JudikaturBVwG

W263 2297230-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
20. Mai 2025

Spruch

W263 2297230-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a KERSCHBAUMER als Vorsitzende und den fachkundigen Laienrichter Mag. NORTH, MBA als Beisitzer sowie die fachkundige Laienrichterin Mag.a DE BUCK-LAINER als Beisitzerin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 04.04.2024, VN: XXXX , aufgrund des Vorlageantrages nach Beschwerdevorentscheidung vom 21.06.2024, XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer bezog zuletzt Rehabilitationsgeld.

2. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: „PVA“) vom 26.01.2024 wurde gemäß §§ 99, 143a und 273 ASVG ausgesprochen, dass vorübergehende Berufsunfähigkeit nicht mehr vorliege und das Rehabilitationsgeld mit 31.03.2024 entzogen werde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Wiederbegutachtung ergeben habe, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers kalkülsrelevant soweit gebessert habe, dass die Ausübung einer Tätigkeit, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch bewertet wird, wieder möglich sei. Vorübergehende Berufsunfähigkeit liege daher nicht mehr vor. Aufgrund der Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit sei das Rehabilitationsgeld mit Ablauf des Kalendermonates, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, zu entziehen. Der Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung ende daher mit 31. März 2024.

3. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: „AMS“ oder „belangte Behörde“) vom 04.04.2024 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes vom 01.04.2024 (Tag der Geltendmachung) mangels Arbeitswilligkeit keine Folge gegeben. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei nicht bereit, dem Arbeitsmarkt zur Vermittlung zur Verfügung zu stehen. Laut Niederschrift vom 04.04.2024 habe er sich als nicht arbeitsfähig erklärt. Laut Bescheid der PVA vom 26.01.2024 sei das Rehabilitationsgeld mit 31.03.2024 entzogen worden, weil vorübergehende Berufsunfähigkeit nicht mehr vorliege. Der Antrag auf Arbeitslosengeld sei daher mangels Arbeitswilligkeit abzulehnen gewesen.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer binnen offener Frist Beschwerde und brachte aufs Wesentlichste zusammengefasst vor, das AMS habe Beweismittel missachtet, unwahre Behauptungen aufgestellt, das von ihm angestrengte Gerichtsverfahren gegen die PVA nicht berücksichtigt, seine Sachverhaltsdarstellung nicht einbezogen und die Niederschrift vom 04.04.2024 ignoriert.

5. Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 21.06.2024 ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass sich der Beschwerdeführer selbst – nach ausführlicher Rechtsbelehrung und unter Hinweis auf die Entscheidung der PVA – für nicht verfügbar und für nicht arbeitsfähig erklärt habe, diese Erklärung auch eigenhändig unterfertigt habe und demzufolge Arbeitsunwilligkeit vorliege.

6. Der Beschwerdeführer stellte am 15.07.2024 binnen offener Frist einen Vorlageantrag.

7. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

8. Der Beschwerdeführer erhob mit Schreiben, datiert mit 21.04.202[5], Beschwerde gegen einen weiteren Bescheid des AMS vom 16.04.2025, welche er postalisch samt Beilagen dem Bundesverwaltungsgericht übermittelte. In dieser führte er unter „Beilagen auf Anfrage“ das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien (im Folgenden: „ASG“), bereitgestellt am 31.01.2025, zur Zl. XXXX , an. Die Beschwerde richtete sich gegen den Bescheid des AMS vom 16.04.2025, mittels welchem das AMS dem neuerlichen Antrag auf Arbeitslosengeld des Beschwerdeführers vom 27.03.2025 erneut mangels Arbeitswilligkeit keine Folge gab. Die Beschwerde samt Beilagen wurde zuständigkeitshalber an das AMS weitergeleitet (s. XXXX ).

9. Das Bundesverwaltungsgericht nahm elektronisch Akteneinsicht in den vom Beschwerdeführer mehrfach angeführten sozialgerichtlichen Akt des ASG.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX geboren und ist an der Adresse XXXX , wohnhaft.

Der Beschwerdeführer bezog zuletzt bis zum 31.03.2024 Rehabilitationsgeld.

Am 11.09.2023 erfolgte eine psychiatrische Begutachtung des Beschwerdeführers, im Zuge derer eine ausführliche ärztliche Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit erfolgte und aus welcher sich seine Arbeitsfähigkeit ergab. Am 29.12.2023 wurde ergänzend eine psychodiagnostische Untersuchung durchgeführt. Nach der chefärztlichen Stellungnahme vom 23.01.2024 reichte aufgrund einer wesentlichen Besserung des Gesundheitszustandes das Gesamtleistungskalkül für – zumindest halbschichtige – Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wieder aus.

Mit Bescheid der PVA vom 26.01.2024 wurde gemäß §§ 99, 143a und 273 ASVG ausgesprochen, dass vorübergehende Berufsunfähigkeit nicht mehr vorliegt und das Rehabilitationsgeld mit 31.03.2024 entzogen wird. Begründend wurde ausgeführt, dass die Wiederbegutachtung ergeben hat, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers kalkülsrelevant soweit gebessert hat, dass die Ausübung einer Tätigkeit, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch bewertet wird, wieder möglich ist. Vorübergehende Berufsunfähigkeit liegt daher nicht mehr vor. Aufgrund der Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit ist das Rehabilitationsgeld mit Ablauf des Kalendermonates, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, zu entziehen. Der Anspruch auf Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung endet daher mit 31. März 2024.

Mit Schriftsatz vom 29.02.2024 erhob der nunmehrige Beschwerdeführer – rechtsanwaltlich vertreten – Klage beim ASG. Die Klage wurde der PVA übermittelt, welche eine Klagebeantwortung vom 06.03.2024 inbs. samt nachfolgender Beilagen erstattete:

./1 Bescheid v. 26.1.24

./2 psychiatr. GA bei Nachuntersuchung bezüglich Berufsunfähigkeit

./6 Chefärztliche Stellungnahme

./7 Psychodiagnostischer Untersuchungsbericht

Eine Zweitschrift dieses Schriftsatzes wurde gem. § 112 ZPO direkt der Gegnervertretung übermittelt.

Der Beschwerdeführer beantragte dann mit 15.03.2024 (Geltendmachung) Arbeitslosengeld.

Am unterfertigten Antrag vermerkte der Beschwerdeführer handschriftlich neben den Meldepflichten: Mit Vorbehalt Meldepflicht. Meldepflicht nach § 50 Abs. 1! Es liegt keine Arbeitsfähigkeit vor! Er legte als (darauf vermerkt:) „Beweismittel“ eine Seite des sozialgerichtlichen Aktes bei, aus welcher sich inbs. ergab, dass der Beschwerdeführer Klage gegen die PVA in der Sozialrechtssache: Rehabilitationsgeld nach §§ 143a ff, 255, 273 ASVG (Entziehung) erhoben hatte und das Verfahren unter der Zl. XXXX anhängig war. Weiters legte er den Bescheid der PVA vom 26.01.2024 und eine Sachverhaltsdarstellung zum Antrag auf Arbeitslosengeld vor. In der Sachverhaltsdarstellung führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass ihm das Rehabilitationsgeld im Zuge eines gerichtlichen Vergleichs zuerkannt wurde und er deswegen den Bescheid der PVA nicht anerkennt. Durch die eingebrachte Klage zur Zl. XXXX bleibt die Berufsunfähigkeit weiterhin so lange bestehen, bis ein gerichtliches, rechtskräftiges Urteil vorliegt. Eine Arbeitsvermittlung nach § 7 Abs. 2 ASVG steht diesen Tatsachen entgegen. Demnach ist weder eine Aufnahme, eine Ausübung noch eine Bereitstellung einer Beschäftigung nach § 7 Abs. 3 ASVG zulässig. Der Antrag selbst stellt einen reinen Formalakt dar, der dem gesetzlichen Vorgang geschuldet ist.

Am 04.04.2024 wurde mit dem Beschwerdeführer eine Niederschrift aufgenommen. Der Beschwerdeführer erklärte niederschriftlich, dass sein Bezug des Rehabilitationsgeldes mit Bescheid vom 26.01.2024 entzogen wurde. Gegen diesen Bescheid hat er Klage eingebracht. Einen diesbezüglichen Nachweis hat er bereits vorgelegt. Der Beschwerdeführer wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass er jede Änderung in seinem Pensionsverfahren dem AMS unverzüglich – jedoch längstens innerhalb von sieben Tagen – bekannt geben muss. Der Beschwerdeführer wurde darüber informiert, dass er während des Pensionsverfahrens der Arbeitsvermittlung, unter Berücksichtigung der festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen, zur Verfügung stehen muss. Andernfalls wird die Vormerkung beim AMS beendet und es besteht kein Leistungsanspruch aus der Arbeitslosenversicherung. Der Beschwerdeführer erklärte, dass er während des Pensionsverfahrens der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung steht. Über die Rechtsfolgen wurde er aufgeklärt. Weiters wurde er über die Bestimmungen der §§ 7, 8, 23 und 50 (1) Arbeitslosenversicherungsgesetz informiert. Er erklärte sich somit nicht arbeitsfähig. Der Beschwerdeführer wurde auch darüber informiert, dass er aufgrund der Tatsache nicht arbeitsfähig zu sein, vom AMS von der Vormerkung mit heutigen Tag abgemeldet wird und kein Leistungsanspruch besteht. Der Beschwerdeführer unterfertigte die Niederschrift nach Durchsicht.

Die sozialgerichtliche Klage des Beschwerdeführers wurde nach Einholung weiterer fachärztlicher sowie eines berufskundlichen Gutachtens und nach öffentlicher mündlicher Verhandlung sowohl hinsichtlich des Klagebegehrens, es werde festgestellt, dass im Falle des Klägers über den 31.03.2024 hinaus vorübergehende Berufsunfähigkeit vorliege und daher auch weiterhin ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld bestehe, als auch hinsichtlich des Klagebegehrens, der Kläger habe Anspruch auf berufliche und medizinische Maßnahmen der Rehabilitation, abgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergaben sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden und soweit unbedenklichen wie unzweifelhaften Verfahrensakten des AMS und des Bundesverwaltungsgerichtes sowie dem Sozialrechtsakt des ASG zur Zl. XXXX . Insbesondere liegen das ärztliche Gutachten vom 09.11.2023, der psychodiagnostische Untersuchungsbericht vom 30.12.2023, die chefärztliche Stellungnahme vom 23.01.2024, der Bescheid der PVA vom 26.01.2024, die Vollmachtsbekanntgabe und Klage vom 29.02.2024, die Klagebeantwortung samt Beilagen vom 06.03.2024, der gegenständliche Antrag auf Arbeitslosengeld samt Beilagen, die unterfertigte Niederschrift vom 04.04.2024, die im sozialgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten, die Niederschrift der öffentlichen mündlichen Verhandlung und das rechtskräftige Urteil des ASG vom 19.11.2024, XXXX , vor.

Das Geburtsdatum des Beschwerdeführers und seine Adresse ergaben sich bereits aus diesen Akteninhalten (s. zB Klage vom 29.02.2024). Der Bezug des Rehabilitationsgeldes bis 31.03.2024 war unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

Zu A) Abweisung der Beschwerde und Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung:

3.2. Im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebende Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) lauten samt Überschrift (auszugsweise):

„Voraussetzungen des Anspruches

§ 7. (1) Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer

1. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht,

2. die Anwartschaft erfüllt und

3. die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat.

(2) Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist. […]

Arbeitsfähigkeit

§ 8 (1) Arbeitsfähig ist, wer nicht invalid und nicht berufsunfähig im Sinne des ASVG ist. Arbeitsfähig ist jedenfalls nicht, wer eine Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit bezieht. Arbeitsfähig ist weiters nicht, wer die Anspruchsvoraussetzungen für eine derartige Leistung erfüllt.

(2) Arbeitslose sind, wenn sich Zweifel über ihre Arbeitsfähigkeit ergeben oder zu klären ist, ob bestimmte Tätigkeiten ihre Gesundheit gefährden können, verpflichtet, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Die Untersuchung der Arbeitsfähigkeit hat an einer vom Kompetenzzentrum Begutachtung der Pensionsversicherungsanstalt festgelegten Stelle stattzufinden. Die Untersuchung, ob bestimmte Tätigkeiten die Gesundheit einer bestimmten Person gefährden können, hat durch einen geeigneten Arzt oder eine geeignete ärztliche Einrichtung zu erfolgen. Wenn eine ärztliche Untersuchung nicht bereits eingeleitet ist, hat die regionale Geschäftsstelle bei Zweifeln über die Arbeitsfähigkeit oder über die Gesundheitsgefährdung eine entsprechende Untersuchung anzuordnen. Wer sich weigert, einer derartigen Anordnung Folge zu leisten, erhält für die Dauer der Weigerung kein Arbeitslosengeld.

(3) Das Arbeitsmarktservice hat Bescheide der Pensionsversicherungsträger und Gutachten des Kompetenzzentrums Begutachtung der Pensionsversicherungsanstalt zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit anzuerkennen und seiner weiteren Tätigkeit zu Grunde zu legen.

(4) Auf Personen, die der Verpflichtung zur ärztlichen Untersuchung gemäß Abs. 2 Folge leisten, sind § 7 Abs. 3 Z 1, Abs. 5, Abs. 7 und Abs. 8, § 9 und § 10 sowie Abs. 1 bis zum Vorliegen des Gutachtens zur Beurteilung der Arbeitsfähigkeit, längstens jedoch außer bei Vorliegen besonderer Gründe für drei Monate, nicht anzuwenden. Wenn auf Grund des Gutachtens anzunehmen ist, dass Arbeitsfähigkeit nicht vorliegt, so verlängert sich dieser Zeitraum bis zur bescheidmäßigen Feststellung des Pensionsversicherungsträgers, ob berufliche Maßnahmen der Rehabilitation zweckmäßig und zumutbar sind.

(5) Die Möglichkeit der Anordnung einer Untersuchung und die Verpflichtung zur Untersuchung der Arbeitsfähigkeit nach Abs. 2 bestehen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nicht.

Arbeitswilligkeit

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.

[…]

Notstandshilfe Voraussetzungen des Anspruches

§ 33. (1) Arbeitslosen, die den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld erschöpft haben, kann auf Antrag Notstandshilfe gewährt werden.

(2) Notstandshilfe ist nur zu gewähren, wenn der (die) Arbeitslose der Vermittlung zur Verfügung steht (§ 7 Abs. 2 und 3) und sich in Notlage befindet.

(3) Notlage liegt vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.

(4) Notstandshilfe kann nur gewährt werden, wenn sich der Arbeitslose innerhalb von fünf Jahren nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld um die Notstandshilfe bewirbt. Die vorstehende Frist verlängert sich darüber hinaus um Zeiträume gemäß § 15 und gemäß § 81 Abs. 10.“

Gemäß § 38 AlVG sind diese Bestimmungen sinngemäß auf die Notstandshilfe anzuwenden.

3.3. Der Begriff der Arbeitsfähigkeit als Anspruchsvoraussetzung wird im AlVG nicht eigenständig, sondern durch Verweis auf die Bestimmungen des ASVG definiert: als arbeitsfähig gilt, wer nicht invalid bzw. berufsunfähig iSd Vorschriften des ASVG ist und jedenfalls nicht, wer eine Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit bezieht oder die Anspruchsvoraussetzungen für eine derartige Leistung erfüllt. Arbeitsfähigkeit iSd § 8 AlVG liegt also nur dann nicht vor, wenn die strengen, auf Dauer ausgerichteten Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitsvoraussetzungen der Pensionsversicherung erfüllt sind und dies durch ein Gutachten des Pensionsversicherungsträgers festgestellt wurde (vgl. Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz, Praxiskommentar, 23. Lfg, Stand August 2024, § 8 Rz 189).

Der (wohl) vom Sozialministeriumservice zuerkannte Grad der Behinderung von 70% ist für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit nach dem ASVG ohne Bedeutung (vgl. SV-Slg 48.699, 48.697, 48.696).

Wenn sich Zweifel über die Arbeitsfähigkeit ergeben (ob zB eine bloß vorübergehende oder dauernde Arbeitsunfähigkeit vorliegt), ist der Arbeitslose verpflichtet, sich auf Anordnung der regionalen Geschäftsstelle ärztlich untersuchen zu lassen (§ 8 Abs. 2 AlVG). Die Anordnung einer derartigen Untersuchung durch die regionale Geschäftsstelle hat aber zu unterbleiben, wenn beispielsweise aufgrund eines bereits gestellten Pensionsantrages eine ärztliche Untersuchung schon eingeleitet ist. Zur Untersuchung ist seit 01.01.2014 ausschließlich eine vom Kompetenzzentrum Begutachtung der PVA festgelegte Stelle für diese Untersuchung zuständig (s. Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz, Praxiskommentar, § 8 AlVG Rz 195 ff). Diese Gutachten sind gemäß § 8 Abs. 3 AlVG von der belangten Behörde anzuerkennen und der eigenen weiteren Tätigkeit zugrunde zu legen.

Die Bestimmung in § 8 Abs. 4 AlVG, wonach auf Personen, die der Verpflichtung zur ärztlichen Untersuchung Folge leisten, die § 7 Abs. 3 Z 1, Abs. 5, Abs. 7 und Abs. 8, §§ 9 und 10 AlVG sowie Abs. 1 bis zum Vorliegen des ärztlichen Gutachtens, längstens jedoch für drei Monate nicht anzuwenden sind, bedeutet im Wesentlichen, dass diese Personen zeitlich befristet vom Erfordernis der Verfügbarkeit (im engeren Sinn) und vom Erfordernis der Arbeitswilligkeit ausgenommen sind und die Anspruchsvoraussetzung der Arbeitsfähigkeit während dieses Zeitraumes nicht gegeben sein muss. Dieser Zeitraum verlängert sich grundsätzlich bis zur bescheidmäßigen Feststellung des Pensionsversicherungsträgers, wenn aufgrund des Gutachtens anzunehmen ist, dass Arbeitsfähigkeit nicht vorliegt (s. Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz, Praxiskommentar, § 8 AlVG Rz 196/3 ff).

Im vorliegenden Fall wurde mit Bescheid der PVA vom 26.01.2024 gemäß §§ 99, 143a und 273 ASVG ausgesprochen, dass vorübergehende Berufsunfähigkeit nicht mehr vorliegt und das Rehabilitationsgeld mit 31.03.2024 entzogen wird. Begründend wurde ausgeführt, dass die Wiederbegutachtung ergeben hat, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers kalkülsrelevant soweit gebessert hat, dass die Ausübung einer Tätigkeit, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch bewertet wird, wieder möglich ist. Vorübergehende Berufsunfähigkeit liegt daher nicht mehr vor. Diesem Bescheid lag insb. ein ärztliches Gutachten einer Fachärztin für Psychiatrie vom 09.11.2023 zugrunde. Weiters lag ein psychodiagnostischer Untersuchungsbericht vom 30.12.2023 (Hilfsbefund) und eine chefärztliche Stellungnahme vom 23.01.2024 vor. Dies war auch Inhalt des sozialgerichtlichen Verfahrens.

Im hier vorliegenden Fall berechtigte nichts zur Annahme, dass der Beschwerdeführer (gänzlich) arbeitsunfähig ist. Niederschriftlich wurde festgehalten, dass festgestellte gesundheitliche Einschränkungen seitens des AMS berücksichtigt werden. Dem Beschwerdeführer gebührten daher Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, soweit die weiteren Voraussetzungen (wie etwa Arbeitslosigkeit und Arbeitswilligkeit) vorlagen. Dies gilt auch, wenn ein Pensionsverfahren vor dem zuständigen Sozialgericht eingeleitet wird. Wenn nunmehr der Beschwerdeführer in Kenntnis der Ergebnisse der Wiederbegutachtung, der Entscheidung der PVA und trotz entsprechender Belehrung durch das AMS (hier niederschriftlich am 04.04.2024) pauschal behauptet, weiterhin nicht arbeitsfähig zu sein, so ist nicht von seiner Arbeitswilligkeit auszugehen (vgl. Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz, Praxiskommentar, § 8 AlVG Rz 197).

Weiters ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass gemäß § 15 AVG eine gemäß den Bestimmungen des § 14 leg. cit. aufgenommene Niederschrift, soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis liefert. Einwendungen wurden im Hinblick auf die Niederschrift vom 04.04.2024 nicht erhoben. Der Beschwerdeführer trat der Niederschrift auch nicht substantiiert entgegen.

Gemäß § 23 Abs. 1 und 2 AlVG ist für den Bezug von Arbeitslosengeld als Bevorschussung auf die Berufsunfähigkeitspension erforderlich, dass, abgesehen von der Arbeitsfähigkeit, Arbeitswilligkeit und Arbeitsbereitschaft gemäß § 7 Abs. 3 Z 1, die übrigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld vorliegen und mit der Zuerkennung der Leistungen aus der Sozialversicherung zu rechnen ist. Gemäß § 23 Abs. 3 AlVG ist mit der Zuerkennung der Leistungen aus der Sozialversicherung im Sinne des Abs. 2 Z 2 nur zu rechnen, wenn ein Gutachten der PVA erstellt wurde, aus welchem hervorgeht, dass Arbeitsfähigkeit nicht vorliegt. Ein solches Gutachten lag gegenständlich nicht vor. Zwar wäre ein gerichtliches Gutachten, aufgrund dessen das Sozialgericht vom Vorliegen der Arbeitsfähigkeit ausgeht, einem im Wege der Pensionsversicherung erstellten Gutachten gleichgestellt (vgl. Sdoutz/Zechner, Arbeitslosenversicherungsgesetz, § 23 AlVG Rz 498), ein solches lag gegenständlich aber ebenfalls nicht vor.

Die Wiederbegutachtung ergab – wie insb. dem Bescheid der PVA zu entnehmen ist –, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers kalkülsrelevant soweit gebessert hatte, dass die Ausübung einer Tätigkeit, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch bewertet wird, wieder möglich war. Vorübergehende Berufsunfähigkeit lag daher nicht mehr vor.

Mit dem Entzug des Rehabilitationsgeldes, weil vorübergehende Berufsunfähigkeit nicht mehr vorlag, wurde das Vorliegen der Arbeitsfähigkeit durch die PVA bestätigt. Die dagegen erhobene Klage wurde nach Zustellung der Klagebeantwortung, Einholung weiterer Gutachten und Durchführung einer mündlichen Verhandlung letztlich mit rechtskräftigem Urteil des ASG vom 19.11.2024, XXXX , abgewiesen. Im Detail wurden sowohl das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass im Falle des Klägers über den 31.03.2024 hinaus vorübergehende Berufsunfähigkeit vorliege und daher auch weiterhin ein Anspruch auf Rehabilitationsgeld bestehe, sowie das Klagebegehren, der Kläger habe Anspruch auf berufliche und medizinische Maßnahmen der Rehabilitation, abgewiesen. Das Urteil stützte sich eben auf die gerichtlich eingeholten Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapeutische Medizin und Neurologie sowie des Facharztes für HNO-Krankheiten, Kopf- Halschirurgie und des Sachverständigen der Berufskunde.

Demnach war der Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld aufgrund der Erklärungen des Beschwerdeführers nach niederschriftlicher Aufklärung über die mit einer derartigen Erklärung verbundenen Rechtsfolgen mangels Arbeitswilligkeit abzuweisen. Der Beschwerdeführer hat sich nicht arbeitswillig im Sinne des § 9 AlVG gezeigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung abgesehen werden, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs lassen die Akten im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann. Dies ist (insbesondere) dann der Fall, wenn in der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet wurde und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre. Ein bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhalts kann außer Betracht bleiben (vgl. VwGH 04.06.2024, Ra 2022/08/0103).

Von der Durchführung einer Verhandlung wurde abgesehen, weil der relevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Vorlageantrag hinreichend geklärt schien und lediglich Rechtsfragen ohne besondere Komplexität zu beurteilen waren.

Es wurden auch keine sonstigen Rechts- oder Sachverhaltsfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. ua VfGH 18.06.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist).

Dem Entfall der Verhandlung standen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Entscheidung folgt der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Rückverweise