Spruch
W156 2305845-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra KRebitz als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Alexander Wirth als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb, XXXX , StA. Großbritannien und Nordirland, gegen den Bescheid des AMS Wien Esteplatz vom 18.09.2024, Zl. ABB-Nr: XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. XXXX (Beschwerdeführerin, kurz BF) beantragte am 23.07.2024 bei der zuständigen Niederlassungsbehörde den Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ gemäß § 12c AuslBG für eine Beschäftigung bei der XXXX GmbH (mitbeteiligte Partei, kurz mbP).
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag ab, da die mbP keinen Firmensitz in Österreich habe.
3. Dagegen erhob die BF fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte im Wesentlichen aus, dass sich die XXXX in den letzten Zügen der Gründung einer Niederlassung in Österreich befinde. Sie habe einen gültigen Vertrag mit der mbP..
4. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt und Stellungnahme vor.
5. Mit Parteiengehör von 29.01.2025, wurde die mbP über die Notwendigkeit eines österreichischen Arbeitgebers informiert und um Information ersucht, ob eine Überlassung der BF an die XXXX GmbH beabsichtigt werde. Eine Zustellung an die dem Akt erliegenden deutsche Adresse war nicht erfolgreich, da an der angegebenen Adresse ein Empfänger nicht ermittelt werden konnte.
6. Mit Parteiengehör vom 27.03.2025 wurde die BF um Mitteilung einer zustellfähigen Postadresse der mbP ersucht, sowie um Information, ob eine Überlassung der BF an die XXXX GmbH beabsichtigt werde.
7. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF beantragte am 23.07.2024 bei der zuständigen Niederlassungsbehörde den Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ gemäß § 12c AuslBG für eine Beschäftigung bei der mbP als „Lead Document Controller“.
Die mbP ist unter der Handelsregisternummer XXXX im deutschen Handelsregister eingetragen und hat keinen Firmensitz in Österreich.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergaben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt.
Dass die mbP keinen Firmensitz in Österreich hat ergibt sich insbesondere aus der Einsichtnahme in das Firmenbuch sowie den vorgelegten Arbeitsvertrag der BF mit der mbP. Ebenso wird von der BF in ihrer Beschwerde bestätigt, dass die mbP derzeit keinen Firmensitz oder Niederlassung in Österreich hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Maßgebliche Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG)
Blaue Karte EU
§ 12c.
(1)
Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie über einen Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer verfügen, für eine dieser Ausbildung entsprechende Beschäftigung ein Bruttojahresgehalt erhalten, das dem Einfachen des von der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ zuletzt veröffentlichten durchschnittlichen österreichischen Bruttojahresgehalts von Vollzeitbeschäftigten entspricht, sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind und im Falle einer Beschäftigung in einem reglementierten Beruf die einschlägige Berufszugangsberechtigung nachgewiesen wird. Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft kann im Falle einer überdurchschnittlich steigenden Lohnentwicklung oder im Falle einer ungünstigen Entwicklung des Arbeitsmarktes das erforderliche Bruttojahresgehalt durch Verordnung bis zum Eineinhalbfachen erhöhen.
(2) – (5) […]
3.2. Auf den Beschwerdefall bezogen bedeutet das:
Die BF soll als Lead Document Controller bei der mbP beschäftigt werden.
In seinem Erkenntnis 15.12.2023, Zl Ra 2023/09/0139, hat der Verwaltungsgerichtshof explizit ausgesprochen, dass Voraussetzung für die Zulassung zu einer Beschäftigung als sonstige Schlüsselkraft und in der Folge der Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 12b Z 1 AuslBG ist u.a. ein konkret in Aussicht genommener Arbeitsplatz bei einem Arbeitgeber in Österreich, auf den bezogen das Vorliegen der Voraussetzungen (§ 12b Z 1, § 4 Abs. 1 sowie § 4b AuslBG) von der nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu prüfen ist, weshalb ein Austausch des Arbeitgebers im Beschwerdeverfahren nicht in Betracht kommt. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen ist die Zulassung gemäß § 20d Abs. 1 AuslBG zu versagen.
Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes hat dies sinngemäß für jegliche Beschäftigungsbewilligung zu gelten, so auch für die Erteilung der „Blaue Karte EU“ gemäß § 12c AuslBG zu gelten.
Da die mbP als Arbeitgeber keinen Firmensitz in Österreich hat, erfolgte die Versagung der Bestätigung schon aus diesem Grund im Ergebnis zu Recht.
Weitere Prüfungen waren daher nicht erforderlich.
Daher war spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.
In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).
Die BF hat keine mündliche Verhandlung in der Beschwerde beantragt. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG auch nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).
Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.
In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.
Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.
3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es gibt zwar keine eindeutige gesetzliche Regelung, aber Judikatur zu einer vergleichbaren älteren Rechtslage.