Spruch
W198 2304346-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Josef HERMANN sowie Mag. Christa KOCHER als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Horn vom 06.09.2024, VSNR: XXXX , in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Horn (im Folgenden: AMS) vom 06.09.2024, VSNR: XXXX , wurde XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) das Arbeitslosengeld gemäß § 17 iVm §§ 44 und 46 AlVG ab dem 02.08.2024 zuerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Arbeitslosengeld nicht am 01.08.2024, sondern erst am 02.08.2024 beim AMS eingebracht habe.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28.09.2024 fristgerecht Beschwerde. Darin führte er zusammengefasst aus, dass er, nachdem er sich am 01.08.2024 nicht beim eAMS einloggen habe können, am 02.08.2024 beim AMS vorstellig geworden sei und das Arbeitslosengeld beantragt habe. Den Umstand, dass er sich online nicht arbeitslos melden und Arbeitslosengeld beantragen habe können, habe er dem AMS am 01.08.2024 per Email bekannt gegeben. Der Beschwerdeführer habe das zur Beantragung des Arbeitslosengeldes notwendige Formular trotz längerer Suche am 01.08.2024 auf der Website des AMS nicht gefunden. Auf schriftliche Nachfrage beim AMS sei ihm seitens der Sachbearbeiterin ebenso nicht der korrekte Pfad, wo der Antrag zu finden sei, genannt worden. Auch sei im Gesetzestext, welcher auf das gegenständliche Formular verweist, nicht angeführt, wo man dieses Formular finden könne. Aufgrund der Unzumutbarkeit, das entsprechende Formular in einer zumutbaren Zeit zu finden, sei dem Beschwerdeführer das Arbeitslosengeld ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit, sohin ab 01.08.2024, zuzuerkennen.
3. Die Beschwerdesache wurde gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG – ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung – unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 13.12.2024 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer stand von 18.07.2022 bis 31.07.2024 in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis bei der XXXX m.b.H.
Am 01.08.2024 hat der Beschwerdeführer elektronisch die Zusendung von Zugangsdaten für das eAMS-Konto angefordert.
Am selben Tag hat der Beschwerdeführer dem AMS per Email mitgeteilt, dass aufgrund technischer Fehler eine Anmeldung zum eAMS und eine damit einhergehende Beantragung des Arbeitslosengeldes nicht möglich sei. In diesem Email führte der Beschwerdeführer weiters aus, dass er hiermit formlos das Arbeitslosengeld ab 01.08.2024 beantrage.
In einem Antwort-Email des AMS an den Beschwerdeführer vom 02.08.2024 wurde ihm mitgeteilt, dass eine Arbeitslosmeldung in dieser Form (per Email) nicht entgegengenommen werden könne und der Beschwerdeführer für eine wirksame Arbeitslosmeldung das hierfür vorgesehene Formular zu verwenden habe. Weiters wurde er darauf hingewiesen, dass Ansprüche auf Geldleistungen frühestens ab dem Tag der wirksamen Arbeitslosmeldung geltend gemacht werden können.
Am selben Tag antwortete der Beschwerdeführer dem AMS per Email, dass weder das Formular zur Arbeitslosmeldung noch jenes zur Beantragung von Geldleistungen auffindbar sei.
Am 02.08.2024 hat der Beschwerdeführer im Zuge einer persönlichen Vorsprache beim AMS einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Ihm wurde daher in der Folge das Arbeitslosengeld ab dem 02.08.2024 zuerkannt. Festzustellen ist, dass der Beschwerdeführer vor dem 02.08.2024 keinen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt hat.
2. Beweiswürdigung:
Das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers von 18.07.2022 bis 31.07.2024 ergibt sich unstrittig aus dem Sozialversicherungsdatenauszug.
Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer am 01.08.2024 elektronisch die Zusendung von Zugangsdaten für das eAMS-Konto angefordert hat, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Vermerk des AMS (Anhang 11 des vorgelegten Verwaltungsaktes).
Das Email des Beschwerdeführers an das AMS vom 01.08.2024, das Antwort-Email des AMS an den Beschwerdeführer vom 02.08.2024 sowie das weitere Email des Beschwerdeführers an das AMS vom 02.08.2024 liegen im Akt ein.
Der Antrag auf Arbeitslosengeld vom 02.08.2024 liegt ebenso im Akt ein. Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer diesen Antrag im Zuge einer persönlichen Vorsprache beim AMS am 02.08.2024 gestellt hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS Horn.
§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages, der gegenständlich nicht vorliegt, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt, der im Wesentlichen unbestritten ist, konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gilt das Antragsprinzip. Zum materiell-rechtlichen Leistungsanspruch muss der Formalakt der Geltendmachung iSd § 46 Abs. 1 AlVG hinzutreten. (vgl. Krapf/Keul, Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz, § 46, Rz 791).
§ 17 AlVG regelt den Beginn des Bezuges einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Dieser wird nur auf Antrag des Versicherten gewährt. Es gilt das Antragsprinzip, das bedeutet, dass der Leistungsanspruch nicht schon mit Erfüllung der materiellen Anspruchsvoraussetzungen besteht, sondern erst mit der persönlichen Geltendmachung bei der regionalen Geschäftsstelle und dem entsprechenden Antragsverfahren (vgl. Krapf/Keul Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz § 17 AlVG, Rz 408). Unter Geltendmachung ist idR die Abgabe des bundeseinheitlich geltenden Antragsformulars im Rahmen einer persönlichen Vorsprache zu verstehen. Hierbei handelt es sich um eine formelle Voraussetzung für die Gewährung des Bezuges von Arbeitslosengeld. Das streng formalisierte Verfahren zur Antragstellung nach § 46 AlVG soll für Klarheit sorgen und erfordert daher auch ein klares Vorgehen durch das AMS (VwGH 28.06.2006, 2005/08/0201).
Mit der Einhaltung der Bestimmungen des § 46 Abs. 1 AlVG wird den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Arbeitslosengeldbezug bzw. den Beginn dieses Bezuges entsprochen (vgl. VwGH vom 23.06.1998, Zl. 95/08/0132). Die Bestimmungen des § 46 AlVG legen klar dar, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen ist und für die Geltendmachung des Anspruches das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden ist. Weiters wird ausdrücklich festgehalten, dass der Anspruch erst dann als geltend gemacht gilt, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat.
Das AMS kann gemäß § 46 Abs. 1 AlVG von der persönlichen Vorsprache absehen, eine Antragstellung wird deshalb jedoch nicht obsolet.
Im Erkenntnis vom 10. April 2013, 2011/08/0017 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder verspäteter Antragstellungen enthält. Die formalisierte Antragstellung im Sinne des § 46 AlVG schließt eine Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Antragstellung aus (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 23. Mai 2007, Zl. 2006/08/0330). Die abschließende Normierung lässt es - selbst im Fall des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen - nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung nachträglich zu sanieren.
Abweichend von § 46 Abs. 1 AlVG gilt gemäß § 46 Abs. 3 Z 2 AIVG, dass, hat der Arbeitslose zwecks Geltendmachung von Arbeitslosengeld bei einem Amtstag der regionalen Geschäftsstelle vorgesprochen, so gebührt das Arbeitslosengeld bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit, sofern die Vorsprache an dem auf den Eintritt der Arbeitslosigkeit nächstfolgenden Amtstag erfolgt ist.
Diese Regelung hat den Zweck, dass sich die faktische Unmöglichkeit zu früherer Antragstellung bedingt durch die Öffnungszeiten der regionalen Geschäftsstelle nicht zum Nachteil der arbeitslosen Person auswirken sollen (Beispiel: Ende Dienstverhältnis am Freitag, Geltendmachung am Montag) (vgl. Sdoutz, Arbeitslosenversicherungsgesetz (23. Lfg 2024) § 46 AIVG, Rz 799). Das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers bei der XXXX m.b.H. hat am Mittwoch, 31.07.2024, geendet. Der Beschwerdeführer hätte daher die Möglichkeit gehabt, am ersten Tag seiner Arbeitslosigkeit, sohin am Donnerstag, 01.08.2024, persönlich beim AMS vorzusprechen. Die Regelung des § 46 Abs. 3 Z 2 AIVG greift daher im Fall des Beschwerdeführers nicht.
Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer - den oben getroffenen Feststellungen folgend - erst am 02.08.2024 einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt. Zuvor hat er sich weder in der dafür vorgesehenen Form arbeitslos gemeldet noch einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt.
Da der Beschwerdeführer erst am 02.08.2024 im Zuge einer persönlichen Vorsprache beim AMS einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt hat, kann der Bezug des Arbeitslosengeldes frühestens ab diesem Tag erfolgen. Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer das Arbeitslosengeld ab dem 02.08.2024 gebührt.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.