JudikaturBVwG

G309 2299831-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
19. Mai 2025

Spruch

G309 2299831-1/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden, sowie die Richterin Mag. Beatrix LEHNER und die fachkundige Laienrichterin Maria HIERZER als Beisitzerinnen, über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , gegen den festgestellten Grad der Behinderung samt Zusatzeintragung, Behindertenpass des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 29.04.2024, OB: XXXX , beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) war ab dem 23.09.2022 Inhaber eines bis 30.04.2024 befristeten Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 von Hundert und den Zusatzeintragungen „Der Inhaber des Passes ist Träger von Osteosynthesematerial“ sowie „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“. Er brachte am 04.01.2024 im Wege der Zentralen Poststelle des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Verlängerung des Behindertenpasses wegen Befristung und einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO ein. Dem Antrag war ein Konvolut an medizinischen Beweismitteln angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie auf Basis einer persönlichen Untersuchung der BF eingeholt.

3. Mit 29.04.2024 wurde dem BF ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 von Hundert und der Zusatzeintragung „Der Inhaber des Passes ist Träger von Osteosynthesematerial“ ausgestellt. Der Versand des Behindertenpasses erfolgte mit 30.04.2024.

4. Mit Schreiben vom 16.09.2024 teilte der BF der belangten Behörde mit, dass seine Beschwerde, die er Anfang Mai eingebracht habe, anscheinend am Postweg untergegangen sei und er möchte hiermit nochmals Beschwerde einbringen.

5. Der Beschwerdeakt und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) durch die belangte Behörde einlangend mit 30.09.2024 vorgelegt.

6. Den Verfahrensparteien wurde das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hinsichtlich einer möglichen Verspätung der Beschwerde mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.01.2025 übermittelt und die Möglichkeit eingeräumt, binnen 14 Tagen eine Stellungnahme abzugeben.

7. Der BF brachte einlangend am 21.01.2025 eine Stellungnahme ein. Er habe am 30.04.2024 den Bescheid über die Neufestsetzung erhalten und am 03.05.2024 eine Beschwerde in die Postbox im Stiegenhaus eingeworfen. Am 08.05.2024 sei ihm der Erhalt und die Weiterleitung telefonisch bestätigt worden. Am 02.09.2024 habe er abermals telefonisch nachgefragt und es sei ihm in weiterer Folge gesagt worden, er solle nochmals eine Beschwerde vorlegen.

8. Am 30.01.2025 brachte der BF eine Ergänzung zu seiner Stellungnahme ein, in der er nochmals eine chronologische Abfolge aus seiner Wahrnehmung vorbrachte. Das Schreiben zum Behindertenpass habe er am 03.05.2024 erhalten und er habe am selben Tag nach einer persönlichen Nachfrage bei der Info eine Beschwerde verfasst und in die Postbox eingeworfen. Am 08.05.2024 habe er eine telefonische Bestätigung darüber erhalten.

9. Eine schriftliche Anfrage des BVwG bei der belangten Behörde ergab, dass weder am 03.05.2024 noch am 08.05.2024 eine Beschwerde des BF eingegangen ist, sondern nur die Beschwerde vom 16.09.2024 vorliegend ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt den vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der im Spruch bezeichnete Behindertenpass des Sozialministeriumsservice, Landesstelle Steiermark wurde am 30.04.2024 abgefertigt.

Der BF gab in seiner Stellungnahme an, dass er diesen am 03.05.2024 erhalten habe.

Die gesetzlich vorgesehene Beschwerdefrist von sechs Wochen begann somit am 03.05.2024 und endete mit Ablauf des 14.06.2024.

Der BF brachte zwar vor, er habe am 03.05.2024 eine Beschwerde in eine Postbox der belangten Behörde eingeworfen und am 08.05.2024 telefonisch auf Rückfrage eine Bestätigung erhalten, einen Nachweis dafür vermochte der BF in seiner Stellungnahme nicht zu erbringen. Bei der belangten Behörde ist am 03.05.2024 bzw am 08.05.2024 kein Beschwerdeeingang verzeichnet worden.

Nach einer telefonischen Nachfrage bei der belangten Behörde am 16.09.2024 brachte der BF die Beschwerde am 16.09.2024 ein. Die vom BF am 16.09.2024 eingebrachte Beschwerde ist als verspätet anzusehen.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetzes) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

2.2. Zu Spruchteil A) - Zurückweisung wegen Verspätung:

Gemäß § 7 iVm § 46 BBG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid sechs Wochen nach seiner Zustellung.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Der im Spruch bezeichnete Behindertenpass hat Bescheidcharakter, das Begleitschreiben enthält in der Rechtsmittelbelehrung den Hinweis auf die sechswöchige Frist ab der Zustellung und wurde von der belangten Behörde am 30.04.2024 abgefertigt.

Vom BF wurde eine Zustellung am 03.05.2024 bestätigt. Am Erhalt des Behindertenpasses mit diesem Datum bestehen daher keine Zweifel.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Gemäß § 33 Abs. 2 AVG ist, wenn das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Karfreitag fällt, der nächste Werktag der letzte Tag der Frist. Eine nach Wochen bestimmte Frist endet demnach um Mitternacht (24.00 Uhr) des gleich bezeichneten Tages der letzten Woche der Frist (VwGH 18.10.1996, 96/09/0153 mwN im Erkenntnis).

Der Lauf der sechswöchigen Beschwerdefrist begann daher am 30.04.2024 und endete gemäß 32 Abs. 2 AVG mit Ablauf des 14.06.2024.

Ein Anbringen gilt nur dann als eingebracht, wenn es bei der Behörde (der Einbringungsstelle) auch tatsächlich einlangt (VwSlg 17.177 A/2007; VwGH 25. 8. 2010, Zl. 2008/03/0077; 15. 9. 2011, Zl. 2009/09/0133; siehe auch VwGH 26.02.1997, Zl. 96/01/0699). Diesbezüglich ist die Partei, der die Wahl des Mittels der Einbringung offen steht, nicht nur beweispflichtig, sondern sie trägt auch die Gefahr des Verlusts einer (zB zur Post gegebenen oder gefaxten) Eingabe (siehe auch VwGH 24. 8. 1995, 94/04/0013; 17. 9. 1996, 96/14/0042; 15. 1. 1998, 97/07/0179).

Der BF konnte keinen Nachweis dafür erbringen, dass er seine Beschwerde vor Ablauf dieser Beschwerdefrist eingebracht hat.

Da das mit 16.09.2024 erhobene Rechtsmittel der Beschwerde im Ergebnis verspätet eingebracht wurde, war der Behindertenpass der belangten Behörde in Rechtskraft erwachsen und es ist dem erkennenden Gericht daher versagt, diesen inhaltlich zu prüfen.

Bei den Bestimmungen über die Zurückweisung wegen verspätet eingebrachter Rechtsmittel handelt es sich um zwingendes Recht, sodass dem Bundesverwaltungsgericht kein Ermessen zukommt, von diesen zwingenden Bestimmungen abzusehen. Eine inhaltliche Entscheidung wäre immer dann rechtswidrig, wenn ein Rechtsmittel als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist (vgl. VwGH vom 16.11.2005, 2004/08/0117). Angesichts der gemäß § 33 Abs. 4 AVG vorgeschriebenen Unerstreckbarkeit gesetzlich festgelegter Beschwerdefristen und fehlender bezughabender Ausnahmeregelungen, führt nämlich selbst der Umstand, der unverschuldeten, durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis hervorgerufenen, Unmöglichkeit der Einhaltung einer gesetzlichen Frist nicht zu deren Verlängerung (vgl. dazu VwGH 5.10.1990, 90/18/0026).

Es war spruchgemäß zu entscheiden, und die gegenständliche Beschwerde als verspätet zurückzuweisen.

2.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag, oder wenn es dies für erforderlich hält von Amts wegen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 1. Fall VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist. Im gegenständlichen Fall wurde die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Zu Spruchteil B (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sonst hervorgekommen.

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