JudikaturBVwG

W218 2310473-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 2025

Spruch

W218 2310473-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Natascha BAUMANN sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Franjo MARKOVIC als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des AMS Wien Huttengasse, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.02.2025, betreffend Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung gem. § 7 Abs. 4 erster Satz und § 14 VwGVG beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Huttengasse (= belangte Behörde) vom 11.11.2024 wurde der Beschwerdeführerin der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 07.10.2024 bis 10.10.2024 gemäß § 49 AlVG gesperrt.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin den vorgeschriebenen Kontrollmeldetermin am 07.10.2024 nicht eingehalten habe und sich erst am 11.10.2024 bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet hätte.

2. Mit Schreiben, eingelangt bei der belangten Behörde am 10.01.2025, erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.11.2024.

3. Die Beschwerde wurde mit Bescheid vom 06.02.2025 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 7 Abs. 4 1. Satz und § 14 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), in geltender Fassung, als verspätet zurückgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, der beschwerdegegenständliche Bescheid vom 11.11.2024 sei postalisch übermittelt und unter Zugrundelegung von § 26 ZustellG am 14.11.2024 der Beschwerdeführerin zugestellt worden. Die vierwöchige Beschwerdefrist habe sohin am 14.11.2024 zu laufen begonnen und am 12.12.2024 geendet. Die am 10.01.2025 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde sei daher verspätet eingebracht worden.

4. Mit Schreiben, eingelangt bei der belangten Behörde am 23.02.2025, beantragte die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

Die Beschwerdeführerin führte im Wesentlichen aus, sie habe ein Beweisvideo über den Einwurf ihrer Krankenstandsbestätigung in die Postbox der belangten Behörde. Es sei daher der Fehler der belangten Behörde, dass sie keine Kenntnis über den Krankenstand erhalten hätten.

5. Am 04.04.2025 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des AMS Wien Huttengasse vom 11.11.2024 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 07.10.2024 bis 10.10.2024 gemäß § 49 AlVG keine Notstandshilfe erhält. Der Bescheid enthält eine korrekte Rechtsmittelbelehrung.

Der gegenständliche Bescheid wurde am 11.11.2024 amtssigniert und von der belangten Behörde der Post AG zur Zustellung an die Adresse der Beschwerdeführerin übergeben. Es liegt kein Zustellnachweis vor.

Die Zustellung gilt gemäß § 26 Abs. 2 ZustG mit dem dritten Werktag, dem 14.11.2024, als bewirkt.

Die vierwöchige Frist zur Einbringung einer Beschwerde endete am 12.12.2024.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde langte am 10.01.2025 bei der belangten Behörde ein.

Die Beschwerde wurde verspätet eingebracht.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen stützen sich auf den bezughabenden Akt der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der Gegenstand des angefochtenen Bescheides samt Rechtsmittelbelehrung ist Bestandteil des Verwaltungsaktes.

Die postalische Übersendung des Bescheides ohne Zustellnachweis ergibt sich aus den Angaben der belangten Behörde, denen die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist.

Das Vorliegen einer verspäteten Beschwerde wurde der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde mittels Verspätungsvorhalt im Rahmen geführter Ermittlungsverfahren sowie in der Beschwerdevorentscheidung, in der die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen wurde, entgegengehalten. Die Beschwerdeführerin äußerte sich im Wesentlichen nur inhaltlicher Natur und machte zum konkreten Erhalt des Bescheids keine Angaben. Die bewirkte Bescheidzustellung mit 14.11.2024 wurde nicht bestritten.

Die Beschwerdeführerin bringt im Zuge eines Telefonates vom 24.01.2025 mit der belangten Behörde lediglich vor, ihr sei bereits am 26.11.2024 die Auskunft erteilt worden, der angefochtene Bescheid befinde sich in Prüfung. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine rechtzeitige Beschwerde nachzuweisen.

Es geht bereits aus dem angefochtenen Bescheid hervor, dass die Beschwerdeführerin eine Beschwerde hätte einbringen müssen und lag es in ihrer Sphäre, diese rechtzeitig einzubringen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin davon ausgegangen ist, dass ein Beschwerdeverfahren bereits laufend wäre, wenn sie keine Beschwerde eingebracht hätte. Darüber hinaus brachte die Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt vor, vor dem 10.01.2025 bereits eine Beschwerde eingebracht zu haben.

Die Beschwerdeführerin hat überdies am 10.01.2025 eine E-Mail mit einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid an die belangte Behörde übermittelt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sie eine zweite Beschwerde hätte einbringen wollen, wenn sie davon ausgegangen wäre, dass bereits ein Beschwerdeverfahren offen wäre.

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin sind sohin nicht geeignet, nachzuweisen, dass sie eine Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid rechtzeitig erhoben hätte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören.

3.2. Zurückweisung der Beschwerde:

Gegenstand des Verfahrens ist ausschließlich, ob die Beschwerde der Beschwerdeführerin am 10.01.2025 rechtzeitig eingebracht wurde.

Die Bescheidbeschwerde ist gemäß § 12 VwGVG schriftlich (in Form eines Schriftsatzes) bei der belangten Behörde einzubringen.

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

Im vorliegenden Fall wurde in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom 11.11.2024 zutreffend darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid binnen vier Wochen nach Zustellung schriftlich Beschwerde bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingebracht werden kann. Die Rechtsmittelbelehrung entspricht auch sonst den Anforderungen des § 61 Abs. 1 AVG.

Gemäß § 21 AVG iVm § 17 VwGVG sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen, mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Gemäß § 33 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertag nicht behindert.

Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist gemäß § 33 Abs. 2 AVG iVm § 17 VwGVG der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Gemäß § 33 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

Die Zustellung gilt gemäß § 26 Abs. 2 ZustG als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 2 ZustG hat die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Behauptet der Empfänger etwa, das Dokument sei überhaupt nicht oder später als seitens der Behörde angenommen zugestellt worden, so hat die Behörde die Tatsache sowie den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen zu erheben und nachzuweisen. Alleine durch die Behauptung des Empfängers tritt die Vermutung des Abs. 2 letzter Satz leg. cit. nicht ein (vgl. etwa VwGH 18.03.1988, 87/17/0302; 27.11.2008,2007/16/0207) und liegt in weiterer Folge die Beweislast bei der Behörde (VwGH 29.10.1985, 85/14/0047; 18.07.1995, 94/04/0061; 24.06.2008, 2007/17/0202).

Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis muss der Beweis der erfolgten Zustellung – mangels Zustellnachweises – auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden (vgl. VwGH 20.12.2007, 2007/16/0175). Diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer – unstrittig erfolgten – Zustellung ohne Zustellnachweis (vgl. VwGH 24.06.2008, 2007/17/0202; 15.05.2013, 2013/08/0032).

3.3. Im vorliegenden Fall wurde der angefochtene Bescheid von der belangten Behörde am 11.11.2024 der Post AG zur Zustellung übergeben. Die Zustellung wurde iSd § 26 Abs. 1 ZustG ohne Zustellnachweis angeordnet. Im Lichte der Zustellfiktion des § 26 Abs. 2 erster Satz ZustG würde die Zustellung am 14.11.2024 als bewirkt gelten.

Die Beschwerdeführerin machte zum Erhalt des Bescheids vom 11.11.2024 im gesamten Verfahren keine Angaben und wurde die Annahme der mit 14.11.2024 bewirkten Zustellung nicht bestritten.

Die gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG vierwöchige Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf des 12.12.2024, weshalb sich die erst am 10.01.2025 beim AMS eingelangte Beschwerde als verspätet erweist.

3.4. Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge hat vor einer Zurückweisung eines Rechtsmittels wegen Verspätung entweder von Amts wegen überprüft zu werden, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist, oder es ist der Partei die Verspätung ihres Rechtsmittels vorzuhalten. Wird ohne vorangegangenen Vorhalt von einer Verspätung des Rechtsmittels ausgegangen, ist das Risiko einer Entscheidungsbehebung zu tragen (vgl. VwGH 11.03.2016, Ra 2015/06/0088 mwN).

Ausweislich des Verwaltungsaktes wurde der Beschwerdeführerin bereits vor Zurückweisung der Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 06.02.2025 im Rahmen eines Verspätungsvorhaltes vom 14.01.2025 Gelegenheit gegeben, sich diesbezüglich zu äußern.

Da die nach Ablauf der Beschwerdefrist am 10.01.2025 via E-Mail an die belangte Behörde übermittelte Beschwerde verspätet eingebracht wurde, hat die belangte Behörde diese zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Gegenstand des Verfahrens des Bundesverwaltungsgerichtes ist die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid des AMS Wien Huttengasse vom 11.11.2024. Dieser ist Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht (s. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026). Ist die Beschwerde – wie hier – nicht zulässig, so ist sie vom Verwaltungsgericht zurückzuweisen, wobei der Beschluss des Verwaltungsgerichtes an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt, dies mit der Wirkung, dass die Rechtskraft des Ausgangsbescheides festgestellt wird (vgl. auch dazu VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026, mit Hinweis auf VwGH 26.06.2014, Ro 2014/10/0068).

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).

3.5. Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Eine mündliche Verhandlung konnte daher bereits aufgrund von § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückgewiesen wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

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