JudikaturBVwG

W225 2291227-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
27. Mai 2025

Spruch

W225 2291227-1/76E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Barbara WEISS, LL.M. als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Christian BAUMGARTNER und die Richterin MMag. Dr. Gabriele FISCHER-SZILAGYI als Beisitzer über die Beschwerde der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Abteilung 11 - Verkehrs-Arbeitsinspektorat Schienenbahnen (vormals Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, Verkehrs-Arbeitsinspektorat, Sektion II, Gruppe C, Abteilung 11, Verkehrs-Arbeitsinspektorat Schienenbahnen), gegen den Bescheid der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vom XXXX 2024, Zl. XXXX , betreffend die Genehmigung des Vorhabens „Eisenbahnrechtliche Baugenehmigung XXXX – Errichtung 4-gleisige Einfahrt XXXX der XXXX , vertreten durch die Jarolim und Partner Rechtsanwälte GmbH, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

A)

- zu Recht erkannt:

I. Projektmodifikation:

Die von der XXXX während des Beschwerdeverfahrens eingereichten Unterlagen in Punkt II. der Stellungnahme vom 07.03.2025 zur Änderung ihres Projektes, nämlich:

- die letztgültigen Austauschpläne, die Grundlage der XXXX -Begutachtung waren:

Inhaltsverzeichnis, XXXX ,

Technischer Bericht sicherungstechnischer Ausrüstung, XXXX ,

Lageplan Blatt 1, XXXX ,

Lageplan Blatt 2, XXXX ,

Lageplan Blatt 3, XXXX ,

Lageplan Blatt 4, XXXX ,

SFE Schema, XXXX ,

- der XXXX -Inspektionsbericht zur Bewertung von Regelwerksanpassungen, 24008.801.01,

- der XXXX -Inspektionsbericht zur Bewertung der Begleitmaßnahmen PZB XXXX , 24008.802.02, sowie

- die gutachterliche Stellungnahme des §31a-Gutachters, 1509-1S-05-V1.0,

bilden einen untrennbaren Bestandteil der Genehmigung.

- beschlossen:

II. Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 31 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 16.02.2023 beantragte die XXXX (in der Folge: Projektwerberin) für das im Spruch genannte Vorhaben die Genehmigung gemäß §§ 23b, 24 und 24f UVP-G 2000 sowie alle für die Ausführung sonst erforderlichen bundesgesetzlichen Genehmigungen.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 2024 wurde das beantragte Vorhaben gemäß dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 nach Maßgabe der im Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides angeführten Nebenbestimmungen genehmigt.

3. Dagegen erhob die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Abteilung 11 - Verkehrs-Arbeitsinspektorat Schienenbahnen (vormals Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, Verkehrs-Arbeitsinspektorat, Sektion II, Gruppe C, Abteilung 11, Verkehrs-Arbeitsinspektorat Schienenbahnen) (in der Folge: Beschwerdeführerin) eine Beschwerde.

4. Am 19.09.2024 und am 11.12.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch.

5. Am 07.03.2025 übermittelte die Projektwerberin diverse Unterlagen und beantragte eine Projektänderung dahingehend, dass diese zum Projektgegenstand erhoben werden.

6. Am 04.03.2025 langte von der Beschwerdeführerin das Begehren ein, dass das Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid, unter Zugrundelegung der eben genannten Projektänderung, bestätigen solle.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde von der Projektwerberin und der Beschwerdeführerin Folgendes vorgebracht.:

„ XXXX und BF haben besprochen, dass Prof. XXXX neben der Ausarbeitung bzw. Überprüfung der zu ändernden Regelwerke das konkrete Projekt überprüft. Sollten sich daraus Maßnahmen ergeben, so erklärt sich XXXX bereit, diese ins Projekt aufzunehmen. Wenn das Projekt von [Prof] XXXX positiv begutachtet wird, hat [die] BF erklärt, dass [sie] die Beschwerde zurückziehen werde. […]“

In der Stellungnahme vom 04.03.2025 führte die Beschwerdeführerin Folgendes an:

„Das Verkehrs Arbeitsinspektorat beantragt daher unter Zugrundelegung der angepassten und korrigierten Projektunterlagen und dem sich darauf beziehenden positiven Inspektionsbericht, dass der Beschwerde insoweit stattgegeben wird, als dem angefochtenen Bescheid die angepassten und korrigierten Projektunterlagen zu Grunde gelegt werden und im Übrigen der angefochtene Bescheid bestätigt wird.“

In der Stellungnahme vom 14.03.2025 führte die Beschwerdeführerin Folgendes an:

„Das Verkehrs Arbeitsinspektorat stellt daher den Antrag, […] dass der Beschwerde insoweit stattgegeben wird, als die nunmehr letztgültigen vorgelegten Unterlagen der angefochtenen eisenbahnrechtlichen Genehmigung zu Grunde gelegt werden und […] im Übrigen der angefochtene Bescheid bestätigt wird.“

1.2. Mit Schreiben vom 07.03.2025 übermittelte die Projektwerberin einen Antrag, dass die unter Punkt II. dieses Schreibens vorgelegten Unterlagen, nämlich:

- die letztgültigen Austauschpläne, die Grundlage der XXXX -Begutachtung waren:

Inhaltsverzeichnis, XXXX ,

Technischer Bericht sicherungstechnischer Ausrüstung, XXXX ,

Lageplan Blatt 1, XXXX ,

Lageplan Blatt 2, XXXX ,

Lageplan Blatt 3, XXXX ,

Lageplan Blatt 4, XXXX ,

SFE Schema, XXXX ,

- der XXXX -Inspektionsbericht zur Bewertung von Regelwerksanpassungen, 24008.801.01,

- der XXXX -Inspektionsbericht zur Bewertung der Begleitmaßnahmen PZB XXXX , 24008.802.02, sowie die gutachterliche Stellungnahme des §31a-Gutachters, 1509-1S-05-V1.0,

selbst zum Projektbestandteil erhoben werden.

Die Änderung umfasst Folgendes:

Das dem Projekt zugrundeliegende Regelwerk (RW) 13.01.01 wurde einer Aktualisierung auf Basis des Ingenieurwissenschaftlichen Gutachtens (24008.901.03) zugeführt, mit einem anschließenden bestätigenden Inspektionsbericht (24008.801.01) zur Bewertung der Regelwerksanpassung.

Die Vorgaben des RW 13.01.01, lfd. Nr. 9, gültig ab 01.02.2025, werden beim gegenständlichen Projekt in der vorgelegten Form vollinhaltlich eingehalten. Der Aspekt „5-Jahres-Frist ETCS“ (Pkt. 12.4.2, Ziff. 3) kommt nicht zur Anwendung. Die korrekte Anwendung der gesetzten Begleitmaßnahmen für das Zugbeeinflussungssystem PZB in XXXX wurden einer zusätzlichen Inspektion durch XXXX unterzogen und es wurde die korrekte Anwendung des RW 13.01.01 in Form eines Inspektionsberichtes (24008.802.02) bestätigt.

Die geänderten Projektunterlagen entsprechen den Vorgaben des RW 13.01.01, lfd. Nr. 9, gültig ab 01.02.2025, und klären alle sicherungstechnischen Streitpunkte zwischen beiden Parteien.

1.3. Durch die unter Pkt. II.1.2. genannte Projektänderung kommt es zu keiner negativen Veränderung der Auswirkungen auf die Schutzgüter des § 1 Abs. 1 UVP-G 2000.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen unter Pkt. II.1.1. ergeben sich aus den Stellungnahmen vom 04.03.2025 (S. 3) und 14.03.2025 (S. 3) sowie der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2024 (VHS vom 11.12.2024, S. 4).

Die Feststellungen unter Pkt. II.1.2. ergeben sich aus dem Schreiben der Projektwerberin vom 07.03.2025 und den beigefügten Unterlagen.

Die Feststellung unter Pkt. II.1.3. ergibt sich daraus, dass durch die Projektänderung sicherheitsrelevante Aspekte verbessert werden. Dies ist zudem unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A)

3.1.1. Zur Antragsänderung:

Die Änderung eines Antrages ist gemäß § 13 Abs. 8 AVG in jeder Lage des Verfahrens und somit auch in der Rechtsmittelinstanz zulässig (VwGH 29.03.2007, 2006/07/0108), sofern das Wesen der Sache sowie die sachliche und örtliche Zuständigkeit gewahrt bleiben. Diese im Grundsatz bestehenden Kriterien zur Beurteilung der Zulässigkeit einer Antragsänderung wurden jedoch durch die Rechtsprechung des VwGH (gerade auch für den Bereich der UVP) hinsichtlich des Vorliegens einer wesentlichen Antragsänderung entsprechend konkretisiert. So ist von einer wesentlichen Antragsänderung auszugehen, wenn die Änderung grundsätzlich geeignet ist, bei den Nachbarn neue bzw. größere Beeinträchtigungen herbeizuführen (VwGH 26.03.1996, 94/05/0332). Nur dann, wenn weder andere Parteien als bisher noch bisherige Verfahrensparteien anders als bisher berührt werden, liegt keine wesentliche Änderung des (verfahrenseinleitenden) Antrags vor (VwGH 23.10.2007, 2006/06/0343). Schließlich ist ein geändertes Projekt dann als „aliud“ zu qualifizieren, wenn die Modifikationen nach Art und Ausmaß nicht (mehr) geringfügig sind (VwGH 21.03.2007, 2006/05/0172).

Zur Beurteilung des Vorliegens einer wesentlichen Änderung kommt es hierbei auf eine abstrakte Beurteilung aus dem Blickwinkel der Schutzgüter des UVP-G 2000 an und nicht darauf, ob bei einer konkreten Beurteilung der Auswirkungen der Änderungen die einzelnen Änderungen oder das neue Vorhaben insgesamt als vorteilhafter, nachteiliger oder indifferent im Verhältnis zum ursprünglichen zu werten sind. Von einer wesentlichen Projektänderung ist daher dann auszugehen, wenn das geänderte Vorhaben in seinen Auswirkungen auf die Schutzgüter des § 1 Abs. 1 UVP-G 2000 ungünstiger ist als das ursprüngliche (VwGH 23.10.2007, 2006/0343; Ennöckl/Raschauer/Bergthaler, UVP-G, § 5 Rz 14-16).

Die Projektwerberin hat den zugrundeliegenden Antrag dahingehend geändert, dass sicherheitsrelevante Dokumente (siehe Pkt. II.1.2.), im Sinne einer Erhöhung der Sicherheit, überprüft und aktualisiert bzw. ergänzt wurden.

Daher kommt es, wie auch unter Pkt. II.1.3. festgestellt, durch die Änderung zu keinen negativen Auswirkungen. Auch bleibt die sachliche und örtliche Zuständigkeit gewahrt.

Bei der beantragten Änderung handelt es sich daher um keine wesentliche Änderung und es ist somit von der Zulässigkeit der Antragsänderung auszugehen.

Im Falle einer zulässigen Änderung im Rechtsmittelverfahren darf die Rechtsmittelinstanz nur mehr über das geänderte Projekt absprechen (VwGH 28.09.2010, 2009/05/0316).

3.1.2. Zur Einstellung des Verfahrens:

Die Einstellung steht gegenüber der Zurückweisung am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der rechtswirksamen Zurückziehung der Beschwerde oder des Untergangs des Beschwerdeführers kommt analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht. Dies gilt sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs per Bescheid (etwa durch die Verwaltungsbehörde bzw. sachliche Oberbehörde gemäß § 68 AVG) als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2018], § 28 VwGVG Rz 5). Zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides im Rahmen einer erhobenen Bescheidbeschwerde ist das Verwaltungsgericht nicht berufen (siehe auch VwGH 26.04.2016, Ra 2016/03/0043 mwN).

Zudem vertritt der VwGH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass ein bei ihm anhängiges Beschwerdeverfahren auch im Falle einer Amtsbeschwerde (Art. 131 Abs. 2 B-VG aF) bei Wegfall des rechtlichen Interesses an einer meritorischen Entscheidung in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG wegen Gegenstandlosigkeit einzustellen ist. Diese Überlegungen können auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden (VwSlg 19290 A/2016).

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen des Verwaltungsgerichtes durch Beschluss. Der höchstgerichtlichen Judikatur zufolge geht aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG hervor, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt (VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047).

Wie den Feststellungen entnommen werden kann, ist die Beschwerdeführerin der Ansicht, dass nach der von der Projektwerberin durchgeführten und vom Bundesverwaltungsgericht als zulässig erachteten Projektänderung (siehe oben), kein Bedarf an einer Überprüfung des angefochtenen Bescheides bestehe und der Bescheid zu bestätigen sei. Daher wird eine Rechtswidrigkeit zum Entscheidungszeitpunkt in keiner Form behauptet oder dargelegt.

Daher war die Projektänderung, welche auch durch die Beschwerde der Beschwerdeführerin angestoßen wurde, zum Projektbestandteil zu erheben (siehe Spruchpunkt A.I.), in weiterer Folge nur mehr über das geänderte Projekt abzusprechen (siehe Pkt. II.3.1.1.) und als Folge daraus das Beschwerdeverfahren spruchgemäß einzustellen (siehe Spruchpunkt A.II.).

3.2. Zu Spruchpunkt B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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