JudikaturBVwG

W200 2297883-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
26. Mai 2025

Spruch

W200 2297883-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und die Richterin Mag. TAURER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. HALBAUER als Beisitzende über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien vom 12.07.2024, Zl. 65554880700019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, dass er zu lauten hat:

„Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 03.03.2024 wird abgewiesen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 03.03.2024 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und verwies dabei auf die bei ihr vorliegende Gesundheitsschädigung „Autismus-Spektrum-Kondition (Asperger-Syndrom)“. Diese sei befundbelegt durch einen klinisch-psychologischen Befund vom 13.12.2023. Darin wurde diagnostisch eine „Autismus-Spektrum-Kondition“ sowie eine „Aufmerksamkeits-Dysregulations-/Hyperaktivitäts-Kondition“ als Diagnosen festgehalten. Weiters war dem Antrag ein psychiatrischer Patientenbrief mit den Diagnosen „depressive Episode, ADHS, Insomnie“ angeschlossen. In ebenfalls angeschlossenen Patientenbriefen vom 05.04.2023 und 10.10.2023 derselben Fachärztin für Psychiatrie wurde ein „Verdacht auf eine kombinierte Persönlichkeitsakzentuierung, eine depressive Episode und ADHS“ diagnostiziert.

Das von einem Facharzt der Psychiatrie eingeholte Gutachten basierend auf einer Untersuchung der Beschwerdeführerin ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 30% und gestaltete sich wie folgt:

„Anamnese:

kein VGA vorliegend.

Anreise mit Uber, kommt alleine.

Facharzt: dzt. keiner, zuletzt Dr. XXXX , letzter Termin vor „einigen Monaten". Sei erstmals vor ca. 3 Jahren in psychiatrischer Behandlung gewesen.

Psychotherapie: dzt. keine.

Vorerkrankungen: Hashimoto Thyreoiditis (keine fachspezifischen Befunde vorliegend).

Stationärer Aufenthalt: sei noch nie stationär aufgenommen gewesen.

Reha: keine.

Tagesstruktur: „Aufstehen, ich arbeite zum Teil in einer Schule, davor war ich im Krankenstand, ich begleite autistische Kinder und Kinder mit ADHS."

Forensische Anamnese: negativ.

Führerschein: nicht vorhanden

Grund der Antragstellung: im Rahmen der Psychodiagnostik angeraten. Erwachsenenvertretung: keine.

Derzeitige Beschwerden:

„Kontakt mit anderen Menschen, Einkaufen, in die Öffis zu gehen, mein Mann übernimmt alle Sachen im Haushalt, Kochen geht nicht."

Konzentration: „seit den Medikamenten besser."

Schlaf: „geht."

Drogenkonsum: 0.

Alkohol: 0.

Nikotin: 0.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Laut Medikationsverordnung, Dr. XXXX , 02.05.2024 (zur Untersuchung mitgebracht):

Trittico 150mg 0-0-1⅔, Venlafaxin 75mg 1-0-0-0, Elvanse 30mg 1-1-0-0, Euthyrox 175pg 1-0-0-0

Sozialanamnese: letzte berufliche Tätigkeit: dzt. 13,5 Stunden pro Woche beschäftigt.

Wohnverhältnisse: lebe im gemeinsamen Haushalt mit dem Gatten.

Ausbildung und Berufslaufbahn: geboren in Linz, Volksschule, Gymnasium bis 5. Schulstufe, HAK, 1 Jahr HTL, Kindergruppenbetreuung.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

klinisch-psychologischer Befund, Mag, XXXX , 13.12.2023: F84.5 Asperger-Syndrom, F90.0 ADHS.

Patientenbrief, Dr. XXXX , 05.04.2023, 10.07.2023, 18.09.2023: V. a. kombinierte Persönlichkeitsakzentuierung (emotional instabil, histrionisch, dissozial, narzisstisch), depressive Episode, ADHS.

Patientenbrief, Dr. XXXX , 23.02.2023: depressive Episode, DD: Dysthymia, F90.0 ADHS, Insomnie.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand: altersgemäßer AZ, Adipositas permagna, normal entwickelte Skelettmuskulatur bds.

Ernährungszustand: BMI 44,1, Größe: 175,00 cm Gewicht: 135,00 kg:

Klinischer Status - Fachstatus:

Gesamtmobilität - Gangbild: gut geh- und stehfähig, unauffälliges Gangbild.

Status Psychicus:

Bewusstseinslage: wach, klar.

Orientierung: voll und allseits orientiert.

Aufmerksamkeit: ungestört.

Auffassung: o.B.

Konzentration: ungestört.

Immediat- sowie Kurz- und Langzeitgedächtnis: unauffällig.

Ductus: im Tempo normal, kohärent und zielführend, keine Produktivität.

Intelligenz: im Normbereich.

Wahnphänomene, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen: keine.

Befindlichkeit: negativ.

Stimmung: subdepressiv.

Affektlage: klagsam.

Affizierbarkeit: vorwiegend im negativen Skalenbereich.

Antrieb: o.B.

Selbstgefährdung: keine.

Fremdgefährdung: keine.

Biorhythmusstörung: keine.

Persönlichkeit: emotional instabil, dissozial, histrionisch.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Gesamtgrad der Behinderung 30 v. H.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Hashimoto Thyreoiditis (keine fachspezifischen Befunde vorliegend, fachfremdes Leiden).“

In einer Stellungnahme im gewährten Parteiengehör zum eingeholten psychiatrischen Gutachten rügte die Beschwerdeführerin, dass die 30% nicht ihren tatsächlichen Unterstützungsbedarf im Alltag wiederspiegeln würden. Zudem sei die Untersuchung zu kurz gewesen um ihre Situation adäquat darzulegen.

Mit Bescheid vom 12.07.2024 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels Vorliegen der Voraussetzungen abgewiesen.

Im Rahmen der dagegen erhobenen Beschwerde wurde der Inhalt der Stellungnahme wiederholt. Weiters legte sie ein neues Gutachten des sie beurteilenden klinischen Psychologen vor, der auf Autismus und ADHS spezialisiert sei. Darin seien umfassend ihre Schwierigkeiten in der Bewältigung des Alltages dargestellt. Angeschlossen war ein klinisch-psychologischer Befundbericht vom 19.08.2024.

Aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde und des neuen vorgelegten Befundes holte das BVwG nach Einlangen des Aktes ein nervenfachärztliches Sachverständigengutachten basierend auf einer Untersuchung ein. Dieses nervenfachärztliche Sachverständigengutachten ergab nunmehr einen Gesamtgrad der Behinderung von 10%:

„Anamnese: Kommt ohne Begleitung. Vor ca. 2a wurde ein Autismus und ADHS festgestellt, sie stand in FA Behandlung, zuletzt vor ca. 1 a, sie habe Schwierigkeiten in Kommunikation mit anderen Menschen, könne öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen, habe Probleme mit dem Essen.

Nervenärztliche Betreuung: keine, keine Gesprächstherapie

Subjektive derzeitige Beschwerden: keine angegeben

Sozialanamnese: lebt mit Ehemann, arbeitet als Schulbegleitung 8h, zusätzlich arbeite sie Online (kann genaue Stundenanzahl nicht angeben), kein Pflegegeld, keine Erwachsenvertretung

Medikamente (neurologisch/ psychiatrisch): keine Medikamentenliste

Psychiatrischer Status:

Blickkontakt gut herstellbar, örtlich, zeitlich, zur Person und situativ ausreichend orientiert,

keine Antriebsstörung, Auffassung regelrecht,

Affekt ausgeglichen, Stimmungslage euthym, in beiden Skalenbereichen affizierbar, zeitweise Ängste, zeitweise Ein und Durchschlafstörung, keine produktive Symptomatik, keine Suizidalität.

1) 1 Diagnosen:

Aspergersyndrom, ADHS, Depressio 03.04.01 10%

Unterer Rahmensatz, da mäßige Beschwerden ohne fachspezifische Behandlung derzeit, Therapieoptionen.

2) Gesamt GdB 10%

3) Aus nervenärztlicher Sicht ist eine Veränderung objektivierbar, es besteht seit längerer Zeit keine fachspezifische Behandlung, es liegt kein rezenter FA Befund mit Fachstatus vor, daher Herabsetzung des GdB

4) Dauerzustand“

Im gewährten Parteiengehör gab die Beschwerdeführerin dazu keine Stellungnahme ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 10 vH.

1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

Allgemeiner Zustand:

Allgemeinzustand: altersgemäßer AZ, Adipositas permagna, normal entwickelte Skelettmuskulatur bds.

Ernährungszustand: BMI 44,1, Größe: 175,00 cm Gewicht: 135,00 kg

beschwerderelevanter psychiatrischer Status:

Blickkontakt gut herstellbar, örtlich, zeitlich, zur Person und situativ ausreichend orientiert,

keine Antriebsstörung, Auffassung regelrecht.

Affekt ausgeglichen, Stimmungslage euthym, in beiden Skalenbereichen affizierbar, zeitweise Ängste, zeitweise Ein und Durchschlafstörung, keine produktive Symptomatik, keine Suizidalität.

Gesamtmobilität - Gangbild: gut geh- und stehfähig, unauffälliges Gangbild.

1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

2. Beweiswürdigung:

Im Verfahren des SMS stellte der befasste Psychiater einen GdB von 30% fest und begründete dies damit, dass die Beschwerdeführerin an mäßigen dauernden Beeinträchtigungen leide. Zu diesem Zeitpunkt gab die Beschwerdeführerin während der Untersuchung am 02.05.2024 an, dass ihr letzter Termin bei einem Facharzt vor „einigen Monaten“ gewesen sei und sie keine Psychotherapie absolviere.

Aufgrund des Beschwerdevorbringens bzw. des vorgelegten psychologischen Befundberichts holte das Bundesverwaltungsgericht ein nervenfachärztliches Gutachten eines bisher nicht mit der Angelegenheit befassten Facharztes für Neurologie und Psychiatrie ein. Dieser kam nachvollziehbar zum Schluss, dass aus nervenärztlicher Sicht der GdB herabzusetzen sei.

Der vom BVwG bestellte Nervenfacharzt hielt in seinem Gutachten fest, dass die Beschwerdeführerin weder in nervenärztliche Betreuung sei, keine Gesprächstherapie absolviere, keine subjektiven aktuellen Beschwerden und auch keine Medikamente angegeben hätte – sie sei berufstätig, beziehe kein Pflegegeld.

Für den erkennenden Senat geht somit schlüssig hervor, dass die Beschwerdeführerin wohl seit mindestens einem Jahr (durchgeführte Untersuchungen am 02.05.2024 und 25.03.2025) weder in fachärztlicher Betreuung noch in Psychotherapie ist. Insofern schließt sich der erkennende Senat auch der schlüssigen Argumentation des vom BVwG befassten Neurologen an, dass der GdB herabzusetzen sei – offenbar sind die Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin nur gering bzw. mäßig.

Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten psychiatrischen Leiden wurden somit schlüssig als Aspergersyndrom, ADHS, Depressio unter 03.04.01 als Persönlichkeit- Verhaltensstörung mit geringer sozialer Beeinträchtigung mit 10% eingestuft.

Die Beschwerdeführerin ist dem eingeholten Sachverständigengutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene konkret entgegengetreten - im Gegenteil gab sie im gewährten Parteiengehör zum eingeholten Gutachten keine Stellungnahme ab.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des eingeholten Sachverständigengutachtens.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Zu A) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 1 Abs. 2 BBG).

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören

(§ 40 Abs. 1 BBG).

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt

(§ 41 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass ist ein amtlicher Lichtbildausweis und hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum und den festgestellten Grad der Behinderung zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des Menschen mit Behinderungen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3), der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 oder der Parkausweis für Menschen mit Behinderungen gemäß § 43 Abs. 1a eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG, auszugsweise).

Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung gründet sich auf die von der erstinstanzlichen Behörde eingeholten Gutachten samt Stellungnahmen, worin ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 10 % festgestellt wurde.

Im vorliegenden Fall ist durch die befassten Gutachter eine nachvollziehbare Einschätzung nach den Kriterien der Einschätzungsverordnung vorgenommen worden. Die Gutachten entsprechen den Kriterien des § 4 Abs. 2 Einschätzungsverordnung.

Die Beschwerdeführerin ist dem Gutachten nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.

Somit liegen die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vor.

Zum Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides, dass der Teil des Spruches zu entfallen hat, wonach der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt, wird auf das Erkenntnis des VwGH vom 13. Dezember 2018, Ra 2018/11/0204-7, Rz 24, betreffend die Einziehung eines Behindertenpasses verwiesen:

„§ 43 Abs. 1 BBG ermächtigt die Behörde daher zwar zu einem amtswegigen Vorgehen, allerdings nach den bisherigen Ausführungen nur zu einem Ausspruch der Einziehung des Behindertenpasses. Ein Bescheid, in dem ausgesprochen wird, dass die Betreffende mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle, oder in dem festgestellt wird, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 % besteht, findet in § 43 Abs. 1 BBG keine Deckung.“

Analog dazu wird darauf hingewiesen, dass weder die §§ 40 und 41 noch § 45 BBG die Voraussetzungen für die von der belangen Behörde gewählte Formulierung „Mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30% erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.“ bieten.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden (§ 24 Abs. 3 VwGVG).

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden (§ 24 Abs. 5 VwGVG).

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (vgl. VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und Schwere der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher zwei fachärztliche Gutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die Beschwerdeführerin hat auch mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der vom BVwG angeordneten gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stünden. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der Beschwerdeführerin mündlich zu erörtern gewesen wäre.

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorläge und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde eine solche auch nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die vorliegende Entscheidung hängt von Tatsachenfragen ab. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Rückverweise