Spruch
W276 2305769-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Gert WALLISCH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am XXXX 2023 stellte der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsbürger und Angehöriger der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam, einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er an, er stamme aus XXXX . Weiters führte er aus, dass die Familie seiner Ex-Ehefrau beim Islamischen Staat (in Folge: IS) ein Gerichtsverfahren wegen vorgeworfener Ungläubigkeit gegen ihn eingeleitet habe. Seine Unterkunft und sein Geschäft seien beschlagnahmt worden. Die Türkei, in die er aus Syrien geflohen sei, habe er später wegen des Rassismus verlassen.
3. Am XXXX 2024 wurde der Beschwerdeführer von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: belangte Behörde), in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen.
Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er habe in XXXX an Demonstrationen teilgenommen. Daher habe er Probleme bekommen. Sein Ex-Schwiegervater sei Offizier gewesen und habe aufgrund der Demonstrationsteilnahme nicht gewollt, dass er seine Ex-Ehefrau heirate. Im Jahr 2013 habe er sie dennoch geheiratet, als XXXX vom syrischen Regime befreit worden sei. Mit dem syrischen Regime habe er wegen der Demonstrationsteilnahme jedoch keine Probleme gehabt. Er sei vom Regime gesucht, da er den syrischen Militärdienst nicht abgeleistet habe. Er sei nie bei einer Musterung gewesen, habe kein Militärbuch erhalten und wolle für niemanden kämpfen. Darüber hinaus sei er von der Familie seiner Ex-Ehefrau gesucht. Diese wolle ihn töten, da er seine Ex-Ehefrau damals gegen den Willen der Familie geheiratet habe. Im Frühling 2015 habe ein Onkel seiner Ex-Ehefrau seine Eltern nach ihm befragt und seinen Bruder für ein paar Tage verschleppt. Sie seien öfters gekommen, zuletzt im September 2015, aber da sei er schon in der Türkei gewesen. Seit der IS in Syrien besiegt sei, sei nicht mehr nach ihm gesucht worden.
Im Falle seiner Rückkehr nach Syrien befürchte der Beschwerdeführer die Hinrichtung.
4. Mit dem im Spruch bezeichneten, angefochtenen Bescheid vom XXXX 2024 dem Beschwerdeführer zugestellt am XXXX 2024, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt III.).
5. Am XXXX 2024 erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt I. des Bescheids fristgerecht Beschwerde. Er brachte auf das Wesentlichste zusammengefasst vor, dass seine Ex-Ehefrau einer einflussreichen Familie angehöre, die politische Verbindungen zum IS und zu kurdischen Milizen bzw. den Syrian Democratic Forces (in Folge: SDF) habe. Im Fall einer Rückkehr fürchte er daher eine Verfolgung durch die SDF, die seine Herkunftsregion XXXX kontrolliere. Auf Social Media bzw. via Textnachrichten sei er auch nach der Ausreise von den Brüdern seine Ex-Ehefrau bedroht worden. Durch den Sturz des Assad-Regimes könne es zu einem Wiedererstarken des IS kommen.
6. Mit Schreiben vom XXXX 2025, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 14.01.2025, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den dazugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
7. Mit Schreiben vom XXXX 2025 gab die belangte Behörde bekannt, dass eine Teilnahme eines informierten Vertreters an der anberaumten mündlichen Beschwerdeverhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei. Zudem wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt und um Übersendung des Verhandlungsprotokolls ersucht.
8. Am XXXX 2025 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache eine mündliche Verhandlung durch. Die Verhandlungsschrift wurde der belangten Behörde am selben Tag übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt die im Kopf des Erkenntnisses genannten Personalien. Er ist syrischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Araber an. Er ist sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Arabisch. Der Beschwerdeführer ist zum zweiten Mal verheiratet und hat eine Tochter aus erster Ehe.
Die Scheidung der ersten Ehe des Beschwerdeführers erfolgte im November 2022. Im März 2023 heiratete der Beschwerdeführer seine derzeitige Ehefrau.
Der Beschwerdeführer wurde im Gouvernement XXXX geboren und wuchs dort auf. Er lebte bis zu seiner Ausreise in der Stadt XXXX . Zeitweise in einem Dorf in der näheren Umgebung dieser Stadt. Im Jahr 2015 reiste der Beschwerdeführer aus Syrien aus und in die Türkei ein, wo er anschließend acht Jahre lang bis zum Jahr 2023 aufhältig war. Folgend reiste er aus der Türkei in Richtung Zentraleuropa aus und im September 2023 nach Österreich ein, wo er den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht unter der Kontrolle der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens und deren SDF.
Die Schule besuchte der Beschwerdeführer in Syrien zwölf Jahre lang. Während seiner Zeit in Syrien arbeitete der Beschwerdeführer noch nicht, in der Türkei war er jedoch als Dekorateur (Innenbeleuchtungsausstattung) tätig.
Die nunmehr vom Beschwerdeführer geschiedene Ex-Ehefrau lebt mit der Tochter des Beschwerdeführers in Damaskus. Die derzeitige Ehefrau lebt mit der Mutter und einer Schwester des Beschwerdeführers in XXXX . Zwei Brüder und eine weitere Schwester des Beschwerdeführers leben in der Türkei.
Der Beschwerdeführer ist gesund und in Österreich strafrechtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich subsidiär schutzberechtigt.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Für männliche syrische Staatsbürger war im Alter zwischen 18 bis 42 Jahren die Ableistung eines Wehrdienstes in der syrisch arabischen Armee (SAA) des syrischen Assad-Regimes gesetzlich verpflichtend. Zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das erkennende Bundesverwaltungsgericht steht fest, dass die SAA im Verlauf des Falls des Assad-Regimes aufgelöst wurde. Seitens der neuen Regierung Syriens, der von der Gruppierung Haiʾat Tahrir asch-Scham (in Folge: HTS) geführten Rebellenallianz, wurde für alle wehrpflichtigen Syrer eine Generalamnestie verkündet. Eine Verfolgung des Beschwerdeführers durch das gestürzte syrische Regime aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung und einer allenfalls unterstellten oppositionellen Gesinnung oder sonstigen Gründen ist somit ausgeschlossen.
Dem Beschwerdeführer droht nach dem Fall des syrischen Regimes auch keine Verfolgung aufgrund der Teilnahme an Anti-Regime-Demonstrationen.
Die Selbstverteidigungspflicht der kurdisch dominierten SDF der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens besteht weiterhin. Sowohl kurdische als auch arabische Männer ab Vollendung des 18. Lebensjahres gelten als wehrpflichtig und müssen den Selbstverteidigungsdienst bis zum vierzigsten Lebensjahr vollendet haben. Diese Selbstverteidigungspflicht gilt jedoch nur für jene Männer die nach dem Jahr 1998 geboren wurden.
Der Beschwerdeführer ist im Jahr XXXX , also vor dem Jahr 1998 geboren und somit nicht für die Selbstverteidigungspflicht wehrpflichtig.
Der Beschwerdeführer hat keine politisch oppositionelle Gesinnung gegenüber der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens inne. Anhaltspunkte, dass dem Beschwerdeführer seitens der Selbstverwaltung eine solche unterstellt würde, sind im Laufe des Verfahrens nicht hervorgekommen.
Der IS ist in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers, XXXX seit Oktober 2017 nicht mehr präsent. Von diesem geht keine Verfolgungsgefahr gegen den Beschwerdeführer aus. Das gegen ihn vor seiner Ausreise angestrebte Gerichtsverfahren droht seit dem Fall des IS in XXXX nicht mehr.
Der Beschwerdeführer gelang es nicht glaubhaft zu machen, dass die Familie seiner Ex-Ehefrau nunmehr über politische bzw. militärische Kontakte zur SDF bzw. zur Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens aufbauen konnte und in der Lage ist, ihn im Falle der Rückkehr über diese zu verfolgen.
Der Beschwerdeführer ist im Falle der Rückkehr nach Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht der Gefahr einer unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt.
1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zu Syrien vom 08.05.2025, Version 12:
[…]
Politische Lage – Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Letzte Änderung 2025-05-08
Am 8.12.2024 erklärten die Oppositionskräfte in Syrien die 24-jährige Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad für beendet. Zuvor waren Kämpfer in die Hauptstadt eingedrungen, nachdem Oppositionsgruppierungen am 27.11.2024 eine Offensive gegen das Regime gestartet und innerhalb weniger Tage die Städte Aleppo, Hama und große Teile des Südens eingenommen hatten. Al-Assad war aus Damaskus geflohen (AJ 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl in Russland gewährt (VB Moskau 10.12.2024). Er hatte das Land seit 2000 regiert, nachdem er die Macht von seinem Vater Hafez al-Assad übernommen hatte, der zuvor 29 Jahre regiert hatte (BBC 8.12.2024a). Er kam mit der Baath-Partei an die Macht, die in Syrien seit den 1960er-Jahren Regierungspartei war (NTV 9.12.2024). Bashar al-Assad hatte friedliche Proteste gegen sein Regime im Jahr 2011 gewaltsam unterdrückt, was zu einem Bürgerkrieg führte. Mehr als eine halbe Million Menschen wurden getötet, sechs Millionen weitere wurden zu Flüchtlingen (BBC 8.12.2024a). Die Offensive gegen al-Assad wurde von der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) angeführt (BBC 9.12.2024). [Details zur Offensive bzw. zur Hay'at Tahrir ash-Sham finden sich im Kapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (8.12.2024) Anm.] Die HTS wurde ursprünglich 2012 unter dem Namen Jabhat an-Nusra (an-Nusra Front) gegründet, änderte ihren Namen aber 2016 nach dem Abbruch der Verbindungen zur al-Qaida in Hay'at Tahrir ash-Sham. Sie festigte ihre Macht in den Provinzen Idlib und Aleppo, wo sie ihre Rivalen, darunter Zellen von al-Qaida und des Islamischen Staates (IS), zerschlug. Sie setzte die sogenannte Syrische Heilsregierung (Syrian Salvation Government - SSG) ein, um das Gebiet nach islamischem Recht zu verwalten (BBC 9.12.2024). Die HTS wurde durch die von der Türkei unterstützte Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA), lokale Kämpfer im Süden und andere Gruppierungen unterstützt (Al-Monitor 8.12.2024). Auch andere Rebellengruppierungen erhoben sich (BBC 8.12.2024b), etwa solche im Norden, Kurdenmilizen im Nordosten, sowie Zellen der Terrormiliz IS (Tagesschau 8.12.2024). Im Süden trugen verschiedene bewaffnete Gruppierungen dazu bei, die Regierungstruppen aus dem Gebiet zu vertreiben. Lokale Milizen nahmen den größten Teil der Provinz Dara'a sowie die überwiegend drusische Provinz Suweida ein (Al-Monitor 8.12.2024). Die Abteilung für Militärische Operationen (Department for Military Operations - DMO) dem auch die HTS angehört, kontrollierte mit Stand 11.12.2024 70 % des syrischen Territoriums (Arabiya 11.12.2024).
[…]
. Die neuen de-facto-Führer Syriens bemühten sich um Sicherheit, Stabilität und Kontinuität. Obwohl es Berichte über Plünderungen in der Zentralbank und über Menschen gab, die den persönlichen Wohnsitz al-Assads und die Botschaft des Iran, seines Hauptunterstützers, durchwühlten, standen am 9.12.2024 Rebellenkämpfer vor Regierungsgebäuden in der gesamten Hauptstadt Wache. Die neuen Behörden verbreiteten auch Bilder von Sicherheitspersonal, das durch die Straßen von Damaskus patrouillierte, in den sozialen Medien (NYT 12.12.2024).
Der HTS-Anführer Mohammed al-Joulani, der mittlerweile anstelle seines Kampfnamens seinen bürgerlichen Namen Ahmad ash-Shara' verwendet (Nashra 8.12.2024), traf sich am 9.12.2024 mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten und Vizepräsidenten von al-Assad, um die Modalitäten für eine Machtübergabe zu besprechen (DW 10.12.2024). Bis zu ihrer Übergabe blieben die staatlichen Einrichtungen Syriens unter seiner Aufsicht (REU 8.12.2024). Die Macht des Assad-Regimes wurde auf ein Übergangsgremium übertragen, das vom Premierminister der SSG, Mohammed al-Bashir, geleitet wurde (MEI 9.12.2024). Al-Bashir kündigte am ersten Tag seiner Ernennung an, dass die Prioritäten seiner Regierung folgende seien: Gewährleistung von Sicherheit, Bereitstellung von Dienstleistungen und Aufrechterhaltung der staatlichen Institutionen. (AJ 27.1.2025a). Am 29.1.2025 wurde de-facto-Herrscher Ahmed ash-Shara' zum Übergangspräsidenten ernannt (Standard 29.1.2025).
[…]
Korruption – Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.112.2024)
Letzte Änderung 2025-05-08
Entwicklungen seit dem Sturz des Assad Regimes (seit 8.12.2024)
Die Korruption im öffentlichen Sektor war unter dem Assad-Regime durch ein zunehmendes Maß an Klientelismus und Plünderung von Ressourcen gekennzeichnet. Die Institutionen wurden so verwaltet, dass sie den Interessen der politischen Eliten dienten, die mit dem Regime und seinen Kreisen verbunden waren, und das auf Kosten von Effizienz und Effektivität. Die geschäftsführende Regierung hat angekündigt, ein Paket von Reformen durchführen zu wollen (OSS 20.1.2025). Das Assad-Regime hat die Institutionen praktisch hohl zurückgelassen – voller Korruption, ohne Regularien, ohne qualifizierte Fachkräfte, ohne Ausstattung (NZZ 24.1.2025).
Unmittelbar nach ihrem Amtsantritt gewährte die neue Regierung Tausenden von Angestellten drei Monate bezahlten Urlaub, bis ihr Status überprüft worden ist. Dies wurde als willkürliche Entlassung interpretiert, da dies mit einer Verzögerung bei der Auszahlung von Gehältern zusammenfiel, weil das notwendige Budget nicht zur Verfügung stand (AAA 27.1.2025).
Die neuen Machthaber in Syrien haben mit der Zerschlagung des Captagon-Handels begonnen und ehemalige Fabriken an Standorten wie dem Luftwaffenstützpunkt Mezzeh in Damaskus, einem Autohandelsunternehmen in Latakia und einer Fabrik, in der früher Snackchips hergestellt wurden, im Damaszener Vorort Douma demontiert (AJ 7.1.2025). Der interimistische syrische Premierminister versprach, dass der Drogenschmuggel und Captagon in Syrien keine Bedrohung mehr für Jordanien sein werde (REU 7.1.2025). Unter der Herrschaft von Al-Assad war Jordanien ein Hauptumschlagplatz für den Schmuggel von in Syrien hergestellten Captagon-Amphetaminen mit hohem Suchtpotenzial in die Golfstaaten, was zu Spannungen zwischen den beiden Ländern geführt hatte (AJ 7.1.2025).
Finanzminister Abazid sagte, dass die ehemaligen Rebellen seit ihrer Machtübernahme auf massive Korruption und Verschwendung gestoßen seien. Einige staatliche Unternehmen schienen unter al-Assad nur dazu da zu sein, Ressourcen zu veruntreuen, und würden geschlossen werden. Eine vorläufige Überprüfung der neuen Regierung zeigte, dass nur 900.000 von 1,3 Millionen Menschen auf der Gehaltsliste der Regierung tatsächlich zur Arbeit kommen. Mohammad Alskaf, Minister für Verwaltungsentwicklung, der die Personalstärke des öffentlichen Sektors überwacht, sagte gegenüber Reuters, dass der Staat zwischen 550.000 und 600.000 Mitarbeiter benötigen würde – weniger als die Hälfte der derzeitigen Zahl (REU 31.1.2025).
Korruption in den Gebieten der kurdisch dominierten SDF – Demokratische Autonome Region Nord- und Ostsyrien
Letzte Änderung 2025-05-08
Im August 2023 brachen in der Demokratischen Autonomen Region Nord- und Ostsyrien (DAANES) gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den Syrian Democratic Forces (SDF) und den Stammeskämpfern in Deir ez-Zour aus. Neben der Festnahme eines SDF-Kommandanten waren der Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic (CoI) zufolge auch Missstände in der Selbstverwaltung, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, Zwangsrekrutierung, unzureichende Lehrpläne und Korruption Auslöser dieser Unruhen (UNGA 9.2.2024). Auch USAID gab an, dass die Wahrnehmung von Korruption in der DAANES sowie die Einmischung der Kurdischen Arbeiterpartei (Partiya Karkerên Kurdistanê - PKK) die Spannungen durch die Proteste weiter antrieben und die öffentliche Akzeptanz der SDF untergruben (USAID 13.8.2023).
[…]
Wehr- und Reservedienst – Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.2.2024)
Letzte Änderung 2025-05-08
Die Syrische Arabische Armee wurde noch von al-Assad vor seiner Flucht nach Mitternacht am 8.12.2024 per Befehl aufgelöst. Die Soldaten sollten ihre Militäruniformen gegen Zivilkleidung tauschen und die Militäreinheiten und Kasernen verlassen (AAA 10.12.2024). Aktivisten des Syrian Observatory for Human Rights (SOHR) in Damaskus haben berichtet, dass Hunderte von Regimesoldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie darüber informiert wurden, dass sie entlassen wurden, da das Assad-Regime gestürzt war (SOHR 8.12.2024). Ca. 2.000 syrische Soldaten sind in den Irak geflohen. Einem Beamten aus dem Irak zufolge sollen 2.150 syrische Militärangehörige, darunter auch hochrangige Offiziere, wie Brigadegeneräle und Zollangestellte, in einem Lager in der Provinz al-Anbar untergebracht sein. Die Mehrheit soll nach Syrien zurückkehren wollen (AlMada 15.12.2024). Syrischen Medien zufolge verhandelte die syrische Übergangsregierung mit der irakischen Regierung über die Rückführung dieser Soldaten (ISW 16.12.2024). Am 19.12.2024 begannen die irakischen Behörden damit, die syrischen Soldaten nach Syrien auszuliefern (TNA 19.12.2024). Die Mehrheit der führenden Soldaten und Sicherheitskräften des Assad-Regimes sollen sich noch auf syrischem Territorium befinden, jedoch außerhalb von Damaskus (Stand 13.12.2024) (AAA 10.12.2024). Nach der Auflösung der ehemaligen Sicherheits- und Militärinstitutionen verloren Hunderttausende ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen – vor allem in den Küstenregionen. Zehntausende wurden auch aus staatlichen und zivilen Einrichtungen entlassen, ohne alternative Einkommens- oder Arbeitsmöglichkeiten. Darüber hinaus wurden Mitgliedern der aufgelösten Armee, Polizei und Sicherheitsdienste Umsiedlungsmaßnahmen aufgezwungen, was zu wachsender Unzufriedenheit und Wut in den Reihen dieser Männer führte (Harmoon 17.3.2025).
Nach dem Umsturz in Syrien hat die von Islamisten angeführte Rebellenallianz eine Generalamnestie für alle Wehrpflichtigen verkündet. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie seien untersagt, teilte die Allianz auf Telegram mit (Presse 9.12.2024). HTS-Anführer ash-Shara' kündigte in einem Facebook-Post an, dass die Wehrpflicht der Armee abgeschafft wird, außer für einige Spezialeinheiten und "für kurze Zeiträume". Des Weiteren kündigte er an, dass alle Gruppierungen aufgelöst werden sollen und über Waffen nur mehr der Staat verfügen soll (CNBC Ara 15.12.2024a; vgl. MEMRI 16.12.2024). Unklar ist, wie eine Freiwilligenarmee finanziert werden soll (ISW 16.12.2024). Auch die Auflösung der Sicherheitskräfte kündigte ash-Shara' an (REU 11.12.2024a). In einem Interview am 10.2.2025 wiederholte ash-Shara', dass er sich für eine freiwillige Rekrutierung entschieden habe und gegen eine Wehrpflicht.
[…]
Das sogenannte Verteidigungsbüro des Exekutivrats der „Demokratischen Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien“ hat die für die Wehrpflicht erforderlichen Geburtsjahrgänge festgelegt, während die Verhaftungskampagnen gegen junge Menschen für die Einberufung in die Reihen der SDF weitergehen. Die Erklärung wurde vom Verteidigungsbüro der Autonomen Verwaltung an alle Verteidigungsbüros in der Region verteilt. Darin steht, dass wer zwischen dem 1.1.1998 und dem 31.12.2005 für den Dienst der Selbstverteidigung wehrpflichtig ist (Shaam 10.1.2024).
[…]
Wehr- und Reservedienst in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF – Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES)
Letzte Änderung 2025-05-08
[…]
Laut Gesetz Nr. 1 zur Selbstverteidigung gelten Männer mit Vollendung des 18. Lebensjahres als wehrpflichtig und müssen den Selbstverteidigungsdienst bis zum vierzigsten Lebensjahr vollendet haben (Artikel 13). Wehrpflichtig ist jeder männliche Bewohner der Region Nord- und Ostsyrien, der das gesetzliche Alter für die Ausübung des Selbstverteidigungsdienstes erreicht hat, bzw. jeder, der seit mehr als drei Jahren dauerhaft in Nord- und Ostsyrien ansässig ist und die syrische Staatsangehörigkeit besitzt (Artikel 1) (AANES-GC 22.2.2024).
[…]
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt, sowie den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden, Beilage ./1 bis ./10: Konvolut Auszüge ZMR, GVS, Strafregister, Schengener Informationssystem (Beilage ./1); COI CMS Länderinformationen Syrien Version 12 – Stand 08 05 2025 (Beilage ./2); COI_CMS_Länderinformationen Syrien, Kurzinformation Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024 (Datum der Veröffentlichung: 2024-12-10) (Beilage ./3); EUAA Country Guidance Syrien, April 2024 (Beilage ./4); EUAA Country Focus Syrien März 2025 (Beilage ./5); UNHCR Position on returns to the syrian arab Republic, Dezember 2024 (Beilage ./6); ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien vom 21.03.2025: Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen (z.B. Yekîneyên Parastina Gel, YPG); Zwangsrekrutierungen [a-12592-v2] (Beilage ./7); ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien vom 24.02.2025: Änderungen des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht in der Demokratischen Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) aufgrund der Kämpfe zwischen den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) und der Syrischen Nationalarmee (SNA); Änderung der Strafen; Durchsetzung des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht im kurdisch kontrollierten Teil von Deir-ez Zor, auch gegenüber Arabern; Intensivierung von Rekrutierungsbemühungen; Mobilisierung von Selbstverteidigungs-Einheiten und Heranziehen von Wehrpflichtigen zu Kampfeinsätzen; Aktueller Meinungsstand zur Verweigerung der Selbstverteidigungspflicht durch Araber [a-12555-2] (Beilage ./8); https://www.deutschlandfunk.de/rebellen-verkuenden-amnestie-fuer-soldaten-114.html; 14.12.2024 (Beilage ./9); https://www.dw.com/de/syrien-hts-rebellen-sollen-teil-staatlicher-armee-werden/a-71077838; 17.12.2024 (Beilage ./10).
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Die belangte Behörde stellte die Identität des Beschwerdeführers trotz Vorlage eines syrischen Personalausweises (vgl. AS 45ff) nicht fest. Das Foto des Ausweises stamme aus dem Jahr 2012 und sei dem Beschwerdeführer nicht eindeutig zuordenbar (vgl. Bescheid, S. 131). Die Feststellungen des erkennenden Bundesverwaltungsgerichts zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Lebenslauf, seinem Aufwachsen sowie seiner familiären Situation in Syrien, seiner Schulausbildung bzw. Berufserfahrung gründen sich auf seinen diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben im Verlauf des Verfahrens. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.
Die Ausreisezeitpunkte des Beschwerdeführers aus seinem Herkunftsstaat und aus der Türkei ergeben sich aus den diesbezüglich gleichbleibenden Angaben im Laufe des Verfahrens. Auch die belangte Behörde stellte schon derartiges fest (vgl. z.B. Bescheid, S. 9).
Die Feststellungen zu den Familienmitgliedern des Beschwerdeführers und deren aktuellen Aufenthaltsorten ergeben sich aus den stringenten im Verlauf des Verfahrens gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers (vgl. z.B. VHS, S. 6f).
Die Gebietskontrolle durch die Demokratische Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien und deren SDF in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsicht in die Syria Live-Map (https://syria.liveuamap.com/) und die historischen Landkarten des Cartercenters (https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html).
Der aufrechte Status des subsidiär Schutzberechtigten des Beschwerdeführers ergibt sich aus den vorgelegten Verfahrensakten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens (vgl. Bescheid, S. 1).
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung (vgl. AS 29; VHS, S. 4f) und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Die Auflösung der syrischen Armee ergibt sich aus dem Umstand, dass sie, einschlägigen Berichten zufolge, vom ehemaligen Präsidenten Syriens, al Assad noch vor seiner Flucht am 08.12.2024 per Befehl aufgelöst wurde (vgl. Länderinformationsblatt, V. 12, S. 139). Nach diesem Umsturz gab es eine Generalamnestie für alle Wehrpflichtigen, die von der Rebellenallianz verkündet wurde (vgl. Länderinformationsblatt, V. 12, S. 140). Da das Regime also nicht mehr existiert und seine Wehrpflicht von der neuen Regierung nicht fortgeführt wird, folgt logisch, dass es keine Bedrohung des Beschwerdeführers durch eine Zwangsrekrutierung oder eine Verfolgung seinerseits wegen des in der Vergangenheit verweigerten Wehrdienstes bzw. einer deshalb unterstellten oppositionellen Gesinnung geben kann.
Gleiches gilt auch für die vorgebrachte Demonstrationsteilnahme. Schon in der mündlichen Verhandlung gestand der Beschwerdeführer ein, dass er aufgrund dieser nicht verfolgt wurde (vgl. VHS, S. 11). Nach dem Fall des Regimes wäre eine derartige Verfolgung nicht nur noch unwahrscheinlicher, sondern effektiv unmöglich.
Laut Gesetz Nr. 1 zur Selbstverteidigung der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens gelten Männer mit Vollendung des 18. Lebensjahres als wehrpflichtig und müssen den Selbstverteidigungsdienst bis zum vierzigsten Lebensjahr vollendet haben. Wehrpflichtig ist dabei grundsätzlich jeder männliche Bewohner der Region Nord- und Ostsyrien, der das gesetzliche Alter für die Ausübung des Selbstverteidigungsdienstes erreicht hat, bzw. jeder, der seit mehr als drei Jahren dauerhaft in Nord- und Ostsyrien ansässig ist und die syrische Staatsangehörigkeit besitzt (vgl. Länderinformationsblatt, V. 12, S. 145). Zugleich gibt es allerdings eine Erklärung des Verteidigungsbüros der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens nach dem ausschließlich Männer, die zwischen 01.01.1998 und 31.12.2005 geboren wurden, wehrpflichtig sind (vgl. Länderinformationsblatt, V. 12, S. 146). Der Beschwerdeführer wurde am XXXX geboren und fällt daher nicht in diese Gruppe. Er ist zu alt. Folglich ist der Beschwerdeführer in seiner Herkunftsregion nicht wehrpflichtig und würde nicht zur Selbstverteidigungspflicht herangezogen werden.
Im Verlauf des Verfahrens äußerte sich der Beschwerdeführer nicht zu seiner politischen Haltung gegenüber der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens. Weder in seinen schriftlichen noch in seinen mündlichen Angaben finden sich Hinweise auf eine entsprechende politische Gesinnung oder ein klar erkennbares ablehnendes oder unterstützendes Verhalten gegenüber dieser Verwaltungsstruktur. Auch darüber hinaus ergaben sich im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte, die das erkennende Bundesverwaltungsgericht zu der Annahme veranlassen könnten, der Beschwerdeführer vertrete eine bestimmte politische Einstellung in Bezug auf die genannte Selbstverwaltung.
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer ins Rennen geführten Kontakte, die die Familie seiner Ex-Ehefrau zur Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens bzw. zu deren SDF geknüpft haben soll (vgl. VHS, S. 11), ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer primär bloß davon spricht, dass die Familie „wahrscheinlich“ solche Kontakte habe und diese „wahrscheinlich“ gegen ihn verwenden würde (vgl. VHS, S. 12). Er führt also keine konkreten Kontakte an von denen wer weiß, es handelt sich bei dabei um eine bloße Mutmaßung des Beschwerdeführers.
Dazu kommt, dass sich der Beschwerdeführer bei der Schilderung der Bedrohungen durch die Familie seiner Ex-Ehefrau in Widersprüche verwickelt. In der Beschwerde gab er an, er sei auf Social Media durch die Brüder seiner Ex-Ehefrau bedroht worden (vgl. Beschwerde, S. 3). Auch in der mündlichen Verhandlung gab er zuerst an, dass er bedroht wurde (vgl. VHS, S. 12), gesteht dann aber ein paar Sätze später ein, dass er auf Social Media nicht bedroht wurde, da er damals in der Türkei gewesen sei und die Familie seiner Ex-Ehefrau seine Facebook Kontaktdaten bzw. seine Telefonnummer nicht gehabt habe (vgl. VHS, S. 12).
Die Kontakte der Familie der Ex-Ehefrau, die der Beschwerdeführer angibt, bestehen laut diesem in verschiedensten und auch miteinander verfeindeten Organisationen. Der Vater der Ex-Ehefrau des Beschwerdeführers sei Oberfeldwebel bei der syrischen Armee (vgl. VHS, S. 11), dann hätten sich ihre Onkel vs. dem IS angeschlossen (vgl. VHS, S. 11) und nun habe die Familie wahrscheinlich Beziehungen zu den kurdisch dominierten SDF (vgl. VHS 11f). Dass eine Familie in einem derart komplexen und vielschichtigen Konflikt wie jenem in Syrien – geprägt von zahlreichen, teils miteinander verfeindeten Akteuren und wechselnden Machtverhältnissen – in der Lage sein könnte, durchgehend alle Konfliktparteien geschickt gegeneinander auszuspielen, sich dabei stets in einem positiven Licht zu präsentieren und kontinuierlich tragfähige Verbindungen zu den jeweils herrschenden Autoritäten aufrechtzuerhalten und zu nutzen, erscheint dem erkennenden Gericht äußerst unwahrscheinlich. Diese Einschätzung gilt insbesondere vor dem Hintergrund der im vorliegenden Fall vorgetragenen, in sich widersprüchlichen und nur schwer nachvollziehbaren Darstellung des Beschwerdeführers zu den ihm auf Social Media widerfahrenen Bedrohungen durch die Familie seiner Ex-Ehefrau.
Gesamtheitlich betrachtet sind die Fluchtgründe des Beschwerdeführers somit zur Gänze weggefallen. Im Falle der Rückkehr nach Syrien droht ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine individuelle Verfolgung oder Bedrohung.
2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Dabei ist insbesondere auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Version 12, vom 08.05.2025 hinzuweisen. Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehenen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Im vorliegenden Fall besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der herangezogenen Länderinformationen zu zweifeln. Die in der Beschwerde zitierten Länderberichte sind durch die aktuellen, in den Feststellungen zitierten Länderinformationen überholt. Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:
§ 3 Asylgesetz 2005 (AsylG) idgF lautet auszugsweise:
„Status des Asylberechtigten
§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
[…]“
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr kann relevant sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH vom 19.10.2000, 98/20/0233).
Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung („Vorverfolgung“) für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn der Asylwerber daher im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. – des Verwaltungsgerichts) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH vom 03.09.2021, Ra 2021/14/0108, mwN).
Artikel 9 Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes) idgF lautet:
„Verfolgungshandlungen
(1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung
a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder
b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist. 20.12.2011 Amtsblatt der Europäischen Union L 337/15 DE
(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und
f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen.“
Die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes rechtfertigt für sich allein grundsätzlich nicht die Anerkennung eines Asylwerbers als Flüchtling. Der VwGH geht von einer asylrechtlich relevanten Furcht vor Verfolgung nur in solchen Fällen aus, in denen die Einberufung aus einem der in Art. 1 Abschn A Z 2 FlKonv angeführten Gründen erfolgt, in denen der Asylwerber damit rechnen müsste, dass er hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während des Militärdienstes aus diesen Gründen im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt würde, oder in denen davon auszugehen ist, dass dem Asylwerber eine im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung droht (vgl. VwGH vom 11.10.2000, 2000/01/0326).
Wie festgestellt, geht vom mittlerweile gestürzten syrischen Regime keine Verfolgung mehr aus. Dies entspricht auch der aktuellen Position des UNHCR, die ausdrücklich festhält, dass Risiken in Bezug auf die Verfolgung durch die frühere Regierung aufgehört haben (vgl. UNHCR-Position vom 16.12.2024). Dem Vorbringen bezüglich einer möglichen Zwangsrekrutierung durch das syrische Regime ist damit die Grundlage entzogen.
Hinsichtlich der für die Herkunftsregion des Beschwerdeführers grundsätzlich relevanten oft als „kurdische Wehrpflicht“ bezeichnete Selbstverteidigungspflicht der SDF. Ist folgendes auszuführen: Die Demokratische Selbstverwaltung für Nord und Ostsyrien ist ein de facto autonomes Gebiet im Nordosten von Syrien, das jedoch nicht anerkannt ist. Bereits aus diesem Grund, liegt gegenständlich – mangels Militärdienstes eines souveränen Staates – im Hinblick auf die Selbstverteidigungspflicht der Tatbestand einer Verfolgungshandlung gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. e der Statusrichtlinie nicht vor. Wie festgestellt, fällt der Beschwerdeführer nicht in die wehrpflichtige Altersgruppe, da er noch vor 1998 geboren wurde. Allein schon aus diesem Grund erscheint eine Gefährdung sehr unwahrscheinlich.
Von einer – nicht asylrelevanten – Zwangsrekrutierung durch einen nichtstaatlichen Akteur ist grundsätzlich jene Verfolgung zu unterscheiden, die an die tatsächliche oder nur unterstellte politische Gesinnung anknüpft, die in der Weigerung, sich den Rekrutierenden anzuschließen, gesehen wird. Auf das Auswahlkriterium für die Rekrutierung selbst kommt es in einem solchen Fall nicht an. Dabei ist entscheidend, mit welchen Reaktionen auf Grund der Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, zu rechnen ist und ob in dem Verhalten eine – sei es auch nur unterstellte – politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird (vgl. zum Ganzen VwGH vom 19.04.2016, Ra 2015/01/0079, Rz 15 mwN; auch VfGH vom 25.02.2019, E4032/2018, Pkt. 2.1., mwN).
Im Verlauf des Verfahrens machte der Beschwerdeführer kein Vorbringen hinsichtlich einer Angst, zur Selbstverteidigungspflicht herangezogen zu werden. Was, um dies erneut zu betonen, aufgrund seiner nicht wehrpflichtigen Altersgruppe nachvollziehbar ist.
Das erkennende Gericht vermag in diesem Fall zusätzlich auch keine Verbindung zwischen einer potenziell drohenden Rekrutierungshandlung und einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 genannten Gründe der GFK zu erkennen. Aus den Länderfeststellungen folgt nicht, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der Verweigerung der Selbstverteidigungspflicht eine politisch oppositionelle Gesinnung unterstellt würde. Soweit der Beschwerdeführer von den Folgen einer Verweigerung der Selbstverteidigungspflicht der SDF betroffen wäre, ergibt sich unter Betrachtung der einschlägigen Länderinformationen dennoch kein Gesamtbild für eine auf Konventionsgründen beruhende unverhältnismäßige Bestrafung des Beschwerdeführers. Eine Verbindung zum Konventionsgrund der politischen Gesinnung ist daher bei gesamthafter Betrachtung der Reaktionen der de facto Behörden der kurdischen Selbstverwaltung nicht herzustellen. Auch eine mögliche Verbindung zu einem anderen Asylgrund iSd § 2 Abs. 1 Z 12 AsylG 2005 sieht das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht.
Im Lichte der oben zitierten Rechtsprechung zur möglichen Asylrelevanz einer durch einen (nichtstaatlichen) Akteur durchgeführten Zwangsrekrutierung ist auch noch festzuhalten, dass sich aus dem im Verfahren erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers und den zu diesem Vorbringen getroffenen Feststellungen, einschließlich der entsprechenden Länderinformationen, keine Anhaltspunkte für eine Verbindung zum Asylgrund der Religion erkennen lassen.
Auch im Hinblick auf den Asylgrund der Zugehörigkeit zu einer „sozialen Gruppe“ ist gegenständlich nichts zu gewinnen. Zum Vorliegen einer solchen Gruppe (iSd § 2 Abs. 1 Z 12 AsylG iVm Art. 10 Abs. 1 lit. d der Statusrichtlinie) bedarf es nach der Rechtsprechung der Erfüllung zweier kumulativer Voraussetzungen: Zum einen müssen die Mitglieder der Gruppe „angeborene Merkmale“ oder einen „Hintergrund, der nicht verändert werden kann“, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, „die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten“. Zum anderen muss diese Gruppe in dem betreffenden Drittland eine deutlich abgegrenzte Identität haben, da sie von der als sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Eine soziale Gruppe kann nicht ausschließlich dadurch definiert werden, dass sie Zielscheibe von Verfolgung ist (vgl. VwGH 28.05.2020, Ra 2019/18/0421). Aus den festgestellten Länderinformationen lässt sich aber nicht ableiten, dass die Personen, die sich der Selbstverteidigungspflicht verweigern, von der sie umgebenden Gesellschaft – also wohl insbesondere den Bewohner:innen des von der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens kontrollierten Teil Syriens – als „andersartig“ betrachtet werden.
Daher führte die potenzielle Weigerung des Beschwerdeführers, der Selbstverteidigungspflicht in der Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien Folge zu leisten, nicht dazu, dass ihm asylrechtlicher Schutz zu gewähren war. Es ist kein Zusammenhang mit einem Konventionsgrund vorliegend.
Der Beschwerdeführer äußerte im gesamten Verfahren Furcht davor, im Falle seiner Rückkehr nach Syrien von der Familie seiner Ex-Ehefrau verfolgt zu werden. Er habe seine erste Ehefrau ohne die Zustimmung deren Familie geheiratet, was als Schande gelte und daher werde er von dieser verfolgt. Zu jener Zeit habe der IS XXXX regiert und er sei durch die Familie seiner ersten Ehefrau bei diesem als Ungläubiger angezeigt worden, woraufhin ein Gerichtsverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei. Dies sei sein primärer Ausreisegrund gewesen (vgl. VHS, S. 8).
Laut den einschlägigen historischen Landkarten zur Gebietskontrolle des Cartercenters, war der IS in XXXX bloß bis zum Oktober 2017 vorherrschend. Danach wurden die Stadt und ihre Umgebung durch die SDF befreit und die Gebietskontrolle von diesem Zeitpunkt an bis heute durchgehend durch die Demokratische Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien übernommen (https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html).
Der IS ist mittlerweile also - wie der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auch selbst eingesteht – in seiner Herkunftsregion in und um XXXX nicht mehr präsent. Auch das damals gegen ihn eingeleitete Gerichtsverfahren gibt es insofern nicht mehr (vgl. VHS, S. 8).
Die Gefahr einer Verfolgung durch den IS (mit oder ohne Andrängen der Familie der Ex-Ehefrau des Beschwerdeführers) ist insofern nicht mehr gegeben.
In der Beschwerde und auch in der mündlichen Verhandlung, versuchte der Beschwerdeführer glaubhaft zu machen, dass die Familie seiner Ex-Ehefrau neue politische Verbindungen zur Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien und den SDF geknüpft habe (vgl. VHS, S. 11), schaffte es allerdings nicht, das erkennende Bundesverwaltungsgericht davon zu überzeugen, dass diese Verbindungen tatsächlich maßgeblich wahrscheinlich anzunehmen sind.
Der Beschwerdeführer spricht davon, dass die Familie seiner Ex-Ehefrau wahrscheinlich neue Kontakte beim Militär geknüpft habe und diese wahrscheinlich gegen ihn verwenden würde. Konkret vorliegende Kontakte nennt er jedoch nicht. (vgl. VHS, S. 12). In der Beschwerde gab er an, er habe auf Social Media durch die Brüder seiner Ex-Ehefrau bedroht worden sei (vgl. Beschwerde, S. 3). Auch in der mündlichen Verhandlung gibt er zuerst an, dass er bedroht wurde (vgl. VHS, S. 12), gesteht aber ein paar Sätze später ein, dass er auf Social Media nicht bedroht wurde, da er damals in der Türkei gewesen sei und die Familie seiner Ex-Ehefrau seine Facebook Kontaktdaten bzw. seine Telefonnummer nicht gehabt habe (vgl. VHS, S. 12). Er legte keine Nachweise von Bedrohungen auf Social Media vor.
Genauso ist es für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, wie ein Wechsel zwischen den verschiedenen, verfeindeten militärischen Organisationen möglich sein sollte. Zuerst war der Vater der Ex-Ehefrau des Beschwerdeführers Oberfeldwebel bei der syrischen Armee (vgl. VHS, S. 11), dann ihre Onkel vs. dem IS angeschlossen (vgl. VHS, S. 11) und nun habe die Familie wahrscheinlich Beziehungen zu den kurdisch dominierten SDF (vgl. VHS 11f). Dass eine Familie in einem verworrenen Konflikt mit vielen verfeindeten Parteien, wie dem Konflikt in Syrien fähig wäre, alle Seiten so auszuspielen, dass sie stets bei allen gut dasteht und stets Verbindungen zur Obrigkeit hat und nutzen kann, erscheint dem erkennenden erkennenden Gericht, insbesondere anhand der widersprüchlich geschilderten Geschichte des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall, höchst unwahrscheinlich.
Grundsätzlich muss die Verfolgungssituation im Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts vorliegen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, § 3, K61). Der Beschwerdeführer schafft es mit seinem Vorbringen jedoch nicht, die Verfolgungsgefahr durch die Familie seiner Ex-Ehefrau glaubhaft zu machen. Sie erscheint dem erkennenden Bundesverwaltungsgericht nicht maßgeblich wahrscheinlich.
Der Beschwerdeführer führt zu seiner Demonstrationsteilnahme in der mündlichen Verhandlung aus, dass eigentlich nichts passiert sei. Das syrische Regime habe ihn wegen der Demonstrationsteilnahme nicht verfolgt und die Stadt XXXX sei zwei Monate nach der Demonstrationsteilnahme ohnehin befreit worden. Er sei weder inhaftiert noch geschlagen oder gefoltert worden (vgl. VHS, S. 11). Zu diesem Eingeständnis des Nichtvorliegens einer Verfolgungsgefahr kommt, dass, wie festgestellt, vom mittlerweile gestürzten syrischen Regime auch gar keine Verfolgung mehr ausgehen kann. Eine Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund der Teilnahme an Demonstrationen gegen ein bereits gestürztes Regime erscheint dem Bundesverwaltungsgericht somit höchst unwahrscheinlich.
Eine Verfolgungsgefahr bloß aufgrund der Ausreise aus Syrien oder der Antragstellung im Ausland ist vor dem Hintergrund der Länderberichte ebenfalls nicht anzunehmen. Den Länderberichten lässt sich - wie bereits ausgeführt - nicht entnehmen, dass Rückkehrende in Gebieten, die unter Kontrolle der kurdischen Selbstverteidigungseinheiten stehen, von diesen verübten systematischen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wären.
Im gegenständlichen Fall sind somit die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine „begründete Furcht vor Verfolgung“ im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK, nicht gegeben. Auch die Durchsicht der aktuellen Länderberichte erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen. Sohin kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen eine asylrelevante Verfolgung seitens der Kurden, kurdischen Kräften oder durch andere Gruppierungen droht.
Auch sonst haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus asylrelevanten Gründen durch die Demokratische Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien bzw. die SDF maßgeblich wahrscheinlich scheinen ließen. Die allgemeine Lage in Syrien ist nicht dergestalt, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste.
Auch wenn der Beschwerdeführer ein oder mehrere Risikoprofile der UNHCR-Richtlinien erfüllen würde, würde dies nicht per se zur Annahme einer asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung führen. Vielmehr erfordern die gegenständlichen UNHCR-Richtlinien eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass zu keinem Zeitpunkt eine konkrete auf den Beschwerdeführer bezogene Verfolgung aus einem Konventionsgrund festgestellt werden konnte.
Aus der allgemeinen Lage in Syrien ist im konkreten Bezug des Beschwerdeführers kein Status eines Asylberechtigten abzuleiten. Der Bürgerkriegszustand betrifft nicht speziell den Bf, sondern die gesamte syrische Bevölkerung in gleicher Weise und ist daher nicht asylrelevant. Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. etwa VwGH vom 14.03.1995, Zl. 94/20/0798 sowie VwGH vom 17.06.1993, Zl. 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. zB VwGH vom 09.05.1996, Zl. 95/20/0161; vom 30.04.1997, Zl. 95/01/0529, sowie vom 08.09.1999, Zl. 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Anknüpfungspunkt – nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung – zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen wäre.
Soweit sich das fluchtkausale Vorbringen des Beschwerdeführers auf die schwierigen Lebensumstände in der Türkei aufhältiger Syrer bezieht, so ist ihm entgegen zu halten, dass dieses Vorbringen zwar glaubhaft ist und der Beurteilung zu Grunde gelegt wird, dass aber § 3 Abs. 1 AsylG 2005 die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nur vorsieht, wenn dem Fremden im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Der Herkunftsstaat ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 jener Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt; nur im Falle der Staatenlosigkeit gilt der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthalts als Herkunftsstaat. Auf Grund der syrischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers kann somit dieses Vorbringen, welches auf Vorfälle in der Türkei abstellt, außer Betracht bleiben (vgl. VwGH vom 02.03.2006, 2004/20/0240).
Im gegenständlichen Fall sind somit die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine „begründete Furcht vor Verfolgung“ im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK, nicht gegeben. Auch die Durchsicht der aktuellen Länderberichte erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen. Sohin kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.