JudikaturBVwG

W141 2307027-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 2025

Spruch

W141 2307027-1/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) Wien Favoritenstraße vom 31.10.2024, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 09.01.2025, beschlossen:

A)

Das Verfahren wird gem. § 38 AVG iVm. § 17 VwGVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Österreichischen Gesundheitskasse über die Versicherungspflicht in den Zeiträumen 20.09.2022 bis 30.11.2022 und 01.01.2023 bis 30.06.2026 aufgrund der Beschäftigung des Beschwerdeführers bei der Firma XXXX ausgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice (AMS) Wien Favoritenstraße (in der Folge belangte Behörde genannt) vom 31.10.2024 wurde der Bezug der Notstandshilfe des Beschwerdeführers für die Zeiträume 20.09.2022 bis 30.11.2022 und 01.01.2023 bis 30.06.2023 gemäß § 38 AlVG iVm § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und der Beschwerdeführer gemäß § 38 AlVG iVm § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 8.710,63 verpflichtet.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für den genannten Zeitraum zu Unrecht bezogen, da er in jenen Zeiträumen in einem Dienstverhältnis bei der Firma XXXX stand.

2. Mit Schreiben vom 08.11.2024, eingelangt am 11.11.2024, erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.

Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen begründend an, dass er in den fraglichen Zeiträumen nicht bei der Firma XXXX beschäftigt gewesen sei. Die Firma sei im Frühsommer 2024 einer Finanzprüfung unterzogen worden, die ergeben habe, dass er in den fraglichen Zeiträumen bei der Firma XXXX angemeldet gewesen sei, doch stimme dies nicht. Er habe in bestem Wissen und Gewissen Notstandshilfe bezogen und sich nun mit der Arbeiterkammer in Verbindung gesetzt, um den Sachverhalt lückenlos aufzuklären.

2.1. Mit Schreiben vom 25.11.2024 brachte der Beschwerdeführer einen ergänzenden Schriftsatz zu seiner Beschwerde vom 11.11.2024 ein, in welchem er seinen jeweiligen monatlichen Lohn anführte und darauf hinwies, dass zwischen dem Wechsel von einem vollversicherten Dienstverhältnis in ein geringfügiges Dienstverhältnis bei derselben Dienstgeberin mehr als ein Monat gelegen hätten und daher § 12 Abs 3 lit h AlVG nicht anwendbar wäre.

2.2. In der am 03.12.2024 bei der belangten Behörde aufgenommenen Niederschrift gab der Beschwerdeführer an, dass bei der ÖGK sowie bei der AK kein Verfahren eingeleitet worden sei.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 08.01.2025, WF XXXX wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

4. Mit Schreiben vom 14.01.2025 beantragte der Beschwerdeführer seine Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen.

Der Beschwerdeführer brachte wiederholend seine bereits in der Beschwerde gemachten Angaben vor und verwies auf die Ausführungen im ergänzenden Schriftsatz zu seiner Beschwerde. Er führte ergänzend aus, dass er in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen auch keinen Lohnzettel bekommen habe.

6. Die Beschwerde wurde unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes am 24.01.2025 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

7. Mit Schreiben vom 30.01.2025 brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde eine Ergänzung des Vorlageantrags vom 14.01.2025 ein. In diesem gibt er an, einen Antrag für einen Bescheid über seine Versicherungszeiten bei der österreichischen Gesundheitskasse gestellt zu haben.

Die belangte Behörde gibt am 06.02.2025 in der Übermittlung der Ergänzung zur Beschwerdevorlage an, dass der Beschwerdeführer in der am 03.12.2024 aufgenommenen Niederschrift nicht bekannt gegeben hätte, bei der ÖGK oder bei der AK ein Verfahren eingeleitet zu haben. Ein Nachweis über ein laufendes Verfahren habe der Beschwerdeführer ebenfalls nicht vorgelegt.

7.1. Auf Anfrage des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.02.2025 gab die ÖGK bekannt, dass der Beschwerdeführer einen schriftlichen Antrag auf ein Verfahren bezüglich der Ausstellung eines Bescheides über seine Versicherungszeiten bei der ÖGK gestellt habe und noch weitere Erhebungsschritte zur Klärung des Sachverhalts notwendig wären, bevor eine Entscheidung getroffen werden könne.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (entscheidungswesentlicher Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer hat gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 31.10.2024, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 09.01.2025, Beschwerde erhoben und einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gestellt. Vom Beschwerdeführer wurde in der Ergänzung zum Vorlageantrag vom 30.01.2025 vorgebracht, dass er bei der ÖGK einen Antrag auf Ausstellung eines Bescheides beantragt hat.

Dieses Verfahren betreffend die Erstellung eines Bescheides durch die ÖGK ist noch nicht entschieden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie aus dem der belangten Behörde nachgereichten Schriftstück des Beschwerdeführers vom 30.01.2025. In diesem teilte der Beschwerdeführer mit, dass er einen Antrag für einen Bescheid über seine Versicherungszeiten bei der ÖGK gestellt habe. Nach mehrfacher Nachfrage wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der ÖGK mitgeteilt, dass bereits mit den Erhebungen begonnen worden und das Verfahren im Gang und noch nicht abgeschlossen sei.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Die Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet und führt der Vorsitzende eines Senates das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.

Hinsichtlich der Beschlüsse (§ 31 VwGVG) ist zwischen verfahrensleitenden und nicht-verfahrensleitenden Beschlüssen zu differenzieren. Verfahrensleitende Beschlüsse kann der Vorsitzende alleine fassen, sofern sie nicht auch verfahrensbeendend sind. Darüber hinaus kann der Vorsitzende auch nicht-verfahrensleitende Beschlüsse, die nicht-verfahrensbeendende Beschlüsse sind, alleine fassen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 9 BVwGG, Anm. 3).

Der Verwaltungsgerichtshof sah keinen sachlichen Grund dafür, eine gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ergangene Aussetzungsentscheidung als (bloß) verfahrensleitende Entscheidung zu beurteilen, die nicht abgesondert bekämpfbar wäre (vgl. VwGH 24.03.2015, Ro 2014/05/0089). Da der Beschluss über die Aussetzung des Verfahrens aber nicht verfahrensbeendend ist, sondern das Verfahren nur unterbricht, und eine Entscheidung iSd § 56 Abs. 2 AlVG über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des AMS gerade nicht vorliegt, besteht diesbezüglich die Zuständigkeit des Senatsvorsitzenden als Einzelrichter.

Zu A) Aussetzung des Verfahrens:

Gemäß § 38 AVG iVm § 17 VwGVG ist die Behörde (das Verwaltungsgericht), sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid (ihrer Entscheidung) zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

Im Fall der Anhängigkeit eines Verfahrens über die Vorfrage, steht es im Ermessen der Behörde, das Verfahren zu unterbrechen oder selbst die Vorfrage zu beurteilen. § 38 AVG regelt nun nicht im Einzelnen, unter welchen Voraussetzungen die Behörde die Vorfrage selbst zu beurteilen hat oder von der Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens Gebrauch machen kann. Sie ist aber deswegen nicht völlig ungebunden. Ihre Entscheidung kann nämlich in der Richtung hin auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden, ob sie diese Entscheidung im Sinne des Gesetzes getroffen hat. Die Überlegungen, von denen sie sich dabei leiten lassen muss, werden vornehmlich solche der Verfahrensökonomie sein (vgl. etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 38 Rz 59 f genannten weiteren Kriterien der möglichsten Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis, der Erzielung möglichst richtiger und einheitlicher Entscheidungen samt Vermeidung von Wiederaufnahmen; demgegenüber das Postulat der möglichst raschen Beendigung des Verfahrens). Der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie könnte dann nicht als vorrangig angesehen werden, wenn die Behörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren zur selbstständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage gewesen wäre (VwGH 30.05.2001, 2001/11/0121, mwN; 19.12.2012, 2012/08/0212).

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 09.01.2025 die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 11.11.2024 gegen den Bescheid vom 31.10.2024 abgewiesen und die Notstandshilfe des Beschwerdeführers im Zeitraum von 20.09.2022 bis 30.11.2022 und 01.01.2023 bis 30.06.2023 widerrufen und die zu Unrecht bezogene Leistung in Höhe von € 8.710,63 rückgefordert. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aus seinem Dienstverhältnis bei der Firma XXXX ein Einkommen erzielt hat und dort vollversichert beschäftigt war. Arbeitslosigkeit lag somit nicht vor.

Der Beschwerdeführer hat gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben und bei der ÖGK einen Antrag auf Ausstellung eines Bescheides gestellt. Dieses Verfahren ist noch nicht rechtskräftig entschieden.

Im Antrag auf Ausstellung eines Bescheides durch die ÖGK wurde die Feststellung der Versicherungszeiten beantragt.

Im den gegenständliche Zeiträumen war der Beschwerdeführer vollzeitig beschäftigt.

Ob der Beschwerdeführer – wie von ihm vorgebracht – zu den gegenständlichen Zeiträumen unrichtigerweise bei der Firma angemeldet gewesen ist, stellt somit eine wesentliche Vorfrage im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dar (vgl. VwGH vom 30.04.2002, 2002/08/0014; VwGH 14.03.2013, 2013/08/0022). Diese Vorfrage ist Gegenstand eines derzeit anhängigen Verfahrens im Sinne des § 38 AVG bei der ÖGK, weshalb das gegenständliche Verfahren spruchgemäß ausgesetzt wird.

Die Verfahrensparteien sind im Lichte ihrer Mitwirkungspflicht gehalten, dem Bundesverwaltungsgericht nach rechtskräftigem Abschluss des bei der ÖGK anhängigen Verfahrens dessen Ergebnis unverzüglich mitzuteilen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

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