JudikaturBVwG

W256 2293000-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
13. Mai 2025

Spruch

W256 2293000-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19. April 2024, Zl. 1310105510-221775547, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 1. Juni 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005) im österreichischen Bundesgebiet. In der Folge wurde er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab zu seinen Fluchtgründen an, er habe Syrien aufgrund des Krieges und der instabilen Lage verlassen. Es gebe dort keine Sicherheit und keine Zukunft.

Das Asylverfahren wurde am 6. September 2022 gemäß § 24 Absatz 1 Ziffer 1 und Absatz 2 AsylG wegen unbekannten Aufenthaltsorts des Beschwerdeführers eingestellt. Am 29. September 2023 wurde der Beschwerdeführer aus den Niederlanden nach Österreich überstellt und das Asylverfahren wurde fortgesetzt.

Am 29. November 2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA, belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Im Zuge dieser Einvernahme gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen zu seinen Fluchtgründen an, er habe Syrien wegen des Krieges und der instabilen Lage verlassen. Er wolle auch nicht zum Militär eingezogen werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs 1 AsylG 2005 zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gem. § 8 Abs 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für 1 Jahr (Spruchpunkt III.). Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer nie einen Einberufungsbefehl erhalten habe. Er könnte sich außerdem vom Militärdienst freikaufen.

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheids richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer den Wehrdienst für das syrische Regime verweigere. Ein Freikauf sei nicht sicher möglich und dem Beschwerdeführer nicht zumutbar. Er befürchte bei Rückkehr nach Syrien eine Einziehung zum Militärdienst des Regimes oder eine unverhältnismäßige Bestrafung wegen seiner Verweigerung. Auch aufgrund seiner illegalen Ausreise und Asylantragstellung im Ausland drohe ihm Verfolgung durch das Regime. „Aus juristischer Vorsicht“ werde auch eine mögliche Zwangsrekrutierung durch die kurdischen Milizen vorgebracht.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden den Verfahrensparteien folgende Länderinformationen zum Parteiengehör übermittelt:

• ACCORD: Syrien-Länderseite auf ecoi.net

• Länderinformationsblatt zu Syrien vom 27.03.2024

• Informationssammlung zu Entwicklungen rund um den Sturz von Präsident Assad

• ACCORD- Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen (z.B. Yekîneyên Parastina Gel, YPG); Zwangsrekrutierungen [a-12592-v2]

• EUAA: Country Focus Syria, März 2025

• EUAA: Country Guidance Syria, April 2024

• UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen, 03.2021

• Staatendokumentation: Kurzinformation vom 10.12.2024: „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht

Mit Schreiben vom 9. Mai 2025 wurde den Verfahrensparteien zudem Gehör zum aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 8. Mai 2025 gewährt.

Am 13. Mai 2025 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines Rechtsvertreters sowie eines Dolmetschers für die arabische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe Angst vor den Kurden, aber auch vor der neuen Regierung. Es herrsche Krieg zwischen Kurden und Arabern, morgens fänden Inhaftierungen statt und abends Tötungen. Persönlich werde er nicht verfolgt, er habe aber vor der allgemeinen Situation Angst. Seine gesamte Familie lebe in Holland, er sei ursprünglich ausgereist, damit er in der Nähe seiner Familie sein könne.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Syrien, Angehöriger der arabischen Volksgruppe und sunnitischer Moslem (Niederschrift der Erstbefragung, S. 1 f; Datenblatt BFA, S. 1; Niederschrift des BFA, S. 5; Verhandlungsschrift vom 13. Mai 2025, S. 4).

Er wurde am XXXX in Syrien in der Provinz Deir ez-Zor in XXXX geboren, wuchs dort auf und erhielt eine zwölfjährige Schulbildung. Im Anschluss studierte er zwei Jahre BWL und Buchhaltung in Damaskus (ohne Abschluss). Im Jahr 2016 reiste er mit seinem Vater in die Türkei aus, wo er als Hilfsarbeiter in verschiedenen Branchen tätig war. Im Jahr 2022 reiste er nach Europa weiter (Niederschrift der Erstbefragung, S. 1, 2, 4, 5; Datenblatt BFA, S. 1, 2, 4; Niederschrift des BFA, S. 4; Verhandlungsschrift vom 13. Mai 2025, S. 4, 5).

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Nicht festgestellt werden kann, ob in Syrien noch Onkel und Tanten des Beschwerdeführers oder sonstige Verwandten leben. Die Eltern sowie sechs Geschwister des Beschwerdeführers wohnen in Holland; eine Schwester lebt in der Türkei, ein Bruder in Deutschland (Niederschrift der Erstbefragung, S. 1, 3; Datenblatt BFA, S. 1, 3, 4; Niederschrift des BFA, S. 4, 6; Verhandlungsschrift vom 13. Mai 2025, S. 5, 6).

XXXX (samt näherer Umgebung) steht derzeit unter der Kontrolle der kurdischen Selbstverwaltung (https://syria.liveuamap.com/).

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in XXXX (samt näherer Umgebung) durch das (nicht mehr existierende) syrische Regime zum Militärdienst rekrutiert bzw. wegen dessen Verweigerung oder aus sonstigen Gründen bestraft zu werden.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach XXXX eine zwangsweise Rekrutierung seitens kurdischer Milizen zu befürchten hätte; der Beschwerdeführer fällt nicht in die Geburtsjahrgänge, die der Selbstverteidigungspflicht unterliegen.

Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 8. Mai 2025, im Folgenden „LIB“:

Politische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)

Am 8.12.2024 erklärten die Oppositionskräfte in Syrien die 24-jährige Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad für beendet. Zuvor waren Kämpfer in die Hauptstadt eingedrungen, nachdem Oppositionsgruppierungen am 27.11.2024 eine Offensive gegen das Regime gestartet und innerhalb weniger Tage die Städte Aleppo, Hama und große Teile des Südens eingenommen hatten. Al-Assad war aus Damaskus geflohen. Ihm und seiner Familie wurde Asyl in Russland gewährt. Er hatte das Land seit 2000 regiert, nachdem er die Macht von seinem Vater Hafez al-Assad übernommen hatte, der zuvor 29 Jahre regiert hatte. Er kam mit der Baath-Partei an die Macht, die in Syrien seit den 1960er-Jahren Regierungspartei war. Bashar al-Assad hatte friedliche Proteste gegen sein Regime im Jahr 2011 gewaltsam unterdrückt, was zu einem Bürgerkrieg führte. Mehr als eine halbe Million Menschen wurden getötet, sechs Millionen weitere wurden zu Flüchtlingen. Die Offensive gegen al-Assad wurde von der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) angeführt. Die HTS wurde ursprünglich 2012 unter dem Namen Jabhat an-Nusra (an-Nusra Front) gegründet, änderte ihren Namen aber 2016 nach dem Abbruch der Verbindungen zur al-Qaida in Hay'at Tahrir ash-Sham. Sie festigte ihre Macht in den Provinzen Idlib und Aleppo, wo sie ihre Rivalen, darunter Zellen von al-Qaida und des Islamischen Staates (IS), zerschlug. Sie setzte die sogenannte Syrische Heilsregierung (Syrian Salvation Government - SSG) ein, um das Gebiet nach islamischem Recht zu verwalten. Die HTS wurde durch die von der Türkei unterstützte Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA), lokale Kämpfer im Süden und andere Gruppierungen unterstützt. Auch andere Rebellengruppierungen erhoben sich, etwa solche im Norden, Kurdenmilizen im Nordosten, sowie Zellen der Terrormiliz IS. Im Süden trugen verschiedene bewaffnete Gruppierungen dazu bei, die Regierungstruppen aus dem Gebiet zu vertreiben. Lokale Milizen nahmen den größten Teil der Provinz Dara'a sowie die überwiegend drusische Provinz Suweida ein. Die Abteilung für Militärische Operationen (Department for Military Operations - DMO) dem auch die HTS angehört, kontrollierte mit Stand 11.12.2024 70 % des syrischen Territoriums (LIB S. 10 f).

Politische Lage in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF – Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES)

Am 10.3.2025 unterzeichneten der Anführer der kurdisch dominierten SDF Mazloum 'Abdi und Übergangspräsident Ahmad ash-Shara' ein Abkommen über die Integration der SDF in die staatlichen Institutionen Syriens. Das Abkommen sieht die Gewährleistung der Rechte aller Syrer auf Vertretung und Beteiligung, einen Waffenstillstand in allen syrischen Gebieten und die Integration aller zivilen und militärischen Institutionen im Nordosten Syriens vor. Das Abkommen sieht auch vor, dass die SDF den syrischen Staat bei der Bekämpfung von Assads Überbleibseln und Drohungen unterstützen und Aufrufe zur Teilung, Hassreden und Versuche, Zwietracht zu säen, zurückweisen werden. Das Abkommen besteht aus acht Klauseln. Gemeinsame Ausschüsse sollen daran arbeiten, die Umsetzung des Abkommens bis Ende des Jahres abzuschließen. Das Abkommen sieht vor, das DAANES-Gebiet unter die volle Kontrolle der syrischen Zentralregierung bringen. Es beinhaltet die Integration der zivilen und militärischen Einrichtungen im Nordosten Syriens in die syrische Staatsverwaltung, einschließlich der Grenzposten, des Flughafens [in Qamishli, Anm.] und der Öl- und Gasfelder, die von den SDF im Nordosten Syriens kontrolliert werden. Kurz nach Bekanntgabe der Vereinbarung sagten Quellen gegenüber Al Jazeera, dass sich ein Konvoi des syrischen Verteidigungsministeriums in Abstimmung mit den SDF nach al-Hasaka begeben wird und dass die Kräfte des Verteidigungsministeriums die Gefängnisse von den SDF übernehmen werden. Das Wall Street Journal zitierte US-Beamte mit der Aussage, dass US-Militärpersonal zwischen den SDF und den sogenannten Rebellengruppen vermittelt habe. Die Beamten sagten, die Vermittlung schließe auch Gruppierungen ein, die von der Türkei seit dem Sturz des gestürzten Präsidenten Bashar al-Assad unterstützt werden. Das Abkommen könnte den Konflikt der SDF mit der benachbarten Türkei und den von der Türkei unterstützten ehemaligen syrischen Rebellengruppen, die mit der Regierung verbündet sind und versuchen, die SDF aus Gebieten nahe der Grenze zu vertreiben, entschärfen. Das Abkommen macht keine Angaben darüber, wie die militärischen Einheiten der SDF in das syrische Verteidigungsministerium integriert werden sollen, was bisher ein wesentlicher Knackpunkt in den Gesprächen war. Die Vereinbarung bezieht sich weder auf die Übergabe von Waffen noch auf die Auflösung der von der YPG dominierten militärischen Formation. Die Vereinbarung enthält die Bestätigung, dass das kurdische Volk ein integraler Bestandteil Syriens ist und ein Recht auf Staatsbürgerschaft und garantierte verfassungsmäßige Rechte hat, einschließlich der Verwendung und des Unterrichts ihrer Sprache, die unter Assad jahrzehntelang verboten waren. Die Vereinbarung beinhaltet die Gewährleistung der Rechte aller Syrer auf Repräsentation und Beteiligung am politischen Prozess und an allen staatlichen Institutionen, unabhängig von ihrer religiösen und ethnischen Zugehörigkeit (LIB S. 30 f).

Wehr- und Reservedienst - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)

Nach dem Umsturz in Syrien hat die von Islamisten angeführte Rebellenallianz eine Generalamnestie für alle Wehrpflichtigen verkündet. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie seien untersagt, teilte die Allianz auf Telegram mit. HTS-Anführer ash-Shara' kündigte in einem Facebook-Post an, dass die Wehrpflicht der Armee abgeschafft wird, außer für einige Spezialeinheiten und "für kurze Zeiträume". Des Weiteren kündigte er an, dass alle Gruppierungen aufgelöst werden sollen und über Waffen nur mehr der Staat verfügen soll. Unklar ist, wie eine Freiwilligenarmee finanziert werden soll. Auch die Auflösung der Sicherheitskräfte kündigte ash-Shara' an. In einem Interview am 10.2.2025 wiederholte ash-Shara', dass er sich für eine freiwillige Rekrutierung entschieden habe und gegen eine Wehrpflicht. Bereits Tausende von Freiwilligen hätten sich der neuen Armee angeschlossen. Wehrpflichtigen der Syrischen Arabischen Armee (Syrian Arab Army - SAA) wurde eine Amnestie gewährt. (…) (LIB S. 140)

Die Umstrukturierung des syrischen Militärs hat gerade erst begonnen. Der neue de-facto-Führer hat versprochen, die neue Armee in eine professionelle, auf Freiwilligen basierende Truppe umzuwandeln, um die Professionalität in den Reihen zu fördern und sich von der Wehrpflichtpolitik zu entfernen, die das zusammengebrochene Assad-Regime charakterisierte. Medienberichten zufolge wurden mehrere ausländische islamistische Kämpfer in hohe militärische Positionen berufen. Ash-Shara' hatte Berichten zufolge außerdem vorgeschlagen, ausländischen Kämpfern und ihren Familien aufgrund ihrer Rolle im Kampf gegen al-Assad die Staatsbürgerschaft zu verleihen (LIB S. 142).

Wehr- und Reservedienst in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF - Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES)

Der Gesellschaftsvertrag von 2023 regelt in der Demokratischen Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) in Abschnitt 5 die Selbstverteidigungspflicht. Artikel 111 besagt, dass Selbstverteidigung eine Garantie und Fortsetzung des Lebens, und basierend auf dem Recht und der Pflicht ist, die Existenz zu verteidigen. Sie erfordert die Einrichtung eines Selbstschutzsystems, das auf dem Bewusstsein der legitimen Selbstverteidigung und der organisierten demokratischen Gesellschaft in Nord- und Ostsyrien beruht. Einerseits gibt es die Community Protection Forces, die für den Schutz Nord- und Ostsyriens und die Gewährleistung des Schutzes von Leben und Eigentum der Bürger vor allen Angriffen und Besatzungen verantwortlich sind. Die Community Protection Forces werden unter Beteiligung aller Bürger organisiert. Selbstverteidigung ist ein Recht und eine Pflicht für jeden Bürger. Es ist die Pflicht organisierter ethnischer und religiöser Gruppen, sich wirksam am Selbstverteidigungssystem zu beteiligen, angefangen bei Stadtvierteln, Dörfern, Städten und allen Wohneinheiten. Anderseits erwähnt Artikel 111 auch die Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF). Sie sind die legitimen Verteidigungskräfte in der Demokratischen Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyriens. Sie nehmen den freiwilligen Beitritt der Söhne und Töchter des Volkes und die Pflicht zur Selbstverteidigung an. Ihre Aktivitäten werden vom Demokratischen Volksrat und der Verteidigungskommission überwacht. Sie organisieren sich autonom innerhalb des Demokratischen Konföderalen Systems Nord- und Ostsyrien und haben die Aufgabe, die DAANES und alle syrischen Gebiete zu verteidigen und sie vor jeglichen potenziellen Angriffen oder Gefahren von außen zu schützen. Laut Gesetz Nr. 1 zur Selbstverteidigung gelten Männer mit Vollendung des 18. Lebensjahres als wehrpflichtig und müssen den Selbstverteidigungsdienst bis zum vierzigsten Lebensjahr vollendet haben (Artikel 13). Wehrpflichtig ist jeder männliche Bewohner der Region Nord- und Ostsyrien, der das gesetzliche Alter für die Ausübung des Selbstverteidigungsdienstes erreicht hat, bzw. jeder, der seit mehr als drei Jahren dauerhaft in Nord- und Ostsyrien ansässig ist und die syrische Staatsangehörigkeit besitzt (Artikel 1). Zwei Quellen, die vom Danish Immigration Service (DIS) befragt wurden, äußerten jedoch Zweifel an der konsequenten Einberufung von Personen von außerhalb der DAANES in allen Regionen. Frauen in den von der Autonomen Verwaltung kontrollierten Gebieten können freiwillig Wehrdienst leisten. Wladimir van Wilgenburg, Journalist und Autor, und ein Experte für syrische Kurden haben noch von keinem Fall gehört, in dem Frauen zwangsweise zur Selbstverteidigung eingezogen wurden (LIB S. 145).

Das sogenannte Verteidigungsbüro des Exekutivrats der „Demokratischen Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien“ hat die für die Wehrpflicht erforderlichen Geburtsjahrgänge festgelegt, während die Verhaftungskampagnen gegen junge Menschen für die Einberufung in die Reihen der SDF weitergehen. Die Erklärung wurde vom Verteidigungsbüro der Autonomen Verwaltung an alle Verteidigungsbüros in der Region verteilt. Darin steht, dass wer zwischen dem 1.1.1998 und dem 31.12.2005 für den Dienst der Selbstverteidigung wehrpflichtig ist. Bereits vier Tage nach dem Erlass der Richtlinien, in der die Geburtsjahrgänge für die Selbstverteidigungspflicht bekannt gemacht wurden, nahmen die SDF eine Rekrutierungskampagne in al-Hasaka im Juni 2024 wieder auf, nachdem sie im Monat zuvor, am 8.5.2024 die Rekrutierungsprozesse eingestellt hatten. Anfang Juli 2024 wurden beispielsweise 240 Personen in den Provinzen Deir ez-Zour, al-Hasaka und ar-Raqqa gefangen genommen, um sie für den Militärdienst zu rekrutieren. Die Dienstzeit im Selbstverteidigungsdienst beträgt laut Artikel 2 des Gesetzes Nr. 1 über die Selbstverteidigungspflicht zwölf volle Monate beginnend mit dem Datum der Einschreibung des Wehrpflichtigen (LIB S. 146).

Araber und Kurden werden laut von ACCORD befragten Experten vor dem Gesetz gleichbehandelt. Fabrice Balanche erklärt jedoch, dass mehr Flexibilität gegenüber Arabern gezeigt werden würde, um einen Aufstand zu vermeiden. Arabische Stammesführer hätten lokal die Macht und würden für bestimmte junge Araber Ausnahmen und Aufschiebungen erwirken. Einem Syrienexperten zufolge seien die speziellen Konsequenzen für Araber von Region zu Region unterschiedlich. Nicht alle von den SDF kontrollierten Gebiete stünden unter derselben Art von Kontrolle. In den vornehmlich arabisch besiedelten Stammesregionen von Deir ez-Zour hätten die SDF beispielsweise nicht die Kapazität, eine direkte Rekrutierung wie in der Provinz al-Hasaka durchzusetzen. Anders als Balanche meint Muhsen Al-Mustafa, Forscher am Omran Center for Strategic Studies, dass arabische Wehrdienstverweigerer bei der Festnahme anders behandelt werden und Beleidigungen und Gewalt ausgesetzt sein könnten. Quellen des Danish Immigration Service (DIS) zufolge ist DAANES bei der Umsetzung des Gesetzes zur Selbstverteidigung in Gebieten mit überwiegend arabischer Bevölkerung vorsichtig. Ebenso werden Christen in der Praxis nicht der gleichen Durchsetzung des Gesetzes zur Selbstverteidigung unterworfen wie Kurden, so eine weitere Quelle. Daher nehmen christliche Jugendliche in der Regel nicht an der Selbstverteidigungspflicht teil, sondern treten stattdessen für drei Jahre der christlichen Polizeitruppe Sutoro bei. Dieser Dienst befreit sie von der Selbstverteidigungspflicht (LIB S. 146).

Mehrere Quellen des DIS, darunter ein ehemaliger Rekrut, der seine Wehrpflicht vor zwei Jahren erfüllt hat, berichteten, dass der Selbstverteidigungsdienst mit einem grundlegenden theoretischen und praktischen militärischen Ausbildungsprogramm beginnt. Während des theoretischen Teils erhalten die Wehrpflichtigen Unterricht in allgemeiner Geschichte der Nationalen Streitkräfte sowie in Kultur und Ethik. Sie erhalten auch eine theoretische Einführung in militärische Themen, einschließlich militärischer Begriffe und Waffen. Im praktischen Teil des Ausbildungsprogramms absolvieren die Wehrpflichtigen ein körperliches Training und eine Waffenausbildung. Während der ersten Phase der Grundausbildung haben die Wehrpflichtigen keinen einzigen Tag frei. Nach Abschluss ihrer Ausbildung haben sie acht bis zehn Tage frei, bevor sie in ihren jeweiligen Einheiten und Aufgabenbereichen eingesetzt werden. Anschließend haben die Wehrpflichtigen für den Rest ihres Dienstes alle zehn Tage einen Tag frei. Nach der Ausbildungszeit, die bis zu zwei Monate dauert, werden die Wehrpflichtigen verschiedenen Aufgaben in unterschiedlichen Zentren oder Einheiten zugewiesen, wo sie für den Rest ihres Dienstes tätig sind. Die Ausbildung oder Qualifikationen der Wehrpflichtigen werden bei der Zuweisung ihrer Aufgaben oft berücksichtigt. So werden beispielsweise diejenigen mit einem besseren Bildungshintergrund und besseren Fähigkeiten Aufgaben in Büros oder Einrichtungen zugewiesen, die von ihren Fähigkeiten profitieren könnten. Wehrpflichtige mit niedrigem oder ohne Bildungshintergrund werden oft für Aufgaben im Zusammenhang mit der Bewachung oder dem Schutz öffentlicher Gebäude eingesetzt. Im Allgemeinen werden die Wehrpflichtigen nicht in Kampfsituationen eingesetzt. Es gab jedoch Fälle, in denen die Wehrpflichtigen in Kampfsituationen verwickelt waren, z. B. während der Schlacht um Afrin im Jahr 2018, bei schweren Kämpfen in Deir ez-Zour im Sommer 2023, bei den Kämpfen in Tell Abyad und bei Angriffen des Islamischen Staats (IS) auf das Gefängnis von al-Hasaka (2022), das hauptsächlich von Wehrpflichtigen bewacht wurde (LIB S. 146 f).

Gemäß Artikel 15 des Gesetzes Nr. 1. über die Selbstverteidigungspflicht wird jeder säumige Soldat, der eingezogen wird, bestraft, indem er einen Monat auf das Ende seiner Dienstzeit angerechnet bekommt. Dass die Bestrafung mit einem zusätzlichen Monat auch in der Praxis so gehandhabt wird, bestätigten die von der Danish Immigration Service befragten Quellen. Die Namen der Wehrdienstverweigerer werden veröffentlicht und an Checkpoints weitergegeben. Dort wird nach ihnen gesucht, nicht aber in ihren Wohnhäusern. Diejenigen, die auf frischer Tat beim illegalen Überschreiten der Grenze ertappt werden, werden direkt in das Ausbildungszentrum gebracht, um ihre Pflicht zur Selbstverteidigung zu erfüllen, besagt Artikel 28 im Gesetz Nr. 1 zur Selbstverteidigungspflicht. Gemäß Quellen des Danish Immigration Service (DIS) werden Wehrdienstverweigerer, wenn sie an Checkpoints aufgegriffen werden, vorübergehend festgenommen und zur Ableistung ihres Dienstes geschickt. Die Familie des Betroffenen wird über seine Festnahme und Einberufung informiert. Den Quellen des DIS waren keine Fälle von Gewalt oder Misshandlung von Wehrdienstverweigerern oder Deserteuren bekannt, die an Kontrollpunkten gefasst wurden. Das Leben ist für diejenigen, die sich der Selbstverteidigungspflicht in den Nationalen Sicherheitskräften entziehen, eine Herausforderung, da viele junge Männer Kontrollpunkte meiden und auf Fluchtmöglichkeiten warten. Quellen berichteten von Entflohenen, die sich jahrelang versteckt hielten. In arabisch dominierten Gebieten kann die Flucht länger andauern, da die Behörden vorsichtig vorgehen, um keine Spannungen zu provozieren, indem sie diejenigen suchen und verhaften, die ihrer Pflicht nicht nachgekommen sind. Al-Mustafa, Forscher am Omran Center for Strategic Studies, schreibt in einer E-Mail an ACCORD vom September 2023, dass alle Wehrdienstverweigerer unter die Bestimmungen des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht fallen würden und dem Gesetz entsprechend behandelt würden. Die Assayish würden den Wohnort von zum Dienst gesuchten Personen durchsuchen, an Checkpoints Rekrutierungslisten überprüfen und die Gesuchten verhaften. Nach dem Gesetz werde jede Person, die dem Dienst fernbleiben, verhaftet und mit einer Verlängerung des Dienstes um einen Monat bestraft. Ein von ACCORD kontaktierter Syrienexperte gibt in einer E-Mail-Auskunft vom August 2023 an, dass die Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften vom Profil des Wehrpflichtigen und der Region, aus der er stamme, abhingen. Je strenger die kurdische Kontrolle, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit, dass Rekruten nicht das Risiko eingehen würden, offen Einwände gegen den Selbstverteidigungsdienst zu zeigen. In al-Hasaka beispielsweise könnten Personen im dienstfähigen Alter verhaftet und zum Dienst gezwungen werden (LIB S. 149 f).

Familienangehörige von Wehrdienstverweigerern und Deserteuren werden nicht bestraft. Den Quellen des DIS waren keine Fälle bekannt, in denen Familienmitglieder von Wehrdienstverweigerern und Deserteuren aufgrund der Wehrdienstverweigerung oder Desertion ihrer Verwandten Schikanen oder anderen Verstößen ausgesetzt waren, selbst in Fällen, in denen der Wehrdienstverweigerer an einem Checkpoint festgenommen wurden (LIB S. 150).

2. Beweiswürdigung:

Die einzelnen Feststellungen beruhen jeweils auf den in der Klammer angeführten Beweismitteln sowie zum Teil aus den in dieser Hinsicht jeweils glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers. Das Bundesverwaltungsgericht sieht keine Veranlassung, an diesen – im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen – Angaben zu zweifeln.

Die Negativfeststellung bezüglich noch in Syrien lebender Verwandter des Beschwerdeführers rührt daher, dass er vor der belangten Behörde ausführte, „Onkel und Tanten dort“ (in Syrien) zu haben (Niederschrift BFA S. 6), während er in der mündlichen Verhandlung vor Gericht behauptete, in Syrien „keine“ Verwandten mehr zu haben, die Onkel und Tanten seien „ausgereist“ (Verhandlungsschrift S. 5). Auf Nachfrage nach Zeitpunkt und Grund der Ausreise zog sich der Beschwerdeführer darauf zurück, keinen Kontakt mehr zu ihnen zu haben (S. 6). Insgesamt machte diese einsilbige Verantwortung in der Verhandlung einen ausweichenden Eindruck. Selbst wenn man annähme, dass tatsächlich alle Verwandten des Beschwerdeführers mittlerweile seit seiner Befragung vor dem BFA aus Syrien ausgereist wären, so wäre wohl anzunehmen, dass der Beschwerdeführer irgendwelche näheren Angaben zu Zeitpunkt bzw. Grund der Ausreise (zumindest irgendeines Verwandten) machen könnte, zumal er auch von irgendjemandem über die Ausreisen informiert worden sein müsste. Im Ergebnis war angesichts dieser Ungereimtheiten eine Negativfeststellung zu treffen.

Dass XXXX (samt näherer Umgebung) aktuell unter der Kontrolle der kurdischen Selbstverwaltung steht, ergibt sich aus der Einsicht in die tagesaktuelle Karte https://syria.liveuamap.com/ (Zugriff zum Entscheidungszeitpunkt) sowie dem damit übereinstimmenden Vorbringen des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer brachte als Fluchtgrund im Wesentlichen vor, durch das syrische Regime verfolgt zu werden, weil er sich dem verpflichtenden Militärdienst entzogen habe und ihm aus diesem Grund eine unverhältnismäßige Bestrafung bzw. die Zwangsrekrutierung samt der Gefahr der Teilnahme an Menschenrechtsverletzungen drohe. Auch aufgrund seiner illegalen Ausreise und Asylantragstellung würde ihm das Regime eine oppositionelle Gesinnung unterstellen.

Eine Verfolgungsgefahr aus diesen Gründen ist aber deshalb auszuschließen, weil das syrische Regime unter Präsident Assad infolge der erfolgreichen Großoffensive der HTS Ende November/Anfang Dezember 2024 nicht mehr existiert (siehe die obigen Länderfeststellungen). Es gibt derzeit nach den Länderinformationen (LIB S. 140) auch keine staatliche Wehrpflicht in Syrien. Dem vermochte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung auch nichts Substantiiertes entgegenzusetzen, wenn er einerseits den Sturz von Assad bejahte („das stimmt“), und auf die nächste Frage zum Asylgrund der Einziehung durch das Assad-Regime allgemein angab, dass sich in seinem Heimatdorf nichts geändert habe (Verhandlungsschrift S. 6).

In der Beschwerde wurde zudem „aus juristischer Vorsicht“ auch eine drohende Zwangsrekrutierung seitens der kurdischen Milizen im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht vorgebracht:

Hierzu ist aber auf den Geburtsjahrgang des Beschwerdeführers XXXX zu verweisen: denn nach dem LIB der Staatendokumentation werden gemäß einer Erklärung des Verteidigungsbüros der kurdischen Autonomen Verwaltung nur mehr die Jahrgänge 1998 bis 2005 für diesen „Wehrdienst“ (zwangs-)rekrutiert. Der Jahrgang XXXX , zu dem der Beschwerdeführer gehört, unterliegt demnach nicht der Selbstverteidigungspflicht. Dem vermochte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auch nichts Substantiiertes entgegenzuhalten: wenn er dort auf ein Gesetz vom Mai 2021 verweist, so ist die damalige Rechtslage angesichts der zitierten Erklärung offensichtlich überholt. Auch in der Verhandlung tätigte der Beschwerdeführer diesbezüglich auf Nachfrage nur vage Angaben: er gab an, „Angst vor den Kurden“ zu haben, sagte zugleich aber aus, „persönlich“ „nicht verfolgt“ zu werden, „weder durch die Kurden, noch durch die neue Regierung“. Er habe auch nie einen Einberufungsbefehl durch die Kurden erhalten (Verhandlungsschrift S. 6). Auf die Nachfrage, weshalb die Kurden ihn rekrutieren sollten, obwohl er nicht in die für die Selbstverteidigungspflicht maßgeblichen Jahrgänge falle, wich der Beschwerdeführer aus: „Wie bereits vorhin erwähnt, habe ich als Araber Angst. Vor allem wenn es morgens zu willkürlichen Inhaftierungen kommt und abends zu Tötungen. Unsere Ortschaft besteht aus vielen Familienstämmen, die sich aneinander rächen.“ (Verhandlungsschrift S. 6)

Im Ergebnis ist angesichts dieser vagen, unsubstantiierten Ausführungen und des Jahrgangs des Beschwerdeführers nicht von einer tatsächlichen Bedrohung seitens der Kurden auszugehen.

Auch im Übrigen hielt der Beschwerdeführer sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung äußerst allgemein, indem er sich auf die generelle Situation vor Ort bezog („Ich beziehe mich hier auf die allgemeine Situation. Wir leben in Unruhen. Es finden willkürliche Tötungen und Inhaftierungen statt“, Verhandlungsschrift S. 7), eine konkrete, ihn betreffende Bedrohung aber ausdrücklich ausschloss (S. 6 am Ende). Wenn der Beschwerdeführer willkürliche Inhaftierungen und Tötungen vorbrachte („Morgens finden Inhaftierungen statt und abends kommt es zu Tötungen“, Verhandlungsschrift S. 6), so lässt sich daraus schon deshalb kein konkretes Bedrohungsszenario erschließen, weil der Beschwerdeführer kurz hintereinander einmal von einem Krieg „zwischen den Kurden und den Arabern“ sprach, dann von Konflikten „zwischen der Übergangsregierung und den Kurden“ und schließlich von „vielen Familienstämmen, die sich aneinander rächen“ (Verhandlungsschrift S. 6). Mag es auch sein, dass es zwischen all diesen Gruppierungen tatsächlich jeweils Konflikte gibt, so vermochte der Beschwerdeführer eine persönliche Betroffenheit in keinster Weise aufzuzeigen.

Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen stützen sich auf das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 8. Mai 2025, welches dem Beschwerdeführer zu Gehör gebracht wurde und dem er keine substantiierten Einwände entgegenhielt.

Angesichts der Aktualität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf verschiedenen voneinander unabhängigen (regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen) Quellen beruhen und ein in den Kernaussagen übereinstimmendes, in sich schlüssiges und nachvollziehbares Gesamtbild liefern, besteht für das Gericht kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 3 Abs 1 Asylgesetz 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2021/234 (im Folgenden: AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1955/55 idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78 (im Folgenden: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art 9 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl L 2011/337, 9 [im Folgenden: Statusrichtlinie] verweist).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 14.07.2021, Ra 2021/14/0066, mwN).

Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als „Verfolgung“ im Sinn des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art 9 Abs 1 der Statusrichtlinie). Ob dies der Fall ist, haben die Asylbehörde bzw. das BVwG im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen (vgl. VwGH 16.12.2021, Ra 2021/18/0387, mwN).

Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn der Asylwerber daher im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. – des Verwaltungsgerichts) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 03.09.2021, Ra 2021/14/0108, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und Sanktionen - wie etwa der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe eine asylrelevante Verfolgung darstellen (vgl. VwGH 21.05.2021, Ro 2020/19/0001, Rn 19, mwN).

Die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes rechtfertigt für sich allein grundsätzlich nicht die Anerkennung eines Asylwerbers als Flüchtling. Der VwGH geht von einer asylrechtlich relevanten Furcht vor Verfolgung nur in solchen Fällen aus, in denen die Einberufung aus einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK angeführten Gründen erfolgt, in denen der Asylwerber damit rechnen müsste, dass er hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während des Militärdienstes aus diesen Gründen im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt würde, oder in denen davon auszugehen ist, dass dem Asylwerber eine im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung droht (VwGH 11.10.2000, 2000/01/0326).

Die Heranziehung zum Militärdienst durch die Behörden eines souveränen Staates erlangt dann Asylrelevanz, wenn eine Schlechterstellung, schlechtere Behandlung oder Unterwerfung unter ein strengeres Strafregime bestimmter, nach Religion oder sozialer Gruppe oder politischer Gesinnung abgegrenzter Personen der zum Wehrdienst herangezogenen Personen droht. Dieser Maßstab gilt aber nicht bei der Zwangsrekrutierung durch eine Rebellenarmee. Die Zwangsrekrutierung durch eine christliche Rebellenarmee, welche alle männlichen Christen ab einem bestimmten Lebensjahr umfasst, bildet allein für sich keinen Asylgrund (VwGH 08.09.1999, 99/01/0167).

Der VwGH hat in seiner Rechtsprechung von der - nicht asylrelevanten - Zwangsrekrutierung durch eine Bürgerkriegspartei jene Verfolgung unterschieden, die an die tatsächliche oder nur unterstellte politische Gesinnung anknüpft, die in der Weigerung, sich den Rekrutierenden anzuschließen, gesehen wird. Auf das Auswahlkriterium für die Zwangsrekrutierung selbst kommt es in einem solchen Fall nicht an. Entscheidend ist daher, mit welchen Reaktionen durch die Milizen der Asylwerber auf Grund seiner Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, rechnen müsste und ob in seinem Verhalten eine - sei es auch nur unterstellte - politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird (VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0079).

Als Verfolgungshandlungen gegen Wehrdienstverweigerer kommen – im Lichte des Unions-rechts – insbesondere solche nach Art. 9 Abs. 2 lit. b, c und e Statusrichtlinie in Betracht, also etwa diskriminierende bzw. unverhältnismäßige Maßnahmen, Strafverfolgung oder Bestrafung (Art. 9 Abs. 2 lit. b und c) oder eine Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Art. 12 Abs. 2 fallen (Art. 9 Abs. 2 lit. e); Letzteres betrifft u.a. Fälle, in denen der Militärdienst die Begehung von Kriegsverbrechen umfassen würde, einschließlich solcher, in denen der Asylwerber nur mittelbar an der Begehung solcher Verbrechen beteiligt wäre, wenn es bei vernünftiger Betrachtung plausibel erscheint, dass er durch die Ausübung seiner Funktionen eine für die Vorbereitung oder Durchführung der Verbrechen unerlässliche Unterstützung leisten würde (vgl. EuGH 26.02.2015, C-472/13, Rs. Shepherd). Hätte der Wehrpflichtige seinen Militärdienst im Kontext eines allgemeinen Bürgerkriegs abzuleisten, der durch die wiederholte und systematische Begehung von Verbrechen oder Handlungen im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Statusrichtlinie durch die Armee unter Einsatz von Wehrpflichtigen gekennzeichnet ist, so besteht nach den Ausführungen des EuGH eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein Wehrpflichtiger unabhängig von seinem – allenfalls noch nicht bekannten – Einsatzgebiet dazu veranlasst sein würde, unmittelbar oder mittelbar an der Begehung der betreffenden Verbrechen teilzunehmen (vgl. VwGH 04.07.2023, Ra 2023/18/0108, Rn. 28, mit Hinweis auf EuGH 19.11.2020, C-238/19, Rs. EZ).

Nach Art. 9 Abs. 2 lit. e Statusrichtlinie müssen die Verfolgungshandlungen, denen derjenige, der gemäß dieser Bestimmung als Flüchtling anerkannt werden möchte, nach seinen Angaben ausgesetzt ist, aus seiner Verweigerung des Militärdienstes resultieren. Die Verweigerung des Wehrdienstes muss das einzige Mittel darstellen, das es dem Betroffenen erlaubt, der Beteiligung an Kriegsverbrechen im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Statusrichtlinie zu entgehen (vgl. VfGH 20.09.2022, E 1138/2022, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH). Der Umstand, dass der Antragsteller kein Verfahren zur Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer angestrengt hat, schließt daher jeden Schutz nach Art. 9 Abs. 2 lit. e Statusrichtlinie aus, sofern er nicht beweist, dass ihm in seiner konkreten Situation kein derartiges Verfahren zur Verfügung stand (vgl. EuGH 26.02.2015, C-472/13, Rs. Shepherd, Rn. 45 f).

Wie festgestellt, existiert das syrische Regime unter Präsident Assad seit dem Umsturz im Dezember 2024 nicht mehr. Der Befürchtung des Beschwerdeführers der Einberufung zu einem Militärdienst mit der Gefahr der Heranziehung zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist damit der Boden entzogen. Eine Verfolgung (aus welchen Gründen immer) seitens des nicht mehr vorhandenen Regimes ist daher nicht anzunehmen.

Eine Zwangsrekrutierung durch kurdische Milizen ist aus den in der Beweiswürdigung dargestellten Gründen wie festgestellt ebenfalls nicht anzunehmen.

Im Umstand, dass im Heimatland des Beschwerdeführers Bürgerkrieg herrscht, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. VwGH 26.11.1998, 98/20/0309, 0310 und VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. Eine solche hat der Beschwerdeführer aber nicht hinreichend nachvollziehbar glaubhaft machen bzw. dartun können. Wenn er in der Verhandlung zuletzt hervorhob (Verhandlungsschrift S. 7), dass er ursprünglich ausgereist sei, damit er in der Nähe seiner Familie sein könne, so hat dieses – wenngleich menschlich nachvollziehbare – Vorbringen keine Asylrelevanz. Ebenso wenig stellen die in der Verhandlung erwähnten „Unruhen“ bzw. stattfindende willkürliche Inhaftierungen und Tötungen aufgrund von (weiter-)bestehenden Rivalitäten (S. 6, 7) eine individuelle asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers dar.

Das Verwaltungsgericht verkennt nicht, dass sich die Lage in Syrien seit der ersten Dezemberhälfte des Jahres 2024 sehr rasch verändert hat, eine neuerliche Lageveränderung in den kommenden Monaten durchaus möglich ist und noch weitgehend unklar ist, wie sich die Lage langfristig entwickeln wird. Es wäre aber untunlich, mit einer Entscheidung zuzuwarten, bis völlige Klarheit über die künftigen Verhältnisse herrscht, weil nicht abschätzbar ist, ob und wann ein solches Szenario eintritt. Die verfügbaren aktuellen Berichte zur Lage in Syrien wurden – im Wesentlichen nach vorheriger Gelegenheit zur Stellungnahme – dem Verfahren zugrunde gelegt. Der volatilen Sicherheitslage in Syrien wurde durch die Gewährung subsidiären Schutzes ohnehin Rechnung getragen.

Zu berücksichtigen ist auch, dass nach der ständigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung nicht für deren nach § 3 Abs 1 AsylG 2005 erforderliche Glaubhaftmachung im Sinne der zum Entscheidungszeitpunkt anzustellenden Prognose genügt (vgl. etwa VwGH 14.07.2021, Ra 2021/14/0066, mwN; Ra 2021/01/0003). Eine potentiell immer und zumal im generell volatilen Syrien mögliche Änderung der Lage zum Schlechteren für einen konkreten Beschwerdeführer kann daher nicht zu einer Asylgewährung führen. Sollte sich die Lage in Syrien dergestalt ändern, dass dem subsidiär schutzberechtigten Beschwerdeführer in Syrien (konkret absehbare) asylrelevante Verfolgung droht, steht ihm schließlich die Möglichkeit offen, einen Folgeantrag zu stellen.

Im Ergebnis ist es dem Beschwerdeführer somit insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Das Verlassen des Herkunftsstaates aus persönlichen Gründen oder wegen der dort vorherrschenden prekären Lebensbedingungen stellt keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Auch Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen für sich genommen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar.

Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass dem Beschwerdeführer gerade aufgrund seiner individuellen Situation zum Entscheidungszeitpunkt der Status des subsidiär Schutzberechtigten von der belangten Behörde bereits zuerkannt wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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