Spruch
W136 2303264-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , gegen den von der Vizepräsidentin des Handelsgerichts Wien erlassenen Bescheid vom 03.09.2024, Zl. 300 Jv 102/24k, betreffend Eintragung in die Gerichtssachverständigenliste zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattgegeben und der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am 13.06.2024 beantragte der Beschwerdeführer (in Folge: BF) bei der damaligen Präsidentin des Handelsgerichts Wien (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht, seit 01.04.2025 Präsident des Handelsgerichts Wien) die Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen gemäß § 4 Abs. 1 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (im Folgenden: SDG) in den Fachgebieten „73.40 Heizungsanlagen, Lüftungsanlagen, Klimaanlagen“ und „73.45 Saniträanlagen, Sanitärinstallationen“ ohne örtliche und sachliche Beschränkung.
Seinem Antrag fügte der BF Unterlagen/Nachweise u.a. zu seiner Ausbildung und beruflichen Tätigkeit bei.
Als Beruf gab der BF „Projektmanager, Gewerberechtlicher Geschäftsführer XXXX “ an.
Zum Nachweis der Erfüllung der Eintragungsvoraussetzung bzw. seiner Berufserfahrung nach § 2 Abs. 2 Z 1 lit. a und b SDG legte der BF eine Kopie über die Verleihung seines Ingenieurtitels vom 16.09.2004, ein Dienstzeugnis vom 11.01.2005 der XXXX über seine dortige Tätigkeit von 03.07.2000 bis 11.01.2005, ein Dienstzeugnis vom 22.04.2008 über seine Tätigkeit in der XXXX von 17.01.2005 bis 22.04.2008, ein Schreiben der WKO über die individuelle Befähigung in den Gewerben „Gas- und Sanitärtechnik, sowie Heizungstechnik bzw. Lüftungstechnik“, sowie ein Dienstzeugnis vom 06.06.2024 über seine Tätigkeit vom 01.10.2016 bis zum 06.06.2024 als Mitbegründer, handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer bei der XXXX und von November 2023 bis April 2024 bei der XXXX vor.
Dem Antrag waren zudem Lebenslauf, Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis, Meldezettel, und Strafregisterauskunft beigeschlossen.
2. Mit E-Mail vom 13.06.2024 übermittelte die belangte Behörde dem BF ein Formular und ersuchte ihn gleichzeitig seinen Antrag zu verbessern (ON 2). Mangels Reaktion des BF wurde ihm mit Note vom 02.07.2024 (zugestellt am 05.07.2024) eine Frist von 14 Tagen eingeräumt, um diesem Vebesserungsauftrag nachzukommen (ON 4), welche jedoch ungenutzt verstrich.
3. In der Folge führte die belangte Behörde eine VJ-Registerabfrage (Verfahrensautomation Justiz) durch und hielt dem BF mit Schreiben vom 31.07.2024 vor, diese Abfrage hätte ergeben, dass gegen den BF in den vergangenen Jahren zahlreiche Exekutionsverfahren anhängig gewesen seien (ON 6). Dem BF wurde dazu eine Frist zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung eingeräumt, wobei das Schriftstück am 06.08.2024 zur Abholung bei der Post hinterlegt wurde und der BF dieses erst am 26.08.2024 behob.
4. Daraufhin brachte der BF am 27.08.2024 per E-Mail eine Stellungnahme (ON 7) ein und führte darin aus, wieso es zu den Exekutionsverfahren gekommen sei. Er sei neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der XXXX in den letzten Jahren mit der Abwicklung eines Großprojektes betraut gewesen, bei dem es zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten gekommen sei, weshalb den Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzamt und der Sozialversicherungsanstalt nicht fristgerecht entsproche hätte werden können, was zu ein bis zwei Exekutionsanträgen geführt hätte. Diese Beträge seien jedoch in kurzer Zeit wieder vollständig beglichen worden und die Verfahren erledigt, weshalb seines Wissens aktuell kein aufrechter Exekutionstitel gegen ihn existiere. Weiters sei er Geschäftsführer von mehreren Unternehmen, bei denen es vereinzelt zu Versäumnissen gekommen sei und kleine Parkstrafen und Rechnungen nicht fristgerecht bezahlt worden wären. Die Beträge seien jedoch letztlich schnell bezahlt und die Verfahren eingestellt worden (z.B. Exekutionsverfahren betreffend Haushaltsversicherung iHv € 179,59, inkl. Nachweis ON 7.2,1). Zusammenfassend wolle er festhalten, dass sämtliche in der Vergangenheit aufgetretene Exekutionsverfahren entweder auf außergewöhnliche Umstände in der Unternehmensführung oder auf geringfügige Versäumnisse zurückzuführen seien, die stets zügig und vollständig bereinigt wprden seien. Er sei daher überzeugt, das seine wirtschaftlichen Verhätnisse nunmehr als geordnet anzusehen seien und sehe daher keinen Hinderungsgrund für die Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen
5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.09.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen ab.
Begründend wurde im Wesentlichen lediglich ausgeführt, dass der BF die Eintragungsvoraussetzung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 lit f SDG nicht erfülle. Die Vertrauenswürdigkeit sei ein umfassender Begfriff und sei der Beurteilung eines Verhaltens mit Rücksicht auf den Tätigkeitsbereich des Sachverständigen auf die verwandten Regelungen für Richter, Rechtsanwälte und Notare Bedacht zu nehmen und der dort gehandthabte Wertungsmaßstab zu beachten. Es werde daher ein besonders hohes Maß an Vetrauenswürdigkeit gefordert, da der Sachverständige ein von den Parteien unabhängiges, zur Objektivität verpflichtetes Hilfsorgan des Gerichts sei. Bei dr Prüfung der Vertrauenswürdigkeit seien alle Lebensbereiche zu beurteilen. Korrektheit, Gesetzestreue und unbedingte Verlässlichkeit bei der beruflichen Arbeit würden gewährleisten, dass sich der Sachverständige bei seiner Gutachtertätigkeit als unabhängig und unpartelich erweise. Da der BF den Aufträgen des Gerichts nicht in den ihm eingeräumten Fristen nachgekommen sei und darüber hinaus selbst eingeräumt habe, mehrfach Fristen im beruflichen sowie im privaten Bereich übersehen zu haben, weshalb es zu Exekutionsverfahren gekommen sei, entspreche sein Verhalten nicht den Anforderungen, die an einen vertrauenswürdigen Sachverständigen gestellt werden. Außerdem sei festzuhalten, dass das Gericht Bedenken an den geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen des BF habe (§ 2 Abs. 2 Z 1 lit h SDG), zumal in den letzten Jahren mehrere Exekutionsverfahren gegen diesen anhängig gewesen seien. Da der BF jedoch schon die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Z 1 lit f nicht erfülle, hätte auf seine geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr näher eingegangen werden müssen und sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
6. Daraufhin brachte der BF am 06.09.2024 eine ergänzende Stellungnahem ein und führte darin an, dass er bislang nur eine allgemeine Stellungnahme habe verfassen können, da die ihm vorgeworfenen Exekutionsverfahren von der belangten Behörde nicht näher angeführt worden seien. Er habe nunmehr die ihm angelasteten Verfahren gefunden und zu jedem eine Stellungnahme verfasst, welche berücksichtigt werden solle.
7. Mit Note vom 09.09.2024 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass der Bescheid zum Zeitpunkt seiner letzten Stellungnahme bereits (am 06.09.2024) durch Hinterlegung am Postamt zugestellt worden war und er nunmehr die Gelegenheit habe, ein Rechtsmittel dagegen zu erheben. Ergänzend wurde er darauf hingewiesen, dass seine wirtschaftlichen Verhältnisse für die Entscheidungsfindung nicht ausschlaggebend gewesen seien, sondern vielmehr der Umstand, dass er den Aufforderungen des Gerichts nie in den vorgegebenen Fristen nachgekommen sei. Es wäre z.B. an ihm gelegen, fristgerecht und vollständig alles Wesentliche zu seinen Exekutionsverfahren bis zum 20.08.2024 dem Gericht zu übermitteln, was er jedoch erst mit Stellungnahme vom 27.08.2024 unzureichend getan habe.
8. Mit Schreiben vom 18.09.2024 äußerte der BF sich abermals zum Sachverhalt, indem er betreffend die ihm vorgeworfene Fristversäumnis ausführte, dass er sich von 19.07.2024 bis 25.08.2024 im Ausland befrunden habe und sofort nach seiner Rückkehr auf die Schreiben der belangten Behörde reagiert hätte. Hinsichtlich der vorgehaltenen Unvollständigkeit seiner Stellungnahme gab er an, dass dies auf ein Verschulden der Behörde zuzurückzuführen sei, zumal ihm keine Liste der in Rede stehenden Exekutionsverfahren übermittelt worden seien und er diese selbst eruieren habe müssen.
9. In Folge wurde dem BF mit Schreiben vom 18.09.2024 mitgeteilt, dass der Bescheid mittels Rechtsmittel bekämpft werden könne und auch einem neuen Antrag, der mit einiger Zeit Abstand eingebracht werde, nichts entgegenstehen würde. Voraussetzung dafür sei, dass sich die Umstände wesentlich geändert hätten und der BF seine Vertrauenswürdigkeit unter Beweis stellen könne.
10. Mit Schreiben vom 24.09.2024 brachte der BF ein mit „Einspruch gegen die erneute Ablehnung“ bezeichnetes Schreiben ein, in welchem er abermals sein Unverständnis über die Abweisung seines Antrags auf Eintragung in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen äußerte.
11. Schließlich erhob der BF mit Schreiben vom 01.10.2025 Beschwerde, welche am 02.10.2024 bei der belangten Behörde einlangte. Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Das Gericht habe in seinem Bescheid auf mehrere anhängige Exekutionsverfahren Bezug genommen, allerdings sei keine konkrete Auflistung dieser Verfahren erfolgt und es sei ihm keine Möglichkeit gegeben worden, darauf in angemessener Form zu reagieren. Weiters sei er zum Zeitpunkt der gesetzten Frist nachweislich im Ausland und daher nicht in der Lage gewesen, den Verbesserungsauftrag rechtzeitig zu erfüllen. Dazu wurden Kopien von Seiten seines Reisepasses beigelegt, aus welchen ein Einreisestempel vom 19.07.2024 und ein Ausreisestempel vom 25.08.2024 hervorgehen. Zur seiner wirtschaftlichen Lage führte er ergänzend aus, dass die Exekutionsverfahren und finanziellen Schwierigkeiten aus seiner früheren Insolvenz resultiert wären, die inzwischen erfolgreich bewältigt worden sei. Seine wirtschaftliche Lage habe sich erheblich stabilisiert und hätten diese temporären Probleme weder seine berufliche Qualifikation noch seine Vertrauenswürdigkeit als Sachverständiger beeinträchtigt. Er erfülle daher alle fachlichen und beruflichen Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der Sachverständigen.
12. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt den bezughabenden Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht am 26.11.2024 zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen.
Der angefochtene Bescheid weist folgenden Kopf auf:
„JUSTIZ REPUBLIK ÖSTERREICH HANDELSGERICHT WIEN“
Der angefochtene Bescheid weist an seinem Ende den Text
„Handelsgericht Wien, 03. September 2024 XXXX , Richterin“
und die entsprechende elektronische Signatur auf.
Fest steht damit, dass der angefochtene Bescheid nicht von der Vizepräsidentin in Vertretung für die damalige Präsidentin des HG, sondern von ihr als Richterin in eigenem Namen erlassen wurde.
2. Beweiswürdigung:
Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der von der belangten Behörde vorgelegten Akten des Verfahrens und aus der Beschwerde.
Wie sich aus den Feststellungen klar ergibt, wurde der angefochtene Bescheid von der Vizepräsidentin des HG im eigenen Namen unterfertigt und enthält der Bescheid keinerlei Hinweis darauf, dass er im Namen der Justizverwaltung erlassen wurde und die Vizepräsidentin „in Vertretung“ oder „für die Präsidentin“ unterschrieben hat.
Ebensowenig ist im Kopf des angefochtenen Bescheides unter „Handelsgericht Wien“ „Die Präsidentin“ oder „Die Vizepräsidentin“ angeführt, weshalb auch nicht erkenntbar ist, dass der Bescheid im Rahmen der Justizverwaltung erlassen wurde. Zum Vergleich wird auf die Beschwerdevorlage verwiesen, auf welcher der Kopf „Handelsgericht Wien, Die Präsidentin“ und die Fertigungsklausel „Handelsgericht Wien, Abteilung SV, XXXX , Für die Präsidentin“ ersichtlich ist (ON 19A, 1). Gleichermaßen ersichtlich ist dies auch auf dem Parteiengehör vom 31.07.2024 (ON 6, 1).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 leg. cit.) zu überprüfen. Daher wird der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens durch die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und das Begehren in der Beschwerde begrenzt. Die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützen kann, umfassen insbesondere Verfahrensfehler, materielle Rechtswidrigkeit oder Unzuständigkeit der Behörde (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K3). Somit erstreckt sich der Prüfungsumfang des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich auf die geltend gemachten Beschwerdegründe; dies bedeutet, dass dem Bundesverwaltungsgericht abseits der geltend gemachten Beschwerdegründe grundsätzlich keine amtswegige Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung obliegt (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K6). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften von Amts wegen aufgreifen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K2).
Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.
Gemäß § 28 Abs 5 VwGVG sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, wenn das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufhebt.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.
3.2. Gesetzliche Grundlagen
Die maßgeblichen Bestimmungen des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes (SDG), BGBl. Nr. 137/1975 idgF, lauten:
„Führung der Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste
§ 3. (1) Die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste ist von den Präsidenten der Landesgerichte (einschließlich des Präsidenten des Handelsgerichts Wien, jedoch mit Ausnahme der Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien, des Arbeits- und Sozialgerichts Wien und des Landesgerichts für Strafsachen Graz) für diejenigen Sachverständigen zu führen, für die sich ihre Zuständigkeit aus den nachfolgenden Bestimmungen ergibt. Für jeden Sachverständigen ist jeweils nur ein Präsident ausschließlich zuständig. [...]
„Eintragungsverfahren
§ 4. (1) Die Eintragung des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen darf nur auf Grund eines schriftlichen Antrags vorgenommen werden. Im Antrag sind die Angaben nach § 3a Abs. 2 zwingend anzuführen. Angaben nach § 3a Abs. 3 können gemacht werden. Eintragungen nach § 3a Abs. 5 kann der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige erst nach seiner Eintragung in der Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste vornehmen.
(2) Der Bewerber hat die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstaben a, b, f, g und i sowie Z 1a nachzuweisen, wobei sämtliche vorhandenen schriftlichen Nachweise bereits dem Antrag anzuschließen sind. Der Antrag und die beizufügenden Unterlagen sind, soweit sie vom Antragsteller stammen, in deutscher Sprache einzureichen; sonstige, nicht in deutscher Sprache abgefasste Unterlagen sind mit einer beglaubigten Übersetzung vorzulegen. Hat der entscheidende Präsident Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstaben c, d, e oder h, so hat er dem Bewerber die Bescheinigung dieser Voraussetzungen aufzutragen. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstaben a und b sowie Z 1a hat der entscheidende Präsident eine begründete Stellungnahme einer Kommission (§ 4a) einzuholen. Im Rahmen der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Z 1 lit. a und b haben der entscheidende Präsident und die Kommission (§ 4a) auch sämtliche in anderen Staaten erworbene Qualifikationen des Antragstellers angemessen zu berücksichtigen.
(3) Der entscheidende Präsident hat über die begründete Stellungnahme der Kommission hinaus alle ihm erforderlich scheinenden Ermittlungen anzustellen. Über den Antrag auf Eintragung ist mit Bescheid zu entscheiden.“
§ 31 Gerichtsorganisationsgesetz (GOG), RGBl. Nr. 217/1896 idgF, lautet:
„(1) Der Präsident leitet den Gerichtshof, übt die Dienstaufsicht über das gesamte Personal des Gerichtshofes aus und führt die anderen Justizverwaltungsgeschäfte für den Gerichtshof, soweit diese nicht auf Grund des Gesetzes durch Senate zu erledigen sind. Die Dienstaufsicht des Präsidenten erstreckt sich - unbeschadet des § 25 Abs. 1 - auch auf die unterstellten Bezirksgerichte.
(2) Der Präsident wird bei seinen Aufgaben nach Maßgabe der von ihm zu erlassenden Geschäftseinteilung für Justizverwaltungssachen durch den oder die Vizepräsidenten, erforderlichenfalls auch durch andere Richter unterstützt und vertreten. Für diese Justizverwaltungsaufgaben sind Planstellen des Gerichtshofes im Ausmaß von 2,5 vH (bei den ausschließlich für Strafsachen zuständigen Gerichtshöfen 3 vH) der dem Gerichtshof und den unterstellten Bezirksgerichten zugewiesenen Planstellen (ohne Planstellen mit besonderer gesetzlicher Zweckwidmung), höchstens jedoch 3,5 Planstellen, gebunden. Die Einbeziehung des (der) Vizepräsidenten in die Geschäftseinteilung für Justizverwaltungssachen bedarf nicht seiner (ihrer) Zustimmung. Sowohl der Präsident als auch der (die) Vizepräsident(en) sollen neben ihren Justizverwaltungsaufgaben auch in der Rechtsprechung tätig sein. [...]“
3.3. Anwendung auf den konkreten Fall
Die Eintragung der Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger gehört zu den im Rahmen der Justizverwaltung wahrzunehmenden Aufgaben des Präsidenten des Gerichtshofes erster Instanz. Für solche Aufgaben beruft § 31 Abs 2 GOG den Vizepräsidenten zur Vertretung (vgl. den übetragbaren Rechtssatz zur Entziehung der Sachverständigeneintragung VwGH 15.02.1999, Zl 98/10/0422).
Es wird daher vom Bundesverwaltungsgericht nicht verkannt, dass die Vizepräsidentin grundsätztlich befugt ist mittels Bescheid in Vertrteung des Präsidenten/der Präsidentin über den verfahrensgegenständlichen Antrag abzusprechen.
Der angefochtene Bescheid wurde jedoch von der Vizepräsidentin als Richterin in ihrem Namen unterfertigt und enthält keinen Hinweis darauf, dass sie im Namen der (damaligen) Präsidentin (für diese) bzw. in Vertretung (etwa mit der Fertigungsklausel: "für die Präsidentin") entschieden hat. Auch aus dem Kopf des Bescheides, in welchem – anders als bei der Beschwerdevorlage – nur das Handelsgericht und nicht die Präsidentin aufscheint, spricht nichts für eine im Namen der (damaligen) Präsidentin des HG ergangene Erledigung.
Aus der Judikatur des VwGH ergibt sich, dass die Frage, ob eine Erledigung einer bestimmten Behörde bzw. welcher Behörde sie zuzurechnen ist, anhand ihres äußeren Erscheinungsbildes, also insbesondere anhand des Kopfs, des Spruchs, der Begründung, der Fertigungsklausel und der Rechtsmittelbelehrung, nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen ist (VwGH 09.11.2016, Ro 2014/10/0055).
Im gegenständlichen Fall wird daher zwar nicht verkannt, dass die Vizepräsidentin befugt ist, im Namen der Präsidentin/des Präsidenten zu entscheiden, dass von dieser Vertrteung Gebrauch gemacht wurde, war dem angefochtenen Bescheid jedoch gerade nicht zu entnehmen, zumal dies in der Fertigungsklausel hätte Ausdruck finden müssen.
Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat, muss die Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion inne hat oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein (VwGH 28.06.2011, 2010/17/0176).
Wie oben ausgeführt, geht aus dem angefochtenen Bescheid eindeutig hervor, dass die Vizepräsidentin die Entscheidung „im eigenen Namen“ als „Richterin“ getroffen hat. Dies ist auch vor dem Hintergrund des § 31 Abs. 2 GOG relevant, wonach sowohl Präsident:in als auch Vizepräsident:in neben ihren Justizverwaltungsaufgaben auch in der Rechtsprechung tätig sein sollen. Durch die Formulierung der Fertigungsklausel „ XXXX , Richterin“ ist demnach nicht erkenntbar, dass der Bescheid im Rahmen der Justizverwaltung erlassen wurde.
Im Ergebnis steht daher fest, dass der angefochtene Bescheid nicht von der zuständigen Behörde erlassen wurde. Da aus dieser Unzuständigkeit Rechtswidrigkeit folgt und das Bundesverwaltungsgericht eine Unzuständigkeit von Amts wegen – noch vor einer inhaltlichen Überprüfung – wahrzunehmen hat, ist der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Diese ersatzlose Behebung steht nur einem weiteren Bescheid der (unzuständigen) bescheiderlassenden Behörde entgegen (vgl. VwGH 25.03.2015, Ro 2015/12/0003). Über den Antrag des BF auf Eintragung muss somit neu und diesmal von der zuständigen Behörde entschieden werden.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die im angefochtenen Bescheid dargestellte Rechtsansicht betreffend die Versagung der Eintragung des BF in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen gemäß § 4 Abs. 1 SDG vom Bundesverwaltungsgericht nicht geteilt wird, zumal mit der einmaligen Versäumung einer Frist aufgrund eines nachweislichen Auslandsaufenthalts während der Urlaubszeit noch keine Vertrauensunwürdigkeit gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 lit f SDG begründet wird. Die Behörde wird daher bei Erlassung eines neuen Bescheides die wirtschaftlichen Verhältnisse nachvollziehbar zu prüfen und auch die übrigen – bis dato gänzlich außer Acht gelassenen – Voraussetzungen in ihrer Beurteilung ausführlich zu berücksichtigen haben.
3.4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, zumal aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben ziterte Rechtsprechung wird verwiesen.