwägungen der belangten Behörde über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen.

Der Vorlageantrag gegen Spruchpunkt III war sohin abzuweisen.

Das Bundesverwaltungsgericht weist ausdrücklich darauf hin, dass mit dem gegenständlichen Erkenntnis eine Entscheidung über die Beschwerden gegen Spruchpunkt II des Bescheides vom 12.05.2025 nicht vorweggenommen wird, sondern diese nach einem allfälligen Ermittlungsverfahren ergehen wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde unter Punkt III. wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich vergleichbaren Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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