Spruch
W286 2269025-1/35E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin. Mag.a DEUTSCH-PERNSTEINER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien, vertreten durch XXXX , gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2023, Zl. 1308026110-221607369, nach Durchführung mündlicher Verhandlungen zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 17.05.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Am 18.05.2022 Tag fand seine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.
3. Am 12.01.2023 fand die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) statt.
4. Mit Bescheid vom 21.02.2023 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr (Spruchpunkt III.).
5. Mit Eingabe vom 20.03.2023 erhob der Beschwerdeführer gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides durch seine damalige bevollmächtigte Vertretung (BBU GmbH) fristgerecht Beschwerde.
6. Die belangte Behörde legte die Beschwerde und die bezughabenden Akten mit Schreiben vom 23.02.2023 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
7. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.05.2023 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren der Gerichtsabteilung W220 abgenommen und der Gerichtsabteilung W286 neu zugeteilt, wo dieses Verfahren seit 06.06.2023 anhängig ist.
8. Mit Beweismittelvorlage vom 05.07.2023 legte der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertretung folgende Beweismittel in Kopie vor: „Suchbefehl vom 20.05.2020“, „Haftbefehl des Schariagerichts XXXX vom XXXX .2019...“, „Einberufungsbefehl vom XXXX .2013“ und „Wehrbuch....“ (OZ 4). Das Bundesverwaltungsgericht veranlasste eine Übersetzung dieser Beweismittel (OZ 5, OZ 6).
9. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte eine mündliche Verhandlung für den 31.05.2024 an, zu der der Beschwerdeführer aufgefordert wurde, die Originale der unter Punkt 8. bezeichneten Beweismittel mitzubringen (OZ 9).
10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 31.05.2024 eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung zu seinen persönlichen Umständen, seinen Fluchtgründen und der Situation im Falle einer Rückkehr befragt wurde.
11. Hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung im Original beigebrachten Beweismittels, des „Einberufungsbefehls vom XXXX .2013“ ersuchte das Bundesverwaltungsgericht das BKA Abteilung Kriminaltechnik um eine urkundentechnische Untersuchung (OZ 13). Hinsichtlich weiterer in der mündlichen Verhandlung vorgelegter Beweismittel veranlasste das Bundesverwaltungsgericht eine Übersetzung (OZ 12, OZ 16).
12. Mit Stellungnahme vom 20.06.2024 beantragte die BBU GmbH unter Übermittlung eines klinisch-psychologischen Befundberichts und unter Hinweis auf die avisierte medizinische Begutachtung von „immer noch sichtbaren Folterspuren am gesamten Körper“ eine Frist zur Vorlage des medizinischen Befundes bis spätestens 15.11.2024. (OZ 14)
13. Mit Beschluss vom 01.07.2024, W286 2269025-1/15Z, räumte das Bundesverwaltungsgericht eine Frist zur Vorlage des medizinischen Befundes bis zum 15.11.2024 ein. (OZ 15)
14. Am 22.10.2024 übermittelte die BBU GmbH einen „medizinischen Befundbericht“ vom 19.09.2024. (OZ 19)
15. Am 06.11.2024 langte der Untersuchungsbericht zur kriminaltechnischen Untersuchung beim Bundesverwaltungsgericht ein (OZ 20).
16. Am 12.11.2024 legte die BBU GmbH eine Bestätigung für die Teilnahme an Therapieeinheiten vor. (OZ 21)
17. Die BBU GmbH legte am 21.02.2025 die Vollmacht zur Vertretung des Beschwerdeführers zurück. (OZ 25)
18. Am 04.03.2025 gab der nunmehrige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers die Vollmacht bekannt und übermittelte einen vorbereitenden Schriftsatz.
19. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte den Verfahrensparteien mit Parteiengehör vom 24.03.2025 die EUAA Country of Origin Information Syria vom März 2025.
20. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 26.03.2025 eine mündliche Verhandlung durch.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und er wurde am XXXX geboren. Er stammt aus dem Dorf XXXX . Er ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber sowie sunnitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Arabisch. (Protokoll der mV vom 31.05.2024 S. 6)
1.1.2. Der Beschwerdeführer schloss seine Schulbildung im Jahr XXXX mit der Matura ab und besuchte danach ein XXXX , das er während der Absolvierung seines Grundwehrdienstes auch abschloss. Der Beschwerdeführer arbeitete fortan sowohl in der elterlichen Landwirtschaft in XXXX als auch nebenbei als XXXX . Außerdem begründete er 2006 ein Dienstverhältnis mit dem dem syrischen Gesundheitsministerium unterstehenden XXXX , und zwar in der Funktion eines Securitys eines Krankenhauses in XXXX , wobei er diese Funktion nur sehr untergeordent ausübte, und vielmehr in dieser Arbeitszeit für eine Tätigkeit als Sportlehrer von Kindern in Schulen freigestellt wurde (Protokoll der mV vom 31.05.2024 S. 8 bis 10).
1.1.3. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat sieben Kinder. Seine Ehegattin und seine Kinder leben in der Türkei. Ebenso in der Türkei leben die Brüder des Beschwerdeführers. Die Schwestern des Beschwerdeführers leben nach wie vor in XXXX . Sein Vater verstarb bereits XXXX , seine Mutter im Jahr XXXX .
1.1.4. Der Beschwerdeführer leistete seinen Militärdienst in Syrien in der Zeit von September XXXX ab. (AS 61, Übersetzung Beilage ./4 zum Protokoll der mV vom 31.05.2024)
1.2. Zur Herkunftsregion und zur Reisebewegung
1.2.1. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers, das Dorf XXXX in der Nähe der größeren Ortschaft XXXX in Idlib, Syrien, befindet sich aktuell unter Kontrolle der dschihadistischen Gruppe Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), welche vormals als Al Nusra Front bekannt war.
1.2.2. Der Beschwerdeführer verließ Syrien im Jahr 2013 und reiste in die Türkei. Er verbrachte ungefähr acht Jahre in der Türkei. Dann reiste er über Griechenland, Nordmazedonien, Serbien und Ungarn weiter. Aus Ungarn reiste er unter Umgehung der Grenzkontrollen in Österreich ein. In Österreich stellte er am 17.05.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
1.3.1. Der Beschwerdeführer kann vom ehemaligen syrischen Regime („Assad-Regime“) nicht mehr zum Wehrdienst - konkret zum Reservedienst - eingezogen werden und er kann vom ehemaligen syrischen Regime auch sonst nicht mehr belangt werden. Er wurde nicht vor seiner Ausreise aus Syrien zum Reservedienst einberufen.
1.3.2. Der Beschwerdeführer wurde nicht im Jahr 2013 vom ehemaligen syrischen Regime („Assad-Regime“) aufgrund einer ihm unterstellten Unterstützung von Rebellen bzw. Milizen (der Al Nusra Front, heutige HTS) oder aus irgendeinem anderen Grund inhaftiert und gefoltert.
1.3.3. Der Beschwerdeführer wurde nicht, bevor er Syrien verließ, seitens Rebellen bzw. Milizen (der Al Nusra Front, heutige HTS), zur Unterstützung durch Trainieren der Kämpfer oder in irgendeiner anderen Weise aufgefordert. Er ist nicht dadurch, dass er solchen Aufforderungen zum Schein zugestimmt und dann aber (mitsamt seinen Brüdern) Syrien verlassen hat, ins Visier der Rebellen bzw. Milizen (der Al Nusra Front, heutige HTS) geraten.
Der Beschwerdeführer ist auch nicht in Zusammenhang mit einer Beschlagnahme oder Enteignung von Wohnungen und Grundstücken, die im Eigentum seiner Familie standen, ins Visier der Rebellen bzw. Milizen (der Al Nusra Front, heutige HTS) geraten.
In Syrien wird nicht nach dem Beschwerdeführer gefahndet. Es ergingen keine Haftbefehle oder sonstige Verfügungen von Scharia-Gerichten gegen ihn.
Dem Beschwerdeführer droht weder seitens der HTS noch durch andere Gruppierungen ein Eingriff in seine körperliche Integrität, er wird weder von der HTS noch von einem sonstigen Akteur in Syrien verfolgt.
1.3.4. Auch sonst ist der Beschwerdeführer persönlich und konkret nicht der Gefahr ausgesetzt, aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien mit der Anwendung von physischer und/oder psychischer Gewalt bedroht zu werden.
1.4. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:
Die Länderfeststellungen zur Lage in Syrien basieren auf nachstehenden Quellen:
- Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien, Version 11, veröffentlicht am 27.03.2024 (LIB);
- BAMF Zusammenfassung Briefing Notes Syrien – Juli bis Dezember 2024
- EUAA Country of Origin Information Syria: Country Focus March 2025
1.4.1. Nordwest-Syrien – Das Gebiet unter Kontrolle von Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) Situation vor dem Sturz des Assad-Regimes (Auszug LIB Staatendokumentation Version 11)
Syrische Interimsregierung und syrische Heilsregierung
Letzte Änderung 2023-07-11 09:24
Im März 2013 gab die Nationale Koalition der syrischen Revolutions- und Oppositionskräfte als höchste offizielle Oppositionsbehörde die Bildung der syrischen Interimsregierung (Syrian Interim Government, SIG) bekannt, welche die Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes im ganzen Land verwalten soll. Im Laufe der Zeit schrumpften die der Opposition angehörenden Gebiete jedoch, insbesondere nach den Vereinbarungen von 2018, die dazu führten, dass Damaskus die Kontrolle über den Süden Syriens und die Oppositionsgebiete im Süden von Damaskus und im Umland übernahm. Der Einfluss der SIG ist nun auf die von der Türkei unterstützten Gebiete im Norden Aleppos beschränkt (SD 18.3.2023). Formell erstreckt sich ihr Zuständigkeitsbereich auch auf die von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) kontrollierte Zone. Dort wurde sie von der HTS jedoch an den Rand gedrängt (Brookings 27.1.2023). Die von der HTS kontrollierten Gebiete in Idlib und Teile der Provinzen Aleppo und Latakia werden inzwischen von der syrischen Heilsregierung (Syrian Salvation Government, SSG), dem zivilen Flügel der HTS, regiert (SD 18.3.2023).
Nicht-staatliche Akteure in Nordsyrien haben systematisch daran gearbeitet, sich selbst mit Attributen der Staatlichkeit auszustatten. Sie haben sich von aufständischen bewaffneten Gruppen in Regierungsbehörden verwandelt. In Gebieten, die von der HTS, einer sunnitischen islamistischen politischen und militärischen Organisation, kontrolliert werden, und in Gebieten, die nominell unter der Kontrolle der SIG stehen, haben bewaffnete Gruppen und die ihnen angeschlossenen politischen Flügel den institutionellen Rahmen eines vollwertigen Staates mit ausgefeilten Regierungsstrukturen wie Präsidenten, Kabinetten, Ministerien, Regulierungsbehörden, Exekutivorganen usw. übernommen (Brookings 27.1.2023).
Die nordwestliche Ecke der Provinz Idlib, an der Grenze zur Türkei, ist die letzte Enklave der traditionellen Opposition gegen Assads Herrschaft. Sie beherbergt Dutzende von hauptsächlich islamischen bewaffneten Gruppen, von denen die HTS die dominanteste ist (MEI 26.4.2022). Mit der im November 2017 gegründeten (NPA 4.5.2023) syrischen Heilsregierung hat die HTS ihre Möglichkeiten zur Regulierung, Besteuerung und Bereitstellung begrenzter Dienstleistungen für die Zivilbevölkerung erweitert. Doch wie jüngste Studien gezeigt haben, sind diese Institutionen Mechanismen, die hochrangige Persönlichkeiten innerhalb der herrschenden Koalitionen ermächtigen und bereichern (Brookings 27.1.2023). In dem Gebiet werden keine organisierten Wahlen abgehalten und die dortigen Lokalräte werden von bewaffneten Gruppen beherrscht oder von diesen umgangen. Die HTS versucht in Idlib, eine autoritäre Ordnung mit einer islamistischen Agenda durchzusetzen. Obwohl die Mehrheit der Menschen in Idlib sunnitische Muslime sind, ist HTS nicht beliebt. Die von der HTS propagierten religiösen Dogmen sind nur ein Aspekt, der den Bürgerinnen und Bürgern missfällt. Zu den anderen Aspekten gehören der Mangel an grundlegenden Dienstleistungen, willkürliche Verhaftungen, Gewalt und Missbrauch (BS 23.2.2022).
In den von der Türkei besetzten und kontrollierten Gebieten in Nordwest- und Nordzentral-Syrien ist die SIG die nominelle Regierungsbehörde. Innerhalb der von der Türkei kontrollierten Zone ist eine von der Türkei unterstützte Koalition bewaffneter Gruppen, die Syrische Nationale Armee (SNA) - nicht zu verwechseln mit Assads Syrischen Streitkräften -, mächtiger als die SIG, die sie routinemäßig ignoriert oder außer Kraft setzt (Brookings 27.1.2023). Beide wiederum operieren de facto unter der Autorität der Türkei (Brookings 27.1.2023; vgl. SD 18.3.2023). Die von der Türkei unterstützten Oppositionskräfte bildeten nach ihrer Machtübernahme 2016 bzw. 2018 in diesem Gebiet Lokalräte, die administrativ mit den angrenzenden Provinzen der Türkei verbunden sind. Laut einem Forscher des Omran Center for Strategic Studies können die Lokalräte keine strategischen Entscheidungen treffen, ohne nicht die entsprechenden türkischen Gouverneure einzubinden. Gemäß anderen Quellen variiert der Abhängigkeitsgrad der Lokalräte von den türkischen Behörden von einem Rat zum nächsten (SD 18.3.2023). Die Anwesenheit der Türkei bringt ein gewisses Maß an Stabilität, aber ihre Abhängigkeit von undisziplinierten lokalen Vertretern, ihre Unfähigkeit, die Fraktionsbildung unter den Dutzenden bewaffneter Gruppen, die mit der SNA verbunden sind, zu überwinden, und ihre Toleranz gegenüber deren Missbrauch und Ausbeutung der Zivilbevölkerung haben dazu geführt, dass ihre Kontrollzone die am wenigsten sichere und am brutalsten regierte im Norden Syriens ist (Brookings 27.1.2023).
Nordwest-Syrien
Letzte Änderung 2024-03-08 11:28
Während das Assad-Regime etwa 60 Prozent des Landes kontrolliert, was einer Bevölkerung von rund neun Millionen Menschen entspricht, gibt es derzeit [im Nordwesten Syriens] zwei Gebiete, die sich noch außerhalb der Kontrolle des Regimes befinden: Nord-Aleppo und andere Gebiete an der Grenze zur Türkei, die von der von Ankara unterstützten Syrischen Nationalarmee (Syrian National Army, SNA) kontrolliert werden, und das Gebiet von Idlib, das von der militanten islamistischen Gruppe Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) kontrolliert wird. Zusammen kontrollieren sie 10 Prozent des Landes mit einer Bevölkerung von etwa 4,4 Millionen Menschen, wobei die Daten zur Bevölkerungsanzahl je nach zitierter Institution etwas variieren (ISPI 27.6.2023).
Das Gebiet unter Kontrolle von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS)
In der nordwestlichen Provinz Idlib und den angrenzenden Teilen der Provinzen Nord-Hama und West-Aleppo befindet sich die letzte Hochburg der Opposition in Syrien (BBC 2.5.2023). Das Gebiet wird von dem ehemaligen al-Qaida-Ableger Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) [Anm.: übersetzt soviel wie: Komitee zur Befreiung der Levante] beherrscht, der nach Ansicht von Analysten einen Wandel durchläuft, um seine Herrschaft in der Provinz zu festigen (Alaraby 5.6.2023). Das Gebiet beherbergt aber auch andere etablierte Rebellengruppen, die von der Türkei unterstützt werden (BBC 2.5.2023). HTS hat die stillschweigende Unterstützung der Türkei, die die Gruppe als Quelle der Stabilität in der Provinz und als mäßigenden Einfluss auf die radikaleren, transnationalen dschihadistischen Gruppen in der Region betrachtet. Durch eine Kombination aus militärischen Konfrontationen, Razzien und Festnahmen hat die HTS alle ihre früheren Rivalen wie Hurras ad-Din und Ahrar ash-Sham effektiv neutralisiert. Durch diese Machtkonsolidierung unterscheidet sich das heutige Idlib deutlich von der Situation vor fünf Jahren, als dort eine große Anzahl an dschihadistischen Gruppen um die Macht konkurrierte. HTS hat derzeit keine nennenswerten Rivalen. Die Gruppe hat Institutionen aufgebaut und andere Gruppen davon abgehalten, Angriffe im Nordwesten zu verüben. Diese Tendenz hat sich nach Ansicht von Experten seit dem verheerenden Erdbeben vom 6.2.2023, das Syrien und die Türkei erschütterte, noch beschleunigt (Alaraby 5.6.2023).
Aufgrund des militärischen Vorrückens der Regime-Kräfte und nach Deportationen von Rebellen aus zuvor vom Regime zurückeroberten Gebieten, ist Idlib in Nordwestsyrien seit Jahren Rückzugsgebiet vieler moderater, aber auch radikaler, teils terroristischer Gruppen der bewaffneten Opposition geworden (AA 29.11.2021). Zehntausende radikal-militanter Kämpfer, insb. der HTS, sind in Idlib präsent. Unter diesen befinden sich auch zahlreiche Foreign Fighters (Uiguren, Tschetschenen, Usbeken) (ÖB Damaskus 12.2022). Unter dem Kommando der HTS stehen zwischen 7.000 und 12.000 Kämpfer, darunter ca. 1.000 sogenannte Foreign Terrorist Fighters (UNSC 25.7.2023). Viele IS-Kämpfer übersiedelten nach dem Fall von Raqqa 2017 nach Idlib - großteils Ausländer, die für den Dschihad nach Syrien gekommen waren und sich nun anderen islamistischen Gruppen wie der Nusra-Front [Jabhat al-Nusra], heute als HTS bekannt, angeschlossen haben. Meistens geschah das über persönliche Kontakte, aber ihre Lage ist nicht abgesichert. Ausreichend Geld und die richtigen Kontaktleute ermöglichen derartige Transfers über die Frontlinie (Zenith 11.2.2022). Der IS sieht den Nordwesten als potenzielles Einfallstor in die Türkei und als sicheren Rückzugsort, wo seine Anhänger sich unter die Bevölkerung mischen (UNSC 25.7.2023). Laut einem Bericht des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom Februar 2023 sind neben HTS und Hurras ad-Din unter anderem auch die zentralasiatischen Gruppierungen Khatiba at-Tawhid wal-Jihad (KTJ) - im März 2022 in Liwa Abu Ubayda umbenannt - und das Eastern Turkistan Islamic Movement (ETIM) - auch bekannt als Turkistan Islamic Party (TIP) - in Nordwestsyrien präsent (UNSC 13.2.2023).
Im Jahr 2012 stufte Washington Jabhat an-Nusra [Anm.: nach Umorganisationen und Umbenennungen nun HTS] als Terrororganisation ein (Alaraby 8.5.2023). Auch die Vereinten Nationen führen HTS als terroristische Vereinigung (AA 2.2.2024). Die Organisation versuchte, dieser Einstufung zu entgehen, indem sie 2016 ihre Loslösung von al-Qaida ankündigte und ihren Namen mehrmals änderte, aber ihre Bemühungen waren nicht erfolgreich und die US-Regierung führt sie weiterhin als "terroristische Vereinigung" (Alaraby 8.5.2023; vgl. CTC Sentinel 2.2023). HTS geht gegen den IS und al-Qaida vor (COAR 28.2.2022; vgl. CTC Sentinel 2.2023) und reguliert nun die Anwesenheit ausländischer Dschihadisten mittels Ausgabe von Identitätsausweisen für die Einwohner von Idlib, ohne welche z.B. das Passieren von HTS-Checkpoints verunmöglicht wird. Die HTS versucht so, dem Verdacht entgegenzutreten, dass sie das Verstecken von IS-Führern in ihren Gebieten unterstützt, und signalisiert so ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft bei der Terrorismusbekämpfung (COAR 28.2.2022). Im Mai 2023 startete die HTS in den Provinzen Idlib und Aleppo beispielsweise eine Verhaftungskampagne gegen Hizb ut-Tahrir (HuT) als Teil der langfristigen Strategie, andere islamistische Gruppen in den von ihr kontrollierten Gebieten zu unterwerfen und die Streichung der HTS von internationalen Terroristenlisten zu erwirken (ACLED 8.6.2023; vgl. Alaraby 8.5.2023). Das Vorgehen gegen radikalere, konkurrierende Gruppierungen und die Versuche der Führung, der HTS ein gemäßigteres Image zu verpassen, führten allerdings zu Spaltungstendenzen innerhalb der verschiedenen HTS-Fraktionen (AM 22.12.2021). Im Dezember 2023 wurden diese Spaltungstendenzen evident. Nach einer Verhaftungswelle, die sich über ein Jahr hinzog, floh eine Führungspersönlichkeit in die Türkei, um eine eigene rivalisierende Gruppierung zu gründen. Die HTS reagierte mit einer Militäroperation in Afrin (Etana 12.2023). HTS verfolgt eine Expansionsstrategie und führt eine Offensive gegen regierungsnahe Milizen im raum Aleppo durch (UNSC 25.7.2023).
Rechtsschutz / Justizwesen
Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes unter HTS- oder SNA-Dominanz
Letzte Änderung 2024-03-08 19:52
In Gebieten außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes ist die Lage von Justiz und Verwaltung von Region zu Region und je nach den örtlichen Herrschaftsverhältnissen unterschiedlich (AA 2.2.2024). In von oppositionellen Gruppen kontrollierten Gebieten wurden unterschiedlich konstituierte Gerichte und Haftanstalten aufgebaut, mit starken Unterschieden bei der Organisationsstruktur und bei der Beachtung juristischer Normen. Manche Gruppen folgen dem (syrischen) Strafgesetzbuch, andere folgen dem Entwurf eines Strafgesetzbuches auf Grundlage der Scharia, der von der Arabischen Liga aus dem Jahr 1996 stammt, während wiederum andere eine Mischung aus Gewohnheitsrecht und Scharia anwenden. Erfahrung, Expertise und Qualifikation der Richter in diesen Gebieten sind oft sehr unterschiedlich und häufig sind diese dem Einfluss der dominanten bewaffneten Gruppierungen unterworfen (USDOS 11.3.2020). Auch die Härte des angewandten islamischen Rechts unterscheidet sich, sodass keine allgemeinen Aussagen getroffen werden können (ÖB Damaskus 1.10.2021).
Doch werden insbesondere jene religiösen Gerichte, welche in (vormals) vom Islamischen Staat (IS) und von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) [Anm.: HTS wird von den Vereinigten Staaten aufgrund ihrer Verbindungen zu Al Qa'ida als ausländische Terrororganisation eingestuft (CRS 8.11.2022)] kontrollierten Gebieten Recht sprechen, als nicht mit internationalen Standards im Einklang stehend charakterisiert (ÖB Damaskus 1.10.2021). Die Gerichte extremistischer Gruppen verhängen in ihren religiösen Gerichten harte Strafen wegen in ihrer Wahrnehmung religiösen Verfehlungen (FH 9.3.2023). Urteile von Scharia-Räten der Opposition resultieren manchmal in öffentlichen Hinrichtungen, ohne dass Angeklagte Berufung einlegen oder Besuch von ihren Familien erhalten können (USDOS 20.3.2023).
In Idlib übernehmen quasi-staatliche Strukturen der sogenannten „Errettungs-Regierung“ der HTS Verwaltungsaufgaben (AA 2.2.2024) und verfügen auch über eine Justizbehörde. Die Gruppe unterhält auch geheime Gefängnisse. Die HTS unterwirft ihre Gefangenen geheimen Verfahren, den sogenannten "Scharia-Sitzungen". In diesen werden die Entscheidungen von den Scharia- und Sicherheitsbeamten (Geistliche in Führungspositionen der HTS, die befugt sind, Fatwas [Rechtsgutachten] und Urteile zu erlassen) getroffen. Die Gefangenen können keinen Anwalt zu ihrer Verteidigung hinzuziehen und sehen ihre Familien während ihrer Haft nicht (NMFA 6.2021). Die COI (die von der UNO eingesetzte Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic) stellt in ihrem Bericht vom Februar 2022 fest, dass durch HTS und andere bewaffnete Gruppierungen eingesetzte, rechtlich nicht legitimierte Gerichte Urteile bis hin zur Todesstrafe aussprechen. Dies sei als Mord einzustufen und stelle insofern ein Kriegsverbrechen dar (AA 2.2.2024).
Für ganz Syrien gilt, dass nicht gewährleistet ist, dass justizielle und administrative Dienstleistungen allen Bewohnern und Bewohnerinnen in gleichem Umfang und ohne Diskriminierung zugutekommen (AA 2.2.2024). Willkürliche Verhaftungen, summarische Gerichtsverfahren und extralegale Strafen finden durch alle Kriegsparteien statt (FH 9.3.2023).
Nicht-staatliche bewaffnete Gruppierungen (regierungsfreundlich und regierungsfeindlich)
Letzte Änderung 2024-03-13 15:02
Anders als die Regierung und die Syrian Democratic Forces (SDF), erlegen bewaffnete oppositionelle Gruppen wie die SNA (Syrian National Army) und HTS (Hay'at Tahrir ash-Sham) Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf (NMFA 5.2022; vgl. DIS 12.2022). Quellen des niederländischen Außenministeriums berichten, dass es keine Zwangsrekrutierungen durch die SNA und die HTS gibt (NMFA 8.2023). In den von den beiden Gruppierungen kontrollierten Gebieten in Nordsyrien herrscht kein Mangel an Männern, die bereit sind, sich ihnen anzuschließen. Wirtschaftliche Anreize sind der Hauptgrund, den Einheiten der SNA oder HTS beizutreten. Die islamische Ideologie der HTS ist ein weiterer Anreiz für junge Männer, sich dieser Gruppe anzuschließen. Im Jahr 2022 erwähnt der Danish Immigration Service (DIS) Berichte über Zwangsrekrutierungen der beiden Gruppierungen unter bestimmten Umständen im Verlauf des Konfliktes. Während weder die SNA noch HTS institutionalisierte Rekrutierungsverfahren anwenden, weist die Rekrutierungspraxis der HTS einen höheren Organisationsgrad auf als die SNA (DIS 12.2022). Im Mai 2021 kündigte HTS an, künftig in ldlib Freiwilligenmeldungen anzuerkennen, um scheinbar Vorarbeit für den Aufbau einer "regulären Armee" zu leisten. Der Grund dieses Schrittes dürfte aber eher darin gelegen sein, dass man in weiterer Zukunft mit einer regelrechten "HTS-Wehrpflicht" in ldlib liebäugelte, damit dem "Staatsvolk" von ldlib eine "staatliche" Legitimation der Gruppierung präsentiert werden könnte (BMLV 12.10.2022). Die HTS rekrutiert auch gezielt Kinder, bildet sie religiös und militärisch aus und sendet sie an die Front (SNHR 20.11.2023).
1.4.2. Situation seit dem November/Anfang Dezember 2024 (Auszug BAMF Zusammenfassung Briefing Notes Syrien – Juli bis Dezember 2024)
02. Dezember 2024
Rebellenoffensive: Einnahme von Aleppo; auch SDF in Bedrängnis
Verschiedene Rebellengruppen aus Nordwestsyrien unter der Führung der islamistischen Hayat Tahrir al-Sham (HTS) und begleitet von Milizen, die durch die Türkei unterstützt werden, begannen am 27.11.24 in Gebiete unter Regierungskontrolle vorzustoßen und große Landesteile einzunehmen.
Aussagen türkischer Militärangehöriger zufolge planten die Rebellen zunächst eine begrenzte Offensive um Angriffe aus Regierungsgebieten zu stoppen und die Rückkehr von Geflüchteten zu ermöglichen. Was von vielen Beobachterinnen und Beobachtern als überraschend empfunden wurde, war der geringe Widerstand, den regierungstreue Kräfte der Offensive entgegenzusetzen vermochten. Bereits am 30.11.24 befand sich der Großteil Aleppos, der bevölkerungsreichsten Stand des Landes, unter der Kontrolle der Rebellen. Damit einher gingen die seit 2016 ersten Luftschläge auf Aleppo, die von der syrischen Luftwaffe im Kampf gegen die Rebellen geflogen wurden. Das russische Verteidigungsministerium gab bekannt, ebenfalls Luftangriffe auf Rebellen in den Gouvernements Aleppo und Idlib durchgeführt zu haben.
Die Offensive in Syriens Nordwesten wurde begleitet von scheinbar spontanen bewaffneten Auseinandersetzungen in anderen Landesteilen. Der UN zufolge fanden solche neben Aleppo und Idlib auch in den Gouvernements Hama, Dar’a, Rif Dimashq und Suweida statt. Bis zum Abend des 30.11.24 waren mindestens vier Ortschaften im Gouvernement Hama unter die Kontrolle der Rebellen geraten. Die gleichnamige Hauptstadt des Gouvernements konnte bisher jedoch von regierungstreuen Kräften verteidigt werden. Am selben Tag gab die syrische Armee in einer Stellungnahme bekannt, eine Gegenoffensive vorzubereiten.
Berichten zufolge machten sich nach der Übernahme Aleppos durch die islamistischen Rebellen viele Bewohnerinnen und Bewohner zur Flucht auf. Der kurdisch geführten Verwaltung in Nordostsyrien zufolge seien etwa bereits 3.000 Personen nach Osten geflohen. Vertreter der HTS gaben in Stellungnahmen bekannt, dass sich die Menschen, insbesondere religiöse oder ethnische Minderheiten, nicht vor ihrer Herrschaft fürchten müssten. Die im östlichen Teil Aleppos verbliebenen Einheiten der kurdisch geführten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) wurden von HTS aufgefordert, ihre Waffen und ihr Personal nach Nordosten zurückzuziehen, woraufhin die SDF am 02.12.24 ankündigten, einen Korridor von Ost-Aleppo und dem weiter nördlich gelegenen Tal Rifaat nach Nordostsyrien einzurichten. In der Region leben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge etwa 200.000 Kurdinnen und Kurden.57
09. Dezember 2024
Sturz der Assad-Regierung
Mit der weitgehend kampflosen Einnahme weiterer Gouvernementhauptstädte (05.12.24 Hama, 07.12.24 Homs) fiel am Morgen des 08.12.24 schließlich auch die Hauptstadt Damaskus unter die Kontrolle von Hayat Tahrir al-Sham (HTS).
Zur Offensive aus dem Nordwesten (vgl. BN v. 02.12.24) kamen spontan regionale bewaffnete Aufstände hinzu, wodurch auch die südlichen Gouvernements Suweida und Dar’a von Umstürzen erfasst wurden. Am 06.12.24 rief außerdem die russische Botschaft in Damaskus ihre Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zum Verlassen des Landes auf und das iranische Militär verließ das Land über die Grenzübergänge nach Irak und Libanon oder den Luft- bzw. Seeweg über Latakia.
Die syrische Armee verließ Medienberichten zufolge in großer Zahl ihre Posten und ließ militärisches Gerät und Ausrüstung zurück. Zu Tausenden sollen Soldaten desertiert sein, ihre Militäruniformen durch zivile Kleidung ersetzt und sich unter die Zivilbevölkerung gemischt haben. Die staatlichen Institutionen des Landes würden der HTS-Miliz zufolge zunächst unter der Aufsicht des bisherigen Premierministers stehen, der die Übergangszeit begleite. Nach gegenwärtiger Informationslage ist noch nicht bekannt, ob HTS-Kämpfer bereits in die Gouvernementhauptstädte der syrischen Küste, Latakia und Tartus, vorgedrungen sind, wo sich die große Mehrheit der Alawiten im Land und eine Machtbasis des laut Medienberichten mit russischer Unterstützung nach Moskau geflohenen ehemaligen Präsidenten Assad befindet. Abu Mohammed al-Jolani, Anführer der islamistischen HTS-Miliz, betrat am 08.12.24 medienwirksam die Umayyaden-Moschee in Damaskus, wo er eine Siegesrede über die Assad-Herrschaft und „iranische Bestrebungen“ in Syrien hielt.
Außerdem große Beachtung fand die Einnahme des berüchtigten Sednaya-Gefängniskomplexes, wo zahlreiche Männer, Frauen und Kinder befreit wurden. Die Gefängnisanlage enthält Berichten zufolge mehrere unterirdische und zum Teil verbarrikadierte Etagen, zu denen am Morgen des 09.12.24 Rettungskräfte noch immer nicht vollständig durchgedrungen waren. Eine Untersuchung durch die UN im Jahr 2016 hatte ergeben, dass während der Assad-Herrschaft so viele Menschen in den Gefängnissen zu Tode gefoltert wurden, dass sie in ihrem Bericht den Begriff „Vernichtung“ verwendet hat.
Aus den Protesten gegen die Assad-Herrschaft, die im Jahr 2011 im Zuge des sogenannten Arabischen Frühlings ihren Anfang nahmen, gelang es der Opposition nie, jenseits der Forderung nach dem Sturz der Regierung eine gemeinsame Vorstellung hinsichtlich einer neuen Staatsordnung für die Zeit nach Assad zu formulieren.58
16. Dezember 2024
Machtwechsel; Schicksal vieler Assad-Getreuer ungewiss
Am 13.12.24 kamen in Damaskus Zehntausende Menschen am Umayyaden-Platz, einem Kreisverkehr nahe der gleichnamigen Moschee im Zentrum der Stadt, zusammen, um das Freitagsgebet zu begehen und das Ende der Assad-Herrschaft zu feiern. Die Predigt in der Umayyaden-Moschee wurde von Interims-Premierminister al-Bashir gehalten. Der Anführer der Hayat Tahrir al-Sham (HTS), Ahmad al-Sharaa, der inzwischen seinen Kampfnamen Abu Mohammed al-Jolani abgelegt hat, wandte sich in einer Videobotschaft an die Bevölkerung, um ihr zu gratulieren.
Am 11.12.24 hatte al-Sharaa in einer schriftlichen Stellungnahme angekündigt, keine Begnadigungen für Personen auszusprechen, die an der Folter oder dem Mord von Häftlingen unter der Assad-Regierung beteiligt waren. Man werde die im Land verbliebenen Täter ausfindig machen und ausländische Staaten um eine Überstellung bitten. Die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) berichtete am selben Tag von Übergriffen bewaffneter Gruppen auf Personen in Wohnvierteln, die als Assad-Hochburgen bekannt waren. Es soll demnach zu Plünderungen und Einschüchterungen gekommen sein. Während prominente Assad-Anhänger wie dessen Bruder Maher oder Generalmajor Al Mamlouk Berichten zufolge nach Russland bzw. Libanon geflohen sein sollen, ist der Verbleib vieler weiterer Führungspersönlichkeiten der gestürzten Regierung ungeklärt.
Am 14.12.24 eröffnete der türkische Außenminister Hakan Fidan die türkische Botschaft in Damaskus, die seit dem Jahr 2012 geschlossen war.61
23. Dezember 2024
Statusklärungsprozesse für ehemalige Angehörige der SAA und NDF
Ehemalige Angehörige der Syrischen Arabischen Armee (SAA) und irantreuer Milizen, welche unter dem Verbund der Nationalen Verteidigungskräfte (NDF) organisiert waren, sollen nach Angaben der neuen Herrscher die Möglichkeit bekommen, einen Statusklärungsprozess zu durchlaufen, in dem festgestellt werden soll, ob die betreffende Person entweder für Verbrechen unter der Assad-Regierung verantwortlich gewesen war und eine entsprechende Strafverfolgung zu erwarten hat, oder ob sie eine Amnestie erhalten kann.
Ehemalige Soldaten, Offiziere und medizinisches Personal der SAA wurden dazu aufgerufen, sich dafür in sogenannten Versöhnungszentren zu melden, um sich auszuweisen und Waffen sowie Gerätschaften abzugeben. Einer internationalen Tageszeitung zufolge öffnete am 18.12.24 in Latakia eines der ersten solcher Versöhnungszentren auf dem Boden einer ehemaligen Sicherheitsbehörde. Am ersten Tag sollen mehr als 600 Personen erschienen sein, gefolgt von einer noch größeren nicht näher bestimmten Zahl am Tag darauf.
Alle Personen, überwiegend Männer, aber auch einzelne Frauen, würden abfotografiert und ein zunächst für drei Monate gültiges Ausweisdokument erhalten. Einem örtlichen Vertreter des Innenministeriums in Latakia zufolge müssten sich die Betroffenen im Rahmen des Aussöhnungsprozesses nach drei Monaten bei einem Sicherheitshauptquartier melden, um das Verfahren weiter betreiben zu können.
Vor dem Sturz der Assad-Regierung am 08.12.24 ist bereits im zuvor von HTS eroberten Aleppo am 06.12.24 ein sogenanntes Versöhnungszentrum eingerichtet worden.64
Ehemalige bewaffnete Oppositionsgruppen sollen in die syrische Armee eingegliedert werden
Wie syrische Staatsmedien am 17.12.24 berichteten, sollen dem Anführer von Hayat Tahrir al-Sham (HTS) zufolge alle bewaffneten Gruppen im Land aufgelöst und deren Kämpfer dem Verteidigungsministerium unterstellt werden. Unterdessen rief das neue Innenministerium Interessierte dazu auf, sich in den Polizeiakademien des Landes für den Sicherheitsdienst zu bewerben.65
Berichte über einzelne Übergriffe auf Alawitinnen und Alawiten
Dem Bericht einer internationalen Presseagentur vom 21.12.24 zufolge dokumentierte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) seit dem Sturz der Assad-Regierung am 08.12.24 mindestens 72 Fälle von Tötungen an verschiedenen ethnischen und religiösen Minderheiten. Alle Vorfälle wurden demnach in den religiös vielfältigen Gouvernements Hama, Homs, Tartus und Latakia verortet.
Zwischen dem 09.12. und 11.12.24 wurden dem Presseagenturbericht zufolge in der Ortschaft Bahra (Hama) etwa ein Dutzend Alawitinnen und Alawiten von bewaffneten Männern erschossen. In den benachbarten Ortschaften Mouaa und Um al-Amad wurden ebenfalls jeweils sechs und zwei Personen getötet. Alle drei Orte sollen inzwischen nahezu verlassen sein, nachdem die Bewohnerinnen und Bewohner nach Tartus geflohen seien.
Am Wochenende des 20.12. und 21.12.24 soll daraufhin die HTS-Miliz ein Treffen veranstaltet haben, zu dem sunnitische und alawitische Würdenträger aus den Ortschaften Rabia, Tizin, Metnine und Mouaa erschienen sein und ein Ende der gewalttätigen Übergriffe beschlossen haben sollen.66
1.4.3 Aktuelle Lageentwicklung (Auszug EUAA Country of Origin Information Syria: Country Focus March 2025)
1. Political and human rights developments
Map 2: The Syrian Mosaic Post-Assad, © The Washington Institute for Near East Policy, Fabrice Balanche19
1.2. Political developments
a) Political transition
Following the fall of Bashar Al-Assad’s government on 8 December 2024, a transitional administration was created. Former Prime Minister Mohammed Al-Jalali formally transferred power to Mohammed al-Bashir, the newly appointed transitional prime minister,99 in order to ensure the continuation of state functions, as explained by Al-Jalali, including the payment of public-sector salaries.100
Al-Sharaa stated that the organisation of national elections could take up to five years due to the necessity of reconstructing the electoral infrastructure. He further asserted that Syria would be structured as ‘a republic with a parliament and an executive government.’101 On 29 December, Ahmad al-Sharaa outlined a multi-year roadmap involving the drafting of a new constitution within three years and subsequent elections, alongside plans for a National Dialogue Conference to promote reconciliation and inclusivity. As part of the transition process, Al-Sharaa emphasised the importance of preserving national unity, rejecting federalism.102 Initial negotiations were held with the SDF and Kurdish National Council (KNC) to involve Kurdish factions in the political process.103 But the National Dialogue Conference, initially planned for early January was later postponed to establish a broader preparatory committee representing all segments of Syrian society.104 It eventually took place on 25 February 2025, preceded by preparatory workshops at a local level.105 It convened in Damascus with around 600 participants, with its closing statement emphasising Syria's territorial integrity, condemning Israeli incursions, and calling for a withdrawal. It further set out the adoption of a temporary constitutional declaration, the formation of an interim legislative council, and the preparation of a draft permanent constitution focused on human rights and freedom. The closing statement further mentioned the importance of women's participation, peaceful coexistence, and the establishment of ongoing national dialogue mechanisms.106 The conference, however, faced criticism for being hastily organised and insufficiently representative.107
At the end of January, the transitional administration declared the annulment of Syria’s 2012 constitution and the disbandment of the former government’s parliament, military, and security agencies. Al-Sharaa stated that he would establish an interim legislative council to assist in governance until the adoption of a new constitution.108
(c) Military reforms
Prior to their entry into Damascus on December 8, the HTS pledged to maintain Syria’s institutional framework, later declaring a general amnesty for Syrian army soldiers.121 The transitional government consequently initiated a settlement process (for more information see section 1.3.1), which facilitated the reintegration of large numbers of former government and military personnel, including high-ranking officials, some of whom were involved in significant wartime abuses, such as Fadi Saqr. Next to the voluntary settlement procedures taking place, the Military Operations Administration (MOA), the umbrella command centre122 of the new HTS-led transitional administration, tracked down individuals evading settlement.123 As part of these campaigns previous officers were arrested, while others were released after it was established that they had not participated in abuses. According to Etana, concerns arose over a lack of process, as reports suggest executions of low-level militiamen, which authorities are framing as isolated acts of community revenge.124 The Syrian Observatory for Human Rights (SOHR), a UK-based monitoring organisation, reported in mid-January that 8000 individuals struck reconciliation deals at the MOA centers in Sallamiyah, Hama within a few days. The number of officers and members of the previous government’s forces in prisons such as Adra, Hama, and Harim increased to over 9 000, including 2 000 who were returned from Iraq. Most were arrested after being caught in raids or checkpoints.125
The transitional government further abolished conscription,126 except in situations such as national emergencies.127 According to Samir Saleh, member of the military command in Damascus countryside, the Syrian army is going to be an army of volunteers in which the population will be encouraged to participate, with the aim to secure the country’s borders.128
Previous defectors, such as officers from the Free Syrian Army (FSA) will be given a special status within the structure of the Ministry of Defense, depending on their expertise.129 On December 29, a list of 49 new military commanders was published, including members of HTS, defected officers from the Syrian army, and at least six non-Syrians, with the seven highest-ranking positions reportedly filled by HTS members.130 Finally, the transitional government committed to integrating all rebel factions into the Ministry of Defense.131 Between January and February 2025, the interim ministries of Defense and Interior undertook efforts to unify all armed factions into a single military and police force. The Ministry of Defence reported that over 70 factions across six regions had agreed to integrate, and a Supreme Committee was established to regulate military assets, including personnel, bases, and weaponry. On 29 January, the interim government formally announced the dissolution of all opposition parties and military groups, though the extent to which this
applied to the SDF remained unclear. The SDF initially resisted integration, particularly after ist proposal to join as a semi-autonomous entity was rejected by the Defence Ministry, which accused it of delaying negotiations,132 but in early March it was announced that the SDF signed a deal to integrate their armed forces and civilian institutions into the new Syrian government.133 By mid-February, the transitional administration had successfully integrated around 100 armed factions, including the U.S.-backed Syrian Free Army, into a new Syrian military and Ministry of Defense. However, some factions, such as the one of Ahmad al-Awda in southern Syria and various Druze military groups, remained resistant.134 The armed factions of Sweida governorate remained fully intact, with two new military bodies emerging in January.135
1.3. Treatment of certain profiles and groups of the population
1.3.1. Persons affiliated with the government of Bashar Al-Assad
Upon its takeover of power, the transitional administration did not pursue a sweeping de- Baathification process akin to Iraq’s post-war policies and the offices of the Baath Party were not systematically targeted. In December, the Baath Party leadership suspended activities.155 At the end of January, it was announced that the party had been dissolved.156 From the outset, the new authorities announced that soldiers who had been recruited under compulsory service were safe, and it was forbidden to assault them. On 9 December, the MOA issued a general amnesty for all military personnel conscripted under compulsory service.157 The new administration subsequently established so-called ‘reconciliation centres’ to provide temporary civilian identity cards to former members of the police, military, intelligence services, and pro-Assad militias who surrender their weapons.158 These reconciliation centres oversee the process by which former regime affiliates surrender their weapons and register their personal information in exchange for temporary identification cards. These cards grant limited legal protection and safe passage, but the process lacks transparency, follows inconsistent criteria, and is influenced by security agencies, with many applicants facing complex bureaucratic hurdles.159 In late December, the BBC reported significant participation, with hundreds of individuals queuing at a reconciliation centre in Damascus.160
In January and February, local media and organisations following the events in Syria reported that the new administration granted amnesty to some high level figures associated with the Assad government, such as Fadi Saqr, previous leader of the National Defence Forces.161 The MOA was further said to have granted reconciliation to collaborators of Maher Al-Assad, such as businessmen who sponsored his activities,162 as well as Major General Talal Makhlouf, leader in the Assad government’s Republican Guard.163 Concurrently, the collapse of Bashar
Al-Assad’s government prompted numerous senior officials and associates of the ruling family
to flee to Lebanon. However, Lebanese authorities expelled Syrian officers and soldiers who
had entered illegally, returning them to Syria, where they were detained by the new
administration.164
By the end of December, the transitional administration intensified efforts to apprehend individuals associated with the ousted government.165 Authorities claimed their arrest campaigns target only individuals who committed crimes on behalf of the Assad regime.166 Campaigns in Deir Ez-Zor, Aleppo, and Tartous focused on confiscating illegal weapons and apprehending suspects involved in illegal activities.167 Nearly 300 individuals were detained in one week alone across Damascus, Latakia, Tartous, Homs, Hama, and Deir Ez-Zor, including former regime informants, pro-Iranian fighters, and lower-ranking military officers. According to SOHR, some detainees accused of having provided intelligence to the Assad government were reportedly executed immediately after their arrest.168 On 10 January, SOHR reported that fighters associated with the transitional administration publicly executed Mazen Kneneh, a local official accused of serving as an informant for the ousted president Assad.169 In February, further extrajudicial killings of former affiliates of militias supportive of Bashar Al-Assad were reported, such as the assassination of four members of the Meido family, who were part of a local militia, which had fought alongside the previous government. According to SOHR, extrajudicial and revenge killings resulted in the deaths of 287 individuals between the start of 2025 and middle of February 2025.170 Operations continued throughout January, with members of the general security administration inspecting houses, looking for weapons and individuals who had not reconciled with the transitional administration.171 Extensive military and security operations across key regions, such as the coastal cities, Homs, Hama, Aleppo, and Damascus involved raids, weapons searches, and the further detention of hundreds of individuals.172 The operations focused on former military fighters and ex-government personnel and resulted in significant amounts of weapons and ammunition seized. The arrested individuals were transported to Homs Central Prison, Hama Central Prison, and Adra Prison in the Rural Damascus area. Additionally, videos posted online showed detainees, apprehended during these operations, enduring physical and verbal mistreatment, including assaults and humiliating treatment.173
According to the Syria Justice and Accountability Center, these security operations resulted in various human rights violations, including the reported death of detainees in custody and the arrest of relatives of wanted individuals, affecting both former Assad government affiliates and unrelated civilians.174 By mid-January, the SOHR reported that over 9 000 combatants and officers remained detained, amid allegations of torture and restricted communication with
families.175 Information by the Syrian Network for Human Rights (SNHR) match the allegations of torture, as reported by families who had bodies of family members returned after their detention by the General Security Directorate.176 Concurrently, SOHR reported that 275 detainees from the Central Homs Prison were released following a determination of their
innocence in war crimes committed against the Syrian population.177 In January 2025, the transitional administration freed around 641 individuals, mainly from the governorates of Homs, Hama, and Latakia, who had been held in detention for durations spanning a few days to a month, with the majority being released in small groups from Homs Central Prison.178 At the beginning of February, the Ministry of Information imposed a prohibition on conducting interviews with or disseminating statements attributed to individuals affiliated with the former government.179
Since the takeover by the transitional administration, remnant pro-Assad groups have conducted small-scale, targeted hit-and-run attacks against its security forces across Syria.180
These attacks have prompted the authorities to launch operations to capture the culprits which at times resulted in civilian casualties.181 In early March, coordinated attacks by pro- Assad groups on security forces, particularly in the coastal areas, led to a significant escalation which resulted in large numbers of civilian casualties, mostly from the Alawite community.182
Next to the transitional administration’s operations, incidents of suspected revenge acts, including killings, kidnappings, and arson, by unidentified groups have been documented, though their scale remains unclear. At the end of December, three Alawite judges in Masyaf, responsible for property disputes, were killed, an act condemned by the transitional administration.183 In January, SOHR reported the execution of 15 people, including officers of the former government, by unidentified gunmen in Homs governorate. Furthermore, 53 people were arrested and brought to unknown locations.184
2. Armed actors
2.1.1. Hay’at Tahrir al-Sham (HTS) and allied groups
HTS was the largest component of the operation ‘Deterrence of Aggression’334 with an estimated 30 000 fighters.335 A Syrian economist gave a lower figure of 10 000 for the number of HTS fighters.336 HTS was reportedly divided into six brigades, special forces and an elite force known as the ‘Red Bands’.337 The International Crisis Group assessed HTS forces to be stretched thin following their offensive to overthrow the government, being in urgent need of more personnel and resources.338 A notable allied faction joining the offensive was the Türkiye-backed National Liberation Front (NLF), a component of the SNA.339 For more
information on the SNA, see section 2.1.2. Jaish Al-Izza, an opposition group present in northern Hama and parts of Latakia, with 2 000 to 5 000 fighters according to 2019 estimates, also reportedly joined the push into government territory.340 The pan-Arab daily Al-Quds Al- Arabi estimated the overall size of HTS and its allied factions to be about 43 000, with more than half of those troops maintaining their presence in their original areas of operation after pushing the government troops out, especially in northern Hama countryside, southern Idlib countryside, and western and southern Aleppo countryside.341
HTS and its allied factions, who had previously coordinated in Idlib under the Fateh Al-Mubin Operations room, formed the Military Operations Administration (MOA)342 in light of operation Deterrence of Aggression.343 It is made up of high-ranking members of the SSG that previously operated in Idlib.344 Following the overthrow of Bashar Al-Assad, troops comprising the MOA became the primary military force on the ground.345 On 24 December 2024, the MOA announced the dissolution of all military factions and their integration under the Ministry of Defence.346 HTS itself announced that it would lead by example, dissolve as an armed group and integrate into the armed forces.347 Among the first steps of establishing a new army was to promote some leaders of the individual factions as well as some defected officers into certain military ranks.348 Among those promoted were purportedly several foreign Islamist fighters of Albanian, Tajik and Uyghur origin.349 Following the ouster of Bashar Al-Assad, most soldiers as well as policemen either fled or were suspended.350 HTS has relied on its General Security units formerly active under its administration in Idlib as well as units under the MOA to support and supplement local police forces.351 Furthermore, recruitment centres were opened in
provinces formerly under Assad’s control to rebuild the police force.352
As of January 2025, the HTS-led coalition was in control of most areas previously held by the Assad government until early December 2024,353 amounting to just over 60% of Syrian territory.354 During its December offensive, the HTS further took control of the city of Deir Ez- Zor previously held by the SDF.355 At the end of January 2025, the MOA seized a strategically important area near Zamla oil field south of Raqqa in the Syrian desert, a deployment that was assessed to aim at containing ISIL activity while also putting pressure on SDF troops stationed on the southwestern bank of Lake Assad.356 In the country’s south, the MOA as of mid-January was still in talks with the former Fifth Corps and specifically its Eighth Brigade regarding their dissolution (see section 2.1.3), but managed to deploy its own troops in Jadal, Mseika, Mismiyeh and Lajat.357 In Afrin city in northern Aleppo governorate, troops from the Syrian Transitional Administration at the beginning of February 2025 arrived to take over control from the SNA.358
Since the fall of Assad, HTS has relied on its own units and close allies to secure governorates predominantly populated by minorities. Thus, unlike in other areas such as Homs, the SNA has been largely absent from coastal areas with Alawite populations359 where support for Assad has reportedly been strong.360 Etana noted that Idlib’s security landscape in particular had considerably changed following Assad’s fall, with much of the military presence relocated to key strategic areas in Aleppo, Homs, Damascus, Latakia and Tartous.361 During operation ‘Deterrence of Aggression’, HTS reportedly took over weapon depots and armoured vehicles from the Syrian Arab Army.362 Following Al-Asad’s ouster, hundreds of Israeli airstrikes reportedly resulted in the destruction of the country’s military stocks and defence infrastructure, as well as most of its missile systems and tanks.363 The newly appointed interim Defence Minister Murhaf Abu Qasra in an interview recounted how HTS had established its own military industry in Idlib, building drones for reconnaissance, drones armed with explosives and suicide drones as well as manufacturing armoured vehicles. They further developed their own artillery systems.364
During its offensive, HTS reportedly made efforts to avoid harming the civilian population.365 Furthermore, some areas that were previously held by the SDF were taken over based on agreements.366 Even so, six students were killed by rockets fired by the rebels which landed on a student dormitory in Aleppo city.367 Following its takeover of power, there were several reports of abuse being committed by HTS forces during security operations in Alawite areas, such as individuals killed in raids368 and detainees being held incommunicado.369 Especially foreign fighter groups under the MOA as well as the HTS elite forces ‘Red Bands’ were accused of committing violations during raids such as harassment and intimidation and in a few instances killings.370
4. Recent security trends
Map 3: Assessed Control of Terrain in Syria, © Institute for the Study of War and AEI's Critical Threats Project, 3 March 2025573
4.1. Areas under the control of the Transitional Administration
On 27 November 2024, HTS and allied Türkiye-backed factions started a lightning military offensive in northwestern Syria that eventually led to the collapse of Assad’s rule. This operation followed a marked intensification of attacks by troops of the Assad government574 and Russian forces, with ACLED recording 684 aerial and artillery strikes across in oppositionheld territories in northern Syria between 1 October and 26 November. These strikes reportedly caused at least 39 deaths among militants and civilians.575
Concurrently with the HTS-led offensive launched on 27 November, assassinations, Israeli strikes, ISIL attacks, and indiscriminate gunfire in the areas formerly controlled by the Assad government led to multiple deaths of civilians.576 Aerial strikes by pro-Assad forces, including by Russian aircraft, killed dozens of civilians in Idlib city between 27 November and 2 December 2024,577 including 22 civilians in a series of strikes that hit a market and five residential areas on 1 December,578 as well as in strikes targeting a hospital in Aleppo city (1 December)579 and areas in Aleppo’s western countryside (between 27 and 30 November).580
Meanwhile, four students were killed when a HTS rocket hit their Aleppo dormitory (29 November 2024).581 By 12 December 2024, more than 1.1 million people had been newly displaced due to the escalation in hostilities since the beginning of the offensive.582 As of February and early March 2025, the territories controlled by the Military Operations Administration (MOA), the umbrella command centre583 of the new HTS-led transitional administration, encompassed most of western, central and southern Syria as well as the western Euphrates bank in Deir Ez-Zor. These areas included the cities of Damascus, Idlib, Aleppo, Hama, Homs, as well as the coastal cities of Latakia and Tartous.584 Sources noted that the control of the new authorities remained fragmented in certain areas.585 While their control in the cities of Damascus, Aleppo and Hama was reportedly effective,586 in areas of Homs, rural Hama and southern Syria (Dar’a and Sweida governorates)587 the MOA forces are overstretched and competing with other autonomous armed factions.588 The coastal areas of Latakia and Tartous have been prone to attacks on security forces589 and sectarian violence590 in the aftermath of Assad’s fall (for more information see section 4.1.2).
According to ACLED data, the districts most affected by security incidents (battles, explosions/remote violence, violence against civilians) during the reporting period were the districts of Ain Al Arab/Kobane (401 incidents) and Jebel Saman (307 incidents) (both Aleppo governorate) and Deir Ez-Zor district (258 incidents) of Deir Ez-Zor governorate.591 Meanwhile, among all governorates, the fewest security incidents were recorded in Tartous (40 incidents).592 In the coastal areas, the highest number of security incidents was recorded in the district of Latakia (47 incidents).593 The highest number of security incidents in southern Syria was recorded in the districts of Dar’a (75 incidents), Izra (66) and Quneitra (57 incidents).594
4.1.1. Criminality, lawlessness and sectarian violence
Insecurity and volatility of the security situation due to criminality and lawlessness were reported to be prevalent in various regions.595 The coastal areas have been affected by incidents of assault, targeted attacks596 and killings of civilians,597 attacks at checkpoints, robberies, looting and kidnapping.598 Instances of killings by unidentified men/armed groups,599 kidnappings and looting were similarly reported in Rural Damascus.600 Deadly attacks on civilians were further recorded in Idlib,601 Hama, and Yarmouk camp in Damascus.602 According to Civil Peace Group in Syria, a civil society organisation, Homs city witnessed 64 kidnappings between 9 December 2024 and mid-February 2025, including at least 13 civilians. These kidnappings gradually increased over December 2024, peaking on 27 December until they declined to zero in January before surging again. 19 of these abductees were killed.603
As Gregory Waters assessed, most of these crimes were committed by civilians and gangs not linked to the transitional administration, although some local commanders and rank-and-file soldiers have been involved in kidnappings of Alawite civilians on sectarian grounds.604 Areas such as Damascus, Latakia and Tartous further remained prone to sectarian tensions amid an absence of formalised security mechanisms.605
According to the SOHR, in January 2025, assassinations and retaliatory attacks, including on sectarian and politically grounds, increased significantly in the areas controlled by the transitional administration, with the highest rates recorded in Homs (91 fatalities, including 59 sectarian killings), Hama (46 fatalities, including 28 sectarian killings) and Latakia (15 fatalities, including 13 sectarian killings).606 In January, ACLED recorded that over 176 civilians, including some former fighters of the Assad government, had been killed by unidentified gunmen.607 In Homs city and the rural areas of Homs and Hama, security forces have reportedly been overstretched and relied on minimally trained recruits, allowing unrest to persist since Assad’s fall.608 In Homs and some parts of Hama, cases of local sectarian retribution by Sunnis against
Alawites have been reported to be a serious issue.609 There was a proliferation of unverified reports of punitive raids, disappearances and murders on social media, allegedly showing HTS fighters beating610 or inciting violence against Alawites.611 As Gregory Waters noted, the more serious attacks against Assad remnants tended to occur in rural areas characterised by high concentrations of former ‘shabiha’612 (armed gangs that supported Assad)613 and limited presence of security forces.614 However, such targeting of former Assad loyalism has also been reported in Damascus.615 In some of these cases, which continued to February 2025,616 the perpetrators remained unidentified.617
4.5.5. Displacement and return
The number of individuals newly displaced by conflict since 27 November 2024 saw an initial large wave that peaked at 1.1 million people on 12 December.881 These initial displacements, driven by fear of the escalating armed conflict,882 were mainly recorded in Hama and Aleppo,883 including in Aleppo city, western Aleppo884 and notably Tall Rifaat885 and Manbij,886 following the takeover of the two cities by Türkiye-backed armed factions.887
UN sources subsequently estimated the number of newly displaced since late November 2024 who remained in displacement at 859 460 as of 18 December 2024,888 around 627 000 on 10 January 2025,889 and 650 000 as of 5 February 2025.890 In early 2025, UNOCHA noted additional waves of conflict-related displacements from the Manbij area, with up to 15 000 displacements in mid-January 2025,891 followed by more than 25 000 later the same month.892
Sources estimated the number of people who had fled the SNA offensive in northern Syria in early December 2024 at between 100 000893 and 120 000.894
Following the downfall of Assad, returning IDPs moved to reach areas previously controlled by the former government, including in Aleppo, Hama, Homs, and Damascus.895 UN sources estimated that the number of newly displaced people returning to their home bases had increased to more than 522 000 by 10 January 2025.896 At the same time, return movements from IDP camps remained ‘steady but minimal’, with the Camp Coordination and Camp Management (CCCM) Cluster quoted as saying in late January 2025 that around 57 000 people had departed from camps since 3 December 2024. These returnees were mainly comprised of individual families or men returning to reunite with their families or assess the condition of their homes.897
Map 6: Overview of IDPs and IDP returnees by governorate898
According to UNHCR estimations, by 26 February 2025, an estimated 885 294 IDPs had returned, while about 7.4 million remained internally displaced. The governorates that saw the largest share of IDP returns were Aleppo with 425 705 IDP returns, followed by Hama with 155 561 and Idlib with 116 053 IDP returns.899
As UNOCHA noted, reported concerns influencing IDPs’ return decisions included destruction of property, inadequate infrastructure, insecurity, as well as access to civil documentation and judicial services, including documents regarding housing, land, and property rights (not all civil registries and courts were operational as of the end of January 2025).900 Another critical concern that has been raised was contamination with unexploded war remnants.901
4.5.6. Returns from abroad
According to UNHCR estimates, between 8 December 2024 and late February 2025, some 297 292 Syrians returned to Syria from abroad. Of these refugees, 53 % returned from Lebanon, 25 % from Türkiye and 14 % from Jordan.902 Voluntary returns from Türkiye, amounting to 35 114 as of 30 December 2024 according to Turkish government figures,903 mainly involved Syrians returning alone, including persons seeking to assess the situation in Syria prior to reuniting with their families.904
Map 7: Overview of returns by governorate905
UNHCR indicated that, from the beginning of 2024 until late February 2025, the governorates
where returnees from abroad mainly returned were Aleppo (with an estimated 143 680 returnees) and Raqqa (112 951 returnees), followed by Dar’a (72 007), Homs (69 624), Rural
Damascus (62 738) and Idlib (46 273).906
It is not clear if all the returns are permanent. According to a Refugees International report,
many Syrians return to inspect their land, evaluate security and economic conditions following the Assad regime’s collapse, or reunite with family. For others, returning is a necessity rather than a choice, as deteriorating conditions in host countries - marked by economic hardship, rising living costs, and limited opportunities - have made life increasingly unsustainable.907 Information on the treatment of returnees from abroad could not be found within the time constraints of this report.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
2.1.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, zudem ergaben sich bei einer Untersuchung des (am XXXX .2013 ausgestellten und bis XXXX .2019 gültigen) Reisepasses des Beschwerdeführers, der die gleichen Identitätsdaten ausweist, keine Hinweise auf das Vorliegen einer Verfälschung . (AS 43, Untersuchungsbericht AS 107ff Protokoll der mV vom 31.05.2024 S. 6)
2.1.2. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit und seiner Muttersprache sowie zu seiner Schulbildung und seiner Berufserfahrung gründen sich auf die diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben vor der Behörde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und vor der belangten Behörde. (AS 45 und 47, Protokoll der mV vom 31.05.2024 S. 6, 8 bis 10)
2.1.3. Die Feststellungen zu seinen Familienangehörigen und seinem Familienstand, gründen sich auf die diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben vor der Behörde und in der mündlichen Verhandlung.
Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen bzw. nachvollziehbar aktualisierten Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln, die den Feststellungen zu Punkt 1.1.1., 1.1.2. und 1.1.3. zugrunde liegen.
2.1.4. Die Feststellung zur Ableistung des Militärdienstes ergibt sich aus den stringenten Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren, die mit den Daten in dem von ihm beigebrachten Militärdienstbuch übereinstimmen. (AS 61, Übersetzung Beilage ./4 zum Protokoll der mV vom 31.05.2024)
Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln, die der Feststellungen zu Punkt 1.1.4. zugrunde liegen.
2.2. Zu den Feststellungen zur Heimatregion des Beschwerdeführers:
2.2.1. Die Feststellung zur Gebietskontrolle in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers, dem Dorf XXXX in der Nähe der größeren Ortschaft XXXX in Idlib, Syrien, ergibt sich aus den vorliegenden Länderberichten, die mit der unten abgebildeten aktuellen Gebietskontrollkarte übereinstimmen.
(Quelle: https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html, abgerufen am 26.03.2025)
2.2.2. Der Zeitpunkt der Ausreise, der lange Aufenthalt in der Türkei und die Aufenthalte in durchreisten Staaten ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung (AS 21), der lange Aufenthalt in der Türkei ist zudem durch den als Ablichtung vorgelegten türkischen Kimlik belegt. Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.
2.3. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es auch am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Das Asylverfahren bietet, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0143-8, wieder betonte, nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.
Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (vgl. VwGH 29.05.2006, Zl. 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.
Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist vor allem auf folgende Kriterien abzustellen: Das Vorbringen des Asylwerbers muss – unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten –genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
Insgesamt ist darauf hinzuweisen, dass nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr für eine Asylgewährung relevant sein kann; sie muss bei Erkenntniserlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
2.3.1. Zum Vorbringen einer Verfolgung durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) wegen einer Entziehung vom Reservedienst beim Militär:
2.3.1.1. Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren vor, dass er in Syrien den Reservedienst machen hätte müssen. In der Erstbefragung am 17.05.2022 nannte er den Reservedienst neben der kriegsbedingt allgemein sehr gefährlichen Situation in Syrien als einzigen Fluchtgrund - er wolle nicht Menschen töten bzw. selbst im Krieg getötet werden (AS 22). In der Einvernahme vor der belangten Behörde führte er (neben dem unter Punkt 2.3.2. behandelten Vorbringen zur Inhaftierung und Folter durch das „Assad-Regime“) erneut aus, dass er Syrien (auch deshalb) verlassen habe, weil er Angst gehabt habe, dass er zum Reservedienst beim syrischen Militär rekrutiert werde (AS 59).
Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer glaubhaft gemacht hat, dass er den Militärdienst von XXXX absolviert hat - auf die Feststellung unter Punkt 1.1.4. und die Beweiswürdigung unter Punkt 2.1.4. sei an dieser Stelle verwiesen.
Hinsichtlich seines Vorbringens zum Reservedienst begab sich der Beschwerdeführer allerdings in einen gravierenden Widerspruch:
Vor der belangten Behörde wurde er am 17.05.2022 ganz konkret gefragt, ob er zum Reservedienst rekrutiert worden sei. Darauf antwortete er: „Ich weiß es nicht, offiziell habe ich keinen Rekruiterungsbefehl bekommen, aber allgemein gehe ich davon aus, sie haben Männer bis zum 42. Lebensjahr zum Reservedienst geholt.“ (AS 61). Auch zuvor hatte er in dieser Einvernahme ganz klar ausgeführt, dass es für ihn keinen schriftlichen Einberufungsbefehl gegeben habe: „[...] habe ich vermutet, dass ich zum Reservedienst herangezogen werden soll [...]. Einen schriftlichen Einberufungsbefehl habe ich nicht erhalten und ich kann auch diesbezüglich kein Beweismittel vorlegen.“ (AS 51)
Damit verneinte der Beschwerdeführer im Mai 2022 vor der belangten Behörde ganz deutlich, dass er es einen Einberufungsbefehl zum Reservedienst für seine Person gegeben hat. Am 05.07.2023 - also gut ein Jahr später - legte die BBU GmbH als Beweismittel (in Kopie) einen „Einberufungsbefehl vom XXXX .2013“ vor (OZ 4, vgl. die Übersetzung OZ 6 [Auszug: „Mitteilung über den Reservedienst...an den Reservisten XXXX ...Anwesenheit bei der Rekrutierungsabteilung....ist am XXXX .2013 für die Untersuchung notwendig.“]). Schon dadurch sind Zweifel an diesem als Beweismittel für die Einberufung des Beschwerdeführers zum Reservedienst vorgelegten Schriftstück aufgeworfen - schließlich hatte der Beschwerdeführer bislang ganz konkret und mehrfach vor der belangten Behörde verneint, dass er einen Einberufungs- bzw. Rekruiterungsbefehl bekommen hätte und auch die Möglichkeit einer Vorlage eines solchen Beweismittels explizit ausgeschlossen. Die Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 31.05.2024 bekräftigen diese Divergenz maßgeblich: Hier behauptete der Beschwerdeführer nun - in völliger Abkehr von seinem Vorbringen vor der belangten Behörde - dass, als er im September 2013 seinen Heimatort XXXX verlassen habe und sich noch an der syrisch-türkischen Grenze in XXXX aufgehalten habe, der Ortsvorsteher zum Haus seiner Familie in XXXX gekommen sei und den Reservisten-Einberufungsbefehl seiner Mutter ausgehändigt habe - seine Mutter sei dann von XXXX nach XXXX gereist, um dem Beschwerdeführer diesen Einberufungsbefehl zu übergeben (Protokoll der mV vom 31.05.2024 S. 20). Diesen Ausführungen zufolge hätte der Beschwerdeführer einen Einberufungsbefehl zum Reservedienst erhalten, und von diesem bereits vor seiner Ausreise aus Syrien nicht nur Kenntnis erlangt, sondern diesen auch physisch von seiner Mutter ausgehändigt bekommen. Diese Darstellung konterkariert seine Darstellung vor der belangten Behörde völlig und sind bereits aufgrund dieser krassen Divergenz die Behauptungen des Beschwerdeführers im Kontext mit einer (befürchteten) Einberufung zum Reservedienst bei der (damaligen) syrischen Armee unglaubwürdig. Es ist unglaubwürdig, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde im Mai 2022 mehrfach explizit verneint hätte, dass ein solcher Einberufungs- bzw. Rekruiterungsbefehl für seine Person existieren würde, wenn er einen solchen noch vor der Ausreise im Jahr 2013 erhalten hätte - also von dessen Existenz gewusst hätte. Mehr noch, zeigt die völlige Abkehr von seinem vormaligen Aussagen, dass der Beschwerdeführer im Lauf des Verfahrens sein Vorbringen in ganz wesentlichen Teilen abändert und nochdazu steigert. In den mündlichen Verhandlungen machte er durch dieses Aussageverhalten einen persönlich unglaubwürdigen Eindruck.
Die persönliche Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers wird durch jenes Schriftstück selbst, dessen Existenz der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde noch klar verneinte, das er dann aber unvermittelt ein Jahr später im Beschwerdeverfahren vorbrachte, nämlich den Einberufungsbefehl zum Reservedienst selbst, noch zusätzlich unterstrichen.
Dieses vorgelegte Schriftstück („Mitteilung über den Reservedienst“) führte das Bundesverwaltungsgericht (nachdem der Beschwerdeführer es in der mündlichen Verhandlung am 31.05.2024 vorgelegt hatte) einer kriminaltechnischen Untersuchung zu. Dies mit folgendem Ergebnis: „Unter Berücksichtigung des derzeitigen Kenntnisstandes ergaben die urkundentechnischen Untersuchungen bzw. Überprüfungen das Vorliegen einer falschen Urkunde, da das Dokument von nicht zur Ausstellung autorisierter Stelle ausgegeben wurde. Aufgrund fehlendem Vergleichs- und Informationsmaterials kann nicht ausgesagt werden, ob derartige Dokumente von der syrischen Republik ausgegeben werden, eine autorisierte Ausstellung dieser Art (Stempelabdruck im Laserdruckverfahren) kann jedoch zweifelsfrei ausgeschlossen werden.“. (Auszug aus dem Untersuchungsbericht zur kriminaltechnischen Untersuchung OZ 20).
In Kontext mit dem bereits aufgezeigten, krassen Widerspruch des Beschwerdeführers, der die Existenz eines solchen Einberufungsbefehls vor der belangten Behörde noch klar negierte, aber im Beschwerdeverfahren genau so einen Einberufungsbefehl vorlegte, liegt klar auf der Hand, dass dieses „Beweismittel“ tatsächlich eine falsche Urkunde darstellt. Aufgrund dessen, dass die Äußerungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 31.05.2024, wonach er diesen Einberufungsbefehl noch im Jahr 2013, bevor er aus Syrien ausreiste, physisch erhalten hätte, in diametralen Gegensatz zu seinen Äußerungen vor der belangten Behörde, wo er die Existenz eines Einberufungsbefehls noch klar negierte (vgl. erneut AS 61 und 51: „Ich weiß es nicht, offiziell habe ich keinen Rekruiterungsbefehl bekommen, aber allgemein gehe ich davon aus, sie haben Männer bis zum 42. Lebensjahr zum Reservedienst geholt.“ Und: „[...] habe ich vermutet, dass ich zum Reservedienst herangezogen werden soll [...]. Einen schriftlichen Einberufungsbefehl habe ich nicht erhalten und ich kann auch diesbezüglich kein Beweismittel vorlegen.“), stehen, zeigt das dann im Beschwerdeverfahren vorgelegte Schriftstück („Mitteilung über den Reservedienst“) vom Beschwerdeführer - offensichtlich nachträglich - beschafft wurde, um sein damals noch zentrales Fluchtvorbringen zu einer (befürchteten) Einberufung zum Reservedienst zu stützen.
Die erkennende Richterin verkennt nicht, dass der kriminaltechnische Untersuchungsbericht festhält, dass aufgrund fehlenden Informations- oder Vergleichsmaterials nicht ausgesagt werden könne, ob derartige Dokumente von der syrischen Republik ausgegeben werden, und (dennoch) zum Schluss kommt, dass eine autorisierte Ausstellung dieser Art (Stempelabdruck im Laserdruckverfahren) jedoch zweifelsfrei ausgeschlossen werden könne (OZ 20, Seite 5). Die Beurteilung, zu der die kriminaltechnische Untersuchung kam, wird allerdings in der gegenständlichen Beweiswürdigung in Kontext mit den Äußerungen des Beschwerdeführers zu eben diesem Dokument gesetzt. Und dieser ergibt, wie schon mehrfach ausgeführt, klar, dass der Beschwerdeführer noch im Mai 2022 angab, dass er keinen Rekrutierungsbefehl bekommen hätte und er dementsprechend kein Beweismittel vorlegen könnte - und dann, gut ein Jahr später, eben so einen Rekrutierungsbefehl vorlegte und sodann dazu behauptete, dass er diesen bereits 2013 erhalten hätte. Sohin bleiben - maßgeblich aufgrund dieses krassen Widerspruchs - bei der erkennenden Richterin keine Zweifel, dass der auf dem vorgelegten Dokument im Laserdruckverfahren aufgebrachte Stempelabdruck ein weiterer Beleg dafür ist, dass der Beschwerdeführer sich dieses „Beweismittel“ in der Absischt beschaffte, sein Fluchtvorbringen nachträglich, nämlich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, zu stützen. Sohin sieht die erkennende Richterin das Ergebnis der urkundentechnischen Untersuchung nicht als das ausschlaggebende Indiz dafür, dass das vorgelegte Beweismittel falsch ist - vielmehr unterstreicht das Untersuchungsergebnis jene Schlussfolgerung, die sich bereits ohne Zweifel aufgrund des krassen Widerspruchs in den Aussagen des Beschwerdeführers zu diesem Einberufungsbefehl selbst ergibt.
Die Ausführungen des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers in der mündichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 26.03.2025, wonach er (zusammengefasst) die Aussagen des Überprüfungsergebnisses für apodiktisch halte, weil einerseits eingeräumt werde, dass kein Vergleichsmaterial vorliege und andererseits aber dezidiert ausgeschlossen werde, dass ein Stempel im Laserdruckverfahren aufgebracht werde, und er selbst letztere Methode für seine eigenen Schriftsätze für das Rubrum verwende, und er es nicht für ausgeschlossen halte, dass in einem Land mit Kriegswirtschaft ebenso gearbeitet werde (Protokoll der mV S. 17), können die obenstehende Würdigung, die das Ergebnis des kriminaltechnischen Untersuchungsberichts in Kontext zu den sich gegenseitig ausschließenden Aussagen des Beschwerdeführers zur Existenz eines Einberufungsbefehls setzen, wobei genau dieser Kontext zeigt, dass der Beschwerdeführer unwahre Angaben zu diesem Einberufungsbefehl macht, keinesfalls entkräften.
Infolge des unglaubwürdigen Vorbringens des Beschwerdeführers zu einer Einberufung zum Reservedienst war festzustellen, dass der Beschwerdeführer nicht vor seiner Ausreise aus Syrien zum Reservedienst einberufen wurde.
Wesentlich ist außerdem, dass davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer sich den vorgelegten Einberufungsbefehl nachträglich, nämlich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens, beschaffte, um damit sein Fluchtborbringen (hier: zur Einberufung zum Reservedienst) zu „beweisen“. Diese Vorgehensweise, dass er sich dieses falsche Beweismittel beschaffte, um des dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen, macht den Beschwerdeführer persönlich unglaubwürdig. Bereits an dieser Stelle ist festzuhalten, dass dies nicht das einzige Beweismittel war, dass der Beschwerdeführer unvermittelt im Beschwerdeverfahren vorlegte - er legte nämlich auch noch Ablichtungen von „Haftbefehlen“ vor, die beweisen sollten, dass er der Blasphemie beschuldigt werde (vgl. dazu ausführlich unten Punkt 2.3.3.). Die Erwägungen zu diesen „Haftbefehlen“ sind in Zusammenhang damit zu sehen, dass das einzige im Original vorgelegte Beweismittel, das in direktem Zusammenhang mit seinem Fluchtvorbringen steht, nämlich der unter diesem Punkt der Beweiswürdigung erörterte „Einberufungsbefehl“ sich aus den dargestellten Gründen als falsch erwies - daraus ergibt sich aber nicht nur die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zu diesem Teil seines Fluchtvorbringens und eine persönliche Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, vielmehr zeigt diese Handlungsweise klar, dass der Beschwerdeführer generell willens ist, in seinem Asylverfahren falsche Beweismittel vorzulegen.
2.3.1.2. Unbeschadet all dessen ist zum Vorbringen einer Einberufung zum Reservedienst bei der ehemaligen syrischen Armee aufgrund der aktuellen Situation in Syrien festzuhalten:
Das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) ist seit 08.12.2024 nicht mehr an der Macht.
Wie oben dargelegt, steht zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt die Herkunftsregion des Beschwerdeführers unter der Kontrolle der HTS; eine gegenteilige Annahme ist anhand der zur Verfügung stehenden Länderinformationen nicht möglich. Ausgehend von den oben zitierten Länderfeststellungen zeichnet sich in der zu treffenden Prognose eine zeitnahe und großflächige Rückeroberung der Herkunftsregion des Beschwerdeführers durch das ehemalige syrische Regime aktuell nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ab, weswegen die Feststellung getroffen wird, dass der Beschwerdeführer vom ehemaligen syrischen Regime nicht mehr zum Wehrdienst - konkret zum Reservedienst - eingezogen werden kann und er vom ehemaligen syrischen Regime auch sonst nicht mehr belangt werden kann. Der Beschwerdeführer selbst hielt dieses Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 26.03.2025, nachdem er anfangs noch dabei geblieben war, dass es eine noch die Gefahr seitens des „Assad-Regimes“ gebe, auf konkrete Nachfrage auch nicht mehr aufrecht (vgl. Protokoll der zweiten mV S. 5.:
„BP: Ich bleibe eigentlich bei meinem Vorbringen, dass es immer noch die Gefahr gibt seitens des Al Assad-Regimes und noch eine größere Gefahr durch die Al Nusra Front.
R: Wie begründen Sie die Gefahr, die seitens des Al Assad Regimes ausgeht?
BP: Ich meine allgemein, ich musste flüchten, weil ich zum Reservedienst einberufen war. Aber es gibt auch Haftbefehle gegen mich von der Al Nusra Front.
R: Sind Sie der Ansicht, dass heute, jetzt, Sie seitens des Al Assad-Regimes in Syrien gefährdet sind und wenn ja, warum?
BP: Die größte Gefahr verspüre ich von der neuen Regierung, die jetzt nach dem Al Assad Regime kam.
R: Konzentrieren Sie sich bitte auf meine Frage und beantworten Sie meine Frage.
R wiederholt die Frage: Sind Sie der Ansicht, dass heute, jetzt, Sie seitens des Al Assad-Regimes in Syrien gefährdet sind und wenn ja, warum?
BP: Nein, das Al Assad Regime gibt es nicht mehr.
R: Ihr Vorbringen zur Einberufung und zum Reservedienst beim Assad-Regime: Halten Sie das aufrecht?
BP: Es gibt allgemein das Al Assad-Regime nicht mehr.
R: Meine Frage war, ob Sie Ihr Vorbringen, dass Sie zum Reservedienst beim Militär des Al Assad-Regimes einberufen worden sind, aufrecht erhalten.
BP: Es ist nicht mehr aktuell.“
Auch abschließend gab er in dieser mündlichen Verhandlung auf die Frage, vor welchem Akteur er sich aktuell bei einer Rückkehr fürchten würde, an, dass er sich vor der Gruppierung, die jetzt an der Macht sei, fürchten würde (Protokoll der mV S. 18). Sohin bestätigte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 26.03.2025, dass er keine Gefährdung, insbesondere hinsichtlich der Ableistung des Reservedienstes, aber auch sonst nicht, mehr von seitens des ehemaligen syrischen Regimes („Assad-Regimes“) fürchte. Das steht im Einklang mit der oben dargestellten Berichtslage. Es waren daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen.
2.3.2. Zum Vorbringen der Inhaftierung und Folter durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“)
Dass der Beschwerdeführer nicht im Jahr 2013 vom ehemaligen syrischen Regime aufgrund einer ihm unterstellten Unterstützung von Rebellen/Milizen (der Al Nusra Front) oder aus irgendeinem anderen Grund inhaftiert und gefoltert wurde, beruht auf folgenden Erwägungen:
Der Beschwerdeführer brachte zum ersten Mal in der Einvernahme vor der belangten Behörde vor, dass ihm seitens des Assad-Regimes unterstellt worden sei, dass er Milizen, die gegen Assad gekämpft haben, trainiert hätte, und dass er deswegen am XXXX .2013 vom syrischen Militär festgenommen und bis XXXX .2013 inhaftiert und gefoltert worden sei - nach seiner Freilassung sei er am XXXX .2013 in die Türkei geflüchtet (AS 49).
Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer dies nicht bereits in der Erstbefragung als Fluchtgrund angegeben hätte, wenn all dies, was der Beschwerdeführer im weiteren Lauf des Verfahrens zu diesen Ereignissen berichtete, den Tatsachen entsprechen würde. Die behauptete Inhafteriung und Folter durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) wird - allerdings eben erst vor der belangten Behörde - zum zentralen Thema im Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH vom 14.6.2017, Ra 2017/18/0001, mwN). Gleichwohl ist es aber nicht generell unzulässig, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (VwGH 21.11.2019, Ra 2019/14/0429). Im konkreten Fall ist es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung am 18.05.2022 eine sich – nach damaligen Stand seines Vorbringens – noch nicht einmal konkretisieret habende (dass es einen Einberufungsbefehl für seine Person tatsächlich gegeben hätte, behauptet er erst seit der Beweismittelvorlage im Juli 2023, also über ein Jahr später - vgl. dazu Punkt 2.3.1.1.) Furcht vor einer Ableistung des Reservedienstes als Fluchtgrund angegeben hätte (AS 22), wenn tatsächlich vorrangig die – sich bereits auf die drastischte Art der Inhaftierung und wochenlangen Folter realisiert habende – Verfolgung seitens des ehemaligen syrischen Regimes („Assad-Regimes“) aufgrund eines im unterstellten sportlichen Trainings von rebellischen Gruppierungen fluchtauslösend gewesen wäre. In der Einvernahme vor der belangten Behörde stützte er seine Flucht aber vorrangig auf die Folter aus besagtem Grund (vgl. AS 59: „Wie gesagt habe ich Syrien verlassen, weil ich am 10.06.2013 festgenommen wurde. Ich wurde gefoltert. [...] Als ich freigelassen wurde, wurde mir gesagt, dass ich mich bei der Geheimdienststelle am XXXX .2013 melden muss. Da ich Angst vor einer Wiederholung der Folterungen habem habe ich beschlossen Syrien zu verlassen [...]. Außerdem hatte ich Angst, dass ich zum Reservedienst bei der syrischen Armee rekrutiert werde.“). Da der Beschwerdeführer die Inhaftierung und Folter durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) bei der Erstbefragung mit keinem Wort erwähnte, stellt sich das später im Verfahren vorgetragene Vorbringen hierzu als unglaubwürdige Steigerung seines Vorbringens dar.
Die erkennende Richterin verkennt nicht die Inhalte der im weiteren Verfahren vorgelegten Befundberichte:
Nach der mündlichen Verhandlung vom 31.05.2024 wurde im Juni 2024 ein klinisch-psychologischer Befundbericht der Einrichtung HEMAYAT ( XXXX , Klin.- und Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin) vom XXXX .2024 übermittelt, wonach der Beschwerdeführer stark ausgeprägte Symptome einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung nach ICD-1 0: F43.1 nach schweren psychischen und physischen Traumata, mit klinisch relevanten Symptomen mit Flashbacks zeige; wobei zur anamnestischen Vorgeschichte ausgeführt wurde: „…die anamnestischen traumatischen Daten und die Vorgeschichte von Herrn XXXX , wie im Verfahren erwähnt, werden als bekannt angenommen. Sowohl seine Haft als auch die Folter in Syrien haben Spuren hinterlassen und zu einer schweren Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung PTBS geführt.“ (OZ 14) Am 22.10.2024 wurde ein „ärztlicher Befundbericht vom XXXX 2024“ (dikitiert/gesehen von XXXX ) übermittelt, dem nach eineinhalbseitiger Wiedergabe jenes Sachverhalts, der offensichtlich vom Beschwerdeführer im Rahmen der Untersuchung angegeben wurde (Kernpunkte: Heimatregion, Beruf als XXXX , Verhaftung im XXXX 2013, Darstellung von körperlichen Folterhandlungen, insbesondere XXXX und verbaler Bedrohung, Abgabe eines fikitven Geständnisses durch den Beschwerdeführer und Zusage der Informationsbeschaffung durch den Beschwerdeführer, vgl. OZ 19) zu lesen ist:
„Erhobene Befunde am XXXX befindet sich eine Verbrühungsnarbe (diese entspricht den Erzählungen beim Verhör).
Altersgemäß Allgemeinzustand in allen Qualitäten gut orientiert.
Die XXXX aufgrund der brutalen Verhör-Maßnahmen XXXX (Bilddokumentation beiliegend).
Patient leidet unter Schmerzen in der unteren LWS, welche mit Schmerzmittel teils erträglich ist.
Psychisch wirkt Patient ziemlich traumatisiert. Die geschilderten Ergebnisse tragen stark bei -seinen allgemein psychischen Zustand zu schwächen. Er leidet unter Alpträumen und Angstzustände, diesbezüglich eine neurologisch psychiatrische/psychologische Betreuung empfohlen.
Zusammenfassung:
Die oben beschriebenen im Foto dokumentieden Narben entsprechen den Angaben des Patienten (wie oben geschildert).
Es wurde eine Ganzkörperszintigraphie am XXXX .2024 durchgeführt.
In dieser zeigt sich jedoch ein normaler Befund (die Misshandlungen liegen lange zurück -2013).
Wie mit Patient besprochen ist eine neurologische/psychologische Begutachtung dringend empfohlen sowie auch eine orthopädische Begutachtung bezeichneter Schmerzen in der LWS und im linken Bein.“
In weiterer Folge langte noch eine mit XXXX .2024 datierte „psychotherpeutische Stellungnahme und Befund“ der Einrichtung HEMAYAT (Psychotherapeutin XXXX ), die zusammengefasst bestätigt, dass der Beschwerdeführer seit Juni 2024 im Rahmen des Vereins HEMAYAT in Psychotherapie befinde - er sei wegen einer PTBS F 43.1. nach ICD 10 als Folge von Verfolgung, Gefängnis, Folter und anderen mehrfachen traumatischen und traumatisierenden Ereignissen, denen er in Syrien ausgeetzt und deren Zeuge er geworden wäre, dort in Behandlung (OZ 21).
Dem psychologischen Befundbericht vom XXXX .2024, dem ärztlichen Befundbericht vom XXXX 2024 und der psychotherpeutischen Stellungnahme und Befund vom XXXX .2024 ist gemein, dass sie alle die Darstellung des Beschwerdeführers zu „anamnestischen traumatischen Daten und der Vorgeschichte“ als gegeben annehmen. Davon ausgehend ordnen der Bericht vom XXXX .2024 und der Befund vom XXXX .2024 die dort festgehaltene posttraumatischen Belastungsstörung nach ICD-1 0: F43.1 konkret diesen Ursachen (der vom Beschwerdeführer dargestellten „Vorgeschichte“) zu. Ebenso der ärztliche Befundbericht vom XXXX .2024: Zur (unbestritten existierenden) XXXX wird festgehalten, diese entspreche „den Erzählungen beim Verhör“, sodass offensichtlich auf die im Befundbericht dargestellte XXXX hätte, angesprochen ist. Die (unbestritten existierende) XXXX wird den brutalen Verhör-Maßnahmen zugeschrieben (arg. „aufgrund“). Hinsichtlich einer am XXXX .2024 durchgeführten Ganzkörperszintigraphie wird festgehalten, dass diese einen normalen Befund zeige, dazu wurde angemerkt, dass die Misshandlungen lange zurückliegen würden – 2013. Es lässt sich insgesamt aus diesen Unterlagen vom 05.06.2024, 09.09.2024 und 05.11.2024 nicht erkennen, dass die „Vorgeschichte“ des Beschwerdeführers im Rahmen der Untersuchungen/Behandlung belastbar verifiziert worden wäre oder werden hätte können – die „Vorgeschichte“ wurde schlicht als gegeben vorausgestzt, insbesondere auch hinsichtlich der Motive und Akteure.
Während diese „Vorgeschichte“ den Befundberichten und der Stellungnahme/Befund von der jeweiligen Verfasserin also zugrunde gelegt wurde und diesen Angaben des Beschwerdeführers die an seinem Körper sichtbaren Verletzungsspuren und seine psychische Verfassung zugeordnet wurden, kann die erkennende Richterin dieser „Vorgeschichte“ in der Ausgestaltung, wie sie der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht präsentierte, keinen Glauben schenken. Konkret konnte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren seine Darstellung, von welchem Akteur und aus welchem Grund er inhaftiert und gefoltert worden wäre, nicht glaubhaft machen. Schon angesichts dessen, dass er seine Angaben im Verfahren unglaubwürdig steigerte, sind gravierende Zweifel an seiner Darstellung aufgeworfen. Es ist insbesondere nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer, der in der Zwischenzeit über acht Jahre in der Türkei gelebt hat und im vollen Bewusstsein, dass er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellen wird, von der Türkei aus nach etwa 16-tägiger Reise (AS 21) in Österreich einreiste und hier am Tag nach der Antragstellung die Erstbefragung absolvierte, bei dieser kein Wort über eine Inhaftierung und Folter durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) verliert. Soweit die Beschwerde vorbringt, der Beschwerdeführer wäre „nach einer beschwerlichen Reise von fünf Tagen ohne Nahrung“ in Österreich erstbefragt worden, und hätte daher nur „die allerwichtigsten Eckpunkte seiner Fluchtmotivation angeben“ können, erweist sich dieses Vorbringen als unsubstantiiert. Zum einen, weil der Beschwerdeführer niemals sonst im Verfahren geltend machte, dass er aufgrund solcher Umstände bei der Erstbefragung eingeschränkt gewesen wäre - vielmehr verneinte er bei der Erstbefragung die Frage, ob er Beschwerden oder Krankheiten habe, die ihn an dieser Einvernahme hindern oder das Asylverfahren in der Folge beeinträchtigen würden (AS 20). Zum anderen auch deshalb, weil er den Antrag auf internationalen Schutz am 17.05.2022 um 13.45 Uhr stellte, und die Erstbefragung erst am nächsten Morgen, den 18.05.2022 um 09.30 Uhr begann (AS 18), sodass er sich entsprechend auf die Befragung vorbereiten konnte.
Es ergaben sich darüber hinaus Divergenzen in den Angaben des Beschwerdeführers zu diesem Sachverhalt, konkret dazu, warum er aus der Haft wieder freigelassen worden wäre. Während er nämlich vor der belangten Behörde noch vorbrachte, dass er freigelassen worden sei, da er gesagt habe, dass das alles (Anm.: gemeint ist der Vorwurf er hätte Milizen sportlich trainiert) nicht stimme (AS 49: „LA: Wie kam es dazu, dass Sie aus der Haft entlassen wurden? VP: Da ich gesagt habe, dass das alles nicht stimmt, wurde ich freigelassen, mit der Auflage, dass ich mich bei der Geheimdienststelle in Idlib melden muss.“), wandelte er dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Gegenteil ab. Hier behauptete er nämlich nun, dass er alles, was ihm unterstellt worden war, gestanden hätte (Protokoll der mV vom 31.05.2024 S. 18):
„R: Was war der Grund, warum Sie freigelassen wurden?
BF: Ich bin zu einem gewissen Punkt angelangt, wo ich ihnen gesagt habe „ich gebe alles zu, probierts mich doch aus“, nur um freizukommen.
R: Was haben Sie zugegeben?
BF: Alles. Ich habe ihnen auch gesagt, dass ich auf dem Mond war, nur um rauszukommen.
R: Was konkret habe Sie zugegeben?
BF: Ich habe alles zugegeben, was sie mir unterstellt haben. Als sie mir gegen den Kopf getreten haben und mich gefoltert haben, haben sie mir unterstellt, dass ich die Opposition unterstützt habe und das habe ich dann auch zugegeben. Ich habe dann alles zugegeben.
R: Warum hat man Sie freigelassen?
BF: Ich sagte, dass ich für sie arbeiten würde und sie mich ausprobieren sollen.“
Der Widerspruch in einem Kernpunkt seines Vorbringens, nämlich dazu, ob er nun das ihm Unterstellte – nämlich, dass er die Opposition unterstützt hätte – in der Haft gestanden oder geleugnet hätte, zeigt auf, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt rein gedanklich konstuiert und infolgedessen nicht imstande ist, diesen stringent wiederzugeben.
Aber nicht nur hierzu widersprach sich der Beschwerdeführer. Hinzu kommt noch, dass der Beschwerdeführer den Kontext seiner Behauptung, dass ihm bei der Freilassung aus der Haft und Folter aufgetragen worden wäre, sich bei der Geheimdienststelle in Idlib zu melden, im Laufe des Verfahrens abänderte: Vor der belangten Behörde gab er dazu an, dass er nicht wisse, aus welchem Grund er zur Geheimdienststelle geschickt worden wäre (AS 49) und führte an anderer Stelle aus, dass er nach seiner Entlassung vermutet habe, dass er zum Reservedienst herangezogen werden solle, da ihm ja die Meldung bei der Geheimdienststelle in Idlib auferlegt worden wäre (AS 51). Zu keinem Zeitpunkt in der Einvernahme vor der belangten Behörde äußerte er einen anderen Grund oder eine andere Vermutung, weshalb er bei der Geheimdienststelle in Idlib erscheinen hätte sollen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht allerdings stellte er die ihm im Rahmen der Freilassung aufgetragene Meldung bei der Geheimdienststelle in einen ganz konkreten und ganz anderen Kontext: hier behauptete er, dass er den ihn Folternden (also dem ehemaligen syrischen Regime („Assad-Regime“) versprochen hätte, Informationen über die Rebellen zu liefern – er wäre freigekommen, weil er zugesagt hätte, für das syrische Regime zu arbeiten und hätte zugesagt, dass er Informationen über die Oppositionellen liefern würde – in diesen konkreten Kontext stellte er auch die ihm bei der Freilassung aufgetagene Meldung am 01.10.2024 bei der Geheimdienstabteilung in Idlib (Protokoll der mV vom 31.05.2024 S. 18 und 19):
„R: Warum hat man Sie freigelassen?
BF: Ich sagte, dass ich für sie arbeiten würde und sie mich ausprobieren sollen.
R: Dass Sie für wen arbeiten würden?
BF: Sie haben mir damals gesagt, bzw. ich habe ihnen angeboten, dass ich ihnen sagen würde, wo genau die bewaffneten Gruppen sind, wer ihnen zugehört und wie sie diese Personen am besten schnappen können. Ich sagte ihnen „probierts mich aus, ich werde euch alle Informationen weiterleiten“.
R: Woher wissen Sie denn, wo bewaffnete Gruppierungen sind und wer diesen angehört. Woher haben Sie diese Informationen?
BF: Ich habe Ihnen ja zuvor gesagt, dass die Stadt überwiegend unter der Kontrolle der Regierung war und die Dörfer unter der Kontrolle der bewaffneten Gruppierungen. Ich habe verraten müssen, wer genau wo eine Waffe mit sich führt, ganz gleich ob er zur Opposition gehört oder nicht.
R: Woher haben Sie dieses Wissen, welches Sie verraten haben?
BF: Dieses Wissen hatte ich ja noch nicht, aber ich würde das ja beobachten und ihnen sofort mitteilen.
R: Nochmal. Warum sind Sie freigelassen worden?
BF: Ich habe ihnen gesagt „probierts mich doch aus, ich werde für euch alles tun“. Sie sagten „ok“. Am 01.10.2013 müsste ich mich ein weiteres Mal bei ihnen melden. Ich bekam die Aufgabe mit, dass ich alles beobachten muss und ihnen weiterleiten muss.
R: Wo hätten sie sich am 01.10.2013 melden sollen?
BF: Bei der Geheimdienstabteilung dort vor Ort.
R: Wo war diese Geheimdienstabteilung?
BF: Diese war in der Stadt Idlib.“
Damit verstrickte sich der Beschwerdeführer in weitere Widersprüche in einem Kernpunkt seines Vorbringens. Dies dadurch, dass er vor der belangten Behörde zum ersten vorbrachte, dass er nicht wisse, warum er sich nach der Freilassung bei der Geheimdienststelle melden hätte sollen bzw. einen Zusammenhang mit dem Reservedienst vermutete, und zum zweiten vor der belangten Behörde überhaupt nicht erwähnte, dass er dem syrischen Regime die Beschaffung und Weiterleitung von Informationen über die Opposition/bewaffnete Gruppierungen zugesagt hätte; vor dem Bundesverwaltungsgericht dann aber zum ersten die ihm aufgetragene Meldung bei der Geheimdienststelle in einen gänzlich anderen Kontext stellte – nämlich, dass er die Vereinbarung getroffen hätte, für das syrische Regime Informationen über die Opposition/bewaffnete Gruppierungen zu beschaffen und er sich in diesem Zusammenhang bei der Geheimdienststelle melden hätte sollen. Er benannte in der Beschwerdeverhandlung ganz konkret eine „Aufgabe“ die ihm gegeben worden wäre, wegen der er sich am 01.10.2023 beim „Assad-Regime“ melden hätte sollen (vgl. erneut oben: „Am 01.10.2013 müsste ich mich ein weiteres Mal bei ihnen melden. Ich bekam die Aufgabe mit, dass ich alles beobachten muss und ihnen weiterleiten muss.“) – von alldem war im Verfahren vor der belangten Behörde nicht die Rede, er brachte dies im Beschwerdeverfahren zum ersten Mal vor. Auch diese Divergenzen zeigen auf, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt rein gedanklich konstuiert und seinem Vorbringen immer wieder neue Elemente hinzufügt.
Schließlich wirft die vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren beigebrachte „Dienstbescheinigung“ (Beilagen ./6 und ./6a zum Protokoll der mV vom 31.05.2024, Übersetzung OZ 16), weitere Zweifel an seiner Behauptung, dass er vom ehemaligen syrische Regime („Assad-Regime“) verfolgt worden wäre, auf. Ausgestellt wurde diese Bescheinigung erst im Februar 2024 von der „ XXXX .“. Inhalt der Dienstbescheinigung ist, dass der Beschwerdeführer als Dienstmitarbeiter in der XXXX tätig gewesen sei, er habe seine Arbeit im XXXX Krankenhaus am XXXX begonnen und diese bis zu seinem Ausscheiden am XXXX fortgesetzt; er sei wegen seiner Verfolgung durch die Sicherheitsbehörden als zurückgetreten betrachtet worden. Der Beschwerdeführer gab zu dieser Bescheinigung an, dass er selbst Kontakt zum Leiter der Personalabteilung aufgenommen hätte und diesem gesagt hätte, dass er diese Bestätigung benötige – er habe dann nur einen bevollmächtigten Anwalt gebraucht, der sich die Bestätigung ausstellen lassen und dem Beschwerdeführer übermittelt habe (Protokoll der mV vom 26.03.2025 S. 6 und 7). Es ist nicht miteinander vereinbar, dass der Beschwerdeführer einerseits eine Verfolgung durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) behauptete, sich andererseits aber – offensichtlich problemlos – zu einer Zeit, in der ebendieses Regime noch an der Macht war (Februar 2024) an Behörden eben dieses Regimes wenden konnte, um eine Bescheinigung zu erlangen. Im Lichte der bereits aufgezeigten Divergenzen im Vorbringen des Beschwerdeführers und der sich daraus ergebenden Unglaubwürdigkeit seiner Behauptungen zu einer Inhaftierung und Folter durch ebenjenes Regime erscheint diese „Dienstbescheinigung“ – die als Information ja nicht nur den Dienst an sich, sondern bemerkenswerterweise auch den Hinweis enthält, dass der Beschwerdeführer „wegen seiner Verfolgung durch die Sicherheitsbehörden“ als vom Dienst zurückgetreten betrachtet worden wäre, als bloße Gefälligkeitsurkunde, die sich der Beschwerdeführer im Nachhinein zur Unterstützung seines (aus gravierenden Gründen) unglaubwürdigen Fluchtvorbringens besorgte. Die erkennende Richterin schenkt daher dem Inhalt dieser Bescheinigung, soweit diese als Begründung für das Dienstende eine Verfolgung durch Sicherheitsbehörden angibt, keinen Glauben. Dies zudem auch, weil der Beschwerdeführer auch in einem anderen Kontext seines Fluchtvorbringens (Einberufung zum Reservedienst) ein falsches Beweismittel vorlegte, was zeigt, dass der Beschwerdeführer generell willens ist, in seinem Asylverfahren falsche Beweismittel vorzulegen.
Zusammenschauend ist festzuhalten, dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers zu einer Inhaftierung und Folter durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) aufgrund einer ihm unterstellten Unterstützung der Opposition/Rebellen auf mehreren Ebenen als widersprüchlich erweist und der Beschwerdeführer wesentliche Teile seines Vorbringens im Lauf des Verfahrens erheblich abänderte, steigerte bzw. in ganz andere Kontexte stellte. Vor diesem Hintergrund vermochten die Befunde/Befundberichte zu Verletzungsspuren und seiner psychischen Verfassung den von ihm vorgebrachten Sachverhalt nicht zu untermauern – letztlich war insbesondere seinen Behauptungen, welcher Akteur aus welchem Grund für die bei ihm diagnostizierten physischen und psychischen Leiden verantwortlich zu machen ist, kein Glauben zu schenken. Vor diesem Hintergrund war auch die Steigerung des Vorbringens zwischen Erstbefragung und Einvernahme vor der belangten Behörde als Beleg für die Unglaubwürdigkeit seines Fluchtvorbringens zu sehen. Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer nicht vom ehemaligen syrische Regime („Assad-Regime“) inhaftiert und gefoltert wurde.
Unbeschadet dessen, dass sich das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers zu einer Inhaftierung und Folter durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) als gänzlich unglaubwürdig erwies, ist festzuhalten, dass – aufgrund des Sturzes eben dieses Regimes – im Entscheidungszeitpunkt auch keine Gefährdung mehr seitens dieses Akteurs angenommen werden kann. Dies räumte auch der Beschwerdeführer in der zweiten Beschwerdeverhandlung am 26.03.2025 ein, wo er eine aktuelle Gefährdung seitens des Assad-Regimes verneinte und angab, nur noch von „den anderen“ (gemeint: die HTS) eine Verfolgung befürchte (Protokoll der mV vom 26.03.2025 S. 7):
„R: Befürchten Sie in dem Kontext, den Sie in der letzten Verhandlung vorgebracht haben, nämlich, dass Sie vom Assad-Regime bzw. dessen Geheimdienst inhaftiert und gefoltert wurden, heute noch eine Gefährdung in Syrien?
BP: Vom Al Assad-Regime?
R: Ja, von den damaligen Akteuren, wie Sie mir das vorgebracht haben, in der vorigen Beschwerdeverhandlung, also vom Al Assad-Regime.
BP: Das ehemalige Regime ist weg, aber ich habe Angst vor dem aktuellen Regime.
R: Ich verstehe Ihre Antwort so, dass Sie aus den Gründen, die Sie mir in der vorherigen Verhandlung geschildert haben, dass Sie vom Assad-Regime inhaftiert und gefoltert wurden und diverser Dinge beschuldigt wurden, dass Sie in diesem Zusammenhang keine Verfolgung mehr befürchten. Ist das korrekt?
BP: Ja, aber ich befürchte auch die Verfolgung von den anderen. Das habe ich in der letzten Verhandlung auch erwähnt.“
Dies steht im Einklang mit der aktuellen Berichtslage, nach der eine Bedrohung oder Verfolgung seitens des ehemaligen syrischen Regime nicht mehr angenommen werden kann. Sowohl aufgrund der Unglaubwürdigkeit seines Vorbringens zu einer Verfolgung durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) als auch aufgrund der aktuellen Ländersituation ist eine wie auch immer geartete Gefährdung des Beschwerdeführers durch dieses ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) im Entscheidungszeitpunkt nicht anzunehmen.
2.3.3. Zum Vorbringen einer Verfolgung durch die Al Nusra Front (heutigen HTS) bzw. dieser zuzuordnenden Akteure
Dass der Beschwerdeführer nicht, bevor er Syrien verließ, seitens der Rebellen/Opposition/Al Nusra Front (jetzige HTS), zur Unterstützung durch Trainieren der Kämpfer oder in irgendeiner anderen Weise aufgefordert worden und er auch nicht dadurch, dass er solchen Aufforderungen zum Schein zugestimmt und dann aber (mitsamt seinen Brüdern) Syrien verlassen hätte, ins Visier der der Rebellen/Milizen//Opposition/Al Nusra Front (heutige HTS) geraten ist, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer dies nicht bereits in der Erstbefragung als Fluchtgrund angegeben hätte, wenn all dies, was der Beschwerdeführer im weiteren Lauf des Verfahrens zu diesen Ereignissen (insb. auch im Kontext mit den behaupteten Enteigungnen und den Haftbefehlen eines Scharia-Gerichts) berichtete, den Tatsachen entsprechen würde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH vom 14.6.2017, Ra 2017/18/0001, mwN). Gleichwohl ist es aber nicht generell unzulässig, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (VwGH 21.11.2019, Ra 2019/14/0429).
Im konkreten Fall ist es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung am 18.05.2022 eine sich – nach damaligen Stand seines Vorbringens – noch nicht einmal konkretisieret habende Furcht vor einer Ableistung des Reservedienstes als Fluchtgrund dargestellt hätte, wenn er tatsächlich auch eine Gefährdung seitens der in seiner Heimatregion aktiven Rebellen (der Beschwerdeführer bezeichnete diese überwiegend als Al Nusra Front, aus der die heute regierende HTS hervorghing, die im gegentsändlichen Erkenntnis verwendeten Bezeichnungen Rebellen/Milizen/Opposition/Al Nusra Front/HTS sind daher insofern synonym zu verstehen) zu gewärtigen gehabt hätte.
Wesentlich ist, dass der Beschwerdeführer die späteren Behauptungen zur Al Nusra Front, konkret, dass diese ihn aufgefordert hätte, ihre Kämpfer zu trainieren, er dem zum Schein zugestimmt und dann aber Syrien verlassen hätte (und seine Brüder ebenfalls bei der Ausreise unterstützt hätte) und er deshalb nun eine Verfolgung durch die HTS, die seit dem Sturz des Assad-Regimes an der Macht ist und als Nachfolgerin der Al Nusra Front zu sehen ist, befürchte, nicht nur in der Erstbefragung nicht erwähnte, sondern all dies auch in der Einvernahme vor der belangten Behörde am 12.01.2023 überhaupt nicht erwähnte. Es fällt auf, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde zwar behauptete, dass das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) ihm eine Unterstützung der Rebellen unterstellt hätte (was zu seiner Inhaftierung und Folter geführt hätte, siehe dazu allerdings Punkt 2.3.2.) – er hat aber vor der belangten Behörde nie angegeben, dass tatsächlich die Al Nusra Front (bzw. dieser zuzurechnende Akteure) an ihn herangetreten wäre, um ihn genau zu dem aufzufordern, was ihm seitens des ehemaligen syrische Regime („Assad-Regime“) unterstellt worden wäre: Nämlich, dass er die Rebellen trainerien solle.
Der Beschwerdeführer wurde vor der belangten Behörde gegen Ende der dortigen Einvernahme auf das Neuerungsverbot aufmerksam gemacht und er nochmals gefragt, ob er etwas Asylrelevantes oder etwas Bedeutsames angeben möchte, was ihm wichtig erscheine, was jedoch bislang nicht gefragt worden sei – darauf antwortete er: „Ich habe alles gesagt.“. Gefragt, was sich ändern müsste, damit er theoretisch wieder zurückkehren könne, meinte er, solange Krieg in Syrien herrsche und das syrische Regime (Anm. gemeint ist das „Assad-Regime“) die Kontrolle habe, könne er nicht zurückkehren (beides AS 63). Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht spätestens auf diese Fragen hin eine ihn noch zusätzlich treffende Bedrohung durch einen anderen Akteur als das Assad-Regime, nämlich die Al Nusra Front, erwähnt hätte. Dass der Beschwerdeführer aber selbst dann weder die später behauptete Aufforderung, er solle Kämpfer der Al Nusra Front traineren, noch, die gegen ihn ergangenen Haftbefehle von Scharia-Gerichten (wovon er zu diesem Zeitpunkt seinen späteren Behauptungen nach schon gewusst hätte) erwähnt hätte, ist nicht nachvollziehbar und zeigt abermals, dass der Beschwerdeführer im Lauf des Verfahrens sein Vorbringen unglaubwürdig steigerte.
Dass der Beschwerdeführer „Probleme mit den Milizen“ gehabt hätte und von ihm verlangt worden wäre, Milizen zu trainieren, bringt der Beschwerdeführer zum ersten Mal überhaupt in der Beschwerde vom 20.03.2023 gegen den angefochtenen Bescheid vor (AS 271). Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer im gesamten Administrativverfahren einen derartigen Sachverhalt mit keinem Wort erwähnte und im Lichte dessen, dass er vor der belangten Behörde eingehend und umfassend zu Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen befragt wurde, ist der Beschwerdebehauptung, dass er aufgrund einer mangelhaften Befragung seitens der belangten Behörde dieses Vorbringen nicht schildern hätte können, der Boden entzogen. Das späte Vobringen – nach Abweisung des Antrags auf Asyl – zu einer Furcht vor Verfolgung durch einen weiteren Akteur, nämlich Milizen (gemeint ist auch hier wieder damalige Opposition/die Al Nusra Front) – stellt sich von daher als unglaubwürdige Steigerung des Fluchtvorbringens dar, wie sich auch aus dem weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens bestätigte:
Sodann legte der Beschwerdeführer über drei Monate später – als das Beschwerdeverfahren bereits beim Bundesverwaltungsgericht anhängig war – mit Schriftsatz vom 05.07.2023 – gemeinsam mit dem bereits unter Punkt 2.3.1.1. umfassend besprochenen „Einberufungsbefehl zum Reservedienst“ zwei Beweismittel (bezeichnet als: „Suchbefehl vom 20.05.2020“ und „Haftbefehl vom 05.08.2019“) vor, die das erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen zu einer Verfolgung seitens der „Milizen“ stützen sollten, nämlich eine Festnahmeanordnung vom 05.08.2019 und einen Fahndungs- und Haftbefehl vom 20.05.2020 von Scharia-Gerichten aus XXXX bzw. XXXX – beide enthalten den Vorwurf der „Beleidigung des heiligen Prohpeten und die Trennung des Staats von der Revolution, um im Namen Gottes in den Jihad zu ziehen.“ (Übersetzungen OZ 6 – im Folgenden werden diese beiden Schriftstücke vereinfachend „Haftbefehle“ genannt).
In der Beschwerdeverhandlung vom 31.05.2024 brachte der Beschwerdeführer auf Befragung zu diesen beiden Haftbefehlen vor, dass er, als er im Jahr 2022 die Abschiebung von der Türkei nach Syrien befürchtet habe, einen Anwalt in Syrien beauftragt habe, herauszufinden, ob Verfahren offen wären oder ob etwas gegen ihn „laufe“. Der Anwalt sei dann bei Gericht gewesen und habe die beiden Urteile (Anm. damit meint der Beschwerdeführer eben diese „Haftbefehle“ der Scharia-Gerichte) aus den Jahren 2019 und 2020 eingeholt. Der Anwalt habe dem Beschwerdeführer Anfang 2022 diese Schriftstücke als Fotos aufs Handy geschickt, der Beschwerdeführer sei damals in der Türkei gewesen (Protokoll der mV vom 31.05.2024, S. 21 und 22).
Es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer erst im Beschwerdeverfahren ein Vorbringen zu einer Gefährdung und Verfolgung seiner Person durch opposstionelle Milizen und zu Haftbefehlen, die von Scharia-Gerichten gegen ihn ergangen wären, erstattete. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, wenn all dies bereits, bevor er nach Österreich reiste, wusste (schließlich hätten die Aufforderungen, die Milizen zu trainieren, noch in Syrien stattgefunden, und hätte er von den Haftbefehlen auch bereits erfahren und diese als Fotos übermittelt bekommen, als er noch in der Türkei war), bereits im Verfahren vor der belangten Behörde vorgebracht hätte. Er hat all dies aber zuvor niemals erwähnt, sondern sogar negiert:
Der Beschwerdeführer wurde in der Einvernahme vor der belangten Behörde am 12.01.2023 dezidiert gefragt, ob gegen ihn in Syrien ein Haftbefehl vorliege – daraufhin gab er an, dass er bei seiner Festnahme offiziell keinen Haftbefehl erhalten habe, sodass er davon ausgehe, dass kein Haftbefehl gegen ihn vorliege, aber sein Name scheine auf einer Liste von Personen auf, die vom syrischen Regime (Anm. gemeint ist das „Assad Regime“) gesucht werden (AS 49). Damit verneinte der Beschwerdeführe die offen gestellte Frage, ob ein Haftbefehl gegen ihn in Syrien vorliege, klar. Es ist nicht nachvollziehbar, dass er diese Frage verneint hätte, wenn tatsächlich zwei Haftbefehle von Scharia-Gerichten gegen ihn vorliegen würden und er davon schon seit einem Jahr (nämlich seit Anfang 2022) gewusst hätte. Es ist notorisch (und auch durch die oben festgestellten Länderberichte belegt), dass die islamistische Al Nusra Front in den Gebieten, die sie erobert hatte („befreite Gebiete“) Gerichte einrichtete, die auf Grundlage des islamischen Rechts (Scharia) urteilen. Ebenso notorisch ist, dass diese Scharia-Gerichte mitunter drastische Strafen verhängten (wie z.B. Hinrichtungen für ihrer Meinung nach Verstöße gegen die Religion). Wenn nun aber der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Einvernahme vor der belangten Behörde schon lange wusste, dass es von solchen Scharia-Gerichten zwei Haftbefehle gegen ihn gibt, die erhebliche Anschuldigungen beinhalten (Stichwort: Blasphemie), so ist es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer diese beiden Haftbefehle auf die Frage des einvernehmenden Referenten hin nicht erwähnte. So zeigt schon der Umstand, dass der Beschwerdeführer diese offen gestellte Frage ausschließlich in Hinblick auf das „Assad-Regime“ beantwortete, aber eben nicht vorbrachte, dass von Scharia-Gerichten ausgestellte Haftbefehle gegen ihn vorliegen würden, dass sein – erstmals im Beschwerdeverfahren erstattetes – Vorbringen, dass es eben zwei Haftbefehle von Scharia-Gerichten gegen ihn gebe, rein gedanklich konstruiert ist.
Dass der Beschwerdeführer hierzu nun im Beschwerdeverfahren noch – in Kopie und somit keinerkriminaltechnischen Überprüfung zugänglich – als Beweismittel für dieses Vorbringen zwei Schriftstücke, die sich inhaltlich als Haftbefehle von Scharia-Gerichten insbesondere wegen des Vorwurfs der “Beleidigung des heiligen Prohpeten“ erweisen, vorlegte, vermag diesem Vorbringen keine Glaubhaftigkeit zu verleihen. Zum ersten, wie bereits erwähnt, entziehen sich diese Beweismittel einer kriminaltechnischen Untersuchung. Zum zweiten ist, weil der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren ein falsches Beweismittel (nämlich einen Einberufungsbefehl zum Reservedienst) vorlegte, seine persönliche Glaubwürdigkeit in Hinblick auf die von ihm beigebrachten Beweismittel stark geschmälert. Zum dritten wusste der Beschwerdeführer seinen Behauptungen im Beschwerdeverfahren zufolge schon seit Anfang 2022, nämlich, seit sein Anwalt, den er damit beauftragt hätte, herauszufinden, ob in Syrien etwas gegen ihn vorliege, ihm diese Haftbefehle der Scharia Gerichte übermittelt hätte, von deren Existenz. In einer solchen Situation ist es unbegreiflich, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor der belangten Behörde am 12.01.2023 diese Haftbefehle, wenn er direkt nach dem Vorliegen von Haftbefehlen in Syrien gefragt wird, nicht erwähnt. Zum vierten ist es auch nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer diese beiden Haftbefehle von Scharia-Gerichten, bereits Anfang 2022 übermittelt bekommen hatte, weder in der Einvernahme vor der belangten Behörde im Jänner 2023 noch in der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid im März 2023 vorlegte, sondern er erst im Juli 2023 diese (mitsamt einem weitern, sich bei der kriminaltechnischen Untersuchung als falsch erweisenden Beweismittel) vorlegte. Zum fünften verneinte der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde auch die konkrete Frage, ob er abgesehen von der Inhaftierung (Anm. seitens des Assad-Regimes) jemals mit den Behörden oder staatsähnlichen Insitutionen seines Heimatlandes Probleme gehabt hätte (AS 53). Es liegt auf der Hand, dass das von Rebellenbriganden wie der Al Nusra Front eingerichtete „Justizsystem“ der Scharia-Gerichte als „staatsähnliche Insitutionen“ zu verstehen sind – dass der Beschwerdeführer aber eben auch diese Frage vor der belangten Behörde verneinte, zeigt, dass sein später im Beschwerdeverfahren erstattetes Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Nach dem Gesagten erweist sich das erstmals im Beschwerdeverfahren erstattete Vorbringen zu einer befürchteten Verfolgung durch die Rebellen/Milizen/Opposition/Al Nusra Front/HTS, im Wesentlichen also durch die jetzige HTS, die als Nachfolgerin ebenjener Al Nusra Front zu sehen ist, die die besagten Scharia-Gerichte einrichtete, von denen die angesprochenen Haftbefehle gegen den Beschwerdeführer erlassen worden wären, als unglaubwürdige Steigerung seines Vorbringens. Ebenso wie sich das Vorbringen zu einer Furcht vor Verfolgung durch diesen Akteur als unglaubwürdiges, gesteigertes Vorbringen erwies, ist nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die beiden erst im Juli 2023 vorgelegten (Fotos von) Haftbefehlen tatsächlich im Nachhinen besorgte, um damit sein unglaubwürdig gesteigertes Fluchtbringen stützen zu können, was ihm letztlich aber nicht gelang. Vielmehr entstand der Eindruck, dass der Beschwerdeführer anhand der notorischen Berichtslage, dass jene in HTS-Gebieten eingesetzte religiöse Gerichte (Scharia-Gerichte) harte Strafen wegen in ihrer Wahrnehmung religiösen Verfehlungen verhängen, ein weiteres (unglaubwürdig gesteigertes) Vorbringen rein gedanklich konstruierte.
Es ergibt sich aus alldem, dass der Beschwerdeführer nicht von Rebellen/Milizen/Opposition/Al Nusra Front/jetziger HTS zum Training ihrer Kämpfer aufgefordert wurde, dass er nicht dies zusgesagt hätte und dann ausgereist wäre, dass nicht von Scharia-Gerichten Haftbefehle gegen ihn erlassen wurden, und insbesondere, dass nicht irgendwelche Vorwürfe (insbesondere der Blasphemie) gegen ihn erhoben worden sind, wegen der er ins Visier der Rebellen/Milizen/Opposition/Al Nusra Front/HTS geraten wäre. Vielmehr ergab sich, dass der Beschwerdeführer dieses Vorbringen im Beschwerdeverfahren rein gedanklich konstruierte, um damit, nachdem sein Antrag auf Asyl von der belangten Behörde abgewiesen worden war, ein weiteres Verfolgungsszenario vorbringen zu können – dies bestätigte sich auf aufgrund des persönlichen Eindrucks, den der Beschwerdeführer in den mündlichen Verhandlungen gemacht hat, und zwar vor allem insofern, als er wiederholt erkennbar bestrebt war, Fluchtvorbringen gegenüber den Aussagen im Verwaltungsverfahren zu steigern.
Dass in Syrien nicht nach dem Beschwerdeführer gefahndet wird und keine Haftbefehle eines Scharia-Gerichts gegen ihn vorliegt, ergibt sich aus der Unglaubwürdigkeit seines Vorbringens in diesem Zusammenhang, sodass eine entsprechende Feststellung zu treffen war.
Der Beschwerdeführer ist auch nicht aufgrund einer Beschlagnahme oder Enteignung von Wohnungen und Grundstücken, die im Eigentum seiner Familie standen, ins Visier der Rebellen (der Al Nusra Front, jetzige HTS) geraten:
Hinsichtlich seines Vorbringens, dass es zu Enteignungen von Eigentum seiner Familie gekommen wäre, begab sich der Beschwerdeführer in einen maßgeblichen Widerspruch. Vor der belangten Behörde brachte der Beschwerdeführer bereits vor, dass seine Familie Besitztümer gehabt hätte, aber mittlerweile alles Eigentum der Al Nusra Front sei (AS 57). In der ersten Beschwerdeverhandlung am 31.05.2024 gab er an, dass die Wohnungen (der Familie) in Idlib und in Damaskus von Milizen beschlagnahmt worden seien (Protokoll dieser mV S. 7), und auch im Heimatdorf seien die landwirtschafltichen Flächen und Häuser beschlagnahmt worden – laut den Unterlagen würden die Sachen zwar der Familie (arg. „uns“) gehören, aber tatsächlich könnten sie nichts damit unternehmen (Protokoll dieser mV S. 16), zudem führte er aus: „Als ich ihnen mündlich zugesagt habe, dass ich mich ihnen anschließen würde, sobald es mir wieder bessergeht, dann aber geflüchtet bin, haben sie all unsere landwirtschaftlichen Flächen beschlagnahmt und seither unterstellen sie mir Dinge, die ich nie gemacht habe.“ (Protokoll dieser mV S. 17). In der zweiten Beschwerdeverhandlung am 26.03.2025 verstrickte sich der Beschwerdeführer aber insofern in einen Widerspruch, als er nunmehr die Beschlagnahmung der Grundstücke der Familie zeitlich nicht wie zuvor in den Kontext seiner Flucht (also: Ende 2013) stellte, sondern nunmehr behauptete, dass nach der Ausreise des Beschwerdeführers sehr wohl das Land noch von seiner Familie bestellt worden sei (bzw. habe seine Mutter Arbeiter besorgt) und erst nach dem Tod der Mutter – diese sei 2017 (also vier Jahre nach der Ausreise des Beschwerdeführers) verstorben – der Beschwerdeführer für das Land verantwortlich gewesen wäre und wegen der Probleme, die der Beschwerdeführer mit „ihnen“ (also: Rebellen/Milizen/Opposition/Al Nusra Front/HTS) gehabt hätten, das Land von diesen enteignet worden wäre (Protokoll der mV vom 26.03.2025 S. 12ff). Aufgrund dieses Widerspruchs erwies sich das nunmehrige Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die behaupteten Enteignungen etwas mit ihm zu tun gehabt hätten, als nicht glaubwürdig.
Festzuhalten ist, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde lediglich angab, dass Eigentum der Familie enteignet worden wäre, was generell vor dem Hintergrund der Berichtslage nicht unplausibel ist. Er hat aber überhaupt keinen Kontext zu sich selbst hergestellt, er also hat vor der belangten Behörde nie vorgebracht, dass wegen ihm die Enteignungen vorgenommen worden wären, dass dass die behaupteten Beschlagnahmungen/Enteignungen also irgendetwas mit ihm zu tun gehabt hätten. Davon entfernte er sich aber im Beschwerdeverfahren gravierend – insbesondere in der zweiten Beschwerdeverhandlung am 26.03.2025, wo er schließlich behauptete, dass die landwirtschaftlichen Flächen gerade wegen der Probleme, die der Beschwerdeführer mit „ihnen“ (also: Rebellen/Milizen/Opposition/Al Nusra Front/HTS) gehabt hätten, enteignet worden wäre und sie damit gewollt hätten, dass der Beschwerdeführer zurückkehrte (Protokoll dieser mV S. 13). Dadurch, dass er Beschwerdeführer hier nun einen Kontext herzustellen versuchte, den er so im Verfahren vor der belangten Behörde noch nicht geäußert hatte, zeigte sich erneut (und hinterließ er erneut den persönlichen Eindruck), dass er im Beschwerdeverfahren immer umfassender versuchte, eine ihn betreffende Bedrohungslage zu konstruieren. Aufgrund der aufgezeigten Divergenz war aber auch dieses Vorbringen nicht glaubhaft.
Schließlich erwies sich auch das Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer ins Visier der Al Nusra Front geraten wäre, weil seine Brüder ebenfalls 2013 aus Syrien ausgereist wären, als nicht plausibel – der Berichtslage nach hatten die oppositionellen Gruppen immer ausreichend Zulauf und waren Zwangsrekrutierungen daher nicht notwendig. Es ist vor diesem Hintergrund nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer, weil seine Brüder ebenfalls 2013 ausgereist wären, ins Visier der Al Nusra Front (oder sonstiger Milizen) geraten wäre und nun – 12 Jahre später – bei einer Rückkehr einer Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch in diesem Kontext erwies sich das Vorbringen des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft.
Festzuhalten ist auch noch, dass sich aus der aktuellen Berichtslage nicht ergibt, dass der Beschwerdeführer irgendein Risikoprofil verwirklicht, aufgrund dessen mit maßgeblicher Wahrscheinklichkeit davon auszugehen wäre, dass er aktuell seitens der HTS einer Gefährdung oder Verfolgung ausgesetzt wäre.
Soweit die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid (also zu einem Zeitpunkt, an dem das „Assad-Regime“ noch an der Macht und die Al Nusra/HTS eine oppositionelle Gruppierung war) behauptet, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seiner „Tätigkeit im syrischen das Gesundheitsministerium“ der Vorwurf einer regierungsfreundlichen Einstellung gemacht werden würde (AS 267), ist diese Behauptung nicht tragfähig und nicht schlüssig nachvollziehbar. Zum ersten ist zu bemerken, dass der Beschwerdeführer bereits 2013, also vor über elf Jahren, Syrien verließ, sodass seine berufliche Tätigkeit in Syrien schon sehr lange zurückliegt und nicht anzunehmen ist, dass seine so lange zurückliegende berufliche Tätigkeit heute noch der HTS bekannt werden würde und ihm dies eine Verfolgung seiner Person auslösen würde. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass die frühere berufliche Tätigkeit des Beschwerdefürhers ein negatives Interesse der damaligen Milizen bzw. Al Nusra Front (heute: HTS) geweckt hätte oder nunmehr bei einer Rückkehr ein negatives Interesse der HTS wecken würde: Der Beschwerdebehauptung, dass die „Arbeit für das Gesundheitsministerium“ den Beschwerdeführer nun gefährdet erscheinen lassen würde, kann insbesondere deshalb nicht gefolgt werden, da – wie mit dem Beschwerdeführer in der ersten Beschwerdeverhandlung umfassend erörtert (vgl. Protokoll der mV vom 31.05.2024, S. 8ff) – er zwar formal seit 2006 ein Dienstverhältnis mit dem dem syrischen Gesundheitsministerium unterstehenden XXXX einging (zuerst befristet, dann fix) und zwar in der Funktion eines Securitys eines Krankenhauses in XXXX . Dabei übte er diese Funktion eines Krankenhaus-Securitys aber kaum aus, vielmehr war er in seiner Arbeitszeit als Sportlehrer für Kinder in Schulen tätig, dies auf Ersuchen des Sportverbands beim Gesundheitsministerium. Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer eigentlich ganz überwiegend in Schulen Kindern Sport unterrichtete, zudem Schiedsrichter und Landwirt war, trat er auch ganz überwiegend so in Erscheinung – als Security im Krankenhaus arbeitete er nur selten. Es ist von demher schon nicht ersichtlich, dass es für Außenstehende überhaupt erkennbar gewesen wäre, dass er für diese Tätigkeit als Security eines Krankenhauses – eine Funktion, die er obendrein zwar innehatte, aber faktisch kaum ausübte – letztlich bei einer dem Gesundheitsministerium unterstehenden Behörde, also einer Behörde des „Assad-Regimes“ angestellt war. Es ist daher schon nicht plausibel, dass seine formale berufliche Anstellung bei einer staatlichen Behörde „den Milizen“ überhaupt bekannt geworden wäre. Aber, selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, und Milizen, die der heutigen HTS zuzurechnen sind, von dem tatsächlichen Anstellungsverhältnis des Beschwerdeführers in Kenntnis wären oder sind, ist es nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer aus diesem Grund einer Gefährdung oder gar Verfolgung ausgesetzt wäre: Der Beschwerdeführer war formal als Security für ein Krankenhaus eingestellt, faktisch aber ganz überwiegend als Sportlehrer für Kinder tätig. Weder der eine noch der andere Beruf exponiert(e) den Beschwerdeführer gegenüber den erwähnten Akteuern, weil weder ein Krankenhaus-Security noch ein Sportlehrer Tätigkeiten ausüben, die in einer relevanten Weise als „Unterstützung des Regimes“ gesehen wurden und werden – es fehlt hier schlicht an einem tragfähigen Kontext. Aus der aktuellen Berichtslage ergibt sich keinesfalls, dass Personen, die vor mehr als zehn Jahren derartige Berufe ausgeübt haben und sich auch schon seit über einem Jahrzehnt nicht mehr in Syrien befinden, vom nunmehrigen Machthaber – der HTS – irgendeine Gefährdung oder gar Verfolgung zu gewärtigen hätten. Vielmehr ist den Länderberichten (insbesondere zu „Personen, die der Regierung von Bashar Al-Assad nahestanden“) zu entnehmen, dass die neuen Behörden von Anfang an verkündeten, dass die Soldaten, die im Rahmen der Wehrpflicht rekrutiert worden waren, sicher seien und dass es verboten sei, sie anzugreifen. Es wurde eine Generalamnestie für alle zwangsrekrutierten Militärangehörigen erlassen. Nach Angaben des SOHR wurden einige Gefangene, die beschuldigt wurden, der Assad-Regierung Informationen geliefert zu haben, Berichten zufolge unmittelbar nach ihrer Verhaftung hingerichtet. Kämpfer, die mit der Übergangsregierung verbunden sind, richteten einen lokalen Beamten, der beschuldigt wird, als Informant für den gestürzten Präsidenten Assad zu arbeiten, öffentlich hin. Es kam zu außergerichtlichen Tötungen ehemaliger Mitglieder von Milizen, die Bashar Al-Assad unterstützten, wie die Ermordung von vier Mitgliedern der Familie Meido, die einer lokalen Miliz angehörten, die an der Seite der früheren Regierung gekämpft hatte. Nach Angaben des SOHR wurden zwischen Anfang 2025 und Mitte Februar 2025 287 Personen durch außergerichtliche Tötungen und Racheakte getötet. Die Operationen wurden den ganzen Januar über fortgesetzt, wobei Mitglieder der allgemeinen Sicherheitsverwaltung Häuser inspizierten und nach Waffen und Personen suchten, die sich nicht mit der Übergangsverwaltung ausgesöhnt hatten. Bei umfangreichen Militär- und Sicherheitsoperationen in Schlüsselregionen wie den Küstenstädten, Homs, Hama, Aleppo und Damaskus kam es zu Razzien, Waffendurchsuchungen und der Festnahme weiterer Hunderter von Personen. Die Operationen konzentrierten sich auf ehemalige militärische Kämpfer und Ex-Regierungsangehörige und führten zur Beschlagnahmung erheblicher Mengen an Waffen und Munition. Neben den Operationen der Übergangsverwaltung wurden Vorfälle von mutmaßlichen Racheakten, einschließlich Tötungen, Entführungen und Brandstiftungen, durch nicht identifizierte Gruppen dokumentiert, deren Ausmaß jedoch unklar bleibt. Ende Dezember wurden drei alawitische Richter in Masyaf, die für Eigentumsstreitigkeiten zuständig waren, getötet, eine Tat, die von der Übergangsverwaltung verurteilt wurde. Im Januar meldete das SOHR die Hinrichtung von 15 Personen, darunter Beamte der ehemaligen Regierung, durch nicht identifizierte Bewaffnete im Gouvernement Homs. Außerdem wurden 53 Personen verhaftet und an unbekannte Orte gebracht.
Die Berichtslage zeigt damit, dass es seit der Machtübernahme eine Generalamnestie für zwangsrekrutierte Militärangehörige gab, und „Versöhnungszentren“ eingerichtet wurden, in denen selbst ehemalige Angehörige der Polizei, des Militärs, der Nachrichtendienste und der Pro-Assad-Milizen, die ihre Waffen abgegeben haben, vorübergehend zivile Ausweise erhalten können – wenn auch der Prozess intransparent ist, so zeigt dies, dass selbst Personen in für das ehamalige Assad-Regime relevanten Funktionen nicht ohne weiteres einer Verfolgung seitens der aktuellen Machthaber ausgesetzt sind: Selbst hochrangigen Persönlichkeiten, die mit der Assad-Regierung in Verbindung stehen, wurde Amnestie gewährt, außerdem soll die MOA Kollaborateuren von Maher Al-Assad, wie Geschäftsleuten, die seine Aktivitäten unterstützten, sowie Generalmajor Talal Makhlouf, Anführer der Republikanischen Garde der Assad-Regierung, Versöhnung gewährt haben. Es ist vor diesem Hintergrund nicht plausibel, dass eine Person wie der Beschwerdeführer, der zuletzt 2013 für den Beruf einen Krankenhaus-Securitys angestellt, aber faktisch eigentlich Sportlehrer war, eine Gefährdung oder Verfolgung zu befürchten hätte, wenn selbst Personen, die tatsächlich bis zur Machtübernahme durch die HTS in hochrangigen oder militärischen Funktionen tätig waren, und die tatsächlich mit der Assad-Regierung in Verbindung standen, Versöhnung gewährt wurde.
Es wird nicht verkannt, dass die Berichte mitunter auch ein anderes Vorgehen der jetzigen Machthaber zeigen – so wurden vom Libanon zurückgewiesene syrische Offiziere und Soldaten inhaftiert, es wurde nach Personen die mit der gestürzten Regierung in Verbindung stehen gesucht. Verhaftungsaktionen zielten laut neuer Regierung nur auf Personen ab, die im Namen des Assad-Regimes Verbrechen begangen hatten; die Kampagnen in Deir Ez-Zor, Aleppo und Tartous konzentrierten sich auf die Beschlagnahmung illegaler Waffen und die Festnahme von Verdächtigen, die an illegalen Aktivitäten beteiligt waren. Es wurden einige Gefangene, die beschuldigt wurden, der Assad-Regierung Informationen geliefert zu haben, Berichten zufolge unmittelbar nach ihrer Verhaftung hingerichtet. Kämpfer, die mit der Übergangsregierung verbunden sind, richteten einen lokalen Beamten, der beschuldigt wird, als Informant für den gestürzten Präsidenten Assad zu arbeiten, öffentlich hin. Es kam zu außergerichtlichen Tötungen ehemaliger Mitglieder von Milizen, die Bashar Al-Assad unterstützten, wie die Ermordung von vier Mitgliedern der Familie Meido, die einer lokalen Miliz angehörten, die an der Seite der früheren Regierung gekämpft hatte. Nach Angaben des SOHR wurden zwischen Anfang 2025 und Mitte Februar 2025 287 Personen durch außergerichtliche Tötungen und Racheakte getötet. Die Operationen wurden den ganzen Januar über fortgesetzt, wobei Mitglieder der allgemeinen Sicherheitsverwaltung Häuser inspizierten und nach Waffen und Personen suchten, die sich nicht mit der Übergangsverwaltung ausgesöhnt hatten. Bei umfangreichen Militär- und Sicherheitsoperationen in Schlüsselregionen wie den Küstenstädten, Homs, Hama, Aleppo und Damaskus kam es zu Razzien, Waffendurchsuchungen und der Festnahme weiterer Hunderter von Personen. Die Operationen konzentrierten sich auf ehemalige militärische Kämpfer und Ex-Regierungsangehörige und führten zur Beschlagnahmung erheblicher Mengen an Waffen und Munition. Auch bei diesen Berichten zeigt sich aber, dass diese Vorgehensweise, insbesondere Inhaftierungen und extralegale Tötungen, Personen angetan wird, die ein ganz anders persönliches Profil als der Beschwerdeführer aufweisen – nämlich Militärangehörigen und ehemaligen militärischen Kämpfern, Personen die im Namen Assads Verbrechen begingen, an illegalen Aktivitäten Beteiligten, Informanten der Assad-Regierung, Angehörigen von Assad unterstützenden Milizen, Personen, die sich nicht mit der neuen (Übergangs)regierung aussöhnten und Ex-Regierungsnagehörigen. Der Beschwerdeführer ist all dies aber nicht – seinen Militärdienst hatte er bereits von XXXX abgeleistet, danach hatte er nie wieder einen Berührungspunkt mit dem Militär. Von 2006 bis 2013 hatte er zwar eine staatliche Anstellung, allerdings ist seine Funktion – sowohl die wenig ausgeübte als Security eines Krankenhauses als auch die eines Sportlehrers für Kinder – überhaupt nicht mit den Berufsprofilen jener vergleichbar, die nach der aktuellen Berichtslage eine Gefährdung oder Verfolgung seitens der nunmehrigem Machthaber zu gewärtigen haben oder schlicht Opfer von Racheackten werden. Außerdem beendete er seine berufliche Tätigkeit in Syrien schon zur Zeit seiner Ausreise im Jahr 2013, sodass er überhaupt keine aktuelle Verbindung mehr zum damaligen Berufsleben hat. Es ist nach dem Gesagten vor dem Hintergrund der aktuellen Berichtslage nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Herkunftsregion einer Gefährdung oder Verfolgung ausgesetzt ist. Der Beschwerdeführer hat eine solche Gefährdung in den mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht, insbesondere in jener nach dem Machtwechsel in Syrien, auch gar nicht mehr behauptet, das Beschwerdevorbringen blieb insofern auch unsubstantiiert und wurde vom Beschwerdeführer nicht aufgrecht gehalten. Es ist auch nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer gezieltes oder zufälliges Opfer von mutmaßlichen Racheakten von seiten nicht identifizierten Gruppen (dokumentiert sind Tötungen, Entführungen oder Brandstiftungen) werden würde, weil er als ein aus Idlib stammender Araber muslimischen Bekenntnisses nicht exponiert ist. Zudem ist der Beschwerdeführer in Syrien auch nicht wegen einer Straftat verurteilt worden. Nach seinen Angaben war der Beschwerdeführer auch nie Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Gruppierung. Auch daraus kann dem Beschwerdeführer keine Bedrohung seitens der HTS oder durch andere Gruppierungen drohen. Daraus folgt insbesondere, dass der Beschwerdeführer auch nie offen gegen die aktuellen Machthaber in seinem Herkunftsgebiet, die HTS, aufgetreten ist. Dass er selbst in irgendeiner Weise der HTS gegenüber oppositionell eingestellt sei, brachte der Beschwerdeführer ebenfalls nicht glaubhaft und substantiiert vor. Eine oppositionelle politische Gesinnung des Beschwerdeführers gegen die HTS oder andere Gruppierungen war auch nicht aus seiner Ausreise aus Syrien oder seiner Asylantragstellung im Ausland abzuleiten, insbesondere zumal weder die HTS oder andere Gruppierungen Kenntnis darüber haben. Es ist dem Beschwerdeführer daher nicht gelungen eine individuelle, konkret seine Person betreffende Bedrohungslage glaubhaft zu machen.
Zusammenschauend ist festzuhalten, dass aufgrund des persönlichen Profils des Beschwerdeführers es vor dem Hintergrund der aktuellen Berichtslage es nicht plausibel ist, dass er in seiner Herkunftsregion einer Verfolgung durch die HTS oder andere Akteure ausgesetzt ist. Eine Verfolgung des Beschwerdeführers ist in diesem Kontext nicht maßgeblich wahrscheinlich.
Die erkennende Richterin verkennt im Rahmen der Beweiswürdigung nicht, dass der Beschwerdeführer psychisch belastet ist. Es hat sich aber im gesamten Verfahren nicht ergeben, dass ihn dies in seinen Aussagen beschränken würde. Gerade in den Beschwerdeverhandlungen konnte die erkennende Richterin den Eindruck gewinnen, dass er imstande ist, umfassende Angaben zu machen – und es ist nicht ersichtlich, dass er dazu vor der belangten Behörde nicht imstande gewesen wäre. Die gravierenden Divergenzen und die fortlaufende Steigerung seines Vorbringens können daher nicht mit seiner psychischen Belastung erklärt werden.
Abschließend ist noch zu bemerken, dass einer allgemeinen Gefährdung des Beschwerdeführers durch die derzeitige Sicherheitslage in Syrien, vor allem aufgrund der Ungewissheit wie sich die Sicherheitslage nach dem Sturz des „Assad-Regimes“ weiterentwickelt, im gegenständlichen Verfahren mit der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 bereits vorab Rechnung getragen wurde.
2.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Länderberichte. Da diese insgesamt aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der herangezogenen Länderinformationen zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
3.1.1. § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG) lautet auszugsweise:
„Status des Asylberechtigten
§ 3 (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn 1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder 2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
…“
3.1.2. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr kann relevant sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
3.1.3. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, hat sich das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Gründen für das Verlassen Syriens und seinen Rückkehrbefürchtungen sowohl hinsichtlich einer Einberufung zum Reservedienst durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) als auch hinsichtlich einer Festnahme und Folter durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) aufgrund einer im unterstellten Unterstützung der Rebellen/Oppositionellen/Al Nusra Front (heutigen HTS) als nicht glaubhaft erwiesen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird dazu auf die Punkt 2.3.1. und 2.3.2. der Beweiswürdigung verwiesen.
Erachtet die zur Entscheidung über einen Asylantrag zuständige Instanz – wie im gegenständlichen Fall – im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380). Wie in der Beweiswürdigung dargetan, ergibt sich der Schluss auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf diese Fluchtgründe aus einer Gesamtschau seiner Angaben und des vorgelegten Beweismittels, zudem aus dem in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck.
Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, ist es unbeschadet dessen schon allein wegen des Umstandes, dass das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) seit 08.12.2024 nicht mehr an der Macht ist, nicht als maßgeblich wahrscheinlich anzusehen, dass dem Beschwerdeführer aktuell in seiner Herkunftsregion tatsächlich eine Verfolgung durch dieses ehemalige Regime drohen könnte – dies weder im Kontext einer Einberufung zum Militärdienst noch in Zusammenhang mit dem (ohnehin nicht glaubhaften) Vorbringen zur Inhaftierung und Folter durch das ehemalige syrische Regime („Assad-Regime“) oder aus irgendeinem anderen Grund.
3.1.4. Auch das Vorbringen zu einer Bedrohung und Verfolgung durch die vormalige Al Nusra Front/heutige HTS/die Rebellen/die Milizen/die Opposition in Zusammenhang damit, dass der Beschwerdeführer deren Begehren, sie zu trainieren, nicht entsprochen hätte, oder weil seine Brüder mit ihm Syrien verlassen hätten, hat sich als nicht glaubhaft erwiesen. Ebensowenig hat der Beschwerdeführer das Vorbringen, dass es in diesem Zusammenhang zu einer Enteignung von Eigentum seiner Familie durch die Genannten gekommen wäre und gegen den Beschwerdeführer Haftbefehle eines Scharia-Gerichts ergangen werden, die insbesondere den Vorwurf der Blasphemie umfassen, glaubhaft gemacht. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird dazu auf Punkt 2.3.3. der Beweiswürdigung verwiesen.
Erachtet die zur Entscheidung über einen Asylantrag zuständige Instanz – wie im gegenständlichen Fall – im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380). Wie in der Beweiswürdigung dargetan, ergibt sich der Schluss auf die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf diese Fluchtgründe aus einer Gesamtschau seiner Angaben, zudem aus dem in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck.
Außerdem hat sich eine aktuelle Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund seines früher ausgeübten Berufs und seines persönlichen Profils als nicht maßgeblich wahrscheinlich erwiesen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auch dazu auf Punkt 2.3.3. der Beweiswürdigung verwiesen.,
3.1.5. Der Beschwerdeführer hat insgesamt keine konkrete und persönliche Verfolgung seiner Person aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien glaubhaft gemacht.
3.1.6. Die Bewertung der aktuellen Länderberichte zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers erlaubt es auch nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen.
3.1.7. Dem Beschwerdeführer ist es damit nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung von maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Auch haben sich im Verfahren ansonsten keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen.
3.1.8. Die allgemeine Lage in Syrien ist auch nicht dergestalt, dass automatisch jedem Antragsteller aus Syrien der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste.
3.1.9. Die Beschwerde war daher betreffend Spruchpunkt I. und somit – da sie sich ausdrücklich nur gegen diesen richtete – zur Gänze als unbegründet abzuweisen.
3.1.10. Der allgemeinen Gefährdung der Beschwerdeführer durch die derzeitige Sicherheitslage und Versorgungslage in Syrien, vor allem aufgrund der Ungewissheit wie sich die Sicherheitslage nach dem Sturz des Assad-Regimes weiterentwickelt, wurde im gegenständlichen Verfahren mit der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 bereits vorab Rechnung getragen.
3.1.11. Der Vollständigkeit halber sei noch darauf eingegangen, dass die im Dezember 2024 veröffentlichte Position der UNHCR (UNHCR 1) der vorliegenden Entscheidung nicht entgegensteht:
Die von der UNHCR thematisierten Fragen der freiwilligen Rückkehr („Voluntary Returns“) sowie des Moratoriums zwangsweiser Rückführungen („Moratorium on Forced Returns“) sind mit Blick auf den Gegenstand der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht relevant.
Des Weiteren plädiert die UNHCR dafür, dass vorerst keine negativen Entscheidungen über Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen, die früher ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Syrien hatten, erlassen werden. Zutreffend weist UNHCR zunächst darauf hin, dass das Risiko einer Verfolgung durch die einstige Regierung, also das Assad-Regime, geendet habe. Diese Ausführungen stehen im Einklang mit den Informationen, auf die sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung stützt. Soweit UNHCR allerdings vermeint, dass andere Risiken fortbestehen oder zunehmen könnten, ist festzuhalten, dass das Vorbringen einer asylrelevanten Verfolgung infolge der Lageänderung in Syrien ab Ende November/Anfang Dezember 2024 eine entsprechende Glaubhaftmachung am – rechtskundig vertretenen und über seine Mitwirkungspflicht mehrfach belehrten – Beschwerdeführer liegt. Zum für die Beurteilung und Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt ist jedenfalls von keiner asylrelevanten Verfolgung des Beschwerdeführers durch einen der Akteure in Syrien auszugehen. Im Übrigen ist beachtlich, dass auch UNHCR keine konkreten neuen Verfolgungsrisiken ins Treffen führt, sondern sich bloß allgemein auf die in Syrien vorherrschende Unsicherheit und Instabilität bezieht. Vor diesem Hintergrund sei abschließend noch einmal daran erinnert, dass der Beschwerdeführer ohnedies bereits den Status des subsidiär Schutzberechtigten innehat.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.