JudikaturBVwG

W600 2297114-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
25. April 2025

Spruch

W600 2297114-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Albert TUDJAN, MA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX Staatsangehörigkeit Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.06.2024, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 88 Abs. 2a FPG stattgegeben. XXXX ist gemäß § 88 Abs. 2a FPG ein Fremdenpass auszustellen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte im österreichischen Bundesgebiet am 09.08.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA oder Bundesamt) vom 13.11.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt.

3. Mit Bescheid vom 26.09.2024 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers für weitere zwei Jahre verlängert.

4. Am 17.04.2024 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 88 Abs. 2a FPG.

5. Mit Schreiben des Bundesamtes vom 17.04.2024 wurde dem Beschwerdeführer im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis einer Beweisaufnahme mitgeteilt, dass es beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses abzuweisen.

6. Mit, vom BF unterzeichnetem, Schriftsatz vom 25.04.2024 brachte die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH eine Stellungnahme ein.

7. Mit Schriftsatz vom 24.05.2024 wurde seitens der Rechtsberatung der der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH eine Stellungnahme für den Beschwerdeführer eingebracht.

8. Mit Bescheid des BFA vom 14.06.2024, dem Beschwerdeführer zugestellt am 19.06.2024, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 3a FPG abgewiesen.

Begründend wurde seitens des Bundesamtes zusammenfassend ausgeführt, dass im Asylverfahren keinerlei Bedrohung für den Beschwerdeführer durch die syrischen Behörden festgestellt worden sei. Im Übrigen würden sich seine Familienangehörigen im oppositionell beherrschten Gebiet aufhalten und das syrische Regime hätte folglich keinen Zugriff auf sie. Die Kosten für die Reisepassausstellung würden € 265 betragen, zuzüglich € 45 Bearbeitungsgebühr. Selbst unter Inanspruchnahme eines Expressverfahrens mit einer Bearbeitungsgebühr von € 705 würden keine exorbitant hohen und völlig unverhältnismäßigen Kosten anfallen. Die syrische Botschaft in Wien verfüge zudem über eine Passbefugnis. Der Beschwerdeführer habe keine Beweismittel in Vorlage gebracht, wonach er nicht in der Lage oder es ihm nicht zumutbar wäre, ein Reise(ersatz)dokument zu erlangen.

9. Mit am 17.07.2024 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den zuvor genannten und oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

10. Das BFA legte die Beschwerde samt zugehöriger Akten dem BVwG am 08.08.2024 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Syriens und führt die im Spruch genannte Verfahrensidentität.

Er stellte am 09.08.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.11.2023 wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt.

Im Bescheid vom 13.11.2023 wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass aus den Länderberichten hervorgehe, dass die Erreichbar des Herkunftsortes des Beschwerdeführers ohne in Kontakt mit den syrischen Machthabern zu geraten, gegeben wäre. Seine Heimatregion befände sich unter kurdischer Kontrolle. Die syrischen Behörden seien nur in eingeschränktem Maße in der Lage, im kurdisch kontrollierten Gebiet Rekrutierungen durchzuführen. Der Beschwerdeführer habe auch angegeben, keinen Einberufungsbefehl der syrischen Regierung erhalten zu haben. Zudem habe er keine Musterung durchlaufen und besitze kein Militärbuch. Über militärische Kenntnisse verfüge der Beschwerdeführer ebenso wenig. Es hätten sich laut BFA keine belastbaren Hinweise auf eine öffentliche politische Aktivität des Beschwerdeführers ergeben, weshalb die Befürchtungen, der Beschwerdeführer werde als regimekritisch wahrgenommen, sich nicht rechtfertigen ließen. Eine tatsächliche oppositionelle Gesinnung könne nicht angenommen werden und würde vom syrischen Regime wohl auch nicht unterstellt werden. Hinweise auf eine unterstellte oppositionelle Gesinnung seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Ferner gäbe es im kurdisch kontrollierten Gebiet mangels administrativer Strukturen keinen verpflichtenden Wehrdienst oder Wehrdienstkampagnen. Der Beschwerdeführer habe nie angegeben, persönlich wegen des Wehrdienstes von den kurdischen Kräften bedroht worden zu sein. Trotz Erreichen der Volljährigkeit hätte der Beschwerdeführer ohne gegen ihn gerichtete Rekrutierungsversuche in seinem Heimatdorf gelebt. Im Hinblick auf die Länderberichte dürften die kurdischen Autonomiebehörden eine Wehrdienstverweigerung auch nicht als oppositionelle Gesinnung werten. Es könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erkannt werden, dass der Beschwerdeführer im Rahmen des verpflichtenden Wehrdienstes zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen herangezogen werden würde. Es gehe aus den Länderberichten ebenso hervor, dass ein Einsatz an der Front fallweise auf eigenen Wunsch erfolge. Zurückkehrende würden auch nicht unterschiedslos wegen ihres Auslandsaufenthaltes oder Asylantragstellung im Ausland politisch verfolgt werden. Insgesamt habe der Beschwerdeführer im Verfahren keine Probleme wegen seiner Konfession oder Volksgruppenzugehörigkeit dargelegt. Eine Verfolgungsgefahr durch die kurdischen Machthaber bzw. durch die syrische Regierung wurde durch das Bundesamt im gegenständlichen Fall verneint.

1.2. Mit Bescheid vom 26.09.2024 wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers für weitere zwei Jahre verlängert. Der Beschwerdeführer ist rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

1.3. Am 17.04.2024 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 88 Abs. 2a FPG, welcher mit Bescheid des BFA vom 14.06.2024, dem Beschwerdeführer zugestellt am 19.06.2024, abgewiesen wurde.

1.4. Mit am 17.07.2024 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den unter Punkt II. 1.3. genannten Bescheid des BFA vom 14.06.2024.

1.5. Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX in Syrien und ist nicht im Besitz eines syrischen Reisepasses.

1.6. Die Neuausstellung von syrischen Reisepässen ist im Entscheidungszeitpunkt in der syrischen Botschaft in Wien nicht möglich. Es kann lediglich die Gültigkeit abgelaufener Pässe verlängert werden. Es besteht überdies nur die Möglichkeit, online Termine bei den syrischen Botschaften in Stockholm, Berlin, Athen oder Brüssel zu buchen und in weiterer Folge für die Reisepassneuausstellung persönlich bei den dortigen Vertretungsbehörden vorzusprechen.

1.7. In Österreich ist der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten. Zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung stehen der Ausstellung eines Fremdenpasses nicht entgegen.

1.8. Relevanten Informationen zu den Voraussetzungen für die Ausstellung eines syrischen Reisepasses für in Österreich lebende syrische Staatsbürger:

Anfragebeantwortung zu Syrien: Informationen zu Möglichkeiten der Erlangung eines syrischen Reisedokuments (Möglichkeiten, Voraussetzungen, Rolle des konkreten Herkunftsortes, persönliche Anwesenheit, Folgen für Antragsteller·innen im Inland und Verwandte im Herkunftsstaat) vom 19.03.2025

„Möglichkeit für syrische Staatsangehörige in Österreich ein gültiges Reisedokument des Heimatstaates zu erhalten (Voraussetzungen, Relevanz des Herkunftsortes)

Das syrische Konsulat in Wien erklärte in einer E-Mail-Auskunft vom 16. Jänner 2025 Folgendes:

„Wir möchten Sie darüber in Kenntnis setzen, dass ein neuer Reisepass nur noch online zu beantragen ist, unter der offizielle Seite: www.ecsc-expat.sy“ (Syrisches Konsulat in Wien, 16. Jänner 2025)

Am 19. März bestätigt das Konsulat die Informationen in einer weiteren E-Mail-Auskunft an ACCORD:

„Die Botschaft der Arabischen Republik Syrien in Wien informiert Sie hiermit, dass aufgrund der aktuellen Lage in Syrien eine Verlängerung der Gültigkeit für abgelaufene Pässe möglich ist. Aufgrund dessen ist es derzeit in der Botschaft nicht möglich, die Pässe neu auszustellen.“ (Syrisches Konsulat in Wien, 19. März 2025)

Das Konsulat erwähnt außerdem, dass es die Möglichkeit gebe einen neuen Pass online zu beantragen und in diesem Fall einen Termin für die syrischen Botschaften in Stockholm, Berlin Athen oder Brüssel zu buchen (Syrisches Konsulat in Wien, 19. März 2025).“

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die vom BFA vorgelegten Verwaltungsakte das gegenständliche Fremdenpassverfahren (im Folgenden: DOK-Akt) und das vorangegangene Asylverfahren (im Folgenden: INT-Akt) des BF betreffend, sowie den gegenständlichen Gerichtsakt. Ferner wurde Einsicht genommen in das Melderegister, Fremdenregister, GVS-Informationssystem sowie in das Strafregister.

2.1. Die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers wurde basierend auf den Angaben im verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid festgestellt (DOK-Akt, AS 61 [OZ 4]). Zudem weist die Karte für subsidiär Schutzberechtigte, welche der Beschwerdeführer seinem Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung beifügte, Syrien als seinen Herkunftsstaat aus (DOK-Akt, AS 7). Der Zeitpunkt der Asylantragstellung ergibt sich aus dem Erstbefragungsprotokoll im Asylverfahren (vgl. INT-Akt, AS 1f [OZ 4]). Die Feststellungen zur Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Zuerkennung von Asyl, der Gewährung von subsidiärem Schutz und der befristeten Aufenthaltsberechtigung sind auf den im INT-Akt aufliegenden Bescheid vom 13.11.2023 gestützt (vgl. INT-Akt, AS 49ff [OZ 4]).

2.2. Die Feststellung zum rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergibt sich aus dem im Vorakt befindlichen Bescheid vom 26.09.2024, mit dem die Aufenthaltsberechtigung des Beschwerdeführers um zwei Jahre verlängert wurde. (vgl. INT-Akt, AS 33ff [OZ 4]) Anhaltspunkte, dass dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten und/oder die im damit einhergehende Aufenthaltsberechtigung aberkannt wurde, lässt sich weder den Akten noch dem Fremdenregister entnehmen.

2.3. Dass der Beschwerdeführer am 17.04.2024 einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses stellte, beruht auf den im Akt befindlichen Antrag des Beschwerdeführers. (vgl. DOK-Akt, AS 2).

2.4. Der Herkunftsort des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Feststellungen des im Akt aufliegenden Bescheid des BFA vom 13.11.2023. (vgl. INT-Akt, AS 49ff [OZ 4]) Dem widersprechende Feststellungen wurden auch im gegenständlich angefochtenen Bescheid nicht getroffen. Vielmehr wurde in selbigen die Geburt des Beschwerdeführers in XXXX (Syrien) – neuerlich – festgestellt. (vgl. DOK-Akt, AS 63) Letztlich gab der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses erneut an aus XXXX zu stammen. (vgl. DOK-Akt, AS 1)

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über keinen syrischen Reisepass verfügt, beruht auf seinen Angaben in seinem verfahrensgegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses vom 17.04.2024 (vgl. DOK-Akt, AS 2), welche sich im Einklang mit seinen Vorbringen in seinem Asylverfahren vor dem BFA befinden. So gab der Beschwerdeführer bei seiner Erstbefragung am 09.08.2023 an illegal aus Syrien ausgereist zu sein und nie einen Reisepass besessen zu haben (vgl. INT-Akt, AS 7). Auch in seiner Einvernahme vor dem BFA am 09.11.2023 brachte der Beschwerdeführer vor, niemals über einen Reisepass verfügt zu haben (vgl. INT-Akt, AS 29 [OZ 4]) und illegal aus Syrien ausgereist zu sein (vgl. ebd. AS 30). Den Akten kann zudem nichts Gegenteiliges entnommen werden.

2.5. Die getroffenen Feststellungen zur nicht bestehenden Möglichkeit der Neuausstellung eines Reisedokuments bei der syrischen Botschaft in Österreich beruht auf den diesbezüglichen Angaben der ACCORD-Anfragebeantwortung vom 19.03.2025 (Anfragebeantwortung zu Syrien: Informationen zu Möglichkeiten der Erlangung eines syrischen Reisedokuments (Möglichkeiten, Voraussetzungen, Rolle des konkreten Herkunftsortes, persönliche Anwesenheit, Folgen für Antragsteller·innen im Inland und Verwandte im Herkunftsstaat) (Update von a-12313) [a-12558_v2]).

Es ist dem Beschwerdeführer vor dem Hintergrund der vorstehend zitierten Informationen nicht zumutbar, sich für die Neuausstellung eines syrischen Passes nach Stockholm, Berlin, Athen oder Brüssel zu begeben, insbesondere da der Beschwerdeführer über kein gültiges Reisedokument verfügt.

2.6. Aus dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine gerichtlichen Verurteilungen aufweist. Andere Hinweise auf eine potenzielle Gefährlichkeit, die sich auf die nationale Sicherheit oder öffentliche Ordnung auswirken könnten, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

2.7. Die erfolgte Abweisung des verfahrensgegenständlichen Antrages des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Fremdenpasses sowie die Zustellung an diesen, beruhen auf einer im Akt einliegenden Ausfertigung des Bescheides des Beschwerdeführers vom 14.06.2024 sowie der entsprechenden Übernahmebestätigung vom 19.06.2024. (vgl. DOK-Akt AS 63ff)

2.8. Die am 17.07.2024 erfolgte Beschwerdeerhebung durch den Beschwerdeführer ergibt sich aus der im Akt abgebildeten E-Mail der Diakonie vom 17.07.2024 mit welcher die gegenständliche Beschwerde des Beschwerdeführers beim BFA eingebracht wurde. Zudem wird die (fristgerechte) Einbringung selbiger am 17.07.2024 auch vom BFA in seiner Beschwerdevorlage bestätigt. (vgl. OZ 1)

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

3.1. Gesetzliche Grundlagen

§ 88 FPG lautet wie folgt:

„(1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für

1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;

2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) gegeben sind;

4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder

5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.

(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

(3) Die Gestaltung der Fremdenpässe wird entsprechend den für solche Reisedokumente international üblichen Anforderungen durch Verordnung des Bundesministers für Inneres bestimmt. Im Übrigen hat die Verordnung den für Reisepässe geltenden Regelungen des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, zu entsprechen.

(4) Hinsichtlich der weiteren Verfahrensbestimmungen über die Ausstellung eines Fremdenpasses, der Bestimmungen über die Verarbeitung und Löschung von personenbezogenen Daten und der weiteren Bestimmungen über den Dienstleister gelten die Bestimmungen des Paßgesetzes entsprechend.“

3.2. Aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (2144 BlgNR XXIV. GP) geht zu Abs. 2 und Abs. 2a des § 88 FPG Folgendes hervor:

"Die Statusrichtlinie sieht die Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten, unter anderem in Bezug auf den Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat, vor. Art 25 Abs 2 Statusrichtlinie sieht diesbezüglich vor, dass subsidiär Schutzberechtigten, die keine Reisedokumente ihres Herkunftsstaates erhalten können, durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat Reisedokumente auszustellen sind, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Diese Richtlinienbestimmung wird durch § 88 Abs. 2a umgesetzt, indem subsidiär Schutzberechtigten nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt wird, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden kann. Humanitäre Gründe für die Anwesenheit in einem anderen Staat sind nicht mehr erforderlich."

Bei dem im § 88 Abs. 2a FPG genannten Gesichtspunkt, „wenn der Antragsteller nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Herkunftsstaates zu beschaffen“, handelt es sich um ein zwingendes Tatbestandsmerkmal – und somit um eine Erfolgsvoraussetzung – für die Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0124).

Die Beurteilung der Unzumutbarkeit bzw faktischen Unmöglichkeit der Beschaffung eines gültigen Reisedokuments im Sinne des § 88 Abs. 2a FPG hat im Einzelfall zu erfolgen (vgl. VwGH 27.07.2023, Ra 2021/21/0363).

Subsidiär Schutzberechtigte sind dann, im Sinne vom § 88 Abs. 2a FPG, nicht in der Lage, sich ein Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, wenn dessen Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigert; liegen im Falle eines Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses eine oder mehrere Voraussetzungen hierfür nicht vor, so ist der Antrag abzuweisen (vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht [2014] § 88 FPG Anm. 2 und 3). Bei dem im § 88 Abs. 2a FPG genannten Gesichtspunkt, „wenn der Antragsteller nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Herkunftsstaates zu beschaffen“, handelt es sich um ein zwingendes Tatbestandsmerkmal – und somit um eine Erfolgsvoraussetzung – für die Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0124).

3.3. Ein Fremdenpass kann Fremden nach dieser Bestimmung auf Antrag ausgestellt werden, wenn ihnen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und sie nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen. Weiter wird nach dieser Bestimmung vorausgesetzt, dass der Ausstellung keine zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung entgegenstehen.

Der Beschwerdeführer beantragte am 17.04.2024 die Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte gemäß 88 Abs. 2a FPG. Im Entscheidungszeitpunkt der Behörde war der Sturz des syrischen Regimes noch nicht absehbar. Zum damaligen Zeitpunkt führte die Botschaft die Neuausstellung von Reisepässen für Syrer ohne Reisepass durch. Aktuell ist nach dem Sturz des Regimes eine Neuausstellung für Personen, welche noch keinen Reisepass besitzen, in Wien durch die syrischen Vertretungsbehörden nicht möglich, lediglich Verlängerungen bestehender Pässe.

Im gegenständlichen Fall ist es dem Beschwerdeführer sohin faktisch unmöglich sich einen Reisepass bei den Vertretungsbehörden neu ausstellen zu lassen. Aufgrund des Nichtvorliegens eines Reisedokumentes ist es ihm auch nicht möglich sich einen solchen Reisepass in anderen europäischen Städten ausstellen zu lassen, zudem ihm dies nicht zumutbar wäre. Somit ist diese Tatbestandsvoraussetzung des § 88 Abs. 2a FPG erfüllt.

Es sind im Verfahren weder zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung, die der Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG entgegenstehen würden, noch Versagungsgründe iSd § 92 FPG hervorgekommen.

Folglich war der Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid spruchgemäß stattzugeben.

3.4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage geklärt war und – substantiierte – Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen bzw. nicht substantiiert vorgebracht wurden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Rückverweise