Spruch
W258 2245052-2/2E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT über den Antrag von XXXX auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.03.2025, Zl. W258 2245052-1/19E, abgeschlossenen Verfahrens:
A) Der Antrag auf Wiederaufnahme wird abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Eingabe vom 29.05.2021 stellte der Wiederaufnahmewerber ein Auskunftsbegehren gemäß § 1 Auskunftspflichtgesetz an die Präsidentin des Obersten Gerichtshofes (in Folge „OGH“), mit dem er die Information begehrte, ob bestimmt bezeichnete Mitglieder eines Spruchsenates des OGH eine Schulung erhalten haben, um Mobbing zu erkennen (in Folge „Anti-Mobbing-Schulung“), um sie ua in einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (in Folge „EGMR“) zu verwenden. Die Präsidentin des OGH hat das Auskunftsbegehren mit Bescheid vom 29.06.2021 abgewiesen. Die dagegen erhobene Bescheidbeschwerde vom 19.07.2021 wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 31.03.2025, GZ W258 2245052-1/19E, ab.
2. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass es sich bei der Information, ob bestimmte Mitglieder eines Spruchkörpers des OGH eine Schulung erhalten haben, um personenbezogene Daten handle, die einer Auskunftserteilung entgegenstünden. Die Interessen der betroffenen Richter:innen an der Geheimhaltung personenbezogener Daten würde nämlich den Interessen des Auskunftswerbers an der Auskunft überwiegen, zumal einerseits der Ausbildungsstand der Senatsmitglieder nicht von Dritten beurteilt werden solle und sich daraus weitere Informationen, wie Karriereplanung und fachlichen Interessen der Senatsmitglieder ableiten lassen sowie andererseits die begehrte Auskunft nicht tauglich sei, um den Standpunkt des Beschwerdeführers in einem Verfahren vor dem EGMR zu stützen.
3. Mit Schriftsatz vom 04.05.2025 begehrte der Wiederaufnahmewerber die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG und – im Erfolgsfall – die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Wiederraufgenommenen Verfahren.
4. Begründend führte er aus, aus einer Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Justiz vom 30.04.2025 ergebe sich, dass keiner der Richter:innen beim OGH die von ihm angefragte Anti-Mobbing-Schulung genossen habe. Die Erteilung der Auskunft wäre daher ohne Verletzung der Interessen der betroffenen Richter:innen möglich gewesen, zumal die vom Verwaltungsgericht angeführten Gründe einer Karriereplanung nicht stichthaltig seien, weil kein einziger der Richter:innen des OGH eine derartige Schulung erhalten habe; weiters, weil ein Umstand, der nicht im Personalakt enthalten sei, auch nicht Gegenstand der Verweigerung einer Auskunft sein könne.
Die Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Justiz vom 30.04.2025 sei daher ein neues Beweismittel über Umstände, die bereits bei Abschluss des Verfahrens vorhanden gewesen wären, das zu einer Änderung des Spruchs im Sinne einer Stattgebung der Beschwerde führen werde.
Beweis wurde aufgenommen durch Einschau in die folgenden Urkunden:
Gerichtsakt zur hg AZ W258 2245052-1,
Antrag auf Wiederaufnahme vom 04.05.2025 (OZ 1),
Auskunftsbegehren des Wiederaufnahmewerbers an die Bundesministerin für Justiz vom 23.04.2025 (OZ 1) und
Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Justiz vom 30.04.2025 (OZ 1).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Der folgende Sachverhalt steht fest:
1.1. Zum Verfahren, dessen Wiederaufnahme begehrt wird:
Der unter Punkt I.1. und I.2. beschriebene Verfahrensgang steht fest.
1.2. Zum Wiederaufnahmeantrag:
Der unter Punkt I.3. und I.4. beschriebene Verfahrensgang steht fest.
1.3. Zum neu entstandenen Beweismittel:
Der Wiederaufnahmewerber richtete am 23.04.2025 folgendes Auskunftsbegehren an die Bundesministerin für Justiz:
„[…] Wie Sie der Beilage entnehmen können, wurden die Mitgliedstaaten mit Entschließung des Europäischen Parlaments vom 11. September 2018 zu Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Mobbing und sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, in öffentlichen Räumen und im politischen Leben in der EU (2018/2055(INI)), unter Punkt 18, aufgefordert, ausreichende öffentliche Mittel bereitzustellen, um sicherzustellen, dass Strafverfolgungsbeamte, Richter sowie alle Beamten, die sich mit Fällen von Mobbing und sexueller Belästigung befassen, darauf geschult werden, Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz und außerhalb zu erkennen.
Ich darf Sie im Sinne des § 1 Auskunftspflichtgesetzes höflich ersuchen, mir die Auskunft zu erteilen, ob in Ihrem Ressort diese Entschließung umgesetzt wurde. Im Fall der Nichterteilung dieser Auskunft beantrage ich gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz darüber einen Bescheid zu erlassen. […]“
Die Bundesministerin für Justiz hat das Auskunftsbegehren mit E-Mail vom 30.04.2025 folgendermaßen beantwortet:
„[…] Wir haben von unserer Gleichbehandlungsbeauftragten im BMJ dazu folgende Auskunft erhalten, die wir an Sie weiterleiten:
Seitens der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen kann mitgeteilt werden, dass eine Mittelbindung von derzeit jährlich 25.000,-- Euro besteht, die für die Sensibilisierung von Gleichbehandlungsbeauftragten und Kontaktfrauen aufgewendet werden, Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz und außerhalb zu erkennen und Beratung, Unterstützung sowie Abhilfemaßnahmen zu fördern bzw. bereitzustellen. Des Weiteren wurden im Bereich der Abteilung III 8 jährlich eine Schulungsveranstaltung zur Schulung von Kontaktfrauen, Gleichbehandlungsbeauftragten und Compliance-Beauftragten zum Thema sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz durch eine anerkennte externe Arbeits-, Organisations- und Gesundheitspsychologin durchgeführt und bezahlt, die der Sensibilisierung und dem richtigen Umgang mit Belästigung und Gewalt im Arbeitsumfeld dienen. Seitens des Oberlandesgerichts und der Oberstaatsanwaltschaft Linz wurde ein eintägiger Workshop zu diesem Thema abgehalten mit Vorträgen aus dem universitären Bereich. Die genauen Kosten dafür sind nicht bekannt. Schätzungsweise dürften sie für beide Veranstaltungen rund 5.000 Euro betragen haben.
Für die justizinterne Beratungs-, Unterstützungs- und Vortragstätigkeit in Grundausbildungen sowie Fortbildungen fällt weiters Personalaufwand In allen Vollziehungsbereichen der Justiz an, der weil anteilig, schwer quantifizierbar ist, aber sämtliche Bedienstetengruppen des Ressorts abdeckt. […]“.
2. Die Feststellungen gründet in der folgenden Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Gerichtsakt zur hg AZ W258 2245052-1 und dem unbedenklichen Antrag auf Wiederaufnahme vom 04.05.2025 (OZ 1) samt den darin vorgelegten Beilagen, nämlich dem Auskunftsbegehren des Wiederaufnahmewerbers an die Bundesministerin für Justiz vom 23.04.2025 und der Anfragebeantwortung der Bundesministerin für Justiz vom 30.04.2025 (OZ 1).
3. Rechtlich folgt daraus:
Zu A)
Der zulässige Antrag auf Wiederaufnahme ist nicht berechtigt.
3.1. Zur Berechtigung des Antrags auf Wiederaufnahme:
Gemäß § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ua dann stattzugeben, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens setzt somit die Eignung der neuen Tatsachen oder Beweismittel voraus, dass diese allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Ergebnis herbeigeführt hätten (VwGH 15.07.2024, Ra 2023/14/0052 Rz 12).
Bereits daran scheitert der Antrag auf Wiederaufnahme:
Der Wiederaufnahmewerber begründet seinen Antrag damit, dass sich aus der Auskunft der Bundesministerin für Justiz ergebe, dass keiner der Richter:innen des OGH eine Anti-Mobbing Schulung genossen habe.
Er macht damit eine neue Tatsache geltend, die seiner Meinung nach zu einem anderen Ergebnis in der Hauptsache geführt hätte, nämlich zu einer Stattgabe seiner Beschwerde und einer Auskunftsverpflichtung der Präsidentin des OGH hinsichtlich der Frage, ob bestimmt bezeichnete Richter:innen des OGH eine Anti-Mobbing Schulung genossen haben.
Er übersieht dabei, dass er mit der Auskunft der Bundesministerin für Justiz, dass keiner der Richter:innen des OGH eine Anti-Mobbing Schulung genossen habe, gerade über die von ihm begehrte Information verfügen würde, ob bestimmt bezeichnete Richter:innen des OGH eine Anti-Mobbing Schulung genossen haben. Verfügt ein Auskunftswerber aber bereits über die von ihm begehrte Informationen, ist das Auskunftsersuchen als missbräuchlich abzuweisen (§ 1 Abs 2 Auskunftspflichtgesetz; VwGH 26.01.2023, Ra 2022/07/0026 Rz 26; VwGH 28.03.2014, 2014/02/0006).
Die neu hervorgekommene Tatsache hätte somit im Hauptinhalt des Spruches zu keinem anderen Ergebnis geführt.
Hinzukommt, dass der vom Wiederaufnahmewerber als Beweismittel angebotene Auskunft der Bundesministerin vom 30.04.2025 bereits die abstrakte Eignung fehlt, die vom Wiedereinsetzungswerber vorgebrachte Tatsache, wonach keine:r der Richter:innen des OGH eine „Anti-Mobbing-Schulung“ genossen habe, zu tragen (vgl zur Eignung des Beweismittels als Wiederaufnahmegrund VwGH 15.07.2024, Ra 2023/14/0052 Rz 13):
Die Auskunft bezieht sich nämlich lediglich auf die Budgetierung, Planung und Durchführung von „Anti-Mobbing-Schulungen“ durch das Ressort. Die Information, ob Richter:innen des OGH eine solche Schulung genossen haben, ist in ihr weder ausdrücklich enthalten noch geht sie aus ihr hervor, zumal Richter:innen nicht nur justizintern geschult werden.
Es wurden vom Wiederaufnahmewerber somit keine Tatsachen oder Beweismittel vorgebracht, die zur Wiederaufnahme des Verfahrens führen könnten, weshalb der Antrag abzuweisen war.
3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen (§ 24 Abs 4 VwGVG).
Das Verwaltungsgericht konnte von der Durchführung einer – nur für den Fall der Gewährung des Antrags auf Wiederaufnahme für das wiederaufgenommene Verfahren beantragten – Verhandlung absehen, zumal der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage zweifelsfrei geklärt war und die Wiederaufnahme eines Verfahrens nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts oder von Art 6 EMRK fällt (VwGH 23.03.2023, Ra 2023/07/0038, Rz 18).
3.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das erkennende Gericht konnte sich auf die jeweils zitierte gefestigte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.