Spruch
W129 2312257-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde der mj. XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die Erziehungsberechtigten XXXX , alle vertreten durch die Dax, Wutzlhofer und Partner Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Burgenland vom 31.03.2025, Zl. BD/PS-PD-2-60/30-2025, zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin besucht im Schuljahr 2024/2025 die Klasse XXXX der XXXX .
2. Im Jänner 2025 erstellte die Beschwerdeführerin – unter falschem Namen und unter widerrechtlicher Verwendung der Mailadresse eines Freundes – einen Instagram-Account sowie in weiterer Folge einen sogenannten „Frage/Antwort-Sticker“ mit dem Titel „Dropts mal Gossip“ (sinngemäß: „Hinterlasst Tratsch und Klatsch!“).
Neben mehreren extern geposteten Kurzeinträgen zu angedeuteten oder (angeblich) bestehenden Beziehungen zwischen mit Vornamen genannten (vermutlich) Jugendlichen langte auch ein Eintrag mit dem Inhalt „Amoklauf am 5 Feb in XXXX geplant“ ein [Anmerkung aufgrund der RIS-Anonymisierung: nach „in“ und vor „geplant“ findet sich das Kürzel jenes Schultyps, welchen die Beschwerdeführerin besucht).
Das Posting wurde am 31.01.2025 zur Anzeige gebracht. Aufgrund von ersten polizeilichen Recherchen an der Schule nahm die Beschwerdeführerin heimlich und in einer Unterrichtspause eine umfassende Löschung des gesamten gegenständlichen Instagram-Accounts vor.
3. Auch aufgrund der Nähe zum XXXX jährigen Jahrestag des XXXX Bombenattentates am XXXX wurde angeordnet, dass der Schulbetrieb zwischen 04.02.2025 und 06.02.2025 ausgesetzt wird.
4. Am 03.02.2025 wurde die Beschwerdeführerin gemeinsam mit einer Mitschülerin als Urheberin der Einrichtung des gegenständlichen Instagram-Accounts ausgeforscht. Am selben Tag räumte sie umfassend ein, den gegenständlichen Account unter widerrechtlicher Verwendung der Mailadresse und des zugehörigen Passwortes eines Bekannten angelegt zu haben. In einer ersten Befragung räumte sie auch ein, den Eintrag mit dem Amoklauf selbst verfasst zu haben; in einer weiteren Befragung erklärte sie, dass der Eintrag von einer ihr fremden Person getätigt wurde. Die Beschwerdeführerin wurde auf freiem Fuß angezeigt und am selben Tag durch Mandatsbescheid der Bildungsdirektion für Burgenland vom Schulbesuch suspendiert (bis inkl. 03.03.2025).
5. Am 06.03.2025 stellte die Schulkonferenz einen Antrag auf Schulausschluss an die Bildungsdirektion für Burgendland und begründete dies mit der massiven Störung des Vertrauens und der Sicherheit innerhalb der Schulgemeinschaft und der damit verbundenen Störung der ordnungsgemäßen Mitwirkung am Unterricht, mit dem Verstoß gegen grundlegende Verhaltensregeln, die ein gewaltfreies und sicheres Schulumfeld gewährleisten sollen, mit der Zufügung schweren Schadens in Bezug auf das Ansehen der Schule in der Öffentlichkeit und mit der direkten Gefährdung der Sicherheit von Mitschülerinnen und Mitschülern sowie des Schulpersonals.
Die Beschwerdeführerin nahm zuvor im Beisein ihrer Eltern unter anderem wie folgt Stellung: sie habe darunter gelitten, während der Suspendierung nicht zur Schule gehen zu dürfen, sie gehe gerne zur Schule. Es sei ihr bewusst, dass die Schulschließung und die Ermittlungen mit hohem Aufwand verbunden gewesen seien. Sie wolle sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen, es sei ihr und ihrer Freundin nicht bewusst gewesen, was sie angerichtet hätten. Sie sei bereit Sozialstunden zu leisten, um den entstandenen Schaden wieder gut zu machen, etwa als Referentin in Schulklassen über die Gefahren des Internets oder als Lesepatin beim Roten Kreuz.
6. Mit Stellungnahme vom 19.03.2025 teilte die Schulpsychologin (und Beratungsstellenleiterin des Dienstortes XXXX ), Frau XXXX , mit, dass die Beschwerdeführerin alle vorgeschriebenen Beratungstermine während der Suspendierung wahrgenommen habe. Es sei an der Sensibilisierung und der Entwicklung von Verständnis gearbeitet worden, die Beschwerdeführerin habe die Tragweite ihrer Handlung davor nicht entsprechend antizipiert und unterschätzt. Die Beschwerdeführerin hoffe auf eine zweite Chance und sei um Wiedergutmachung bemüht. Es stünden mehrere Diversionsüberlegungen im Raum, etwa die Übernahme einer Lesepatenschaft, die Mitarbeit beim Roten Kreuz, eine Beteiligung an Projekten zum Thema „Safer Internet“ oder Sozialstunden in einem Altenheim.
7. Mit Stellungnahme vom 20.03.2025 sprach sich der zuständige Schulqualitätsmanager, Herr XXXX , „ausdrücklich“ gegen den Ausschluss der Beschwerdeführerin aus. Es seien aus der Zeit vor der Suspendierung keine negativen Verhaltensauffälligkeiten der Beschwerdeführerin bekannt.
8. Mit Bescheid vom 31.03.2025, Zl. BD/PS-2-60/20-2025, zugestellt am 08.04.2025, schloss die Bildungsdirektion für Burgenland die Beschwerdeführerin vom weiteren Besuch der XXXX aus.
Begründend wurde nach Darlegung des Verfahrensganges in rechtlicher Hinsicht zusammengefasst ausgeführt, dass zwar das gesetzte (wenngleich einmalige) Fehlverhalten als schwerwiegende Pflichtverletzung anzusehen sei, dem gerade im Gedenkjahr 2025 ( XXXX Jahre nach dem Attentat auf XXXX in XXXX ) jede staatliche Einrichtung und besonders die Schulbehörde mit äußerster Entschlossenheit entgegenwirken müsse. Eine Drohung, die von einer Schülerin zumindest weitergeleitet worden sei, sei nicht nur eine schwere Pflichtverletzung, sondern stelle auch eine Gefährdung von anderen Personen dar. Der Schulausschluss erfolge auch aus generalpräventiven Gründen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin besucht im Schuljahr 2024/2025 die Klasse XXXX der XXXX .
1.2. Im Jänner 2025 erstellte die Beschwerdeführerin – unter falschem Namen und unter widerrechtlicher Verwendung der Mailadresse eines Freundes– einen Instagram-Account sowie in weiterer Folge einen sogenannten „Frage/Antwort-Sticker“ mit dem Titel „Dropts mal Gossip“ (sinngemäß: „Hinterlasst Tratsch und Klatsch!“).
Neben mehreren Einträgen zu (angeblich) bestehenden Beziehungen zwischen mit Vornamen genannten (vermutlich) Mitschülerinnen und Mitschülern langte auch ein Eintrag mit dem Inhalt „Amoklauf am 5 Feb in XXXX geplant“ ein [Anmerkung aufgrund der RIS-Anonymisierung: nach „in“ und vor „geplant“ findet sich das Kürzel jenes Schultyps, welchen die Beschwerdeführerin besucht).
1.3. Das Posting wurde am 31.01.2025 zur Anzeige gebracht. Aufgrund von ersten polizeilichen Recherchen an der Schule nahm die Beschwerdeführerin heimlich und in einer Unterrichtspause eine umfassende Löschung des gesamten gegenständlichen Instagram-Accounts vor.
1.4. Auch aufgrund der zeitlichen Nähe zum XXXX jährigen Jahrestag des XXXX Bombenattentates am XXXX wurde angeordnet, dass der Schulbetrieb zwischen 04.02.2025 und 06.02.2025 ausgesetzt wird.
1.5. Am 03.02.2025 wurde die Beschwerdeführerin gemeinsam mit einer Mitschülerin als Urheberin der Einrichtung des gegenständlichen Instagram-Accounts ausgeforscht. Die Beschwerdeführerin wurde auf freiem Fuß angezeigt und am selben Tag durch Mandatsbescheid der Bildungsdirektion für Burgenland vom Schulbesuch suspendiert (bis inkl. 03.03.2025).
1.6. Das Jahreszeugnis der Beschwerdeführerin für das Schuljahr 2023/2024 weist bei der Verhaltensnote die Beurteilung „sehr zufriedenstellend“ auf, acht Pflichtgegenstände wurden mit „Sehr gut“ beurteilt, fünf mit „Gut“, einer mit „Befriedigend“ und einer mit „Genügend“.
Die am 07.02.2025 ausgestellte Schulnachricht weist bei der Verhaltensnote die Beurteilung „sehr zufriedenstellend“ auf, sieben Pflichtgegenstände wurden mit „Sehr gut“ beurteilt, fünf mit „Gut“, drei mit „Befriedigend“ und zwei mit „Genügend“.
1.7. Eine nicht feststellbare Anzahl an Mitschülerinnen und Mitschülern unterfertigte im Rahmen einer Unterschriftenliste ein Ersuchen an die belangte Behörde, von einem Schulverweis abzusehen. Die Beschwerdeführerin sei eine beliebte Mitschülerin und man wolle sie auch in Zukunft nicht in der Klasse missen. Ihr und auch den Mitschülerinnen und Mitschülern sei mittlerweile klar, dass man mit Nachrichten auf Social Media sorgfältiger umgehen müsse und es in keinster Weise als Spaß gelte, solche Postings zu verbreiten. Die Thematik sei in der Schule ausführlich reflektiert worden und alle hätten daraus gelernt.
Die Unterschriftenliste wurde von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht nicht vorgelegt.
1.8. Die Beschwerdeführerin nahm in den vier Wochen der Schulsuspendierung mehrere Gesprächstermine bei der Schulpsychologin (und Beratungsstellenleiterin des Dienstortes XXXX ), Frau XXXX , wahr und arbeitete die Geschehnisse auf. Die Schulpsychologin führte unter anderem aus, dass die Beschwerdeführerin um Wiedergutmachung bemüht sei. Angesicht sind Diversionsüberlegungen, etwa die Übernahme einer Lesepatenschaft, die Mitarbeit beim Roten Kreuz, eine Beteiligung an Projekten zum Thema „Safer Internet“ oder Sozialstunden in einem Altenheim.
1.9. Mit Stellungnahme vom 20.03.2025 sprach sich der zuständige Schulqualitätsmanager, Herr XXXX , „ausdrücklich“ gegen den Ausschluss der Beschwerdeführerin aus. Es seien aus der Zeit vor der Suspendierung keine negativen Verhaltensauffälligkeiten der Beschwerdeführerin bekannt.
1.10. Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt führt zu 25 St 10/25d ein Ermittlungsverfahren. Derzeit ist unbekannt, wer die Nachricht „Amoklauf am 5 Feb in XXXX geplant“ beim „Frage/Antwort-Sticker“ des gegenständlichen Instagram-Accounts hinterlassen hat.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6., 1.8. und 1.9. gründen auf dem unbedenklichen Verwaltungs- und Gerichtsakt.
Ergänzend zu 1.2. ist auszuführen, dass aus dem polizeilichen Ermittlungsbericht nicht mit hinreichender Sicherheit abgeleitet werden kann, dass die Beschwerdeführerin selbst den Eintrag „Amoklauf am 5 Feb in XXXX geplant“ verfasst hat. Bei einer ersten Befragung räumten die Beschwerdeführerin und – getrennt von ihr – auch deren Schulfreundin ein, den Eintrag mit ihrer Freundin vorgenommen zu haben (Aussage der Schulfreundin bei der ersten Befragung: „Ich selber habe den Text [scil. der Amoklaufankündigung] in den Account geschrieben und XXXX [Name der BF] war dabei. Wir haben uns den Text gemeinsam ausgemacht, aber es war niemals eine böse Absicht dahinter. Wir haben erst am selben Tag gemerkt, was wir angerichtet haben.“), doch gaben beide bei einer zweiten Befragung dezidiert zu Protokoll, für das Posting nicht verantwortlich zu sein; dieses sei von einer unbekannten Person auf dem Instagram-Account bei dem Frage-/Antwortsticker hinterlassen worden. Da derzeit nicht mit völliger Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass bei der ersten Befragung ein Missverständnis bzw. eine Verwechslung zwischen der Verantwortung für die Erstellung des „Frage-/Antwortstickers“ und der Verantwortung für das Drohposting vorliegt, ist der Eintrag vorerst nicht mit der erforderlichen Sicherheit der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Umgekehrt sind dem angefochtenen Bescheid keine Erwägungen zu entnehmen, warum die belangte Behörde das Hinterlassen des Drohpostings mit Bestimmtheit der Beschwerdeführerin zurechnet.
Die diesbezüglichen Ermittlungen, die nunmehr von der Staatsanwaltschaft Eisenstadt vorgenommen werden, sind noch nicht abgeschlossen (siehe Feststellung 1.10, die sich aus der Mitteilung der Staatsanwaltschaft Eisenstadt an das Bundesverwaltungsgericht vom 15.05.2025 ergibt, ON4).
Die Feststellung zu 1.7. ergibt sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen in der Beschwerde, welcher auch das Befürwortungsschreiben selbst beigelegt war. Die belangte Behörde übermittelte bei der Beschwerdevorlage zwar das Befürwortungsschreiben, nicht aber die Unterschriftenliste (und stellte die Existenz einer solchen im Vorlageschreiben vom 06.05.2025 auch nicht in Abrede). Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass eine unbekannte Anzahl an Mitschülerinnen und Mitschülern den Schulausschluss der Beschwerdeführerin ablehnt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da dies konkret nicht der Fall ist, liegt gegenständlich somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2. Zu Spruchpunkt A): Abweisung der Beschwerde
3.2.1. Gemäß § 49 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz – SchUG), StF: BGBl. Nr. 472/1986 (WV), idgF, ist der Schüler von der Schule auszuschließen, wenn ein Schüler seine Pflichten (§ 43) in schwerwiegender Weise verletzt und die Anwendung von Erziehungsmitteln gemäß § 47 oder von Maßnahmen gemäß der Hausordnung erfolglos bleibt oder wenn das Verhalten eines Schülers eine dauernde Gefährdung von Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt. An allgemein bildenden Pflichtschulen ist ein Ausschluss nur zulässig, wenn das Verhalten des Schülers eine dauernde Gefährdung von Mitschülern oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt und die Erfüllung der Schulpflicht gesichert ist.
Nach Abs 2 hat die Schulkonferenz (bzw. Abteilungskonferenz) bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen Schulausschluss einen Antrag auf Ausschluss des Schülers an die zuständige Schulbehörde zu stellen. Vor der Beschlussfassung über die Antragstellung ist dem Schüler Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben. Überdies ist den Erziehungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei Gefahr im Verzug hat der Schulleiter die Suspendierung des Studierenden vom weiteren Schulbesuch auszusprechen.
Nach § 49 Abs 4 SchUG hat die zuständige Schulbehörde nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens die Beendigung des Ausschlussverfahrens festzustellen, wenn die Voraussetzungen im Sinne des § 49 Abs 1 SchUG für einen Ausschluss nicht vorliegen. Sie kann zugleich dem Schüler eine Rüge erteilen oder eine Maßnahme nach § 47 Abs 2 SchUG anordnen, wenn sein Verhalten zwar einen Ausschluss nicht begründet, er aber sonst gegen seine Pflichten verstoßen hat.
Die Schulbehörde hat primär auf Maßnahmen iSd. § 49 Abs 4 SchUG zurückzugreifen, da ein Schulausschluss die ultima ratio ist.
3.2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trägt der zweite Tatbestand des § 49 Abs 1 SchUG der Behörde auf, eine Prognoseentscheidung zu treffen; dabei hat sie die Frage zu lösen, ob in Zukunft ein Verhalten des Schülers zu befürchten ist, das eine Gefährdung der genannten Rechtsgüter in Ansehung anderer Schüler darstellt. Diese Entscheidung ist auf der Grundlage der relevanten Aspekte der Persönlichkeitsstruktur des betreffenden Schülers zu treffen; dabei ist besonderes Augenmerk auf solche in der Vergangenheit gelegenen Verhaltensweisen zu legen, die Rückschlüsse auf jene Eigenschaften zulassen, von denen es abhängt, ob vom betreffenden Schüler in Zukunft eine Gefährdung der Sittlichkeit, der körperlichen Sicherheit und des Eigentums anderer Schüler ausgehen kann. In dieser Hinsicht können unter Umständen auch einzelne Vorfälle aussagekräftig sein (VwGH 16.06.2011, 2006/10/0187).
3.2.3. Hat der betreffende Schüler ein seiner Art und Intensität nach schwerwiegendes, gegen die im zweiten Tatbestand des § 49 Abs 1 SchUG genannten Rechtsgüter gerichtetes Fehlverhalten zu vertreten, so ist – auch wenn es sich um den ersten derartigen Verstoß handeln sollte – mit dem Ausschluss vorzugehen, es sei denn, dass – insbesondere in der Persönlichkeitsstruktur des Betreffenden begründete – Umstände vorliegen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sich derartiges nicht wiederholen werde. Die Schulbehörden haben auf das Wohl aller Schüler zu achten; die Bedachtnahme auf das Wohl der Mitschüler des Betreffenden verbietet es, mit dem Ausschluss desjenigen, dem ein gravierendes, gegen die besonders geschützten Rechtsgüter gerichtetes Fehlverhalten vorzuwerfen ist, zuzuwarten, bis die „Dauerhaftigkeit“ der vom Betreffenden ausgehenden Gefährdung durch weitere Vorfälle erwiesen ist.
Ins Gewicht fällt auch mangelnde Einsicht des Schülers in sein Fehlverhalten (siehe zum Ganzen VwGH 31.01.1994, 93/10/0200; vgl. auch Jonak/Kövesi, Schulrecht, 14.Aufl., § 49 Anm. 5 ff mit weiteren Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
3.2.4. Daraus folgt für den vorliegenden Fall:
Den Feststellungen zufolge hat die Beschwerdeführerin auf rechtswidrige Weise einen Instagram-Account und dort unter dem Titel „Dropts mal Gossip“ (sinngemäß: „Hinterlasst Tratsch und Klatsch!“) einen „Frage/Antwort-Sticker“ angelegt, wobei nach mehreren harmlosen Einträgen ein Posting einer vorerst unbekannten Person mit der Androhung eines Amoklaufes hinterlassen wurde. Nach Ausforschung der Beschwerdeführerin in Bezug auf den widerrechtlich angelegten Instagram-Account erfolgte eine Anzeige auf freiem Fuß sowie eine vierwöchige Suspendierung durch die Schulbehörde.
Auch wenn die Beschwerdeführerin in Bezug auf das rechtswidrige Anlegen des Instagram-Accounts voll geständig war, trifft dies auf das eigentliche Droh-Posting nicht zu. In Wahrung der Unschuldsvermutung nach Art 6 EMRK kann – entgegen der Annahme durch die belangte Behörde – derzeit nicht mit Bestimmtheit davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin die Drohung persönlich verfasste und online stellte.
Doch selbst wenn die ersten Aussagen der Beschwerdeführerin sowie der Schulfreundin der Beschwerdeführerin bei der polizeilichen Befragung zutreffend („Ich selber habe den Text [scil. der Amoklaufankündigung] in den Account geschrieben und XXXX [Name der BF] war dabei. Wir haben uns den Text gemeinsam ausgemacht, aber es war niemals eine böse Absicht dahinter. Wir haben erst am selben Tag gemerkt, was wir angerichtet haben.“) bzw. das Abstreiten in der zweiten Befragung unzutreffend sein sollten, wäre ein Schulausschluss aus folgenden Erwägungen gerade noch überschießend:
Zwar kann – wie oben ausgeführt – auch (bloß) ein einziges gegen die Sittlichkeit oder körperliche Sicherheit gerichtetes schwerwiegendes Fehlverhalten zu einem Schulausschluss führen, wenn – auf Basis einer durchzuführenden Prognoseentscheidung – davon auszugehen ist, dass in Zukunft ein gleichartiges (schwerwiegendes) Fehlverhalten zu befürchten ist. Doch im Rahmen eben dieser Prognoseentscheidung sprechen deutlich mehr Aspekte für die Beschwerdeführerin als gegen sie.
Zweifelsfrei liegt – für den Fall, dass die Beschwerdeführerin das Posting tatsächlich selbst verfasst haben sollte – ein schwerwiegendes Fehlverhalten vor, welches ebenso zweifelsfrei geeignet war, die Mitschülerinnen und Mitschüler sowie das Schulpersonal in Furcht und Unruhe zu versetzen, gerade angesichts des Jahrestages des örtlichen Bombenattentates vor XXXX Jahren. Diesbezüglich wird sich die Beschwerdeführerin auch strafrechtlich verantworten müssen, sofern es zu einer Anklage kommen sollte. Ebenso ist der Beschwerdeführerin zur Last zu legen, dass sie im Vorfeld des Drohpostings widerrechtlich unter Verwendung einer falschen Identität und unter missbräuchlicher Verwendung eines fremden Passwortes einen Social-Media-Account anlegte, auch wenn dieser mit harmlosen Intentionen („Tratsch und Klatsch“) betrieben wurde.
Nach Auffassung der belangten Behörde stellt das Verhalten der Beschwerdeführerin sowohl eine gravierende Pflichtverletzung als auch eine dauerhafte Gefährdung der Mitschülerinnen und Mitschüler sowie des an der Schule tätigen Personals dar. Damit beruft sich die belangte Behörde offenbar auf beide Tatbestände des § 49 Abs 1 SchUG.
Es war somit zunächst zu untersuchen, ob der erste Tatbestand dieser Vorschrift (gravierende Pflichtverletzung und Erfolglosigkeit der Anwendung von Erziehungsmitteln) vorliegt. Doch selbst wenn der Tatbestand einer gefährlichen Drohung erfüllt sein sollte, liegt ein Ausschlussgrund nach dem ersten Tatbestand des § 49 Abs 1 SchUG nur dann vor, wenn die Anwendung von Erziehungsmitteln erfolglos blieb. Da dem Akt kein Hinweis zu entnehmen ist, dass Erziehungsmittel angewendet und erfolglos geblieben wären (im Gegenteil: der Bestätigung der Schulpsychologin ist zu entnehmen, dass die gemeinsame Aufarbeitung Früchte trug), kann ein Schulausschluss nicht auf den ersten Tatbestand des § 49 Abs 1 SchUG gegründet werden.
Für einen etwaigen Ausschluss nach dem zweiten Tatbestand des § 49 Abs 1 SchUG ist nach der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH eine Prognoseentscheidung dahingehend vorzunehmen, ob auch in Zukunft ein verpöntes Verhalten des Schülers oder der Schülerin zu befürchten ist.
Eine solche Prognoseentscheidung fällt jedoch nach der Aktenlage zu Gunsten der Beschwerdeführerin aus: Zum einen ergibt sich aus dem vorliegenden Schulzeugnis des letzten Schuljahres und aus der aktuellen Schulnachricht, dass das Verhalten der Beschwerdeführerin vor dem gegenständlichen Vorfall mit „sehr zufriedenstellend“ beurteilt wurde. Es gab somit in der Vergangenheit keine Verhaltensweisen, die Rückschlüsse auf ein dauerhaftes Gefahrenpotential zulassen. Auch die deutlich überdurchschnittlichen Noten zeigen zweifelsfrei, dass die Schülerin gewillt ist, ihre Pflichten im Rahmen des Unterrichts zu erfüllen. Während der vierwöchigen Schulsuspendierung arbeitete die zuständige Schulpsychologin mit der Beschwerdeführerin den gegenständlichen Vorfall umfassend auf und bestätigte in ihrer Stellungnahme, dass sich die Beschwerdeführerin gänzlich einsichtig zeigte. Der Beschwerdeführerin sind die Gefahren eines völlig sorglosen Umganges mit Social Media nunmehr bewusst und ist sie auch bereit, in einem diversionellen Sinne ehrenamtliche Tätigkeiten zu übernehmen. Auch die Mitschülerinnen und Mitschüler sowie der zuständige Schulqualitätsmanager sprachen sich gegen einen Schulausschluss aus.
Rückschlüsse auf eine allgemeine "Gefährlichkeit" der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur können somit aus dem festgestellten Sachverhalt allein nicht gezogen werden. Auch weitere Feststellungen, die eine solche Schlussfolgerung deshalb tragen könnten, weil aus ihnen auf eine Gewaltbereitschaft der Beschwerdeführerin gefolgert werden könnte, sind im gegenständlichen (Einzel-)Fall nicht gegeben.
Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts ist daher keiner der Ausschlussgründe des § 49 Abs 1 SchUG als verwirklicht anzusehen. Der angefochtene Bescheid ist daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3.2.5. Zur Unterlassung einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gegenständlich konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig (vgl. dazu etwa VwGH 01.09.2016, 2013/17/0502; VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass nach dem derzeitigen Ermittlungsstand vorerst ungeklärt ist, wer das inkriminierte Posting tatsächlich verfasste. An den rechtlichen Ausführungen und der Lösung des Falles ändert sich jedoch – wie oben angeführt – selbst dann nichts, wenn festzustellen wäre, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich für das Drohposting verantwortlich wäre.
3.2.6. Es war daher ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Spruchpunkt A) zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. ua. VwGH 22.03.1999, VwGH 96/10/0242). Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher gemäß Spruchpunkt B) zu entscheiden.