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W111 2293333-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
30. April 2025

Spruch

W111 2293333-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Werner DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, 1020 Wien, Leopold-Moses-Gasse 4, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.05.2024, Zl. 1321720904/222685716, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.03.2025 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte infolge illegaler Einreise am 28.08.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 29.08.2022 gab er an, dass er aus Deir ez-Zor stamme und Syrien im Februar 2022 illegal verlassen habe. Er sei wegen des Krieges geflüchtet, in Syrien gäbe es keine Sicherheit und das Leben sei schwer. Zudem sei er als Reservist einberufen worden.

2. Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 07.03.2024 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: „belangte Behörde“) im Beisein eines Dolmetschers für die arabische Sprache niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er an, er sei im Mai 2019 im Libanon von der Hisbollah festgenommen und dem syrischen Regime überstellt worden. Daraufhin sei er vom syrischen Regime 14 Tage lang festgehalten worden und habe einen Einberufungsbefehl als Reservist erhalten. Daraufhin sei er illegal aus Syrien ausgereist. Da er einen militärischen Befehl missachtet habe, würde er im Fall einer Rückkehr nach Syrien getötet werden.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) ab, erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für die Dauer von einem Jahr (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen sei, eine aktuelle, konkrete und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr maßgeblicher Intensität, die ihre Ursache in einem der in der GFK genannten Gründe hat, bezogen auf die Herkunftsregion glaubhaft zu machen. Insbesondere sei es nicht als maßgeblich wahrscheinlich anzusehen, dass der Beschwerdeführer seitens der syrischen Militärbehörden aufgrund des Reservedienstes gesucht werde, da er mit 42 Jahren nicht mehr unter jene Gruppe, die mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zum Reservedienst einberufen werden würde, gehöre und auch keine individuelle Einberufung glaubhaft machen habe können. Darüber hinaus sei die Heimatregion des Beschwerdeführers erreichbar, ohne über Gebiete des syrischen Regimes zu reisen.

4. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin führte er sinngemäß und zusammengefasst aus, dass er sich mit einem Alter von 42 Jahren im reservewehrdienstpflichtigen Alter befinden würde und ihm eine zwangsweise Einberufung zum Reservedienst drohe. Hinsichtlich eines Freikaufs vom Wehrdienst führte er weiters aus, dass er es ablehne, das syrische Regime durch die Zahlung einer Befreiungsgebühr zu unterstützen, wobei ihm die Option ohnehin nicht offenstehe, da er nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügen würde. Ergänzend brachte der Beschwerdeführer vor, dass ihm Verfolgung durch das Assad-Regime aufgrund einer (zumindest unterstellten) oppositionellen politischen Gesinnung, die sich in seiner Verweigerung des Einsatzes als Reservist beim syrischen Militär äußere, drohe. Daher drohe ihm im Fall einer Rückkehr nach Syrien eine Inhaftierung unter unmenschlichen Bedingungen, Folter oder der Tod. Darüber hinaus sei er wegen seiner Asylantragstellung im Ausland, der illegalen Ausreise sowie aufgrund seiner ebenso geflohenen Brüder einer Reflexverfolgung ausgesetzt. Zudem sei ihm eine sichere und legale Einreise nach Syrien nicht möglich.

5. Mit Schreiben vom 31.05.2024, hg eingelangt am 10.06.2024, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habendem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

6. Mit Schreiben vom 04.03.2025 (OZ 3) wurden der Beschwerdeführer sowie die belangte Behörde zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 25.03.2025 geladen.

7. Mit Schreiben vom 20.03.2025 (OZ 4) gab die belangte Behörde bekannt, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 25.03.2025 zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung teilnahmen. Im Zuge der Verhandlung wurde ein Konvolut an Länderinformationen seit dem im Dezember 2024 erfolgten Sturz Baschar al-Assads und dem darauffolgenden Machtwechsel ins Verfahren eingeführt und dem Beschwerdeführer hierzu die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme bis 08.04.2025 eingeräumt.

9. Mit Schriftsatz vom 02.04.2025 (OZ 6) gab der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung eine Stellungnahme ab, in der er ergänzend vorbrachte, dass ihm aufgrund seiner elf in Österreich asylberechtigten Cousins, die allesamt – so wie er selbst – Gegner des Assad-Regimes sowie der Kurden, des IS und der HTS seien, Reflexverfolgung durch die genannten Konfliktparteien drohen würde. Weiters brachte er vor, dass ihm aufgrund seiner Ableistung des Wehrdienstes beim Militär der ehemaligen syrischen Regierung unterstellt werden würde, dass er das Assad-Regime unterstützt habe, und ihm daher Vergeltungsmaßnahmen bzw. Verfolgung drohe(n) würde(n). Zudem fürchte er aus demselben Grund auch Racheakte der Zivilbevölkerung. Darüber hinaus lehne er die Politik der HTS ab, weshalb er aus politischen Gründen verfolgt werden würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein syrischer Staatsangehöriger, trägt den im Erkenntniskopf genannten Namen und ist am dort angeführten Datum geboren. Er gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.

Der Beschwerdeführer wurde im Dorf XXXX im Gouvernement Deir ez-Zor geboren und wuchs dort auf. In XXXX besuchte er auch neun Jahre die Schule, hat jedoch keinen Abschluss. Er absolvierte eine Ausbildung zum Bäcker und arbeitete sowohl in XXXX als auch im Libanon (von 2001 bis 2003 sowie von 2005 bis 2006), in Qatar (von 2006 bis 2007) und in den Vereinigten Arabischen Emiraten (von 2008 bis 2010). Von 2003 bis 2005 leistete er seinen Militärdienst als einfacher Soldat ab. In den Jahren 2010 bis 2019 pendelte er zwischen Syrien und dem Libanon.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat sechs Kinder. Seine Frau und seine Kinder, seine Mutter sowie seine Schwiegermutter leben in Syrien in XXXX . Sein Vater ist bereits verstorben. Der Beschwerdeführer hat sechs Schwestern und sieben Brüder. Fünf Schwestern sowie alle Brüder leben in Syrien. Ein Bruder lebt in XXXX , die anderen Brüder an der türkischen Grenze. Eine Schwester des Beschwerdeführers lebt in Jordanien und eine in Kuwait. In XXXX leben auch mehrere Cousins des Beschwerdeführers. In Österreich hat der Beschwerdeführer elf asylberechtigte Cousins.

Der Beschwerdeführer reiste im Februar 2022 illegal aus Syrien aus und hielt sich in der Folge für einige Monate in der Türkei auf. Im August 2022 reiste er nach Österreich, wo er am 28.08.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich den Status eines subsidiär Schutzberechtigten. Er ist strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zum Fluchtvorbringen:

Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers steht seit dem Sturz von Staatspräsident Baschar al-Assad im Dezember 2024 unter Kontrolle der Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS).

Dem Beschwerdeführer droht gegenwärtig keine Verfolgung seitens der HTS bzw. gegenwärtigen syrischen Regierung aufgrund einer (ihm unterstellten) oppositionellen politischen Gesinnung, insbesondere auch nicht wegen seiner illegalen Ausreise aus Syrien oder der Asylantragstellung und dem Aufenthalt in Österreich. Beim Beschwerdeführer handelt es sich nicht um eine besonders exponierte Persönlichkeit; er ist nicht in das Blickfeld einer der syrischen Konfliktparteien geraten und war niemals politisch tätig. Der Beschwerdeführer ist auch nicht aus anderen Gründen bedroht, von den kontrollierenden Mächten in seinem Heimatgebiet gesucht zu werden. Ebenso wenig droht dem Beschwerdeführer gegenwärtig eine Verfolgung durch andere in Syrien agierende Gruppierungen bzw. Milizen.

Im Falle einer Rückkehr nach Syrien droht dem Beschwerdeführer auch aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen seiner religiösen Gesinnung oder allgemeinen Wertehaltung) keine persönlich gegen ihn gerichtete Verfolgung. Eine drohende Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Hinsichtlich der Situation in Syrien vor dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel bzw. Sturz von Staatspräsident Baschar al-Assad wird auf das bereits im behördlichen Verfahren vorliegende „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Syrien“ (Version 11, veröffentlicht am 27.03.2024) verwiesen.

Hinsichtlich der Situation in Syrien nach dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel ergibt sich aus der Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024 wie folgt (Hervorhebungen im Original):

„1. Zusammenfassung der Ereignisse

Nach monatelanger Vorbereitung und Training (NYT 1.12.2024) starteten islamistische Regierungsgegner unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) (Standard 1.12.2024) die Operation „Abschreckung der Aggression“ – auf نن Arabisch: ردع العدوا - Rad’a al-‘Adwan (AJ 2.12.2024) und setzten der Regierung von

Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende. […]Am 30.11. nahmen die Oppositionskämpfer Aleppo ein und stießen weiter in Richtung der Stadt Hama vor, welche sie am 5.12. einnahmen. Danach setzten sie ihre Offensive in Richtung der Stadt Homs fort (AJ 8.12.2024). Dort übernahmen sie die Kontrolle in der Nacht vom 7.12. auf 8.12. (BBC 8.12.2024).

Am 6.12. zog der Iran sein Militärpersonal aus Syrien ab (NYT 6.12.2024). Russland forderte am 7.12. seine Staatsbürger auf, das Land zu verlassen (FR 7.12.2024). Am 7.12. begannen lokale Milizen und Rebellengruppierungen im Süden Syriens ebenfalls mit einer Offensive und nahmen Daraa ein (TNA 7.12.2024; Vgl. AJ 8.12.2024), nachdem sie sich mit der Syrischen Arabischen Armee auf deren geordneten Abzug geeinigt hatten (AWN 7.12.2024). Aus den südlichen Provinzen Suweida und Quneitra zogen ebenfalls syrische Soldaten, sowie Polizeichefs und Gouverneure ab (AJ 7.12.2024). Erste Oppositionsgruppierungen stießen am 7.12. Richtung Damaskus vor (AJ 8.12.2024). Am frühen Morgen des 8.12. verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 8.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 9.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 8.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 8.12.2024).

Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 9.12.2024).

Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 6.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zour im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 7.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 7.12.2024).

Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen unter dem Namen Syrian National Army (SNA) im Norden Syriens starteten eine eigene Operation gegen die von den Kurden geführten Syrian Democratic Forces (SDF) im Norden von Aleppo (BBC 8.12.2024). ج فف ج Im Zuge der Operation „Morgenröte der Freiheit“ (auf Arabisch رال ر ح ة يية - Fajr al-Hurriya) nahmen diese Gruppierungen am 9.12.2024 die Stadt Manbij ein (SOHR 9.12.2024). Die Kampfhandlungen zwischen Einheiten der durch die Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) auf der einen Seite und den SDF auf der anderen Seite dauerten danach weiter an. Türkische Drohnen unterstützten dabei die Truppen am Boden durch Luftangriffe (SOHR 9.12.2024b). […]

Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind seit Beginn der Offensive 910 Menschen ums Leben gekommen, darunter 138 Zivilisten (AAA 8.12.2024). Beim Vormarsch auf Homs waren tausende Menschen Richtung Küste nach Westen geflohen (AJ 6.12.2024). Bei der Offensive gegen Manbij wurden hingegen einige Zivilisten in Richtung Osten vertrieben (SOHR 9.12.2024).

In Damaskus herrschte weit verbreitetes Chaos nach der Machtübernahme durch die Opposition. So wurde der Sturz von Assad mit schweren Schüssen gefeiert und Zivilisten stürmten einige staatliche Einrichtungen, wie die Zentralbank am Saba-Bahrat-Platz, das Verteidigungsministerium (Zivilschutz) in Mleiha und die Einwanderungs- und Passbehörde in der Nähe von Zabaltani, außerdem wurden in verschiedenen Straßen zerstörte und brennende Fahrzeuge gefunden (AJ 8.12.2024b). Anführer al-Joulani soll die Anweisung an die Oppositionskämpfer erlassen haben, keine öffentlichen Einrichtungen anzugreifen (8.12.2024c) und erklärte, dass die öffentlichen Einrichtungen bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht von Ministerpräsident Mohammed al-Jalali aus der Assad-Regierung bleiben (Rudaw 9.12.2024).

Gefangene wurden aus Gefängnissen befreit, wie aus dem berüchtigten Sedanaya Gefängnis im Norden von Damaskus (AJ 8.12.2024c).

2. Die Akteure

Syrische Arabische Armee (SAA): Die Syrische Arabische Armee kämpfte gemeinsam mit den National Defense Forces, einer regierungsnahen, paramilitärischen Gruppierung. Unterstützt wurde die SAA von der Hisbollah, Iran und Russland (AJ 8.12.2024).

Die Einheiten der syrischen Regierungstruppen zogen sich beim Zusammenstoß mit den Oppositionskräften zurück, während diese weiter vorrückten. Viele Soldaten flohen oder desertierten (NZZ 8.12.2024). In Suweida im Süden Syriens sind die Soldaten der Syrischen Arabischen Armee massenweise desertiert (Standard 7.12.2024). Am 7.12. flohen mehrere Tausend syrische Soldaten über die Grenze in den Irak (Arabiya 7.12.2024; vgl. Guardian 8.12.2024). Präsident al-Assad erhöhte am 4.12. die Gehälter seiner Soldaten, nicht aber dasjenige von Personen, die ihren Pflichtwehrdienst ableisteten (TNA 5.12.2024). Dieser Versuch, die Moral zu erhöhen, blieb erfolglos (Guardian 8.12.2024).

Die Opposition forderte die Soldaten indes zur Desertion auf (TNA 5.12.2024). Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beobachteten, dass Hunderte Soldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie entlassen wurden (SOHR 8.12.2024). Offiziere und Mitarbeiter des Regimes ließen ihre Militär- und Sicherheitsfahrzeuge in der Nähe des Republikanischen Palastes, des Büros des Premierministers und des Volkspalastes unverschlossen stehen, aus Angst von Rebellen am Steuer erwischt zu werden (AJ 8.12.2024b).

Opposition: Obwohl Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) den plötzlichen Vormarsch auf Aleppo gestartet hat und treibende Kraft der Offensive war haben auch andere Rebellengruppierungen sich gegen die Regierung gewandt und sich am Aufstand beteiligt (BBC 8.12.2024c).

Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS): Die HTS wurde 2011 als Ableger der al-Qaida unter dem Namen Jabhat an-Nusra gegründet (BBC 8.12.2024c). Im Jahr 2017 brach die Gruppierung ihre Verbindung mit der Al-Qaida (CSIS 2018) und formierte sich unter dem Namen Hay’at Tahrir ash-Sham neu, gemeinsam mit anderen Gruppierungen (BBC 8.12.2024c). Sie wird von der UN, den USA, der Europäischen Union (AJ 4.12.2024) und der Türkei als Terrororganisation eingestuft (BBC 8.12.2024c). Der Anführer der HTS, der bisher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Joulani bekannt war, hat begonnen wieder seinen bürgerlichen Namen, Ahmad ash-Shara’a zu verwenden (Nashra 8.12.2024). Er positioniert sich als Anführer im Post-Assad Syrien (BBC 8.12.2024c). Die HTS hat in den letzten Jahren versucht, sich als nationalistische Kraft (BBC 8.12.2024b) und pragmatische Alternative zu al-Assad zu positionieren (BBC 8.12.2024c).

Der Gruppierung werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (BBC 8.12.2024c). Einem Terrorismusexperten zufolge gibt es bereits erste Videos von Personen aus dem HTS-Umfeld, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024).

National Liberation Front (NFL): Eine Reihe kleinerer Kampfgruppen, aus denen sich die NFL zusammensetzt, nahmen an der Operation „Abschreckung der Aggression“ teil, darunter die Jaish al-Nasr, das Sham Corps und die Freie Idlib-Armee. Die 2018 in Idlib gegründete NFL umfasst mehrere nordsyrische Fraktionen, von denen einige auch unter das Dach der Freien Syrischen Armee fallen (AJ 2.12.2024b).

Ahrar al-Sham Movement: Die Ahrar al-Sham-Bewegung ist hauptsächlich in Aleppo und Idlib aktiv und wurde 2011 gegründet. Sie definiert sich selbst als „umfassende reformistische islamische Bewegung, die in die Islamische Front eingebunden und integriert ist“ (AJ 2.12.2024b).

Jaish al-Izza: Jaish al-Izza: Übersetzt: „Die Armee des Stolzes“ ist Teil der Freien Syrischen Armee und konzentriert sich auf den Norden des Gouvernements Hama und einige Teile von Lattakia. Im Jahr 2019 erhielt die Gruppierung Unterstützung aus dem Westen, darunter auch Hochleistungswaffen (AJ 2.12.2024b).

Nur Eddin Zinki-Bewegung (Zinki): Diese Gruppierung entstand 2014 in Aleppo, versuchte 2017, sich mit der HTS zusammenzuschließen, was jedoch nicht funktionierte. Die beiden Gruppierungen kämpften 2018 gegeneinander, und „Zinki“ wurde Anfang 2019 von ihren Machtpositionen in der Provinz Aleppo vertrieben. Ein Jahr später verhandelte „Zinki“ mit der HTS, und ihre Kämpfer kehrten an die Front zurück, und seitdem ist die Gruppe unter den oppositionellen Kämpfern präsent (AJ 2.12.2024b).

Milizen in Südsyrien: Gruppierungen aus südlichen Städten und Ortschaften, die sich in den letzten Jahren zurückhielten, aber nie ganz aufgaben und einst unter dem Banner der Freien Syrien Armeekämpften, beteiligten sich am Aufstand (BBC 8.12.2024c). In Suweida nahmen Milizen der syrischen Minderheit der Drusen Militärstützpunkte ein (Standard 7.12.2024).

Syrian Democratic Forces (SDF): Die SDF ist eine gemischte Truppe aus arabischen und kurdischen Milizen sowie Stammesgruppen. Die kurdische Volksschutzeinheit YPG ist die stärkste Miliz des Bündnisses und bildet die militärische Führung der SDF (WiWo 9.12.2024). Sie werden von den USA unterstützt (AJ 8.12.2024). Im kurdisch kontrollierten Norden liegen die größten Ölreserven des Landes (WiWo 9.12.2024).

Syrian National Army (SNA): Diese werden von der Türkei unterstützt (BBC 8.12.2024c) und operieren im Norden Syriens im Grenzgebiet zur Türkei (AJ 8.12.2024). Der SNA werden mögliche Kriegsverbrechen, wie Geiselnahmen, Folter und Vergewaltigung vorgeworfen. Plünderungen und die Aneignung von Privatgrundstücken, insbesondere in den kurdischen Gebieten, sind ebenfalls dokumentiert (WiWo 9.12.2024).

3. Aktuelle Lageentwicklung

Sicherheitslage:

Israel hat Gebäude der Syrischen Sicherheitsbehörden und ein Forschungszentrum in Damaskus aus der Luft angegriffen, sowie militärische Einrichtungen in Südsyrien, und den Militärflughafen in Mezzeh. Israelische Streitkräfte marschierten außerdem in al-Quneitra ein (Almodon 8.12.2024) und besetzten weitere Gebiete abseits der Golan-Höhen, sowie den Berg Hermon (NYT 8.12.2024). Die israelische Militärpräsenz sei laut israelischem Außenminister nur temporär, um die Sicherheit Israels in der Umbruchphase sicherzustellen (AJ 8.12.2024d). Am 9.12.2024 wurden weitere Luftangriffe auf syrische Ziele durchgeführt (SOHR 9.12.2024c). Einer Menschenrechtsorganisation zufolge fliegt Israel seine schwersten Angriffe in Syrien. Sie fokussieren auf Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftabwehr (NTV 9.12.2024). Quellen aus Sicherheitskreisen berichten indes, dass Israelisches Militär bis 25km an Damaskus in Südsyrien einmarschiert wäre (AJ 10.12.2024).

Das US-Central Command gab an, dass die US-Streitkräfte Luftangriffe gegen den Islamischen Staat in Zentralsyrien geflogen sind (REU 9.12.2024). Präsident Biden kündigte an, weitere Angriffe gegen den Islamischen Staat vorzunehmen, der das Machtvakuum ausnützen könnte, um seine Fähigkeiten wiederherzustellen (BBC 7.12.2024).

Russland versucht, obwohl es bis zum Schluss al-Assad unterstützte, mit der neuen Führung Syriens in Dialog zu treten. Anstatt wie bisher als Terroristen bezeichnen russische Medien die Opposition mittlerweile als „bewaffnete Opposition“ (BBC 8.12.2024d).

Sozio-Ökonomische Lage:

Die Opposition versprach, den Minderheiten keinen Schaden zuzufügen und sie nicht zu diskriminieren, egal ob es sich um Christen, Drusen, Schiiten oder Alawiten handle. Gerade letztere besetzten unter der Führung Al-Assad’s oft hohe Positionen im Militär und den Geheimdiensten (TNA 5.12.2024).

Für alle Wehrpflichtigen, die in der Syrischen Arabischen Armee gedient haben, wurde von den führenden Oppositionskräften eine Generalamnestie erlassen. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie wurden untersagt (Presse 9.12.2024). Ausgenommen von der Amnestie sind jene Soldaten, die sich freiwillig für den Dienst in der Armee gemeldet haben (Spiegel 9.12.2024).

Die syrischen Banken sollen ihre Arbeit am 10.12.2024 wiederaufnehmen, die Bediensteten wurden aufgefordert, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren (Arabiya 9.12.2024).

Die HTS, die weiterhin auf der Terrorliste der UN steht, ist seit 2016 von Sanktionen des UN-Sicherheitsrates betroffen. Diplomaten zufolge war die Streichung der HTS von der Sanktionenliste kein Thema bei der jüngsten Ratssitzung (REU 10.12.2024).

Bevor der Wiederaufbau zerstörter Städte, Infrastruktur und Öl- und Landwirtschaftssektoren beginnen kann, muss mehr Klarheit über die neue Regierung Syriens geschaffen werden (DW 10.12.2024).“

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen auf den von der belangten Behörde vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Als Beweismittel insbesondere relevant sind die Niederschriften der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Erstbefragung; EB) und durch das BFA (EV) sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (VH), die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente und Unterlagen, die Strafregisterabfrage vom 09.04.2025, das bereits im behördlichen Verfahren vorliegende Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Syrien (Version 11, veröffentlicht am 27.03.2024), sowie das im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeführte Konvolut an Länderinformationen seit dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel (Beilage ./1 zur VH). Zu folgenden Feststellungen wird näher ausgeführt:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu Identität, Staatsangehörigkeit, Religions- und Volksgruppen-zugehörigkeit, Geburts- und Herkunftsort, Schulbesuch, Ausbildungsstand, Erwerbs-tätigkeiten, Ableistung des Militärdienstes als einfacher Soldat, Ausreise aus Syrien, sowie zur familiären Situation des Beschwerdeführers gründen auf den diesbezüglich gleichbleibenden und daher glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren, insbesondere im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. VH, S. 4 f). Die Feststellung, dass elf Cousins des Beschwerdeführers in Österreich asylberechtigt sind, gründet auf den im Zuge der Stellungnahme vom 02.04.2025 vorgelegten Dokumenten (Beilagen zu OZ 6). Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist gründet auf der am 09.04.2025 durchgeführten Strafregisterabfrage. Die übrigen Feststellungen gründen auf dem unbedenklichen Verwaltungs- und Gerichtsakt.

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Aus der Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024 ergibt sich in Verbindung mit einer aktuellen Nachschau auf https://syria.liveuamap.com im Entscheidungszeitpunkt, dass sich die Herkunftsregion des Beschwerdeführers seit dem Sturz des Staatspräsidenten Baschar al-Assad unter der Kontrolle der Opposition, angeführt durch die Gruppierung HTS, befindet.

Im Beschwerdeschriftsatz brachte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen vor, dass ihm im Fall einer Rückkehr nach Syrien die zwangsweise Einberufung zum Reservedienst durch das Assad-Regime drohe. Darüber hinaus drohe ihm durch das Assad-Regime auch deshalb Verfolgung, weil ihm eine oppositionelle politische Gesinnung wegen seiner Weigerung als Reservist eingesetzt zu werden unterstellt werden würde. Vor dem Hintergrund der Berichtslage, wonach der syrische Präsident Baschar al-Assad nach seinem Sturz am 08.12.2024 aus Syrien geflüchtet ist und dessen Regime seither nicht mehr existiert, ist dieses Vorbringen aufgrund der geänderten politischen und militärischen Rahmenbedingungen nicht mehr aktuell und lässt sich aus diesem keine Gefährdung des Beschwerdeführers im Fall einer (hypothetischen) Rückkehr in seinen Herkunftsstaat ableiten. Hinsichtlich des Vorbringens, dass in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers noch Reste des Assad-Regimes agieren würden und ihm deshalb Verfolgung drohe, ist festzuhalten, dass sich eine Anwesenheit von in Syrien verbliebenen Anhängern des Assad-Regimes aus der – bereits oben erwähnten – Nachschau nicht ergibt (eine solche kann lediglich im vom Heimatdorf des Beschwerdeführers ca. 400 km entfernten Westen des Landes am Internationalen Flughafen Basil al-Assad ausgemacht werden und erwähnt der „Syria-Country Focus – Country of Origin Information Report“ der EUAA von März 2025 die Anwesenheit von verbliebenen Assad-treuen Gruppen lediglich in den Küstengebieten, vgl. S. 49 des genannten Dokuments, Beilage ./1 zur VH). Doch selbst wenn man davon ausgehen würde, dass in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers tatsächlich noch verbliebene Anhänger des Assad-Regimes präsent wären, ist – aus den untenstehenden Gründen – nicht davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer eine Verfolgung durch diese drohen würde. Ebenso wenig ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer eine Verfolgung durch die gegenwärtigen Machthaber in Syrien (Haiʾat Tahrir asch-Scham – HTS) oder andere in Syrien agierende Gruppierungen drohen würde. Hierzu wird näher ausgeführt:

Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführer erstmals vor, dass ihm Verfolgung durch diverse Gruppierungen in seinem Herkunftsstaat drohen würde. So gab er im Zuge seiner Einvernahme an, dass er – neben in seiner Heimatregion agierenden Überresten des Assad-Regimes – von der FSA/SNA, den irakisch-schiitischen und vom Iran unterstützten „Volksmobilisierungskräften“, der PKK, der HTS, dem IS sowie kurdischen Milizen verfolgt werden würde. Alle diese Kräfte würden nach ihm suchen und für ihn eine Gefahr darstellen. Im Rahmen der weiteren Einvernahme stellte sich dieses Fluchtvorbringen für das erkennende Gericht jedoch aus den nachstehend angeführten Erwägungen als nicht nachvollziehbar dar:

Der Beschwerdeführer vermochte während der gesamten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht darzulegen, inwiefern auch nur eine dieser Gruppierungen an ihm ein persönliches Interesse hegen sollte und erwies sich sein Vorbringen vielmehr als eine generelle Aufzählung sämtlicher, seines Wissens nach in seiner Herkunftsregion agierender Gruppierungen/Milizen. So brachte er zu Beginn der mündlichen Verhandlung vor, dass der IS im Jahr 2016 sein Haus in XXXX angegriffen habe und nach wie vor im Umland seines Heimatdorfes aktiv sei, räumte jedoch auf Nachfragen des Richters ein, dass der Angriff willkürlich erfolgt sei und den gesamten Ort betroffen habe bzw. dieser in seiner Gesamtheit unter Beschuss geraten sei (vgl. VH, S. 4). Der Beschwerdeführer berichtete in diesem Zusammenhang sohin „nur“ von Kriegs-, nicht aber von speziell gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen. Sodann führte der Beschwerdeführer aus, dass ihm seitens der FSA/SNA Verfolgung drohen würde, da ihm diese bereits vor seiner Ausreise aus Syrien eine Kooperation mit dem Assad-Regime unterstellt habe. Hierzu ist festzuhalten, dass für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar ist, weshalb ihm eine Kooperation gerade mit dem Regime unterstellt werden sollte, das ihn – seinen eigenen Angaben im behördlichen Verfahren zufolge – zu seiner Ausreise aus Syrien Anfang des Jahres 2022 veranlasst hat. Im weiteren Verlauf der Verhandlung brachte der Beschwerdeführer sodann vor, dass der frühere Ministerpräsident Riyad HIDSCHAB aus demselben Gouvernement stamme wie sein Familienstamm. Auf Vorhalt des Richters, dass er im Fall eines Naheverhältnisses wohl kaum Probleme mit dem Assad-Regime – wie er dies noch im behördlichen Verfahren vorbrachte – gehabt hätte, schwächte er seine Aussage dahingehend ab, dass er nicht behauptet habe, dass er mit dem Ministerpräsidenten verwandt sei, sondern dieser lediglich aus derselben Provinz stammen würde wie er (vgl. VH, S. 6). Abschließend äußerte er, dass er von „Glaubensgemeinschaften“ unter Druck gesetzt werde, korrigierte sich auf Nachfragen jedoch, dass damit die zuvor bereits genannten Gruppierungen gemeint gewesen seien (vgl. VH, S. 8). Insgesamt war das Vorbringen des Beschwerdeführers äußerst vage, oberflächlich und allgemein gehalten, er wiederholte lediglich, dass alle der genannten Gruppierungen „vor Ort“ seien, inwiefern er jedoch von diesen ausgehenden und gezielt gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen aus asylrelevanten Gründen betroffen sei, legte er zu keinem Zeitpunkt dar. Auch auf Vorhalt dieses Umstandes vermochte der Beschwerdeführer sein Vorbringen nicht zu konkretisieren (vgl. erneut VH S. 6).

Hervorzuheben ist, dass es sich beim Beschwerdeführer um keine besonders exponierte Persönlichkeit handelt und er nie politisch aktiv war. So gab er bereits im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA an, dass er niemals Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei gewesen ist (vgl. EV, S. 17); auch im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte er – nach Erläuterung der Frage und mehrmaligem Nachfragen durch den Richter – nicht vor, dass er sich in irgendeiner Weise politisch exponiert hätte, sondern verlor sich in – oben teilweise bereits wiedergegeben – Erzählungen allgemeiner Natur über den ehemaligen syrischen Ministerpräsidenten und den Bürgermeister seines Heimatorts (vgl. VH, S. 6). Dass sich einer seiner elf Cousins in irgendeiner Form politisch betätigt hätte oder dies gegenwärtig tun würde, wurde vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung nicht einmal ansatzweise vorgebracht. Insofern geht auch sein Vorbringen, ihm drohe (Reflex-)Verfolgung aufgrund seiner politischen Gesinnung, die sich insbesondere in der Ablehnung der Einschränkung von Frauenrechten und Minderheiten manifestiere, bzw. der politischen Gesinnung seiner elf Cousins, ins Leere. Ein solches Vorbringen stünde auch nicht mit den vorliegenden Länderinformationen in Einklang: Dem erst kürzlich von der EUAA publizierten „Syria: Country Focus – Country of Origin Information Report“ ist zu entnehmen, dass die gegenwärtige syrische Regierung im Rahmen einer im Februar 2025 abgehaltenen nationalen Dialogkonferenz eine Abschlusserklärung verabschiedet hat, die die Ausarbeitung einer Verfassung mit Schwerpunkt auf Menschenrechten und Freiheit vorsieht. In der Abschlusserklärung wurde zudem die Bedeutung der Beteiligung von Frauen, der friedlichen Koexistenz und die Einrichtung kontinuierlicher nationaler Dialogmechanismen festgehalten (vgl. S. 20 f des „Syria: Country Focus – Country of Origin Information Report“ der Asylagentur der Europäischen Union von März 2025, Beilage ./1 zur VH).

Hinzukommt, dass der Beschwerdeführer eine Furcht vor Verfolgung durch eine der genannten Gruppierungen weder in Rahmen der Erstbefragung noch im Zuge der Einvernahme vor dem BFA nannte und ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof zwar wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben hat, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH vom 14.06.2017, Ra 2017/18/0001, mwN), es gleichwohl aber nicht generell unzulässig ist, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (vgl. VwGH 25.06.2019, Ra 2018/19/0546). Das erkennende Gericht verkennt hierbei nicht, dass sich die politische und militärische Situation im Dezember 2024 wesentlich geändert hat, jedoch ist nicht nachvollziehbar, warum eine derart hohe Anzahl von insgesamt sechs verschiedenen Gruppierungen bzw. Milizen plötzlich ein Interesse an der Person des Beschwerdeführers entwickelt haben sollte und vermochte der Beschwerdeführer hierzu auch keinen für das erkennende Gericht schlüssigen Grund zu nennen (vgl. VH, S. 8). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorbrachte, dass die Verfolgung durch sämtliche von ihm aufgezählten Gruppierungen „noch aktuell“ sei (vgl. VH, S. 3), ist für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer die befürchtete Verfolgung durch den IS, die PKK, die Volksmobilmachungskräfte oder sonstige kurdische Milizen nicht bereits im Zuge des behördlichen Verfahrens erwähnt hat. Aber auch unabhängig davon ergaben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen würden, dass er in der Vergangenheit in das Blickfeld einer der syrischen Konfliktparteien geraten wäre oder er ein Verhalten gesetzt hätte, aufgrund dessen er im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat von einer Konfliktpartei mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit als politischer Gegner wahrgenommen würde. Zusammengefasst waren die vom Beschwerdeführer getätigten Angaben rein allgemeiner Natur, ohne dass er einen substantiierten Grund für eine speziell gegen ihn gerichtete Verfolgung genannt hätte.

Am Ende der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführer ferner vor, dass ihm Reflexverfolgung aufgrund seines vom Wehrdienst desertierten Bruders drohe. Darüber hinaus wurde mit Stellungnahme vom 02.04.2025 ergänzend vorgebracht, dass ihm auch aufgrund seiner elf vom Militärdienst desertierten Cousins eine Reflexverfolgung drohe. Weiters würde ihm wegen seiner (eigenen) Ableistung des Wehrdienstes beim Militär der ehemaligen syrischen Regierung die Unterstützung des Assad-Regimes unterstellt werden und würde(n) ihm aufgrund dessen Vergeltungsmaßnahmen bzw. Verfolgung drohen. Hierzu ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass die gegenwärtige syrische Regierung bzw. die HTS eine Generalamnestie für syrische Armeesoldaten versprochen hat und daraufhin auch sog. „Versöhnungszentren“ einrichtete und einen Siedlungsprozess einleitete, der die Wiedereingliederung einer großen Zahl an ehemaligen Regierungs- und Militärangehörigen erleichtert hat; allen Wehrpflichtigen, die in der SAA gedient haben, wurde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie wurden untersagt (vgl. hierzu sowohl den „Syria: Country Focus – Country of Origin Information Report“ des EUAA von März 2025, S. 22 f und S. 26 f, als auch die Kurzinformation „Syrien – Sicherheitslage, politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ der Staatendokumentation von 10.12.2024, S. 9 f). Das erkennende Gericht übersieht nicht, dass in dem Report von Bemühungen der gegenwärtigen syrischen Regierung berichtet wird, Personen festzunehmen, die mit der Assad-Regierung in Verbindung standen, jedoch wird ebenso festgehalten, dass sich diese Kampagnen ausschließlich gegen Personen, die im Auftrag des Assad-Regimes Verbrechen begangen haben sowie ehemalige Informanten des Assad-Regimes, pro-iranische Kämpfer, Militäroffiziere und ehemalige Regierungsmitarbeiter, richteten. Dass der Beschwerdeführer unter eine dieser genannten Personengruppen fallen würde, wurde von ihm zu keinem Zeitpunkt behauptet und ergaben sich auch für das erkennende Gericht auch keine derartigen Anhaltspunkte. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 02.04.2025 nunmehr vorbringt, dass ihm auch seitens der Zivilbevölkerung Racheakte drohen würden und in diesem Zusammenhang auf die „Briefing Notes“ des deutschen Bundeamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20.01.2025 verweist, ist festzuhalten, dass darin ausdrücklich festgehalten wird, dass es sich hierbei um „Berichte über Einzelfälle“ handelt und sich daraus keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ableiten lässt, zumal der Beschwerdeführer eine derartige Befürchtung auch während der gesamten Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht äußerte.

Sohin finden sich keine ausreichend validen Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer mit verfahrensrelevanter Wahrscheinlichkeit unmittelbar konkret gefährdet ist, im Fall der (hypothetischen) Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in das Blickfeld der HTS oder einer der sonstigen Konfliktparteien – sei es die SNA, der IS, die PKK, die vom Irak geförderte und vom Iran unterstützten Volksmobilimachungskräfte, kurdische Kräfte oder Reste des Assad-Regimes – zu geraten und von diesen wegen einer ihm zugeschriebenen oppositionellen politischen Gesinnung unmittelbar und konkret persönlich verfolgt zu werden. Ebenso wenig ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Verbindung mit den der gegenständlichen Entscheidung als Sachverhalt zugrunde gelegten Länderberichten eine Gefährdung wegen seiner Volksgruppen- und/oder Religionszugehörigkeit, zumal der Beschwerdeführer sunnitischer Araber ist und keine der vorliegenden aktuellen Länderinformation darauf hinweist, dass Angehörige dieser Gruppe von einer Verfolgung betroffen wären.

Für das erkennende Gericht ergaben sich sohin weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers, das sich ausschließlich in Erzählungen gänzlich allgemeiner Natur über die am Bürgerkrieg beteiligten Gruppierungen erschöpfte, noch aus amtswegiger Wahrnehmung Anhaltspunkte, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer (hypothetischen) Rückkehr nach Syrien von irgendeiner der von ihm genannten Gruppierungen eine gezielt gegen ihn gerichtete Verfolgung aus asylrelevanten Gründen drohen würde. Vielmehr war anzunehmen, dass der Beschwerdeführer diese Aufzählung der in Syrien agierenden Gruppierungen und Milizen lediglich deshalb vorbrachte, um seinem Ansinnen nach dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel zum Erfolg zu verhelfen.

2.2.2. Hinsichtlich des Vorbringens, wonach der Beschwerdeführer aufgrund seiner Ausreise aus Syrien sowie der Asylantragstellung und des Aufenthalts in Österreich in Syrien gezielt gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlungen zu gewärtigen hätte, ist abschließend festzuhalten, dass sich seine diesbezüglichen Ausführungen auf eine potenzielle Verfolgung durch das Regime von Baschar al-Assad beziehen, welches – wie bereits ausgeführt – nicht mehr existent ist. Im Übrigen ergeben sich aus den Länderberichten auch keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte für die Annahme, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsort seitens der aktuellen Machthaber wegen seiner Flucht aus Syrien oder der Stellung des verfahrensgegenständlichen Antrags eine feindliche politische Gesinnung zugeschrieben wird. Darüber hinaus kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Stellung des Antrags auf internationalen Schutz einer der syrischen Konfliktparteien bekannt geworden ist, da es den österreichischen Behörden verboten ist, Daten über Asylwerber an Behörden aus deren Herkunftsstaat zu übermitteln. Ein Vorbringen, aus welchem abgeleitet werden könnte, dass die Asylantragstellung im Herkunftsstaat dennoch bekannt geworden wäre, wurde vom Beschwerdeführer nicht erstattet und sind auch sonst keine Hinweise hervorgekommen, die auf einen solchen Sachverhalt schließen lassen würden. Aus diesem Grund ist auch eine Reflexverfolgung des Beschwerdeführers wegen seiner elf in Österreich asylberechtigten Cousins nicht anzunehmen. Ebenso wenig wäre aus diesen Gründen eine Verfolgung durch verbliebene Assad-treuen Gruppen – sofern man davon ausginge, dass solche tatsächlich in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers präsent sind – anzunehmen.

2.2.3. Zusammengefasst ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Verbindung mit den herangezogenen Länderberichten keine Gefährdung aufgrund seiner ethnischen, religiösen oder nationalen Zugehörigkeit oder wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

2.3.1. Die Feststellungen zur Situation in Syrien vor dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel gründen auf dem bereits im Rahmen des behördlichen Verfahren vorliegenden „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Syrien“ (Version 11, veröffentlicht am 27.03.2024). Da diese Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln, und liegen gegenwärtig keine jüngeren Berichte anderslautenden Inhalts vor.

2.3.2. Die Feststellungen zur Situation in Syrien nach dem im Dezember 2024 erfolgten Machtwechsel gründen auf dem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ins Verfahren eingeführten Konvolut an seit dem Machtwechsel veröffentlichten Länderinformationen (Beilage ./1 zur VH), insbesondere auf der bei den Feststellungen näher zitierten Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024 sowie dem „Syria-Country Focus – Country of Origin Information Report“ der EUAA von März 2025. Die im Konvolut enthaltenen Berichte gründen auf verschiedenen anerkannten teilweise vor Ort agierenden staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmend und schlüssiges Gesamtbild der Situation in Syrien ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln. Der Beschwerdeführer ist diesen Berichten auch nicht substantiiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu den für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Rechtsvorschriften und der hierzu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur:

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

3.1.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH, 05.08.2015, Ra 2015/18/0024; 12.11.2014, Ra 2014/20/0069). Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH, 26.02.1997, 95/01/0454), denn die Verfolgungsgefahr – Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung – bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (VwGH, 18.04.1996, 95/20/0239), sondern erfordert eine Prognose. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt.

3.1.3. Um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu erreichen, müssen konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden (VwGH 10.03.1994, 94/19/0056). In diesem Zusammenhang hat der Betroffene die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darzustellen (EGMR 07.07.1987, Nr 12877/87, Kalema/Frankreich).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der „Glaubhaftmachung“ im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der „hierzu geeigneten Beweismittel“, insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

3.1.4. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat zurechenbar sein (VwGH, 18.02.1999, 98/20/0468). Einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz dann zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. unter vielen anderen mwN VwGH 20.05.2015, Ra 2015/20/0030; 08.09.2015, Ra 2015/18/0010).

3.2. Daraus folgt für den vorliegenden Fall:

3.2.1. Vorweg ist festzuhalten, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung ankommt. Es ist demnach für die Zuerkennung des Asylstatus zum einen nicht zwingend erforderlich, dass bereits in der Vergangenheit Verfolgung stattgefunden hat, zum anderen ist eine solche „Vorverfolgung“ für sich genommen auch nicht hinreichend. Entscheidend ist, ob die betroffene Person im Zeitpunkt der Entscheidung bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste. Relevant kann also nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Erlassung der Entscheidung vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der „Asylentscheidung“ immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. etwa VwGH 28.02.2024, Ra 2023/20/0619; mwN).

Im Entscheidungszeitpunkt ergeben sich jedoch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Verbindung mit der aktuellen Berichtslage keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer in Syrien in absehbarer Zeit Verfolgungshandlungen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu gewärtigen hätte:

3.2.2. Da sich die Herkunftsregion des Beschwerdeführers seit dem Sturz von Baschar al-Assad unter der Kontrolle der Opposition, angeführt von der Gruppierung HTS, befindet, und die Regierung von Baschar al-Assad nicht mehr besteht, geht vom Assad-Regime folglich keine Verfolgungsgefahr aus.

3.2.3. Wie in der Beweiswürdigung näher ausgeführt, liegen keine hinreichend konkreten Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer im Fall der (hypothetischen) Rückkehr in den Herkunftsstaat von irgendeiner syrischen Konfliktpartei, insbesondere von der Gruppierung HTS, als politischer Gegner wahrgenommen würde oder aus sonstigen Gründen von einer von diesen ausgehenden und gezielt gegen ihn gerichteten Verfolgung aus asylrelevanten Gründen betroffen wäre. Aus den Länderberichten ergibt sich auch nicht, dass die oppositionellen Gruppierungen, welche derzeit – mit Ausnahme des Gebiets der Demokratischen Selbstverwaltung Nord- und Ostsyriens – das syrische Staatsgebiet kontrollieren, Rückkehrende, die im Ausland um Asyl angesucht haben, gezielt verfolgen würden. Insgesamt war sein Vorbringen zu allgemein gehalten und äußerst oberflächlich und damit nicht geeignet eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer gegenwärtigen Verfolgung des Beschwerdeführers aus asylrelevanten Gründe im Fall seiner (hypothetischen) Rückkehr nach Syrien zu begründen.

3.2.4. Dem Beschwerdeführer ist es daher nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

3.2.5. Das erkennende Gericht stellt nicht in Abrede, dass die Situation in Syrien derzeit äußerst prekär und volatil ist. Aus der allgemeinen Lage in Syrien lässt sich konkret für den Beschwerdeführer jedoch kein Status eines Asylberechtigten ableiten. Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (VwGH 14.03.1995, 94/20/0798; VwGH 17.06.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (VwGH 06.11.2009, 2006/19/1125). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Anknüpfungspunkt – nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung – zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

Die prekäre Sicherheitslage in Syrien erweist sich im Fall des Beschwerdeführers als nicht asylrelevant, zumal der Beschwerdeführer nicht dargelegt hat, dass er von dieser Situation in Syrien aus Konventionsgründen individuell bzw. besonders betroffen wäre. Insbesondere zum Argument des Beschwerdeführers, dass sein Heimatort stark von Zerstörung betroffen sei und es keine Infrastruktur geben würde (vgl. VH, S. 4), ist festzuhalten, dass dieser Umstand der allgemein schlechten Lage in Syrien geschuldet ist und nicht nur den Beschwerdeführer allein betrifft. Der Beschwerdeführer hat bloß alle Staatsbürger gleichermaßen treffende Unbilligkeiten aufgrund der allgemein schlechten Lage in Syrien vorgebracht, aber keine substantiellen, stichhaltigen Gründe für das Vorliegen einer individuellen Gefahr der Verfolgung nach § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK dargetan. Im Fall des Beschwerdeführers sind keine Umstände ersichtlich, die eine ihm selbst drohende individuelle Verfolgung durch die aktuelle Lage in Syrien untermauern würden. Einer bloß allgemeinen Bedrohung durch die aktuelle Lage ist jedoch nicht mit der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten, sondern mit der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten zu begegnen; dieser Status wurde dem Beschwerdeführer bereits rechtskräftig zuerkannt.

3.2.6. Da dem Beschwerdeführer keine Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung – weder durch staatliche noch durch nichtstaatliche Akteure – droht, war die Beschwerde abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Punkt 3.1. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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