JudikaturBVwG

W104 2304405-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2025

Spruch

W104 2304405-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian BAUMGARTNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Arabische Republik Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich vom 08.11.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.04.2025 zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin, eine syrische Staatsangehörige, reiste unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 12.09.2022 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab die Beschwerdeführerin an, in ihrem Heimatort habe es eine Auseinandersetzung zwischen dem syrischen Militär und anderen Milizen gegeben. Sie sei vom syrischen Regime vertrieben worden weshalb sie im September 2017 zuerst nach Idlib reiste und wenige Monate später weiter in die Türkei flüchtete. In Syrien sei die Lage immer noch nicht sicher.

3. Am 19.03.2024 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch zu ihrem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Sie gab an, aus XXXX Stadt (Stadtviertel Algabun) zu stammen und dort neun Jahre lang die Schule besucht zu haben. Aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem syrischen Regime und bewaffneten Rebellen seien sie und ihre Familie im September 2017 von XXXX nach Idlib umgesiedelt worden. Im Dezember 2017 sei die Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihren Eltern in die Türkei geflüchtet. Danach habe sie dort sechs Jahre lang als Schneiderin gearbeitet. Im August 2023 sei sie illegal über Griechenland nach Österreich gereist. Die Entscheidung, Syrien zu verlassen, sei zu diesem Zeitpunkt von ihren Eltern getroffen worden. Sie sei nie persönlich bedroht oder verfolgt worden und die Ausreise aus Syrien ausschließlich aufgrund des Krieges erfolgt. Nach Österreich sei die Beschwerdeführerin gekommen, weil hier bereits eine Schwester von ihr lebe.

4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 12.09.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihr jedoch der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr die befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, für die Beschwerdeführerin liege keine individuelle Verfolgungssituation vor, da sie vor ihrer Ausreise nicht verfolgt oder bedroht worden sei, sondern Syrien aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage verlassen habe.

5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die Beschwerde vom 09.12.2024 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte der Beschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten erteilt werden müssen. Nach einer Darlegung der Vertretungsverhältnisse, des Verfahrensganges und des Sachverhaltes führt die Beschwerde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführerin drohe bei ihrer Rückkehr nach Syrien asylrelevanter Verfolgung, weil sie aufgrund ihrer Flucht vom syrischen Regime als politische Gegnerin betrachtet werde. Zudem bestehe aufgrund des Wehrdienstentzuges ihres Bruders die Gefahr einer Reflexverfolgung und fürchte sie geschlechtsspezifische Übergriffe aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der alleinstehenden Frauen.

6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Entscheidung vorgelegt.

7. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte mit Schreiben vom 18.03.2025 eine mündliche Beschwerdeverhandlung für den 30.04.2025 an und brachte mit diesem Schreiben und auch noch anschließend Länderberichte in das Verfahren ein.

8. Die belangte Behörde teilte mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der mündlichen Beschwerdeverhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei. Es werde die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde und die Übersendung des aufgenommenen Verhandlungsprotokolls beantragt.

9. In der Mitteilung vom 22.04.2025 gab das Bundesverwaltungsgericht weitere verfahrensrelevante aktuelle Länderberichte zur Situation in Syrien bekannt.

10. Mit Schreiben vom 23.04.2025 erstattete die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin eine Stellungnahme zur aktuellen Länderberichtslage.

11. In der mündlichen Verhandlung am 30.04.2025 wurde die Beschwerdeführerin zu ihren möglichen Verfolgungsgründen befragt.

12. Mit Parteiengehör vom 12.05.2025 wurde den Verfahrensparteien mitgeteilt, dass das Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidungsgrundlage - neben den bisherigen eingeführten Berichten - die Länderinformationen zu Syrien (Version 12) vom 08.05.2025 heranzuziehen gedenkt und innerhalb von 10 Tagen ab Zustellung dazu Stellung genommen werden kann.

13. Mit Schreiben vom 21.05.2025 übermittelte die Rechtsberatung der Beschwerdeführerin eine Stellungnahme zu den neu ins Verfahren eingeführten Dokumenten und führte darin zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführerin auch unter Berücksichtigung der nunmehr aktualisierten Länderberichtslage asylrelevante Verfolgung bei der Rückkehr in ihre Heimatregion drohe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in:

den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend den Beschwerdeführer;

die Länderinformationen der Staatendokumentation aus dem COI-CMS zu Syrien, Version 10 vom 14.3.2024;

die Länderinformationen der Staatendokumentation aus dem COI-CMS zu Syrien, Version 12 vom 8.5.2025;

EUAA Syria: Country Focus, March 2025

2. Feststellungen:

2.1. Person der Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am XXXX in XXXX geboren. Sie ist Staatsbürgerin der Arabischen Republik Syrien, Angehörige der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache der Beschwerdeführerin ist Arabisch.

Die Beschwerdeführerin ist volljährig. Sie lebt in Österreich in einer Lebensgemeinschaft mit einem asylberechtigten Syrer. Ihre Eltern und ihr Bruder leben in der Türkei. Ihre Schwester lebt als Asylberechtigte in Österreich. Zudem lebt eine weitere Schwester in Schweden. Es leben noch Tanten und Onkel der Beschwerdeführerin in Syrien, zu diesen besteht allerdings kein Kontakt.

Sie hat in ihrem Heimatort XXXX neun Jahre lang die Schule besucht. Aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem syrischen Regime und bewaffneten Rebellen, wodurch auch das Haus der Beschwerdeführerin zerstört wurde, war sie gezwungen, im September 2017 gemeinsam mit ihrer Familie XXXX zu verlassen und nach Idlib zu reisen.

Die Ausreise der Beschwerdeführerin erfolgte im Dezember 2017 gemeinsam mit ihrer Familie in die Türkei, wo sie sechs Jahre lang aufhältig war. Anschließend reiste sie über Griechenland nach Österreich ein und stellte am 12.09.2022 im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Heimatregion der Beschwerdeführerin, die XXXX , befindet sich unter Kontrolle der (neuen) syrischen Regierung.

2.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführerin

2.2.1. Zur behaupteten Verfolgung durch das syrische Regime

Nach dem Sturz der Regierung von Bashar Al-Assad am 8. Dezember 2024 durch die von Ahmed al-Scharaa geführte HTS-Miliz wurde eine Übergangsverwaltung geschaffen. Der ehemalige Premierminister Mohammed Al-Jalali übertrug die Macht formell an Mohammed al-Bashir, den neu ernannten Übergangspremierminister, um die Fortführung der staatlichen Aufgaben einschließlich der Zahlung der Gehälter im öffentlichen Dienst zu gewährleisten, wie Al-Jalali erklärte. Ende Januar erklärte die Übergangsregierung die Verfassung Syriens aus dem Jahr 2012 für ungültig und löste das Parlament, das Militär und die Sicherheitsorgane der früheren Regierung auf. Übergangspräsident Al-Sharaa erklärte, er werde einen legislativen Interimsrat einrichten, der die Regierung bis zur Verabschiedung einer neuen Verfassung unterstützen soll.

Aufgrund der sich aus den Länderberichten ergebenden aktuellen Lage kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer illegalen Ausreise aus Syrien oder der Asylantragstellung in Österreich eine Verfolgung durch das syrische Regime droht.

Der Beschwerdeführerin droht auch wegen der Ausreise ihres Bruders aus Syrien und der damit verbundenen Entziehung vom Wehrdienst in der syrischen Assad-Armee auch keine Reflexverfolgung durch das nicht mehr existierende Assad-Regime.

2.2.2. Zur behaupteten Verfolgung als alleinstehende Frau

Die Beschwerdeführerin ist als alleinstehend anzusehen, da sie noch unverheiratet ist und nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass ihr asylberechtigter Lebensgefährte bei einer hypothetischen Rückkehr nach Syrien ebenfalls gemeinsam mit der Beschwerdeführerin nach Syrien zurückkehren würde.

Anhand der vorliegenden Länderinformationen kann nicht festgestellt werden, dass pauschal alle alleinstehenden Frauen in Syrien aufgrund ihres Geschlechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit psychischen oder physischen Eingriffen in ihre körperliche Integrität oder Lebensgefahr ausgesetzt wären.

Im konkreten Fall ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin allein aufgrund des Umstandes, dass es sich bei ihr um eine alleinstehende Frau handelt, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit individuelle Verfolgung von hinreichender Intensität droht.

3. Beweiswürdigung:

3.1. Zur Person der Beschwerdeführerin (Pkt. 2.1):

Die Feststellungen zur Herkunft, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit und den Sprachkenntnissen der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren glaubhaften und stringenten Angaben im Verwaltungsverfahren und ihrem syrischen Reisepass. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen – im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen – Aussagen zu zweifeln.

Die Feststellungen zum Lebenslauf der Beschwerdeführerin, insbesondere zu ihrem Schulbesuch und ihrer beruflichen Tätigkeit in der Türkei ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde sowie in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, welche in den zentralen Punkten mit den Angaben im Rahmen der Erstbefragung übereinstimmen.

Die Feststellungen zum Heimatort der Beschwerdeführerin und ihrer Familie ergeben sich aus ihren eigenen Aussagen und sind glaubhaft.

Die Feststellung zur Kontrolle über den Heimatort ergibt sich aus einer Einsicht in die „Live Universal Awareness Map, Map of Syrian Civil War“ (abrufbar unter https://syria.liveuamap.com/de, letzter Zugriff am Tag der Beschwerdeverhandlung).

3.2. Die Feststellungen zu Pkt. 2.2.1 ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt Version 12 (S.10ff) sowie aus EUAA Syria: Country Focus, Kap. 1.2.2 und 4.5.5 (dt. Übersetzung durch das Gericht).

3.3. Die Feststellungen zu Pkt. 2.2.2. ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt Version 10 (Kap.15.1), dem Länderinformationsblatt Version 12 (S.3, S. 209ff) sowie aus EUAA Syria: Country Focus, Kap. 1.3.5 (dt. Übersetzung durch das Gericht).

Im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Version 10) wird ganz allgemein dargelegt, dass Syrien eine patriarchalische Gesellschaft ist, es aber je nach sozialer Schicht, Bildungsniveau, Geschlecht, städtischer oder ländlicher Lage, Region, Religion und ethnischer Zugehörigkeit erhebliche Unterschiede in Bezug auf Rollenverteilung, Sexualität sowie Bildungs- und Berufschancen von Frauen gibt. Die Wahrnehmung alleinstehender Frauen durch die Gesellschaft variiert von Gebiet zu Gebiet, in XXXX -Stadt gibt es etwa mehr gesellschaftliche Akzeptanz als in konservativeren Gebieten. Der anhaltende Konflikt und seine sozialen Folgen sowie die Verschiebung der de-facto-Kontrolle durch bewaffnete Gruppen über Teile Syriens haben ebenfalls weitreichende Auswirkungen auf die Situation der Frauen. Mehr als ein Jahrzehnt des Konflikts hat ein Klima geschaffen, das der Gewalt gegen Frauen und Mädchen zuträglich ist, besonders angesichts der sich verfestigenden patriarchalischen Gesellschaftsformen und Fortschritte bei den Frauenrechten zunichtemachte. Dem Länderinformationsblatt ist zu entnehmen, dass es in Syrien vor dem Regimewechsel zu Diskriminierungen, Stigmatisierungen, Gewalt und sexuellen Übergriffen von Frauen gekommen ist, aber nicht in einem solchen Ausmaß, dass Frauen per se als so systematisch verfolgt anzusehen wären, dass sie allein wegen ihres Geschlechts jedenfalls mit asylrelevanter Verfolgung zu rechnen hätten.

Der EUAA Country Focus legt dar, dass die nun syrische Regierung stellende HTS, die unter internationaler Beobachtung steht, betreffend die Beschneidung von Frauenrechten zurückhaltender agiert als bisher. Dies bestätigt sich zumindest durch erste Aussagen der neuen Regierenden: So versicherte der neue Außenminister, Frauenrechte zu unterstützen und Übergangspräsident Al-Sharaa hat ebenfalls versprochen, den Zugang von Frauen zu Bildung fortzusetzen. Auch wenn solch möglicherweise taktisch motivierten Aussagen Fragen hinsichtlich der weiteren Zukunft aufwerfen, so ist derzeit nicht absehbar, welche (islamischen) Strömungen sich im zukünftigen Syrien durchsetzen werden und wie sich der Umgang mit Frauenrechten dabei entwickeln wird. Die Besetzung von drei Frauen in Schlüsselpositionen durch die neue Regierung deuten (bisher) auf eine liberalere Einstellung der HTS gegenüber Frauen hin.

Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Version 12) geht hervor, dass Frauen in der Öffentlichkeit durch die neue syrische Regierung Zugeständnisse gemacht und Frauen in öffentliche Ämter berufen werden, es aber dennoch kontroverse und widersprüchliche Aussagen von der HTS geführten Regierung und deren Umfeld gibt, die auf ein rückwärtsgewandtes Frauenbild hindeuten. So betonte Übergangspräsident Al-Sharaa eine Frauenquote von 60% bei Hochschulabsolventen in der Provinz Idlib und der Außenminister vertraue auf „eine aktive Rolle der Frau in der Gesellschaft und deren Fähigkeiten“, während ein Sprecher der Regierung die Ernennung von Frauen in öffentliche Ämter aufgrund ihrer „biologischen und psychologischen Natur“ als verfrüht erachtete. Auch gibt es vereinzelt Berichte darüber, dass sich die HTS hinsichtlich der Kleidung von Frauen einzumischen versuche oder Forderungen in Bezug auf ihre Kleidung oder ihr Aussehen stelle. Dem Länderinformationsblatt ist aber zu entnehmen, dass Frauen in städtischen Zentren und ländlichen Gebieten aktiv im öffentlichen Raum präsent sind und (bislang) keine systematischen und weitreichenden Versuche unternommen wurden, restriktive Kleidervorschriften einzuführen oder die Mobilität von Frauen einzuschränken. Zudem ist es Frauen möglich, ohne Einschränkungen an öffentlichen Feiern teilzunehmen, was ebenfalls eine relativ große Bewegungsfreiheit unter der neuen syrischen Regierung andeutet.

Auf Basis dieser Länderberichtslage ist es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführerin im Falle ihrer hypothetischen Rückkehr nach Syrien asylrelevante Verfolgung drohen würde. So sind in ihrer Heimatregion XXXX konservative Strömungen in Hinblick auf das islamische Frauenbild weniger stark ausgeprägt als in ländlichen Gebieten. Demnach war es ihr auch ihren eigenen Angaben zufolge möglich, dort neun Jahre lang die Schule zu besuchen und erfolgte ihre Ausreise aus Syrien nicht wegen einer konkret gegen sie als Frau gerichteten Verfolgung, sondern kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem syrischen Regime und bewaffneten Rebellen. Zudem erscheint die aktuelle Situation für Frauen in Syrien unter der HTS geführten Regierung - trotz teilweise frauenverachtender Äußerungen - nicht derart prekär, dass die Beschwerdeführerin in Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung durch staatliche Behörden oder Private ausgesetzt gewesen wäre.

Andererseits hat auch die Beschwerdeführerin selbst in der mündlichen Verhandlung nichts dargelegt, was die Gefahr einer konkret gegen sie gerichteten Verfolgung aus den Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention nahelegen würde.

Die Beschwerdeführerin hat daher nicht glaubhaft machen können, dass ihr bei einer hypothetischen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung drohen würde.

3.4. Die Feststellungen stützen sich auf die zitierten Quellen. Angesichts der Aktualität, Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf verschiedenen voneinander unabhängigen Quellen beruhen und ein übereinstimmendes, in sich schlüssiges und nachvollziehbares Gesamtbild liefern, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Die Quellen konnten daher allesamt dem Verfahren zugrunde gelegt werden.

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Asyl)

4.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl.Nr. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist), dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 14.7.2021, Ra 2021/14/0066, mwN). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); diese muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet.

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr iSd GFK. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, ist auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen. Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.6.1997, 95/01/0627).

„Glaubhaftmachung“ im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Zudem ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, 95/20/0380). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.9.2004, 2001/20/0006, betreffend Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. die Erkenntnisse des VwGH 23.1.1997, 95/20/0303, sowie 28.05.2009, 2007/19/1248) reichen für sich alleine nicht aus, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).

Für eine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr – Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung – bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vgl auch VwGH 16.2.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN). Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann allerdings nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht – unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) –, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, Zl. 99/01/0256; VwGH 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191).

Die Schutzfähigkeit und -willigkeit der staatlichen Behörden ist grundsätzlich daran zu messen, ob im Heimatland wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, vorhanden sind und ob die schutzsuchende Person Zugang zu diesem Schutz hat. Dabei muss auch bei Vorhandensein von Strafnormen und Strafverfolgungsbehörden im Einzelfall geprüft werden, ob die revisionswerbenden Parteien unter Berücksichtigung ihrer besonderen Umstände in der Lage sind, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (vgl. VwGH 14.4.2021, Ra 2020/18/0126, mwN).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 8.10.1980, VwSlg 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 8.9.1999, 98/01/0503 und 98/01/0648).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 9.3.1999, 98/01/0370; 22.10.2002, 2000/01/0322).

4.1.2. Zum Fluchtvorbringen einer Verfolgung als alleinstehende Frau:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person als „Verfolgung“ iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (Vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/20/0295 Rz 27) Ob dies der Fall ist, ist im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen (VwGH 14.7.2021. Ra 2021/14/006, mwN).

Den Länderberichten zu Syrien ist zwar zu entnehmen, dass Frauen in Syrien strukturell benachteiligt und auf den „Schutz“ eines männlichen Familienangehörigen angewiesen sind und insbesondere für alleinstehende Frauen ein erhöhtes Risiko besteht, (sexueller) Gewalt und Belästigung ausgesetzt zu sein. Die Wahrnehmung alleinstehender Frauen variiert jedoch von Gebiet zu Gebiet, sodass diese etwa in der städtisch geprägten Heimatregion der Beschwerdeführerin eher gesellschaftlich akzeptiert werden als in ländlichen Gebieten. Auch die soziale Schicht, das Bildungsniveau, die Region, die Religion und die Volksgruppenzugehörigkeit spielen diesbezüglich eine Rolle. Die Situation alleinstehender Frauen in Syrien kann zum Entscheidungszeitpunkt jedenfalls nicht pauschal die Gewährung von Asyl begründen. Vielmehr ist im Einzelfall zu prüfen, ob in diesem Zusammenhang eine Verfolgungsgefahr von maßgeblicher Wahrscheinlichkeit und Intensität vorliegt.

Insoweit die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in der Rechtssache C-621/21 vom 16.01.2024 verweist ist anzuführen, dass daraus kein Automatismus abgeleitet werden kann, dass ausnahmslos allen Frauen in Syrien asylrelevante Verfolgung droht. So führt der EuGH aus, dass „insoweit […] die Prüfung der Frage, ob die Furcht der antragstellenden Person vor Verfolgung begründet ist, gemäß Art. 4 Abs. 3 dieser Richtlinie individuell sein und von Fall zu Fall mit Wachsamkeit und Vorsicht vorgenommen werden [muss], wobei ausschließlich eine konkrete Prüfung der Tatsachen und Umstände im Einklang mit den in Art. 4 Abs. 3, aber auch in Art. 4 Abs. 4 [der Richtlinie 2011/95] enthaltenen Regeln zugrunde zu legen ist, um zu ermitteln, ob die festgestellten Tatsachen und Umstände eine solche Bedrohung darstellen, dass die betroffene Person in Anbetracht ihrer individuellen Lage begründete Furcht haben kann, tatsächlich Verfolgungshandlungen zu erleiden, sollte sie in ihr Herkunftsland zurückkehren müssen“.

Im Fall der Beschwerdeführerin - unter Berücksichtigung ihrer individuellen Lage - ist nicht davon auszugehen, dass ihr als alleinstehender Frau mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit individuelle Verfolgung von hinreichender Intensität droht. Sie wuchs in XXXX auf und besuchte dort neun Jahre lang die Schule ohne in dieser Zeit konkret gegen sie gerichteten Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen zu sein. Ihre Ausreise aus Syrien erfolgte aufgrund des Bürgerkrieges und nicht aufgrund des Umstandes, dass es sich bei ihr um eine Frau handelt, die jedenfalls mit relevanter Verfolgung zu rechnen hätte. Auf Basis der in der Beweiswürdigung zitierten Länderinformationen ist nicht anzunehmen, dass pauschal alle Frauen in Syrien - insbesondere nach dem Sturz des Assad-Regimes - von einer systematischen und flächendeckenden Verfolgung bedroht sind, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte führen. Die frauenverachtenden Aussagen von Teilen der HTS geführten syrischen Regierung sind zweifelsohne diskriminierend, aber nach der eingangs zitierten Judikatur nicht ausreichend, um als „Verfolgung“ iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK qualifiziert zu werden.

Zusammengefasst kann aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht abgeleitet werden, dass ihr ausschließlich aufgrund ihrer Eigenschaft als Frau unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse Asyl zuzuerkennen wäre. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof eine Revision in einem ähnlich gelagerten Fall bereits zurückgewiesen (VwGH 3.5.2023, Ra 2023/19/0026).

4.1.3. Sonstige Asylgründe:

Sonstige Asylgründe sind nicht hervorgekommen. Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, wurde das Regime von Präsident Assad gestürzt. Es besteht daher für die Beschwerdeführerin nicht die Gefahr einer Reflexverfolgung durch das syrische Regime aufgrund der Wehrdienstverweigerung ihres Bruders.

Auch aus der aktuellen allgemeinen Lage in Syrien lässt sich für die Beschwerdeführerin eine Zuerkennung des Status der Asylberechtigten nicht herleiten. Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellen nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; VwGH 14.03.1995, 94/20/0798). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; VwGH 30.04.1997, 95/01/0529; VwGH 08.09.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt – nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung – zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

4.1.4. Ergebnis:

Eine individuelle Betroffenheit der Beschwerdeführerin von Verfolgungshandlungen aus einem der GFK-Fluchtgründe hat diese nicht glaubhaft machen können. Einer – nicht asylrelevanten – Gefährdung der Beschwerdeführerin durch die derzeitige Sicherheits- und Versorgungslage in Syrien wurde fallgegenständlich bereits mit der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Rechnung getragen.

Im Ergebnis war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides daher als unbegründet abzuweisen.

4.2. Zu Spruchpunkt B) – Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die Judikatur unter Punkt II.4.1.); weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen ist der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln. Die in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung ist – sowie diese nicht unvertretbar ist – nicht revisibel (vgl. z.B. VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0149, mwN).

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