Spruch
W246 2293599-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Heinz VERDINO über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Direktion 1 - Einsatz vom 28.05.2024, Zl. P763875/546-PersAbt/2024(2), zu Recht:
A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Erkenntnis vom 12.01.2024, Zl. W208 2255608-2/45E, verhängte das Bundesverwaltungsgericht gegen den Beschwerdeführer, einen bis zu diesem Zeitpunkt in einem aktiven öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehenden Beamten des militärischen Dienstes, gemäß § 51 HDG die Disziplinarstrafe der Entlassung, wogegen der Beschwerdeführer u.a. eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhob.
2. Der Beschwerdeführer ersuchte mit an die „Disziplinarbehörde“ / den „Disziplinarkommandant[en] / Disziplinarvorgesetzte[n]“ gerichtetem Schreiben vom 20.02.2024 unter Darlegung einer näheren Begründung um bescheidmäßige Absprache betreffend die erfolgte Abnahme / den erfolgten Entzug seines Heeresführerscheines für Wasserfahrzeuge (in der Folge: HFSchWFzg) im Scheckkartenformat, betreffend die Nichtausfolgung des HFSchWFzg an ihn und betreffend die Möglichkeit zur Wiedererlangung des HFSchWFzg bzw. der diesbezüglichen Befugnisse.
3. Mit Bescheid vom 11.03.2024 wies die Direktion 1 - Einsatz (in der Folge: die Behörde) u.a. den Antrag des Beschwerdeführers vom 20.02.2024 als unzulässig zurück und teilte ihm dabei „letztmalig“ mit, dass im Fall „weiterer mutwilliger Anträge dieser Art“ beabsichtigt sei, mit einer Mutwillensstrafe iSd § 35 AVG vorzugehen. Das Bundesverwaltungsgericht wies die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 16.05.2024, Zl. W257 2289542-1/8E, als unbegründet ab.
4. Mit Schreiben vom 18.04.2024 teilte der Beschwerdeführer der Behörde mit, dass er zwar gegen den Bescheid vom 11.03.2024 fristgerecht Beschwerde erhoben habe, ihm gegenüber jedoch entgegen der Bestimmung des § 14 Abs. 2 VwGVG keine Mitteilung seitens der Behörde über die Vorlage dieser Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erfolgt sei. Erst nach Zustellung der Ladung zur mündlichen Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht und nach der an die Behörde gerichteten „Rüge“ des Beschwerdeführers sei nachträglich eine solche Mittteilung erfolgt, was aus seiner Sicht „wenig professionell“ wirke. Schließlich forderte der Beschwerdeführer in diesem Schreiben „die zuständigen Organe der Dienstbehörde“ und insbesondere eine – namentlich genannte – Person dazu auf, „zukünftig die geltende Rechtsordnung einzuhalten und gewissenhaft und engagiert zu arbeiten“.
5. Daraufhin teilte die Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.04.2024 unter Darlegung einschlägiger Judikatur mit, dass seine Ausführungen im Schreiben vom 18.04.2024 aus ihrer Sicht „ganz offensichtlich“ darauf abzielen würden, die Tätigkeit der Behörde aus „Freude an der Behelligung“ in Anspruch zu nehmen und ihre Verwaltungsorgane durch eine „ungeziemende Schreibweise“ zu beleidigen bzw. zu provozieren. Die Mutwilligkeit sei darin zu sehen, dass der Beschwerdeführer trotz zuvor erfolgter Aufforderung, dies in Zukunft zu unterlassen, sich dennoch laufend in gleicher Art und Weise an die Behörde wende. Im Hinblick darauf sei daher die Verhängung einer Mutwillensstrafe gemäß den §§ 34 und 35 AVG gegen den Beschwerdeführer beabsichtigt. Dem Beschwerdeführer werde mit diesem Schreiben Gelegenheit gegeben, dazu innerhalb von 14 Tagen Stellung zu nehmen.
6. Mit dem im Spruch genannten Bescheid verhängte die Behörde gemäß §§ 34 und 35 AVG gegen den Beschwerdeführer eine Mutwillensstrafe iHv € 300,-- und hielt unter Wiederholung der bereits im Schreiben vom 26.04.2024 getroffenen Ausführungen fest, dass die Verhängung der Mutwillensstrafe in dieser Höhe angemessen sei.
7. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde, in der er v.a. nähere Ausführungen zur aus seiner Sicht nicht vorliegenden mutwilligen Inanspruchnahme der Behörde traf. Weiters hielt er fest, dass nach § 7 DVG Ordnungs- und Mutwillensstrafen gegen Beamte des Dienststandes nicht zu verhängen seien. Die Behörde würde übersehen, dass er gegen die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.01.2024, Zl. W208 2255608-2/45E, ausgesprochene Entlassung seiner Person u.a. eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben habe, die aktuell dort anhängig sei. Sollte der angefochtene Bescheid nicht wegen der aus seiner Sicht nicht vorliegenden mutwilligen Inanspruchnahme der Behörde behoben werden, ersuche er um „Aussetzung“ des Verfahrens bis zur Klärung des Beamtenstatus durch den Verwaltungsgerichtshof.
8. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der Behörde mit Schreiben vom 13.06.2024 vorgelegt.
9. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18.06.2024 das Schreiben der Behörde vom 13.06.2024 zur Kenntnis, wozu der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24.06.2024 Stellung nahm.
10. Mit Schreiben vom 27.10.2024 traf der Beschwerdeführer weitere Ausführungen zu seinem Verfahren. Dabei legte er dem Bundesverwaltungsgericht das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.10.2024, Ra 2024/09/0033, vor, mit welchem das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.01.2024, Zl. W208 2255608-2/45E, im Umfang seines Strafausspruches (Entlassung) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben worden war.
11. Mit Schreiben vom 29.10.2024 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der Behörde das Schreiben des Beschwerdeführers vom 27.10.2024 zur Kenntnis.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist aktuell ein in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehender Beamter des Militärischen Dienstes.
Das Bundesverwaltungsgericht verhängte gegenüber dem Beschwerdeführer mit Erkenntnis vom 12.01.2024, Zl. W208 2255608-2/45E, gemäß § 51 HDG die Disziplinarstrafe der Entlassung. Der gegen dieses Erkenntnis vom Beschwerdeführer erhobenen außerordentlichen Revision gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14.10.2024, Ra 2024/09/0033, statt und hob dieses im Umfang seines Strafausspruchs (Entlassung) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf. Schließlich wurde über den Beschwerdeführer im fortgesetzten Verfahren mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.12.2024, Zl. W208 2255608-2/71E, die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von EUR 8.000,-- verhängt, wogegen keine Rechtsmittel erhoben wurden.
2. Beweiswürdigung:
Die unter Pkt. II.1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den im erstinstanzlichen Verwaltungsakt und im Gerichtsakt des vorliegenden Verfahrens einliegenden und aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes unbedenklichen Aktenteilen (s. insbesondere das vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27.10.2024 vorgelegte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.10.2024, Ra 2024/09/0033) sowie aus der Einsichtnahme in den Gerichtsakt des Verfahrens zur Zl. W208 2255608-2.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. I Nr. 77/2023, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen, womit im gegenständlichen Verfahren Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.
Zu A) Stattgabe der – zulässigen – Beschwerde:
3.1. Die für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Bestimmungen des AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 157/2024, (in der Folge: AVG) lauten wie folgt:
„Ordnungsstrafen
§ 34. (1) Das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, hat für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.
(2) Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, sind zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden.
(3) Die gleichen Ordnungsstrafen können von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.
(4) Gegen öffentliche Organe und gegen Bevollmächtigte, die zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt sind, ist, wenn sie einem Disziplinarrecht unterstehen, keine Ordnungsstrafe zu verhängen, sondern lediglich die Anzeige an die Disziplinarbehörde zu erstatten.
(5) Die Verhängung einer Ordnungsstrafe schließt die strafgerichtliche Verfolgung wegen derselben Handlung nicht aus.
Mutwillensstrafen
§ 35. Gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, kann die Behörde eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen.“
Die für das vorliegende Verfahren maßgebliche Bestimmung des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29 idF BGBl. I Nr. 153/2020, (in der Folge: DVG) lautet wie folgt:
„Zu den §§ 34 und 35 AVG
§ 7. Ordnungs- und Mutwillensstrafen sind über Beamte des Dienststandes nicht zu verhängen; statt dessen ist zum Zwecke einer allfälligen Ahndung des Verhaltens als Pflichtverletzung das Erforderliche zu veranlassen.“
3.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat das Verwaltungsgericht, wenn es in der Sache selbst entscheidet, seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten; allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage sind also zu berücksichtigen (vgl. z.B. VwGH 09.09.2015, Ro 2015/03/0032; 30.06.2015, Ra 2015/03/0022; s. dazu auch die in Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, § 28 VwGVG, Rz 50 ff., angeführten Judikatur- und Literaturhinweise).
3.3. Mit Erkenntnis vom 12.01.2024, Zl. W208 2255608-2/45E, verhängte das Bundesverwaltungsgericht gegen den Beschwerdeführer die Disziplinarstrafe der Entlassung (s. oben unter Pkt. II.1.). Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 28.05.2024 (zugestellt am 31.05.2024) somit kein Beamter des Dienststandes, womit zu diesem Zeitpunkt der erfolgten Verhängung einer Ordnungs- bzw. Mutwillensstrafe iSd §§ 34 und 35 AVG (unabhängig von der Frage, ob diese aus den im angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen gerechtfertigt war) die Bestimmung des § 7 DVG nicht entgegenstand. Da das angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14.10.2024, Ra 2024/09/0033, im Umfang seines Strafausspruchs (Entlassung) aufgehoben wurde (Pkt. II.1.), kommt dem Beschwerdeführer nunmehr wieder der Status eines Beamten des Dienststandes zu, womit gegen ihn nach § 7 leg.cit. keine Ordnungs- bzw. Mutwillensstrafe nach §§ 34 und 35 AVG verhängt werden kann.
Der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde ist daher schon aufgrund der aufgezeigten Änderung des maßgeblichen Sachverhalts (Nichtvorliegen / Vorliegen des Beamtenstatus) Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.
3.4. Nach § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung u.a. dann entfallen, wenn bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Da im vorliegenden Verfahren bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der genannten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.