Spruch
W200 2302293-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SCHERZ als Vorsitzende und die Richterin Mag. TAURER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. HALBAUER als Beisitzende über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (SMS), vom 03.07.2024, Zahl: 25192232300030, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, dass er zu lauten hat:
„Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 16.10.2023 wird abgewiesen.“
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
In einem Vorverfahren im Jahr 2021 wurde bei der Beschwerdeführerin ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 von 100 festgestellt.
Gegenständliches Verfahren:
Die Beschwerdeführerin stellte am 16.10.2023 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses unter Anschluss eines Konvolutes medizinischer Unterlagen.
Das auf der Aktenlage basierende Sachverständigengutachten eines Facharztes für HNO-Krankheiten ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 10 von 100 und gestaltete sich wie folgt:
„1 Hörstörung beidseits 12.02.01 10
Tabelle Z2/K2 unterer Rahmensatz berücksichtigt die resultierende Diskriminationsschwäche
2 Tinnitus 12.02.02 10
Unterer Rahmensatz, da keine erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen dokumentiert
3 Dysphonie 12.05.01 10
Unterer Rahmensatz, da nur geringe Heiserkeit, die wiederkehrenden Halsschmerzen sind damit berücksichtigt
4 chronische nicht allergische Rhinitis 12.04.04 10
Unterer Rahmensatz, da keine maßgeblichen Folgeerscheinungen“
Ein neurologisch/psychiatrisches Gutachten vom 22.11.2023 basierend auf einer Untersuchung vom selben Tag ergab aus diesem Fachgebiet einen Gesamtgrad der Behinderung von 20 von 100 und gestaltete sich wie folgt:
„Klinischer Status - Fachstatus:
Neurologisch:
Hirnnerven:
Geruch: anamnestisch unauffällig
Gesichtsfeld: fingerperimetrisch keine Einschränkung
Visus: Brille
Pupillen mittelweit, rund isocor Optomotorik frei,
keine Doppelbilder, Nystagmus: keiner
Facialis: seitengleich innerviert, kein mimisches Defizit
O-Sensibilität: am linken Mundwinkel kleines Areal reduziert angegeben
Hörvermögen anamnestisch reduziert, Unterhaltung in normaler Sprechlautstärke gut
möglich
Zunge: wird gerade herausgestreckt, stgl. gut beweglich Uvula mittelständig, Gaumensegel hebt symmetrisch, Kopfdrehung und Schulterhebung: unauffällig
OE:
Rechtshänder
Kraft: keine Kraftminderung, insbesondere Ulnarisfunktionen und Medianusfunktionen unauffällig
Trophik: unauffällig, keine umschriebene Hypo/Atrophie Tonus: unauffällig
Motilität: Nacken und Schürzengriff: nicht eingeschränkt Seitabduktion bds. bis zur Senkrechten Faustschluss und Fingerspreizen durchführbar Pinzettengriff: bds. möglich Feinmotorik: ungestört
MER (BSR, RPR, TSR): seitengleich mittellebhaft Pyramidenbahnzeichen: negativ Eudiadochokinese
AVV: beidseits gehalten ohne Absinken, ohne Pronation FNV: zielsicher bds.
O-Sensibilität: am Handrücken bds, reduziert angegeben, ebenfalls ein schmaler Streifen an der Handkante links, ulnarere Handrücken und volare ulnare Handkante links frei.
UE:
Kraft: keine umschriebene Kraftminderung
Trophik: unauffällig
Tonus: unauffällig
Motilität: nicht eingeschränkt
PSR: seitengleich mittellebhaft
ASR: seitengleich mittellebhaft
Pyramidenbahnzeichen: negativ
Laseque: negativ
Beinvorhalteversuch: kein Absinken Knie- Hacke- Versuch: zielsicher bds.
O- Sensibilität: links am Fußrückenbereich reduziert angegeben. an den Waden bds. werde kaum etwas verspürt, an den Sohlen werde es verspürt aber früher hätte es gekitzelt.
Stand und Gang: zögerlich, keine Steppergang, Fuß- und Zehenhebung bds. unauffällig, Fuß bds. wird auch der Ferse aufgesetzt, unauffälliges Abrollverhalten.
Romberg: unauffällig
Unterberger Tretversuch: langsam durchgeführt, sicher, kein Abweichen, keine Falltendenz
Zehen- und Fersenstand: bds. möglich Sprache und Sprechen: unauffällig
Gesamtmobilität - Gangbild:
kommt frei gehend alleine zur Untersuchung, wurde vom Gatten hergebracht, kommt mit Schnürsportschuhen. Handling mit Befunden unauffällig
An/Auskleiden Schuhe und Socken ohne Hilfe
Status Psychicus:
Kooperativ und freundlich, sehr gut auskunftsfähig, anamnestische Daten, zeitliche Abfolge detailliert wieder gegeben, bewußtseinsklar, voll orientiert, kein kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus: geordnet, kohärent; schildert wortreich im Rahmen der langen Anamneseerhebung mannigfaltige Beschwerden, lässt sich aber durch Fragen unterbrechen, beantwortet diese, verliert den Faden zum Vorherigen nicht, auch nach Beendigung der Untersuchung werden immer wieder neue Beschwerden geschildert. Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage: wirkt belastete, labil, hochgradiger Verdacht auf zusätzliche Somatisierung, Hinweise für neurotische, histrionische, regressive Persönlichkeitsakzentuierung, leicht labil (beginnt bei der Erzählung des Verlustes der Mutter und Verlust des Kindes in der Frühschwangerschaft zu weinen), affizierbar; Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Die Auswirkungen des führende Leiden 1 werden durch jene der anderen Leiden nicht erhöht bei fehlender wechselseitiger relevanter negativer Leidensbeeinflussung.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Schluckstörung, da unauffälliges Schluckröntgen
Zustand nach Gürtelrose genital, inquinal, submammär links, da keine anhaltenden Funktionseinschränkungen daraus ableitbar
Sehstörung, da unauffällige zentrale Sehschärfe dokumentiert
Dranginkontinenz, da medikamentös behandelbar. Abwarten des Therapieerfolges.
vaskuläre Leukencephalopathie, da primär daraus keine Funktionseinschränkungen abzuleiten sind
kognitive Einbuße, da nicht durch eine ausführliche psychologische Testung/ Leistungsuntersuchung untermauert. (…)
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Leiden 1 und 2 und 3: keine Änderung zum Vorgutachten 8/21 objektivierbar Leiden 4,5,6: neu aufgenommen.“
Es wurde auch ein orthopädisches Gutachtes basierend auf einer Untersuchung eingeholt, das aus diesem Formenkreis einen Grad der Behinderung von 20 von 100 ergab. Das Gutachten vom 26.03.2024 gestaltete sich wie folgt:
„Allgemeinzustand:
Kommt alleine, aufrecht gehend, normale Straßenkleidung, normaler Konfektionsschuh. Schuheinlagen. Aus- und Ankleiden langsam im Stehen und Sitzen, ohne Fremdhilfe.
Guter AZ und EZ
Rechtshändig.
Kopf, Brustkorb, Bauch unauffällig.
Haut normal durchblutet,
Operationsnarbe rechtes Knie, beide Handgelenk, linker Daumen.
Ernährungszustand: Gut, Größe: 160,00 cm Gewicht: 70,00 kg
Klinischer Status - Fachstatus:
Wirbelsäule gesamt
Im Lot, Becken-, Schultergeradstand, Streckhaltung LWS, keine Skoliose, seitengleiche Taillendreiecke, symmetrische, mittelkräftige, seitengleiche Muskulatur
HWS S 35-0-30, R 70-0-70, F 30-0-30, keine Blockierungen, Nackenmuskulatur locker,
BWS R 30-0-30, Ott 30/33 normal
LWS FBA + 30 cm Reklination 20, Seitneigen 30-0-30, R 30-0-30, Plateaubildung L4-S1 mit segmentalem Druckschmerz. Schober 10:15 normal SI Gelenke nicht druckschmerzhaft,
Grob neurologisch:
Hirnnerven frei.
OE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich
UE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich
Keine Pyramidenzeichen.
Obere Extremität Allgemein
Rechtshändig, Achsen normal, Gelenkkonturen schlank, Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Handgelenkspulse gut tastbar. Gebrauchsspuren seitengleich. Schulter bds: S40-0-100, F 100-0-30, R(F0) 60-0-60, (F90) 80-0-80. Kein schmerzhafter Bogen.
Ellbogen bds: S0-0-125, R 80-0-80, bandstabil.
Handgelenk bds: S 70-0-70, Radial-, Ulnarabspreizung je 30 Langfingergelenke nicht bewegungseingeschränkt
Nackengriff: Nicht eingeschränkt, seitengleich, langsam.
Schürzengriff: Nicht eingeschränkt, langsam, seitengleich.
Kraft seitengleich, Faustschluss komplett, seitengleich, Fingerfertigkeit seitengleich.
Spitz-, Zangen- Oppositions- und Schlüsselgriff seitengleich.
Untere Extremität Allgemein
Keine Beinlängendifferenz, Beinachse normal, Gelenkkonturen schlank, Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Fußpulse gut tastbar, Gebrauchsspuren seitengleich.
Hüfte bds: S 0-0-130, R 40-0-40, F 40-0-40, kein Kapselmuster.
Knie bds: S0-0-150, bandstabil, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, Patellaspiel nicht eingeschränkt, Zohlenzeichen negativ.
SG bds: S 20-0-40, bandfest, kein Erguss.
Fuß bds: Rückfuß gerade, Längsgewölbe normale Krümmung, Spreizfuß Zehen uneingeschränkt beweglich. Keine Achsabweichung
Gesamtmobilität - Gangbild:
Mittelschrittig, langsam, kein Hinken, Zehen-Fersenstand möglich etwas unsicher, Einbeinstand möglich, linksunsicher, Hocke möglich. Transfer auf die Untersuchungsliege selbständig, rasch. Wendebewegungen rasch.
Status Psychicus: Orientiert, freundlich, kooperativ.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.“
Eine Zusammenfassung der drei Gutachten durch die befasste Neurologin ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 20 von 100.
Im gewährten Parteiengehör wurde auf das auch von der Beschwerdeführerin vorgelegte HNO-Gerichtsgutachten (Landesgericht St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht) verwiesen. Sie leide an einer Hörminderung, an einer Dysphonie (Trockener Hals – Globus), beeinträchtigter Nasenatmung – chronischer Rhinitis, Tinnitus – dies aus einer psychovegetativen Begleiterscheinung. Sie habe eine Fußheberparese beidseits, durch Nervenschädigung sei das Gehen – der Schritt blockiert, habe Probleme beim Anhalten durch Kraftlosigkeit, leide an Panikattacken. Sie leide an deutlichen Konzentrations- und Aufmerksamkeitsdefiziten, Wortfindungsstörungen, es liege ein Pflegebedarf von 57 Stunden bei ihr vor, die Hämorrhoiden seien nicht beurteilt worden – eben so wenig ihre Harninkontinenz. Durch die Schluckbeschwerden leide sie an Todesangst.
Sie monierte, dass die Psychiaterin überfordert gewesen sei. Ihrer Ansicht nach leide sie an einer PTBS, sie habe Zwangsstörungen, Angstattacken …
Auch leide sie an einem hyperreagiblen Bronchialasthma, an einem Zustand nach Gürtelrose. Auch das orthopädische Gutachten sei nicht korrekt … Zusammengefasst erklärte sie sich auf 15 handgeschriebenen Seiten mit dem Ergebnis der Untersuchung nicht einverstanden. Angeschlossen waren ein neurologischer Befundbericht vom 23.04.2024, ein Auszug aus dem E-Journal AKH Wien, Universitätsklinik für Mund- und Kiefer- und Gesichtschirurgie, ein Befundbericht über einen vorliegen Helicobacter positive Gastritis, ein ärztlicher Befundbericht über ein Knochenmarksödem, ein MRT-Befund des linken Sprunggelenks, ein orthopädischer Befund über eine ISG-Blockade rechts, Mittelfußprellung rechts, Bursitis troch. rechts, ein Koloskopiebefund, ein pathologischer Befund, …
Dem Akt sind ein HNO-fachärztliches und ein allgemein-medizinisches Gutachten aus dem Gerichtsverfahren betreffend Gewährung von Pflegegeld zu entnehmen.
Eine HNO-fachärztliche ergänzende Stellungnahme vom 25.06.2024 gestaltete sich wie folgt:
„Das HNO fachärztliche Sachverständigengutachten aufgrund der Aktenlage vom 03.11.2023 umfasst alle anhand der vorliegenden Befunde medizinisch plausibel dokumentierten und damit objektivierbaren dauerhaften Funktionsbeeinträchtigungen des Fachgebietes, einschätzungsrelevant ist dazu insbesondere das jüngste HNO fachärztliche Sachverständigengutachten des Prim. Dr. XXXX für das Landesgericht St. Pölten vom 14.10.2023. In Einzelbefunden der vergangenen Jahre beschriebene sonomorphologische Veränderungen sowie Beschreibungen des subjektiven Befindens führen zu keinen prospektiven einschätzungsrelevanten dauerhaften Funktionsstörungen des Fachgebietes.
Die in der Stellungnahme angeführte Behauptung die Leiden „Hörstörung, chronischer Tinnitus, Schluckbeschwerden, Dysphonie, chronische Rhinitis, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ wären „nicht beurteilt" worden, muss als unrichtig zurückgewiesen werden.
Alle angeführten Leiden wurden tatsächlich berücksichtigt und gemäß des angeführten HNO fachärztlichen Sachverständigengutachten des Prim. Dr. XXXX betreffs dauerhafter funktioneller Auswirkung eingestuft.
Sachverständige Beurteilungen der Leiden in diesem einschätzungsrelevanten Gutachten:
1. Hörstörung „Der Hörverlust aus dem Tonaudiogramm ist nach der Zweifrequenztabelle mit 25% rechts und 35% links und nach der Vierfrequenztabelle mit 26% rechts und mit 38% links einzuschätzen."
2. Tinnitus „Der Tinnitus erscheint plausibel und glaubhaft und ist als Begleiterscheinung der beidseitigen Innenohrläsion zu sehen. Der Tinnitus weist eine mittlere Belastungsstufe mit gewissen Sekundärsymptomen (Einschlafstörung, depressive Stimmungslage) auf und ist als kompensiert zu betrachten. Eine Einschränkung des Leistungskalküls liegt diesbezüglich nicht vor“
3. Nase „Es bestehen gewisse Beschwerden durch eine chronische Nasennebenhöhlenentzündung (s. aktuelle Beschwerden). Eine Beeinträchtigung des Leistungskalküls ist dadurch nicht gegeben“
4. Globusgefühl „Bezüglich des von der Klägerin angegebenen Globusgefühls ist eine Beeinträchtigung des Leistungskalküls ist nicht gegeben."
Grundlage der Einstufung ist im gegenständlichen Verfahren die rechtsbindende Einschätzungsverordnung, eine höhere Einstufung ist somit nicht möglich, es wurden alle anhand der umfangreichen Aktenlage dokumentierten fachspezifischen Leiden berücksichtigt und beurteilt.“
Mit Bescheid vom 03.07.2024 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Dagegen wurde fristgerecht unter Anschluss bereits im Akt aufliegender Befunde sowie neuer Befunde Beschwerde erhoben.
Die bestellte Neurologin blieb in ihrer Stellungnahme vom 02.09.2024 zum Beschwerdevorbringen und den neuen Befunden bei ihrer Einschätzung. Sie verwies darauf, dass die Einschätzung unter Einbeziehung der Anamnese, der vorliegenden Befunde und Therapie und der aktuellen Untersuchung nach der EVO zu erfolgen hätte. Zum Zeitpunkt der Untersuchung hätte eine relevante Lähmung der Extremitäten oder trophische Veränderungen nicht festgestellt werden können, korrelierend dazu wäre auch das beobachtbare Abrollverhalten der Füße ebenso unauffällig gewesen, ein Steppergang sei nicht vorgelegen, der Zehen- und Fersenstand sei möglich gewesen. Ebenso unauffällig sei die Situation an den oberen Extremitäten gewesen. Die psychiatrisch bedingte Funktionseinschränkung sei klinisch bewertet worden. Eine Agoraphobie der Zwangsstörung sei im aktuellen nervenfachärztlichen Schreiben erstmalig erwähnt und ergäbe daher nach der EVO keine andere Bewertung des Leidens. Die angeführte Schluckstörung sei nicht belegt und es komme daher aus neurologisch-psychiatrischer Sicht zu keiner Änderung der Einstufung.
Im gewährten Parteiengehör monierte die Beschwerdeführerin wiederum, dass sämtliche Beurteilungen unrichtig seien. Diese Ausführungen erfolgten auf zehn handgeschriebenen Seiten.
Angeschlossen waren ein bereits vorliegender ärztlicher Befundbericht über eine angiologische Routinekontrolle sowie nunmehr auch Unterlagen aus dem Jahr 2019 und bereits im Akt aufliegender Unterlagen.
Nach Einlangen des Aktes beim Bundesverwaltungsgericht wurde das Landesgericht St. Pölten ersucht, die Gutachten, die im Verfahren betreffend Invaliditätspension eingeholt wurden, dem BVwG zur Verfügung zu stellen.
In weiterer Folge langte ein Urteil des OLG Wien vom 25.02.2025 ein, mit dem der Berufung der Beschwerdeführerin im Invaliditätspensionsverfahren nicht Folge gegeben wurde. Weiters wurde ein berufskundliches Sachverständigengutachten, ein lungenfachärztliches, ein unfallchirurgisches, ein neurologisch-psychiatrisches, ein internistisches sowie ein dermatologisch-venerologisches Gutachten sowie das bereits im Akt aufliegende HNO-fachärztliche Gutachten übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 vH.
1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
Allgemeiner Zustand:
aufrecht gehend, normale Straßenkleidung, normaler Konfektionsschuh. Schuheinlagen. Aus- und Ankleiden langsam im Stehen und Sitzen, ohne Fremdhilfe.
Guter AZ und EZ, Ernährungszustand: Gut, Größe: 160,00 cm Gewicht: 70,00 kg
Operationsnarbe rechtes Knie, beide Handgelenke, linker Daumen.
beschwerderelevanter neurologischer Status:
Hirnnerven:
Geruch: anamnestisch unauffällig
Gesichtsfeld: fingerperimetrisch keine Einschränkung, Visus: Brille; Pupillen mittelweit, rund isocor Optomotorik frei, keine Doppelbilder, Nystagmus: keiner
Facialis: seitengleich innerviert, kein mimisches Defizit
O-Sensibilität: am linken Mundwinkel kleines Areal reduziert angegeben
Hörvermögen anamnestisch reduziert, Unterhaltung in normaler Sprechlautstärke gut
möglich
Zunge: wird gerade herausgestreckt, stgl. gut beweglich Uvula mittelständig, Gaumensegel hebt symmetrisch, Kopfdrehung und Schulterhebung: unauffällig
OE:
Rechtshänder
Kraft: keine Kraftminderung, insbesondere Ulnarisfunktionen und Medianusfunktionen unauffällig
Trophik: unauffällig, keine umschriebene Hypo/Atrophie
Tonus: unauffällig
Motilität: Nacken und Schürzengriff: nicht eingeschränkt
Seitabduktion bds. bis zur Senkrechten Faustschluss und Fingerspreizen durchführbar Pinzettengriff: bds. möglich Feinmotorik: ungestört
MER (BSR, RPR, TSR): seitengleich mittellebhaft Pyramidenbahnzeichen: negativ Eudiadochokinese
AVV: beidseits gehalten ohne Absinken, ohne Pronation FNV: zielsicher bds.
O-Sensibilität: am Handrücken bds, reduziert angegeben, ebenfalls ein schmaler Streifen an der Handkante links, ulnarere Handrücken und volare ulnare Handkante links frei.
UE:
Kraft: keine umschriebene Kraftminderung
Trophik: unauffällig
Tonus: unauffällig
Motilität: nicht eingeschränkt
PSR: seitengleich mittellebhaft
ASR: seitengleich mittellebhaft
Pyramidenbahnzeichen: negativ
Laseque: negativ
Beinvorhalteversuch: kein Absinken
Knie- Hacke- Versuch: zielsicher bds.
O-Sensibilität: links am Fußrückenbereich reduziert angegeben. an den Waden bds. werde kaum etwas verspürt, an den Sohlen werde es verspürt, aber früher hätte es gekitzelt.
Stand und Gang: zögerlich, keine Steppergang, Fuß- und Zehenhebung bds. unauffällig,
Fuß bds. wird auch der Ferse aufgesetzt, unauffälliges Abrollverhalten.
Romberg: unauffällig
Unterberger Tretversuch: langsam durchgeführt, sicher, kein Abweichen, keine Falltendenz
Zehen- und Fersenstand: bds. möglich
Gesamtmobilität - Gangbild:
kommt frei gehend alleine zur Untersuchung, wurde vom Gatten hergebracht, kommt mit Schnürsportschuhen. Handling mit Befunden unauffällig.
An/Auskleiden Schuhe und Socken ohne Hilfe
Status Psychicus:
Kooperativ und freundlich, sehr gut auskunftsfähig, anamnestische Daten, zeitliche Abfolge detailliert wieder gegeben, bewußtseinsklar, voll orientiert, kein kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus: geordnet, kohärent; schildert wortreich im Rahmen der langen Anamneseerhebung mannigfaltige Beschwerden, lässt sich aber durch Fragen unterbrechen, beantwortet diese, verliert den Faden zum Vorherigen nicht, auch nach Beendigung der Untersuchung werden immer wieder neue Beschwerden geschildert. Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage: wirkt belastete, labil, hochgradiger Verdacht auf zusätzliche Somatisierung, Hinweise für neurotische, histrionische, regressive Persönlichkeitsakzentuierung, leicht labil (beginnt bei der Erzählung des Verlustes der Mutter und Verlust des Kindes in der Frühschwangerschaft zu weinen), affizierbar; Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik
beschwerderelevanter orthopädischer Status:
Wirbelsäule gesamt
Im Lot, Becken-, Schultergeradstand, Streckhaltung LWS, keine Skoliose, seitengleiche Taillendreiecke, symmetrische, mittelkräftige, seitengleiche Muskulatur
HWS S 35-0-30, R 70-0-70, F 30-0-30, keine Blockierungen, Nackenmuskulatur locker,
BWS R 30-0-30, Ott 30/33 normal
LWS FBA + 30 cm Reklination 20, Seitneigen 30-0-30, R 30-0-30, Plateaubildung L4-S1 mit segmentalem Druckschmerz. Schober 10:15 normal SI Gelenke nicht druckschmerzhaft,
Obere Extremität Allgemein
Rechtshändig, Achsen normal, Gelenkkonturen schlank, Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Handgelenkspulse gut tastbar. Gebrauchsspuren seitengleich. Schulter bds: S40-0-100, F 100-0-30, R(F0) 60-0-60, (F90) 80-0-80. Kein schmerzhafter Bogen.
Ellbogen bds: S0-0-125, R 80-0-80, bandstabil.
Handgelenk bds: S 70-0-70, Radial-, Ulnarabspreizung je 30 Langfingergelenke nicht bewegungseingeschränkt
Nackengriff: Nicht eingeschränkt, seitengleich, langsam.
Schürzengriff: Nicht eingeschränkt, langsam, seitengleich.
Kraft seitengleich, Faustschluss komplett, seitengleich, Fingerfertigkeit seitengleich.
Spitz-, Zangen- Oppositions- und Schlüsselgriff seitengleich.
Untere Extremität
Keine Beinlängendifferenz, Beinachse normal, Gelenkkonturen schlank, Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Fußpulse gut tastbar, Gebrauchsspuren seitengleich.
Hüfte bds: S 0-0-130, R 40-0-40, F 40-0-40, kein Kapselmuster.
Knie bds: S0-0-150, bandstabil, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, Patellaspiel nicht eingeschränkt, Zohlenzeichen negativ.
SG bds: S 20-0-40, bandfest, kein Erguss.
Fuß bds: Rückfuß gerade, Längsgewölbe normale Krümmung, Spreizfuß, Zehen uneingeschränkt beweglich. Keine Achsabweichung
Gesamtmobilität - Gangbild:
Mittelschrittig, langsam, kein Hinken, Zehen-Fersenstand möglich etwas unsicher, Einbeinstand möglich, links unsicher, Hocke möglich. Transfer auf die Untersuchungsliege selbständig, rasch. Wendebewegungen rasch.
1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 Prozent, da das führende Leiden 1 von den anderen Leiden nicht erhöht wird wegen fehlender wechselseitiger relevanter negativer Leidensbeeinflussung.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung der Beschwerdeführerin gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte neurologische Sachverständigengutachten vom 22.11.2023, basierend auf einer Untersuchung am selben Tag sowie der Stellungnahme vom 02.09.2024, in der die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie ausführt, dass es zu keiner Änderung des Begutachtungsergebnisses kommt, auf das Aktengutachten des Facharztes für HNO-Erkrankungen vom 03.11.2023 samt Stellungnahme vom 25.06.2024, in der er bei seiner Einschätzung bleibt, sowie das orthopädische Gutachten vom 26.04.2024.
Die von der belangten Behörde eingeholten Gutachten samt Stellungnahme sind schlüssig und nachvollziehbar.
Die von der belangten Behörde befasste Neurologin beschreibt den Status der Beschwerdeführerin genau und detailreich und unterzog auch alle von ihr vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung.
Die „Hereditäre Neuropathie mit Neigung zu Drucklähmungen“ stuft die Neurologin mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz der Pos.Nr. 04.06.01 „Polyneuropathien und Polyneuritiden: Sensible und motorische Ausfälle leichten Grades 10 – 40%“ ein, da keine maßgeblichen motorischen Ausfälle vorliegen – darin berücksichtigt sie auch den Z.n. Carpaltunnelsyndromoperation und das vorbeschriebene Sulcus N. ulnaris Syndrom und die angegebenen Gefühlsstörungen. Dies entspricht auch der Beurteilung der vom LG St. Pölten als ASG bestellten Neurologin.
Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass sie an einer Fußheberparese beidseits leide, durch Nervenschädigung sei das Gehen – der Schritt - blockiert, sie Probleme beim Anhalten durch Kraftlosigkeit habe, so widerspricht das dem jeweiligen Untersuchungsergebnis beider Neurologinnen, in denen von einer Fußheberschwäche (und keiner Lähmung) und Gefühlsstörungen die Rede ist.
Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten psychiatrischen Leiden werden von der vom SMS befassten Neurologin schlüssig als depressive Störung, Panikattacken, Zwangsstörung unter 03.05.01 mit 20% eingestuft.
Neurotische Belastungsreaktionen, somatoforme Störungen und posttraumatische Belastungsstörung leichten Grades sind laut der Anlage der EVO unter 03.05.01 mit 10 -40 % einzustufen: Die befasste Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie wählte eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da bei der Beschwerdeführerin affektive und somatische Störungen vorliegen.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die vom LG St. Pölten bestellte Gutachterin aus psychiatrischer Sicht ausschließlich eine anhaltende somatoforme Schmerzsstörung festgehalten hat.
Leiden 3 „Aufbraucherscheinungen am Stütz- und Bewegungsapparat“ stufte der vom SMS bestellte Orthopäde – basierend auf einer eigenen ausgesprochen detaillierten Untersuchung (vgl. Status) sowie den vorgelegten Unterlagen – unter Pos.Nr. 02.02.01 (Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit Funktionsbeeinträchtigungen geringen Grades) mit dem oberen Rahmensatz ein und begründete dies plausibel mit einer geringen Funktionsbehinderung an der Wirbelsäule, Schultern, mit Rhizarthrose beidseits, Fingerpolyarthrosen, Spreizfuß beidseits, Metatarsalgie und Fersensporn beidseits.
Die vom Facharzt für HNO-Heilkunde festgestellten Leiden 4, 5 und 7 entsprechen exakt dem im HNO-fachärztlichen Gutachten des vom LG St. Pölten bestellten Facharztes für HNO-Heilkunde, konkret: Hörverlust bds., (kompensierter) Tinnitus, chronische Rhinosinusitis.
Die vom Facharzt für HNO-Erkrankungen aus dem Vorgutachten übernommene Dysphonie (Leiden 6), konnte offenbar im Rahmen der Untersuchung für die Beurteilung der Berufsunfähigkeitspension nicht festgestellt werden. Auch stellte der vom LG St. Pölten bestellte Facharzt für HNO-Erkrankungen fest, dass aufgrund der Kompensation des Tinnitus keine Einschränkung des Leistungskalküls vorliegt.
Wie von dem vom SMS bestellten Gutachter ausgeführt, resultiert aus der Zyste im Nasenrachen keine Funktionsstörung, laut dem Gutachter im Verfahren betreffend die Berufsunfähigkeitspension ist die Zyste „klinisch stumm“.
Leiden 8 (Hyperreagibles Bronchialsystem, Verdacht auf Anstrengungsasthma) stuft die befasste Neurologin mit 10% ein (Pos.Nr. 06.05.01) und begründet dies, da eine Inhalationstherapie ohne maßgebliche Lungenfunktionseinschränkung erfolgt.
Pos.Nr. 06.05.01 ist laut Anlage der EVO bei zeitweilig leichtem Asthma mit 10 – 20 % anzuwenden: Voraussetzungen dafür sind Anfälle 1-2 x pro Monat tagsüber bis maximal 2x pro Monat nachts, leichte Atembeschwerden, normales Berufsleben, sportliche Betätigung kaum eingeschränkt, Therapie nur bei Bedarf sowie klinisch unauffällig außer bei Anfällen.
Auch hier nahm der erkennende Senat Einsicht in das vom LG St. Pölten eingeholte lungenfachärztliche Gutachten, in dem eine „Asthma Bronchiale mit guter Lungenfunktionsprüfung“ diagnostiziert wird. Es wird in diesem Gutachten beschrieben, dass mit leidensbedingten Krankenständen nicht zu rechnen sei, eine Verschlechterung nicht zu prognostizieren sei und die Anmarschwege unter städtischen und ländlichen Bedingungen nicht eingeschränkt seien.
Die Gastritis wird von der befassten Gutachterin unter Pos.Nr. 07.04.01 mit 10% mit dem unteren Rahmensatz eingestuft, wegen der festgestellten geringen Veränderungen in der Gastrosokopie. Eine Einsicht in das vom LG St. Pölten eingeholte internistische Gutachten ergab, dass auch hier eine Gastritis Reflux diagnostiziert wurde, wobei auch hier mit leidensbedingten Krankenständen nicht zu rechnen sei, eine Verschlechterung nicht zu prognostizieren sei und die Anmarschwege unter städtischen und ländlichen Bedingungen nicht eingeschränkt seien.
Die Varicositas, venöse Insuffizienz ohne ausgeprägte Schwellungsneigung stufte die befasste Ärztin entsprechend der Vorgaben der Anlage zur EVO ein, die für sichtbare Varizen ohne sonstige Schäden die Einstufung von 10% vorsieht. Hinzuweisen ist auch in diesem Fall auf das vom LG St. Pölten eingeholte Gutachten eines Facharztes für Dermatologie und Venerologie, der Besenreiser und Retikulärvarizen sowie keine messbare Venenfunktionsstörung diagnostizierte.
Das Leiden 11 „Gesichtsschmerz links, beschrieben Trigeminusneuralgie“ stuft die Neurologin schlüssig unter Pos.Nr. 04.11.01 „Chronisches Schmerzsyndrom, Leichte Verlaufsform 10 – 20 %“ mit 10 % ein – dies nach den Vorgaben der Anlage zur EVO bei Einnahme von Analgetika der WHO Stufe 1 oder Intervallprophylaxe.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
- "kleine Zyste am Tubenostium rechts" erreicht keinen Grad der Behinderung, da daraus keine dauerhafte Funktionsstörung resultiert
- Schluckstörung, da unauffälliges Schluckröntgen
- Zustand nach Gürtelrose genital, inquinal, submammär links, da keine anhaltenden Funktionseinschränkungen daraus ableitbar
- Sehstörung, da unauffällige zentrale Sehschärfe dokumentiert
- Dranginkontinenz, da medikamentös behandelbar. Abwarten des Therapieerfolges.
- vaskuläre Leukencephalopathie, da primär daraus keine Funktionseinschränkungen abzuleiten sind
- kognitive Einbuße, da nicht durch eine ausführliche psychologische Testung/ Leistungsuntersuchung untermauert.
Wenn die Beschwerdeführerin meint, dass man bei der Einstufung ihren Leiden nicht gerecht wird, so ist auf die sowohl im Verfahren des LG St. Pölten als ASG als auch im gegenständlichen Verfahren eingeholten Gutachten zu verweisen.
Die Sachverständigengutachten samt Stellungnahmen werden in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Zweifel am Inhalt der Gutachten bestehen für das Bundesverwaltungsgericht keine – die Gutachten und Stellungnahme sind schlüssig und nachvollziehbar, sie weisen keine Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Sie entsprechen auch der Einschätzung des LG St. Pölten und des OLG Wien.
Für den erkennenden Senat ergibt sich daher kein Anhaltspunkt vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 20 vom Hundert abzuweichen.
Die Beschwerdeführerin ist den von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten samt Stellungnahme nicht auf gleicher fachlicher Ebene ausreichend konkret entgegengetreten.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten samt Stellungnahme.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Zu A) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 1 Abs. 2 BBG).
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören
(§ 40 Abs. 1 BBG).
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt
(§ 41 Abs. 1 BBG).
Der Behindertenpass ist ein amtlicher Lichtbildausweis und hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum und den festgestellten Grad der Behinderung zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des Menschen mit Behinderungen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen (§ 42 Abs. 1 BBG).
Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3), der Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 oder der Parkausweis für Menschen mit Behinderungen gemäß § 43 Abs. 1a eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG, auszugsweise).
Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung gründet sich auf die von der erstinstanzlichen Behörde eingeholten Gutachten samt Stellungnahmen, worin ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 20 % festgestellt wurde.
Im vorliegenden Fall ist durch die befassten Gutachter eine nachvollziehbare Einschätzung nach den Kriterien der Einschätzungsverordnung vorgenommen worden. Die Gutachten entsprechen den Kriterien des § 4 Abs. 2 Einschätzungsverordnung.
Die Beschwerdeführerin ist den Gutachten samt Stellungnahme nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist – wie beweiswürdigend ausgeführt – angesichts der Ausführungen in den von der belangten Behörde eingeholten Gutachten nicht geeignet, eine andere Einschätzung herbeizuführen. Ebenso wenig die im Parteiengehör eingebrachten Einwendungen gegen die Gutachten, da auf diese von den Gutachtern in deren Stellungnahme eingegangen wurde und sie nachvollziehbar zu dem Schluss kamen, dass es zu keiner Änderung kommt. Hinzuweisen ist auch, dass die vom SMS eingeholten Gutachten von sämtlichen im Verfahren des LG St. Pölten eingeholten Gutachten bestätigt wurden und das OLG Wien dementsprechend eine Berufung mit Urteil vom 25.02.2025 wegen der Abweisung des Antrages auf Invaliditätspension abgewiesen hat.
Somit liegen die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vor.
Zum Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides, dass der Teil des Spruches zu entfallen hat, wonach der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt, wird auf das Erkenntnis des VwGH vom 13. Dezember 2018, Ra 2018/11/0204-7, Rz 24, betreffend die Einziehung eines Behindertenpasses verwiesen:
„§ 43 Abs. 1 BBG ermächtigt die Behörde daher zwar zu einem amtswegigen Vorgehen, allerdings nach den bisherigen Ausführungen nur zu einem Ausspruch der Einziehung des Behindertenpasses. Ein Bescheid, in dem ausgesprochen wird, dass die Betreffende mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle, oder in dem festgestellt wird, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 % besteht, findet in § 43 Abs. 1 BBG keine Deckung.“
Analog dazu wird darauf hingewiesen, dass weder die §§ 40 und 41 noch § 45 BBG die Voraussetzungen für die von der belangen Behörde gewählte Formulierung „Mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 20% erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.“ bieten.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).
Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden (§ 24 Abs. 3 VwGVG).
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden (§ 24 Abs. 5 VwGVG).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (vgl. VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und Schwere der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher drei ärztliche Gutachten sowie zwei Stellungnahmen eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die Beschwerdeführerin hat auch mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der erstinstanzlichen gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stünden bzw. wurden diese mit den Gutachten bereits einer Beurteilung unterzogen. Die Einwendungen zu den Gutachten wurden in den Stellungnahmen der Sachverständigen behandelt. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der Beschwerdeführerin mündlich zu erörtern gewesen wäre.
Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorläge und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde eine solche auch nicht beantragt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die vorliegende Entscheidung hängt von Tatsachenfragen ab. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.