JudikaturBVwG

W261 2312318-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
26. Mai 2025

Spruch

W261 2312318-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 13.01.2025, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 11.04.2025 betreffend Neufestsetzung des Grades der Behinderung von Amts wegen und Aberkennung der Begünstigteneigenschaft, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin gehört seit 09.09.2022 dem Kreis der begünstigen Behinderten mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. an.

2. Im Jahr 2023 erfolgte eine amtswegige Überprüfung des Gesamtgrades der Behinderung durch das Sozialministeriumservice (belangte Behörde). Zu diesem Zwecke holte die belangte Behörde ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie ein. In seinem Gutachten aufgrund der Aktenlage vom 07.01.2023 stellte der medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen

1. Zustand nach Knieluxation mit Riss der Kreuzbänder ohne stabilisierenden Eingriff, Position 02.05.26 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), Grad der Behinderung (GdB) 40 %

2. posttraumatisches Bewegungsdefizit der linken Schulter, Lumbalgie bei Zustand nach Bandscheibenvorfall, Position 02.02.02 der Anlage der EVO, GdB 40 %

3. Hypertonie, Position 05.01.01 der Anlage der EVO, GdB 10 %.

und einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. fest. Es werde eine Nachuntersuchung im November 2024 empfohlen, da eine Besserung durch Therapie möglich sei.

3. Die belangte Behörde leitete von Amts wegen ein Überprüfungsverfahren ein und forderte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 06.09.2024 auf, aktuelle medizinische Befunde vorzulegen. Die Beschwerdeführerin kam dieser Aufforderung nicht nach.

4. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 04.11.2024 erstatteten Gutachten vom 05.11.2024 (vidiert am 06.11.2024) stellte der medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen

1. Zustand nach Knieluxation mit Riss der Kreuzbänder ohne stabilisierenden Eingriff, Position 02.05.20 der Anlage der EVO, GdB 30 %

2. Lumbalgie, Position 02.01.01 der Anlage der EVO, GdB 20 %

3. Rotatorenmanschettendefektarthopathie links, Position 02.06.03 der Anlage der EVO, GdB 20 %.

und einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. fest.

Das Leiden 1 werde durch die Leiden 2 und 3 wegen wechselseitiger Leidensbeeinflussung um eine Stufe erhöht. Es sei eine Besserung des Knie- und Schulterleidens eingetreten. Dies sei ein Dauerzustand.

5. Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 13.11.2024 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte dieser eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein.

6. Die Beschwerdeführerin gab hierzu am 26.11.2024 (Datum des Poststempels) eine Stellungnahme ab und führte aus, dass sich an ihren Gesundheitszustand nichts geändert habe. Im Gegenteil, sie müsse einmal wöchentlich zur Physiotherapie gehen, damit sie es aushalte. Sie hoffe auf eine neue Befundung. Die Beschwerdeführerin schloss der Stellungnahme eine Kopie des Amtsgutachtens aus dem Jahr 2023 und ein Schreiben ihrer Physiotherapeutin mit einem handschriftlichen Vermerk ihres Hausarztes an, wonach eine Behinderung von 50 v.H. bestehen würde. Ein entsprechender Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpass sei daher aus hausärztlicher Sicht dringend zu befürworten.

7. Die belangte Behörde ersuchte den befassten medizinischen Sachverständigen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. In seiner Stellungnahme vom 11.12.2024 führte dieser aus, dass die vom Hausarzt vorgenommene Diagnoseauflistung keine neuen Erkenntnisse gebracht habe, alle angeführten Leiden seien berücksichtigt worden, das Ergebnis bleibe aufrecht.

8. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.01.2025 stellte die belangte Behörde von Amts wegen fest, dass die Beschwerdeführerin mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. nicht mehr die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten erfülle. Es werde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin mit Ablauf des Monats, der auf die Zustellung dieses Bescheides folge, nicht mehr zum Kreis der begünstigten Behinderten gehöre.

9. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Es sei in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverständigengutachten festgestellt worden, dass eine Besserung des Knie- und Schulterleidens eingetreten sei. Diese Ansicht sei äußerst irreführend und in keinster Weise bewiesen. Ihr Gesundheitszustand habe sich in keinster Weise verbessert, im Gegenteil, das Knie werde zunehmend schlechter, sodass sie sich einer weiteren Operation habe unterziehen müssen. Es folgen Beschreibungen ihrer Einschränkungen. Auch bei der Schulter sei keine Besserung in Sicht. Es sei ihr ein Rätsel, dass man, wenn man den Arm nicht mehr hochstrecken könne, nur einen GdB von 20 % angesetzt bekomme. Es sei ihr unerklärlich, wie da von einer Besserung gesprochen werden könne. Die Beschwerdeführerin schloss der Beschwerde eine Krankengeschichte eines namentlich genannten Unfallkrankenhauses aus dem Jahre 2023 und ein Gutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie vom Dezember 2024 an, aus welchem der Gesundheitszustand des Knies und der Schulter ersichtlich seien. Wenn die belangte Behörde dies als Besserung ansehe, dann sei dies vollkommen außer jeder Realität. Es sei zudem im Vorbescheid die Hypertonie mit 10 % angegeben gewesen. Dies sei im gegenständlichen Bescheid nicht berücksichtigt worden. Die Hypertonie sei nach wie vor vorhanden, sie nehme dagegen regelmäßig Medikamente ein. Die Beschwerdeführerin ersuche, die Hypertonie entsprechend zu berücksichtigen, wie auch den Umstand, dass es zu keiner Besserung beim Knie und bei der Schulter gekommen sei. Die Beschwerdeführerin schloss der Beschwerde eine Reihe von medizinischen Unterlagen an.

10. Die belangte Behörde holte aus Anlass der Beschwerde erneut ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie ein. In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 07.04.2025 beruhenden Gutachten vom selben Tag (vidiert am 08.04.2025) stellte der medizinische Sachverständige bei der Beschwerdeführerin die Funktionseinschränkungen

1. Kniegelenk – Zustand nach Knieverletzung rechts, aktuell Zustand nach Ersatzplastik des vorderen und hinteren Kreuzbandes, Position 02.05.18 der Anlage der EVO, GdB 20 %

2. Rotatorenmanschettendefektarthopathie links, Position 02.06.03 der Anlage der EVO, GdB 20 %.

3. Lumbalgie, Position 02.01.01 der Anlage der EVO, GdB 20 %

4. Hypertonie, Position 05.01.01 der Anlage der EVO, GdB 10 %.

und einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. fest.

Das Leiden 1 werde durch das Leiden 2 und 3 um eine Stufe erhöht, da eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung bestehe. Das Leiden 4 erhöhe nicht weiter. Es sei eine Besserung des Knieleidens nach Kreuzbandplastiken eingetreten. Dies sei ein Dauerzustand.

11. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.04.2025 wies die belangte Behörde die Beschwerde der Beschwerdeführerin ab. Die belangte Behörde schloss diesem Bescheid medizinische Sachverständigengutachten vom 07.04.2025 (vidiert am 08.04.2025) an.

12. Mit Vorlageantrag vom 23.04.2025 beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage des Beschwerdeverfahrens an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wiederholte die Beschwerdeführerin das Beschwerdevorbringen und führte ergänzend aus, dass der Grad der Behinderung neuerlich herabgesetzt worden sei. Die Begründung hierfür sei wieder nur „Besserung des Knieleidens nach Kreuzbandplastiken“. Sie könne die Begründung für die Herabsetzung seitens der Behörde unter keinen Umständen nachvollziehen. Ihr Knie sei leider noch keineswegs besser als im Vorgutachten. Sie habe starke Schmerzen und befinde sich in laufender Therapie. Die Spätfolgen würden unverändert bleiben und sie werde in absehbarer Zeit gar ein neues Knie benötigen. Sie könne nicht verstehen, wie man von Besserung sprechen könne, wenn sie nach wie vor solche Probleme mit dem Knie habe. Sie bitte um Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht und neuerliche Überprüfung des Grades der Behinderung mit Bestätigung ihrer Beschwerde.

13. Die belangte Behörde legte das Beschwerdeverfahren dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 08.05.2025 vor, wo dieser am 09.05.2025 einlangte.

14. Das Bundesverwaltungsgericht holte am selben Tag einen Auszug aus dem AJ-Web ein, wonach die Beschwerdeführerin in einem aufrechten Dienstverhältnis steht. Aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin ist und ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin.

Sie steht in einem aufrechten sozialversicherungsrechtlichen Dienstverhältnis.

Sie gehörte seit dem 09.09.2022 mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. dem Personenkreis der begünstigten Behinderten an.

Die belangte Behörde führte von Amts wegen ein Verfahren zur Überprüfung des Grades der Behinderung durch.

Anamnese:

VGA 11/2024 40%;

1/2025 Operation XXXX , Kreuzbandersatzrekonstruktion VKB und HKB.

Derzeitige Beschwerden:

„Ich spüre meine Nacken nicht mehr, die linke Hüfte schmerzt sehr. Ich mache da physikalische Therapie, auch Massagen. Der Bluthochdruck ist weiter vorhanden. Die Bandscheiben melden sich, es ist nichts besser geworden. Im Jänner ist das Knie operiert worden, im XXXX . Der Blutdruck wurde im ersten Gutachten genannt, dann wurde er nicht berücksichtigt. Im Mai fahre ich zur Reha nach Perchtoldsdorf.“

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Concor, Candesartan, Sucralan, Metagelan und Seractil bei Bedarf, auch Xefo. Salben. Knieorthese rechts für 3 Monate nach Unfall.

Sozialanamnese: Pflegeassistentin.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Vorgutachten 11/2024;

GA Korneuburg 4/2024, XXXX : Zum Zeitpunkt der gutachtlichen Untersuchung sind als Dauerfolgen feststellbar: Starke konzentrische Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes mit Armheben bis 50 Grad und Einschränkung der Außendrehung des linker Armes sowie Kraftverminderung und Ausfall der Funktion eines Teiles der Rotatorenmanschettenmuskulatur, Narben im Bereich des linken Schultergelenkes, Zweikompartmentelle (kombinierte) Instabilität des rechten Kniegelenkes, Geringgradige Verschmächtigung der rechten Oberschenkelmuskulatur, Gangstörung.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: gut. Ernährungszustand: gut.

Größe: 166,00 cm Gewicht: 83,00 kg

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput: o.B, Collum o.B. HWS in R 45-0-45, KJA 1 cm, Reklination bis 14 cm; BWS -drehung 30-0-30, FKBA 25 cm, Seitneigung bis 10 cm ober Patella.

Obere Extremitäten:

Beide Arme können in Gebrauchsstellung gebracht werden. Schultergelenke in S 40-0-170 zu links 30-0-110, F 170-0-45 zu links 100-0-35, R 70-0-70 zu links 50-0-55, Nacken- und Kreuzgriff möglich, links eingeschränkt. Ellbögen 0-0-130, Handgelenke in S 50-0-50, Faustschluss frei.

Untere Extremitäten:

Hüften in S 0-0-105, R 25-0-10, Kniegelenke in S 0-0-115 mit angelegter Orthese zu links 0-0-125. Probandin möchte keine Bandprüfung rechts. Sprunggelenke in S 10-0-40. Lasegue negativ.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Gang in Straßenschuhen perioperativ mit 2 Krücken und angelegter Knieorthese rechts möglich.

Status Psychicus:

Normale Vigilanz, regulärer Ductus. Ausgeglichene Stimmungslage.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Kniegelenk – Zustand nach Knieverletzung rechts, aktuell Zustand nach Ersatzplastik des vorderen und hinteren Kreuzbandes

2. Rotatorenmanschettendefektarthopathie links

3. Lumbalgie

4. Hypertonie

Bei der Beschwerdeführerin liegt zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vor.

2. Beweiswürdigung:

Die österreichische Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin in einem aufrechten sozialversicherungsrechtlichen Dienstverhältnis steht, ergibt sich aus einer am 09.05.2025 durch das Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Datenabfrage (AJ-WEB Auskunftsverfahren).

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin seit 09.09.2022 zum Personenkreis der begünstigten Behinderten zählt und dass die belangte Behörde von Amts wegen ein Nachuntersuchungsverfahren einleitete, gründet sich auf den Akteninhalt.

Die Feststellung, dass bei der Beschwerdeführerin zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vorliegt, gründen sich auf die seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 07.04.2025 (vidiert am 08.04.2025), basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 07.04.2025. Darin wird unter Berücksichtigung der von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Unterlagen und ihres Vorbringens auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und nachvollziehbar eingegangen.

Insoweit die Beschwerdeführerin in der Beschwerde vorbringt, es sei bei ihr entgegen den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen keine Besserung ihres Leidenszustandes bei ihrem rechten Knie und bei der linken Schulter eingetreten, so ist dem entgegen zu halten, dass seit ihrem Unfall am 13.04.2022 mittlerweile drei Jahre vergangen sind, und die Beschwerdeführerin seit diesem Zeitpunkt verschiedene Therapien in Anspruch genommen hat. Zuletzt unterzog sich die Beschwerdeführerin im Jänner 2025 einer Operation im Kniegelenk, bei welcher ihr eine Kreuzbandersatzrekonstruktion vorgenommen wurde. Derartige Operationen haben wie auch die Physiotherapie keinen Selbstzweck, sondern sollen dazu dienen, den Gesundheitszustand einer Patientin zu verbessern. Der von der belangten Behörde beigezogene medizinische Sachverständige ist ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Dieser hat die notwendige Fachkompetenz, um die bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen beurteilen zu können und diese nach den strengen Kriterien der Anlage der EVO entsprechend einzuschätzen.

Insgesamt sind die von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten Befunde und auch das im Zivilrechtsverfahren eingeholte medizinische Sachverständigengutacht von Dr. XXXX vom 20.12.2024, auf welches sich die Beschwerdeführerin immer wieder bezieht, nicht geeignet, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen herbeizuführen, bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände der Beschwerdeführerin zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen. Zum Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr. XXXX am 24.08.2024 hatte die Beschwerdeführerin die Knieoperation noch nicht durchführen lassen. Diese fand erst im Jänner 2025 im XXXX statt. Entsprechende medizinische Befunde über diese Operation legte die Beschwerdeführerin nicht vor.

Die Krankengeschichte der XXXX stammt aus dem Jahr 2023 und seither hat sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin – wie schon oben ausgeführt – durch die Therapien durchaus verbessert.

Die Beschwerdeführerin ist mit dem Beschwerdevorbringen dem medizinischen Sachverständigengutachten nicht ausreichend und insbesondere nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es der Antragstellerin, so sie der Auffassung ist, dass ihre Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des eingeholten Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich der Orthopädie und Unfallchirurgie. Dieses wird daher der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes-BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970 idgF lauten:

„Begünstigte Behinderte

§ 2 (1) Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:

1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,

2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,

3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind.

4. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 72/2013)

(2) Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind.

(3) Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen.

Behinderung

§ 3 Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Feststellung der Begünstigung

§ 14 (1) Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt der letzte rechtskräftige Bescheid über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002, oder des Bundesverwaltungsgerichtes;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung. Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft des jeweiligen Bescheides bzw. Urteiles folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen. Der Behindertenpass im Sinne des § 40 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 gilt nicht als Nachweis über die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten.

(2) Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden. Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird. Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, mit dem der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird.

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

"Behinderung

§ 1 Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2 (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Grundlage der Einschätzung

§ 4 (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen. (2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

...“

Beim Leiden 1 der Beschwerdeführerin handelt es sich um einen Zustand nach Knieverletzung rechts, aktuell Zustand nach Ersatzplastik des vorderen und hinteren Kreuzbandes, welches der medizinische Sachverständige richtig im oberen Rahmensatz der Position 02.05.18 der Anlage der EVO mit einem GdB von 20 % einstufte, da nach wie vor eine Belastungsminderung nach dem stabilisierenden Eingriff im Jänner 2025 besteht.

Das Leiden 2 der Beschwerdeführerin ist die Rotatorenmanschettendefektarthopathie links, welche der medizinische Sachverständige richtig nach dem fixen Rahmensatz der Position 02.06.03 der Anlage der EVO mit einem GdB von 20 % einstufte.

Beim Leiden 3 der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine Lumbalgie, welches der medizinische Sachverständige richtig im oberen Rahmensatz der Position 02.01.01 der Anlage der EVO mit einem GdB von 20 % einstufte, da ein Zustand nach einem Bandscheibenvorfall besteht.

Das Leiden 4 ist die Hypertonie, welches der medizinische Sachverständige richtig nach dem fixen Rahmensatz der Position 05.01.01 der Anlage der EVO mit einem GdB von 10 % einstufte.

Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 der Einschätzungsverordnung, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN).

Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 07.04.2025 (vidiert am 08.05.2025), beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 07.04.2025 zu Grunde gelegt.

Der medizinische Sachverständige stellt in diesem Sachverständigengutachten fest, dass das Leiden 1 wird durch die Leiden 2 und 3 um eine Stufe erhöht wird, da eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht, woraus sich ein Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. ergibt. Das Leiden 4 erhöht nicht weiter.

Wie bereits oben ausgeführt, ist die Beschwerdeführerin dem eingeholten Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Bei der Beschwerdeführerin liegt mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 30 v.H. aktuell kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vor. Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 BEinstG, wonach begünstigte Behinderte österreichische Staatsbürger bzw. im vorliegenden Fall Unionsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. sind, derzeit nicht mehr gegeben.

Daher hat die belangte Behörde nach § 14 Abs. 2 BEinstG richtigerweise festgestellt, dass die Begünstigungen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, mit dem der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird, erlöschen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere aus den von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, wovon jenes vom 07.04.2025 (vidiert am 08.05.2025) auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin beruht, welche auf alle Einwände und die im Verfahren vorgelegten Atteste der Beschwerdeführerin in fachlicher Hinsicht eingeht, und welchem die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die Beschwerdeführerin hat keine mündliche Beschwerdeverhandlung beantragt. Die Beschwerdeführerin hat keine aktuellen medizinischen Befunde vorgelegt, welche eine andere Einschätzung der Leiden und Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin bedingen würden. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Rückverweise