JudikaturBVwG

W282 2295830-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
15. April 2025

Spruch

W282 2295830-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde des mj. XXXX alias XXXX , geboren am XXXX alias XXXX , Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien, vertreten durch das Land Oberösterreich als Kinder- und Jugendhilfeträger, diese vertreten durch die Diakonie – Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.11.2024 und 18.03.2025 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in Folge: BF) reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 04.07.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag wurde er vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt:

Zu seinen Fluchtgründen gab der BF im Wesentlichen an, er habe Angst davor, von den kurdischen Streitkräften rekrutiert zu werden; es herrsche in Syrien Krieg und er habe Angst um sein Leben.

2. Am 22.05.2024 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen. Im Zuge dieser Einvernahme gab der BF im Wesentlichen zu seinen Fluchtgründen an, dass er Syrien aus Angst vor einer Zwangsrekrutierung durch die kurdischen Streitkräfte verlassen habe.

3. Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes vom XXXX 2024 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien gem. § 8 Abs. 1 zuerkannt (Spruchpunkt II.). Es wurde dem BF gem. § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsdauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

4. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides erhob der BF am 12.07.2024 fristgerecht Beschwerde, in welcher im Wesentlichen dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit, unrichtige rechtliche Beurteilung sowie die Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht wurden.

5. Am 18.07.2024 wurde die Beschwerde inklusive der mit ihr in Bezug stehende Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

6. Mit Schreiben vom 27.09.2024 und 11.02.2025 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht den Parteien des Verfahrens die Ladungen zu den Verhandlungen.

7. Am 12.11.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers bzw. Dolmetscherin für die Arabische Sprache und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde. Das Bundesamt blieb den Verhandlungen entschuldigt fern. Die Niederschrift der Verhandlung wurde im Anschluss an die Verhandlungen dem Bundesamt zur Kenntnis übermittelt.

8. Am 18.03.2025 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit Dolmetscherin für die Arabische Sprache und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers im Hinblick auf den zwischenzeitigen Umsturz in Syrien erneut eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Die Niederschrift der Verhandlung wurde im Anschluss an die Verhandlungen dem entschuldigt abwesenden Bundesamt zur Kenntnis übermittelt.

9. Mit Schriftsatz vom 08.04.2025 nahm die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers Stellung zu den Länderberichten zu Syrien.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Arabischen Republik Syrien und Angehöriger der Volksgruppe der Araber. Er ist sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er wurde im Gouvernement Aleppo, in Rif Manbij, im Dorf Hamir Labidah geboren, wo er bis zu seiner Ausreise aus Syrien etwa im Jahr 2023 lebte. Nachfolgend lebte der Beschwerdeführer etwa vier Monate lang in der Türkei, bevor er Richtung Österreich ausreiste. Der Beschwerdeführer besuchte in Syrien die Schule bis zur vierten Schulstufe. Der Beschwerdeführer hat keine Berufsausbildung. In Syrien kam seine Familie für den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers auf.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Die Eltern, drei Brüder und eine Schwester des Beschwerdeführers leben noch in Syrien, im Heimatdorf Hamir Labidah. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt in der Türkei. Zu seinen Familienangehörigen steht der Beschwerdeführer weiterhin in Kontakt.

Der Beschwerdeführer ist gesund und strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer hat Syrien im Jahr 2023 – somit im Alter von 15 Jahren – verlassen. Der Beschwerdeführer hat seinen Wehrdienst beim ehemaligen syrischen Regime nicht abgeleistet, da er als Jugendlicher bzw. im noch nicht wehrpflichtigen Alter Syrien verließ.

Die Herrschaft Baschar al-Assads ist Anfang Dezember 2024 im Zuge einer monatelang vorbereiteten Offensive unter Führung der oppositionellen "Hay’at Tahrir ash-Sham"(HTS) binnen weniger Tage zusammengebrochen; Baschar al-Assad ist mit seiner Familie nach Russland geflohen. Die syrische Armee wurde von der HTS nach der Machtübernahme aufgelöst, die Soldaten entlassen (vgl. hierzu die Feststellungen in Punkt 1.3.6).

Eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers durch das gestürzte syrische Regime aufgrund Wehrdienstverweigerung oder aus sonstigen Gründen ist nicht maßgeblich wahrscheinlich, sie faktisch ausgeschlossen.

Dem Beschwerdeführer drohen durch andere bewaffnete Gruppierungen/Milizen wie die SNA/HTS oder die kurdischen SDF/YPG ebenso nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen.

Der Beschwerdeführer war bzw. ist in Syrien keinen (sonstigen) Verfolgungshandlungen ausgesetzt.

Der Herkunftsort des Beschwerdeführers Hamir Labidah, in Rif Manbij – Manbij befindet sich im Gouvernement Aleppo, südwestlich des Zusammenflusses von Sadschur und Euphrat – wird von der Syrischen Nationalen Armee (SNA) kontrolliert.

Dem Beschwerdeführer droht in der Arabischen Republik Syrien daher aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung keine Verfolgung.

1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Im Verfahren wurden ua. die folgenden Quellen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers herangezogen:

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.03.2024 (in jenen Teilen, die nicht vom Sturz des Assad-Regimes betroffen sind)

EUAA, Country Guidance: Syria vom April 2024

UNHCR: Regional Flash Updates, Syria situation crisis, 09.12.2024 – laufend

Kurzinformation der Staatendokumentation: SYRIEN Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024, 10.12.2024

Ecoi.net Dossier Syrien - Informationssammlung zu Entwicklungen rund um den Sturz von Präsident Assad; https://www.ecoi.net/de/laender/arabische-republik-syrien/themendossiers/informationssammlung-zu-entwicklungen-zum-sturz-von-praesident-assad/

Ecoi.net Dossier Syrien - Informationssammlung zu Entwicklungen rund um den Sturz von Präsident Assad; https://www.ecoi.net/de/laender/arabische-republik-syrien/themendossiers/informationssammlung-zu-entwicklungen-zum-sturz-von-praesident-assad/

ETANA: Syria Updates: laufende Updates; https://etanasyria.org/category/military/

https://www.dw.com/de/syrien-hts-rebellen-sollen-teil-staatlicher-armee-werden/a-71077838; 17.12.2024

Insitiute for the Study of the war: Iran Project Update (Syria), Dez. 2024 – laufend; https://understandingwar.org/publications = Iran Project

https://www.deutschlandfunk.de/rebellen-verkuenden-amnestie-fuer-soldaten-114.html; 14.12.2024

https://www.theguardian.com/world/2024/dec/17/ahmed-al-sharaa-syria-hts-rebel-group-leader-factions-disbanded, 17.12.2024

1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.03.2024:

Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien

Letzte Änderung 2024-03-27 11:04

Anm.: Rekrutierungspraktiken durch die PKK oder die Revolutionäre Jugend, einem mutmaßlichen Teil der PKK, die nicht unter die „Selbstverteidigungspflicht“ fallen, werden hier nicht thematisiert. Informationen zu diesem Thema können u. a. dem Bericht "Syria - Military recruit-ment in Hasakah Governorate” des Danish Immigration Service (DIS) vom Juni 2022 entnommen werden.

Wehrpflichtgesetz der „Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“

Auch aus den nicht vom Regime kontrollierten Gebieten Syriens gibt es Berichte über Zwangsrekrutierungen. Im Nordosten des Landes hat die von der kurdischen Partei PYD [Partiya Yekîtiya Demokrat, Partei der Demokratischen Union] dominierte „Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ [Autonomous Administration of North and East Syria, AANES] 2014 ein Wehrpflichtgesetz verabschiedet, welches vorsah, dass jede Familie einen „Freiwilligen“ im Alter zwischen 18 und 40 Jahren stellen muss, der für den Zeitraum von sechs Monaten bis zu einem Jahr in den YPG [Yekîneyên Parastina Gel, Volksverteidigungseinheiten] dient (AA 2.2.2024). Im Juni 2019 ratifizierte die AANES ein Gesetz zur „Selbstverteidigungspflicht“, das den verpflichtenden Militärdienst regelt, den Männer über 18 Jahren im Gebiet der AANES ableisten müssen (EB 15.8.2022; vgl. DIS 6.2022). Am 4.9.2021 wurde das Dekret Nr. 3 erlassen, welches die Selbstverteidigungspflicht auf Männer beschränkt, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Gleichzeitig wurden die Jahrgänge 1990 bis 1997 von der Selbstverteidigungspflicht befreit (ANHA, 4.9.2021). Der Altersrahmen für den Einzug zum Wehrdienst ist nun in allen betreffenden Gebieten derselbe, während er zuvor je nach Gebiet variierte. So kam es in der Vergangenheit zu Verwirrung, wer wehrpflichtig war (DIS 6.2022). Mit Stand September 2023 war das Dekret noch immer in Kraft (ACCORD 7.9.2023).

Die Wehrpflicht gilt in allen Gebieten unter der Kontrolle der AANES, auch wenn es Gebiete gibt, in denen die Wehrpflicht nach Protesten zeitweise ausgesetzt wurde [Anm.: Siehe weiter unten]. Es ist unklar, ob die Wehrpflicht auch für Personen aus Afrin gilt, das sich nicht mehr unter der Kontrolle der „Selbstverwaltung“ befindet. Vom Danish Immigration Service (DIS) befragte Quellen machten hierzu unterschiedliche Angaben. Die Wehrpflicht gilt nicht für Personen, die in anderen Gebieten als den AANES wohnen oder aus diesen stammen. Sollten diese Personen jedoch seit mehr als fünf Jahren in den AANES wohnen, würde das Gesetz auch für sie gelten. Wenn jemand in seinem Ausweis als aus Hasakah stammend eingetragen ist, aber sein ganzes Leben lang z.B. in Damaskus gelebt hat, würde er von der „Selbsverwaltung“ als aus den AANES stammend betrachtet werden und er müsste die „Selbstverteidigungspflicht“ erfüllen. Alle ethnischen Gruppen und auch staatenlose Kurden (Ajanib und Maktoumin) sind zum Wehrdienst verpflichtet. Araber wurden ursprünglich nicht zur „Selbstverteidigungspflicht“ eingezogen, dies hat sich allerdings seit 2020 nach und nach geändert (DIS 6.2022; vgl. NMFA 8.2023).

Ursprünglich betrug die Länge des Wehrdiensts sechs Monate, sie wurde aber im Jänner 2016 auf neun Monate verlängert (DIS 6.2022). Artikel zwei des Gesetzes über die „Selbstverteidigungspflicht“ vom Juni 2019 sieht eine Dauer von zwölf Monaten vor (RIC 10.6.2020). Aktuell beträgt die Dauer ein Jahr und im Allgemeinen werden die Männer nach einem Jahr aus dem Dienst entlassen. In Situationen höherer Gewalt kann die Dauer des Wehrdiensts verlängert werden, was je nach Gebiet entschieden wird. Beispielsweise wurde der Wehrdienst 2018 aufgrund der Lage in Baghouz um einen Monat verlängert. In Afrin wurde der Wehrdienst zu drei Gelegenheiten in den Jahren 2016 und 2017 um je zwei Monate ausgeweitet. Die Vertretung der „Selbstverwaltung“ gab ebenfalls an, dass der Wehrdienst in manchen Fällen um einige Monate verlängert wurde. Wehrdienstverweigerer können zudem mit der Ableistung eines zusätzlichen Wehrdienstmonats bestraft werden (DIS 6.2022).

Nach dem abgeleisteten Wehrdienst gehören die Absolventen zur Reserve und können im Fall „höherer Gewalt“ einberufen werden. Diese Entscheidung trifft der Militärrat des jeweiligen Gebiets. Derartige Einberufungen waren den vom DIS befragten Quellen nicht bekannt (DIS 6.2022).

Einsatzgebiet von Wehrpflichtigen

Die Selbstverteidigungseinheiten [Hêzên Xweparastinê, HXP] sind eine von den SDF separate Streitkraft, die vom Demokratischen Rat Syriens (Syrian Democratic Council, SDC) verwaltet wird und über eigene Militärkommandanten verfügt. Die SDF weisen den HXP allerdings Aufgaben zu und bestimmen, wo diese eingesetzt werden sollen. Die HXP gelten als Hilfseinheit der SDF. In den HXP dienen Wehrpflichtige wie auch Freiwillige, wobei die Wehrpflichtigen ein symbolisches Gehalt erhalten. Die Rekrutierung von Männern und Frauen in die SDF erfolgt dagegen freiwillig (DIS 6.2022).

Die Einsätze der Rekruten im Rahmen der „Selbsverteidigungspflicht“ erfolgen normalerweise in Bereichen wie Nachschub oder Objektschutz (z.B. Bewachung von Gefängnissen wie auch jenes in al-Hasakah, wo es im Jänner 2022 zu dem Befreiungsversuch des sogenannten Islamischen Staats (IS) mit Kampfhandlungen kam). Eine Versetzung an die Front erfolgt fallweise auf eigenen Wunsch, ansonsten werden die Rekruten bei Konfliktbedarf an die Front verlegt, wie z. B. bei den Kämpfen gegen den IS 2016 und 2017 in Raqqa (DIS 6.2022).

Rekrutierungspraxis

Die Aufrufe für die „Selbstverteidigungspflicht“ erfolgen jährlich durch die Medien, wo verkündet wird, welche Altersgruppe von Männern eingezogen wird. Es gibt keine individuellen Verständigungen an die Wehrpflichtigen an ihrem Wohnsitz. Die Wehrpflichtigen erhalten dann beim „Büro für Selbstverteidigungspflicht“ ein Buch, in welchem ihr Status bezüglich Ableistung des Wehrdiensts dokumentiert wird - z. B.die erfolgte Ableistung oder Ausnahme von der Ableistung. Es ist das einzige Dokument, das im Zusammenhang mit der Selbstverteidigungspflicht ausgestellt wird (DIS 6.2022). Das Wehrpflichtgesetz von 2014 wird laut verschiedenen Menschenrechtsorganisationen mit Gewalt durchgesetzt. Berichten zufolge kommt es auch zu Zwangsrekrutierungen von Jungen und Mädchen (AA 2.2.2024).

Wehrdienstverweigerung und Desertion

Es kommt zu Überprüfungen von möglichen Wehrpflichtigen an Checkpoints und auch zu Ausforschungen (ÖB Damaskus 12.2022). Die Selbstverwaltung informiert einen sich dem Wehrdienst Entziehenden zweimal bezüglich der Einberufungspflicht durch ein Schreiben an seinen Wohnsitz, und wenn er sich nicht zur Ableistung einfindet, sucht ihn die „Militärpolizei“ unter seiner Adresse. Die meisten sich der „Wehrpflicht“ entziehenden Männer werden jedoch an Checkpoints ausfindig gemacht (DIS 6.2022).

Die Sanktionen für die Wehrdienstverweigerung ähneln denen im von der Regierung kontrollierten Teil (ÖB Damaskus 12.2022). Laut verschiedener Menschenrechtsorganisationen wird das Selbstverteidigungspflichtgesetz“ auch mit Gewalt durchgesetzt (AA 2.2.2024), während der DIS nur davon berichtet, dass Wehrpflichtige, welche versuchen, dem Militärdienst zu entgehen, laut Gesetz durch die Verlängerung der „Wehrpflicht“ um einen Monat bestraft würden – zwei Quellen zufolge auch in Verbindung mit vorhergehender Haft „für eine Zeitspanne“. Dabei soll es sich oft um ein bis zwei Wochen handeln, um einen Einsatzort für die Betreffenden zu finden (DIS 6.2022). Ähnliches berichteten ein von ACCORD befragter Experte, demzufolge alle Wehrdienstverweigerer nach dem Gesetz der Selbstverteidigungspflicht gleich behandelt würden. Die kurdischen Sicherheitsbehörden namens Assayish würden den Wohnort der für die Wehrpflicht gesuchten Personen durchsuchen, an Checkpoints Rekrutierungslisten überprüfen und die Gesuchten verhaften. Nach dem Gesetz werde jede Person, die dem Dienst fernbleibe, verhaftet und mit einer Verlängerung des Dienstes um einen Monat bestraft (ACCORD 6.9.2023). Die ÖB Damaskus erwähnt auch Haftstrafen zusätzlich zur [Anm.: nicht näher spezifizierten] Verlängerung des Wehrdiensts. Hingegen dürften die Autonomiebehörden eine Verweigerung nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen (ÖB Damaskus 12.2022). Einem von ACCORD befragten Syrienexperten zufolge hängen die Konsequenzen für die Wehrdienstverweigerung vom Profil des Wehrpflichtigen ab sowie von der Region, aus der er stammt. In al-Hasakah beispielsweise könnten Personen im wehrpflichtigen Alter zwangsrekrutiert und zum Dienst gezwungen werden. Insbesondere bei der Handhabung des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht gegenüber Arabern in der AANES gehen die Meinungen der Experten auseinander. Grundsätzlich gilt die Pflicht für Araber gleichermaßen, aber einem Experten zufolge könne die Behandlung je nach Region und Zugriffsmöglichkeit der SDF variieren und wäre aufgrund der starken Stammespositionen oft weniger harsch als gegenüber Kurden. Ein anderer Experte wiederum berichtet von Beleidigungen und Gewalt gegenüber arabischen Wehrdienstverweigerern (ACCORD 6.9.2023).

Bei Deserteuren hängen die Konsequenzen abseits von einer Zurücksendung zur Einheit und einer eventuellen Haft von ein bis zwei Monaten von den näheren Umständen und eventuellem Schaden ab. Dann könnte es zu einem Prozess vor einem Kriegsgericht kommen (DIS 6.2022).

Eine Möglichkeit zur Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen besteht nicht (DIS 6.2022; vgl. EB 12.7.2019).

Aufschub des Wehrdienstes

Das Gesetz enthält Bestimmungen, die es Personen, die zur Ableistung der „Selbstverteidigungspflicht“ verpflichtet sind, ermöglichen, ihren Dienst aufzuschieben oder von der Pflicht zu befreien, je nach den individuellen Umständen. Manche Ausnahmen vom „Wehrdienst“ sind temporär und kostenpflichtig. Frühere Befreiungen für Mitarbeiter des Gesundheitsbereichs und von NGOs sowie von Lehrern gelten nicht mehr (DIS 6.2022). Es wurden auch mehrere Fälle von willkürlichen Verhaftungen zum Zwecke der Rekrutierung dokumentiert, obwohl die Wehrpflicht aufgrund der Ausbildung aufgeschoben wurde oder einige Jugendliche aus medizinischen oder anderen Gründen vom Wehrdienst befreit wurden (EB 12.7.2019). Im Ausland (Ausnahme: Türkei und Irak) lebende, unter die „Selbstverteidigungspflicht“ fallende Männer können gegen eine Befreiungsgebühr für kurzfristige Besuche zurückkehren, ohne den „Wehrdienst“ antreten zu müssen, wobei zusätzliche Bedingungen eine Rolle spielen, ob dies möglich ist (DIS 6.2022).

Proteste gegen die „Selbstverteidigungspflicht“

Im Jahr 2021 hat die Wehrpflicht besonders in den östlichen ländlichen Gouvernements Deir ez-Zour und Raqqa Proteste ausgelöst. Lehrer haben sich besonders gegen die Einberufungskampagnen der SDF gewehrt. Proteste im Mai 2021 richteten sich außerdem gegen die unzureichende Bereitstellung von Dienstleistungen und die Korruption oder Unfähigkeit der autonomen Verwaltungseinheiten. Sechs bis acht Menschen wurden am 1.6.2021 in Manbij (Menbij) bei einem Protest getötet, dessen Auslöser eine Reihe von Razzien der SDF auf der Suche nach wehrpflichtigen Männern war. Am 2.6.2021 einigten sich die SDF, der Militärrat von Manbij und der Zivilrat von Manbij mit Stammesvertretern und lokalen Persönlichkeiten auf eine deeskalierende Vereinbarung, die vorsieht, die Rekrutierungskampagne einzustellen, während der Proteste festgenommene Personen freizulassen und eine Untersuchungskommission zu bilden, um diejenigen, die auf Demonstranten geschossen hatten, zur Rechenschaft zu ziehen (COAR 7.6.2021). Diese Einigung resultierte nach einer Rekrutierungspause in der Herabsetzung des Alterskriteriums auf 18 bis 24 Jahre, was später auf die anderen Gebiete ausgeweitet wurde (DIS 6.2022). Im Sommer 2023 kam es in Manbij zu Protesten gegen die SDF insbesondere aufgrund von Kampagnen zur Zwangsrekrutierung junger Männer in der Stadt und Umgebung (SO 20.7.2023).

Gebiete außerhalb der Kontrolle des Regimes unter HTS- oder SNA-Dominanz

Letzte Änderung 2024-03-08 19:52

In Gebieten außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes ist die Lage von Justiz und Verwaltung von Region zu Region und je nach den örtlichen Herrschaftsverhältnissen unterschiedlich (AA 2.2.2024). In von oppositionellen Gruppen kontrollierten Gebieten wurden unterschiedlich konstituierte Gerichte und Haftanstalten aufgebaut, mit starken Unterschieden bei der Organisationsstruktur und bei der Beachtung juristischer Normen. Manche Gruppen folgen dem (syrischen) Strafgesetzbuch, andere folgen dem Entwurf eines Strafgesetzbuches auf Grundlage der Scharia, der von der Arabischen Liga aus dem Jahr 1996 stammt, während wiederum andere eine Mischung aus Gewohnheitsrecht und Scharia anwenden. Erfahrung, Expertise und Qualifikation der Richter in diesen Gebieten sind oft sehr unterschiedlich und häufig sind diese dem Einfluss der dominanten bewaffneten Gruppierungen unterworfen (USDOS 11.3.2020). Auch die Härte des angewandten islamischen Rechts unterscheidet sich, sodass keine allgemeinen Aussagen getroffen werden können (ÖB Damaskus 1.10.2021).

Doch werden insbesondere jene religiösen Gerichte, welche in (vormals) vom Islamischen Staat (IS) und von Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) [Anm.: HTS wird von den Vereinigten Staaten aufgrund ihrer Verbindungen zu Al Qa’ida als ausländische Terrororganisation eingestuft (CRS 8.11.2022)] kontrollierten Gebieten Recht sprechen, als nicht mit internationalen Standards im Einklang stehend charakterisiert (ÖB Damaskus 1.10.2021). Die Gerichte extremistischer Gruppen verhängen in ihren religiösen Gerichten harte Strafen wegen in ihrer Wahrnehmung religiösen Verfehlungen (FH 9.3.2023). Urteile von Scharia-Räten der Opposition resultieren manchmal in öffentlichen Hinrichtungen, ohne dass Angeklagte Berufung einlegen oder Besuch von ihren Familien erhalten können (USDOS 20.3.2023).

Das Gebiet unter Kontrolle der von der Türkei unterstützten syrischen Oppositionsgruppen wird von der „Syrischen Interimsregierung“ (Syrian Interim Government - SIG) verwaltet. Das Justizsystem ist hauptsächlich mit erfahrenem Personal als Richter, Staatsanwälte und Anwälte besetzt, aber die Justiz gilt als direkt und indirekt unter Einfluss der türkischen Streitkräfte und ihrer lokalen syrischen Verbündeten stehend. Implizit werden Korruption und Schikanen durch diese von der Justiz toleriert. Gleichzeitig wird gegen jegliche Opposition zur SIG oder der türkischen Präsenz strikt vorgegangen. Neben einem zivilen Justizsystem gibt es auch eine Militärjustiz, welche für militärische Strafverfahren und für das Militärpersonal zuständig ist (NMFA 5.2022).

In Idlib übernehmen quasi-staatliche Strukturen der sogenannten „Errettungs-Regierung“ der HTS Verwaltungsaufgaben (AA 2.2.2024) und verfügen auch über eine Justizbehörde. Die Gruppe unterhält auch geheime Gefängnisse. Die HTSunterwirft ihre Gefangenen geheimen Verfahren, den sogenannten „Scharia-Sitzungen“. In diesen werden die Entscheidungen von den Scharia- und Sicherheitsbeamten (Geistliche in Führungspositionen der HTS, die befugt sind, Fatwas [Rechtsgutachten] und Urteile zu erlassen) getroffen. Die Gefangenen können keinen Anwalt zu ihrer Verteidigung hinzuziehen und sehen ihre Familien während ihrer Haft nicht (NMFA 6.2021). Die COI(die von der UNO eingesetzte Independent International Commission ofInquiryon the SyrianArabRepublic) stellt in ihrem Bericht vom Februar 2022 fest, dass durch HTSund andere bewaffnete Gruppierungen eingesetzte, rechtlich nicht legitimierte Gerichte Urteile bis hin zur Todesstrafe aussprechen. Dies sei als Mord einzustufen und stelle insofern ein Kriegsverbrechen dar (AA 2.2.2024).

Für ganz Syrien gilt, dass nicht gewährleistet ist, dass justizielle und administrative Dienstleistungen allen Bewohnern und Bewohnerinnen in gleichem Umfang und ohne Diskriminierung zugutekommen (AA 2.2.2024). Willkürliche Verhaftungen, summarische Gerichtsverfahren und extralegale Strafen finden durch alle Kriegsparteien statt (FH 9.3.2023).

Nicht-staatliche bewaffnete Gruppierungen (regierungsfreundlich und regierungsfeindlich)

Letzte Änderung 2024-03-13 15:02

Manche Quellen berichten, dass die Rekrutierung durch regierungsfreundliche Milizen im Allgemeinen auf freiwilliger Basis geschieht. Personen schließen sich häufig auch aus finanziellen Gründen den National Defense Forces (NDF) oder anderen regierungstreuen Gruppierungen an (FIS 14.12.2018). Andere Quellen berichten von der Zwangsrekrutierung von Kindern im Alter von sechs Jahren durch Milizen, die für die Regierung kämpfen, wie die Hizbollah und die NDF (auch als „shabiha“ bekannt) (USDOS 29.7.2022). In vielen Fällen sind bewaffnete regierungstreue Gruppen lokal organisiert, wobei Werte der Gemeinschaft wie Ehre und Verteidigung der Gemeinschaft eine zentrale Bedeutung haben. Dieser soziale Druck basiert häufig auf der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft (FIS 14.12.2018). Oft werden die Kämpfer mit dem Versprechen, dass sie in der Nähe ihrer lokalen Gemeinde ihren Einsatz verrichten können und nicht in Gebieten mit direkten Kampfhandlungen und damit die Wehrpflicht umgehen könnten, angeworben. In der Realität werden diese Milizen aber trotzdem an die Front geschickt, wenn die SAA Verstärkung braucht bzw. müssen die Männer oft nach erfolgtem Einsatz in einer Miliz trotzdem noch ihrer offiziellen Wehrpflicht nachkommen (EUAA 10.2023). In manchen Fällen aber führte der Einsatz bei einer Miliz tatsächlich dazu, der offiziellen Wehrpflicht zu entgehen, bzw. profitierten einige Kämpfer in regierungsnahen Milizen von den letzten Amnestien, sodass sie nach ihrem Einsatz in der Miliz nur mehr die sechsmonatige Grundausbildung absolvieren mussten um ihrer offiziellen Wehrpflicht nachzugehen, berichtet eine vertrauliche Quelle des niederländischen Außenministeriums (NMFA 8.2023). Anders als die Regierung und die Syrian Democratic Forces (SDF), erlegen bewaffnete oppositionelle Gruppen wie die SNA (Syrian National Army) und HTS (Hay’at Tahrir ash-Sham) Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf (NMFA 5.2022; vgl. DIS 12.2022). Quellen des niederländischen Außenministeriums berichten, dass es keine Zwangsrekrutierungen durch die SNA und die HTS gibt (NMFA 8.2023).

In den von den beiden Gruppierungen kontrollierten Gebieten in Nordsyrien herrscht kein Mangel an Männern, die bereit sind, sich ihnen anzuschließen. Wirtschaftliche Anreize sind der Hauptgrund, den Einheiten der SNA oder HTS beizutreten. Die islamische Ideologie der HTS ist ein weiterer Anreiz für junge Männer, sich dieser Gruppe anzuschließen. Im Jahr 2022 erwähnt der Danish Immigration Service (DIS) Berichte über Zwangsrekrutierungen der beiden Gruppierungen unter bestimmten Umständen im Verlauf des Konfliktes. Während weder die SNA noch HTS institutionalisierte Rekrutierungsverfahren anwenden, weist die Rekrutierungspraxis der HTS einen höheren Organisationsgrad auf als die SNA (DIS 12.2022). Im Mai 2021 kündigte HTS an, künftig in ldlib Freiwilligenmeldungen anzuerkennen, um scheinbar Vorarbeit für den Aufbau einer „regulären Armee“ zu leisten. Der Grund dieses Schrittes dürfte aber eher darin gelegen sein, dass man in weiterer Zukunft mit einer regelrechten „HTS-Wehrpflicht“ in ldlib liebäugelte, damit dem „Staatsvolk“ von ldlib eine „staatliche“ Legitimation der Gruppierung präsentiert werden könnte (BMLV 12.10.2022). Die HTS rekrutiert auch gezielt Kinder, bildet sie religiös und militärisch aus und sendet sie an die Front (SNHR 20.11.2023).

Ethnische und religiöse Minderheiten

Letzte Änderung 2023-07-17 13:20

Anm.: Einige der angeführten Minderheiten sind ethno-religiöse Minderheiten (z. B. armenische Christen, kurdische Jesiden) oder sie verfügen über kulturell bedingte eigene Interpretationen des Islams im Alltag (z. B. viele sunnitische Kurden). Dazu kommen winzige weitere Minderheiten, welche in den üblichen Überblickaufzählungen gar keine Erwähnung finden. Nähere Informationen zu einzelnen Minderheiten können nach Bedarf im Rahmen von Anfragebeantwortungen geboten werden.

Die anhaltende Vertreibung der syrischen Bevölkerung führt zu einem gewissen Grad an Unsicherheit in den demografischen Daten. Schätzungen der US-Regierung zufolge dürften die Sunniten 74 % der Bevölkerung stellen, wobei diese sich aus AraberInnen, KurdInnen, TscherkessInnen, TschetschenInnen und einigen TurkmenInnen zusammensetzen. Andere muslimische Gruppen, einschließlich AlawitInnen, IsmailitInnen und (Zwölfer) SchiitInnen machen zusammen 13 % aus, die DrusInnen 3 %. Verschiedene christliche Gruppen bilden die verbleibenden 10 %, wobei laut Berichten davon auszugehen ist, dass ihre Zahl mit geschätzten 2,5 % nun bedeutend geringer ist. Vor dem Bürgerkrieg gab es in Syrien ungefähr 80.000 JesidInnen (USDOS 2.6.2022).

Die alawitische Gemeinschaft [Anm.: zu der Bashar al-Assad gehört] genießt in Relation zu ihrem Bevölkerungsanteil weiterhin einen privilegierten politischen Status, auch durch die Dominanz in den Führungspositionen im Militär sowie den Sicherheits- und Geheimdiensten, wobei auch bei Alawiten gilt, dass, so wie bei Angehörigen den anderen Religionsgemeinschaften, nur diejenigen, welche zum inneren Machtzirkel um Bashar al-Assad gehören, politischen Einfluss besitzen. Auch einige Sunniten gehören zur politischen Elite (USDOS 2.6.2022). Familien und Netzwerke mit Verbindungen zur herrschenden Elite werden in Rechtsangelegenheiten bevorzugt behandelt und sind disproportional oft AlawitInnen, während AlawitInnen ohne solche Verbindungen weniger wahrscheinlich von solchen Vorteilen profitieren. Die bewaffnete Opposition ist hingegen in der überwältigenden Mehrheit arabisch-sunnitisch, und Mitglieder dieser Bevölkerungsgruppe sind wahrscheinlich Diskriminierung durch den Staat ausgesetzt, wenn sie nicht enge Verbindungen zum Regime genießen (FH 9.3.2023).

Daher lässt sich die konfessionalistische Dimension des Regimes besser als ein alawitischdominiertes säkulares Regime beschreiben, das auf Loyalitäten basierend auf regionale, tribale und familiäre Verbindungen sowie auf gesellschaftliche Kohäsion (’asabiya) aufbaut. Diese Kohäsion bezieht sich auf ein Gefühl der Gruppenzugehörigkeit einer beschränkten Zahl an AlawitInnen aus der alawitischen Gemeinschaft, aber nicht auf die Religionsgemeinschaft als Ganzes. Als Folge der konfessionellen Polarisierung, die durch das Regime selbst gefördert wurde, wie auch durch seine islamistischen und jihadistischen Feinde, waren viele AlawitInnen gezwungen, sich aus Angst vor sunnitisch-arabischen Vergeltungsschlägen auf die Seite des Regimes zu stellen (Al-Majalla 15.3.2023).

In einer Diktatur wie in Syrien kommt die Repression überall in den Gebieten unter der Kontrolle des Regimes zur Anwendung - auch in den ländlichen Gebieten mit alawitischer Bevölkerungsmehrheit. AlawitInnen unter Oppositionsverdacht werden im Allgemeinen inhaftiert, schwer unter Druck gesetzt oder getötet. Alawitische OpponentInnen der Assad-Herrschaft [Anm.: seit 1970] waren gelegentlich in einer schlimmeren Lage als sunnitische Oppositionelle, weil sie potenziell eine größere Bedrohung durch ihre Zugehörigkeit zur alawitischen Gemeinschaft darstellen (Al-Majalla 15.3.2023). So werden Berichten zufolge auch weiterhin alawitische oppositionelle AktivistInnen Opfer von willkürlichen Verhaftungen, Folter und Mord durch die Regierung. AlawitInnen werden zudem aufgrund ihrer wahrgenommenen Unterstützung des Regimes zu Opfern von Angriffen durch aufständische extremistische Gruppen (USDOS 30.3.2023).

Im Zuge des Bürgerkriegs kam es zu verschiedenen konfessionalistischen Exzessen, welche die Möglichkeiten für eine Versöhnung zwischen den Kriegsparteien untergraben. Es gab Berichte über Massaker, konfessionalistische Säuberungsaktionen wie auch Entführungen und sexuelle Gewalt gegen AlawitInnen und ChristInnen und umgekehrt von Angehörigen der alawitischen

Glaubensgemeinschaft gegen Mitglieder der sunnitschen Bevölkerungsgruppe (Al-Majalla 15.3.2023). Religiöse bzw. interkonfessionelle Faktoren spielen auf allen Seiten des Konfliktes eine Rolle, doch fließen auch andere Faktoren im Kampf um die politische Vormachtstellung mit ein. Die Gewalt seitens des Regimes gegen Oppositionsgruppen aber auch Zivilisten weist sowohl konfessionelle Elemente als auch Elemente ohne konfessionellen Bezug auf. Beobachtern zufolge ist die Vorgehensweise der Regierung gegen Oppositionsgruppen, welche die Vormachtstellung der Regimes bedrohen, nicht in erster Linie konfessionell motiviert, doch zeigt sie konfessionelle Auswirkungen (USDOS 10.6.2020). So versucht die syrische Regierung, konfessionell motivierte Unterstützung zu gewinnen, indem sie sich als Beschützerin der religiösen Minderheiten vor Angriffen von gewalttätigen sunnitisch-extremistischen Gruppen darstellt. Manche Rebellengruppen bezeichnen sich in Statements und Veröffentlichungen explizit als sunnitische Araber oder sunnitische Muslime und haben Beobachtern zufolge eine fast ausschließlich sunnitische Unterstützerbasis (USDOS 2.6.2022). Der Einsatz von schiitischen Kämpfern durch den Iran, z. B. aus Afghanistan, um gegen die mehrheitlich sunnitische Opposition vorzugehen, verstärkt zusätzlich die konfessionellen Spannungen. Laut Experten stellen die Regierung und ihre Verbündeten Russland und Iran die bewaffnete Opposition und oppositionelle Protestierende sowie humanitäre Hilfsorganisationen auch als konfessionalistisch motiviert dar, indem sie diese mit extremistischen islamistischen Gruppen und Terroristen in Zusammenhang bringen, welche die religiösen Minderheiten sowie die säkulare Regierung eliminieren wollen (USDOS 10.6.2020).

Im Allgemeinen bestehen in Gebieten, die unter Regierungskontrolle stehen, keine Hindernisse für religiöse Minderheiten, insbesondere nicht für Christen. Schätzungen zufolge leben nur mehr 3 % (vor dem Konflikt über 10 %) Christen im Land; viele sind seit Ausbruch des Konflikts geflohen – ihre Rückkehr scheint unwahrscheinlich. In Rebellengebieten, die von sunnitischen Fraktionen kontrolliert werden, ist die Religionsausübung zwar möglich, aber nur sehr eingeschränkt. Zusätzlich erschwert wird die Situation der Christen dadurch, dass sie als regierungsnahe wahrgenommen werden. Sowohl aufseiten der regierungstreuen als auch aufseiten der Opposition sind alle religiösen Gruppen vertreten. Aufgrund ihrer starken Dominanz in der Regierung und im Sicherheitsapparat werden Alawiten aber grundsätzlich als regierungstreu wahrgenommen, während sich viele Sunniten (sie bilden die Mehrheit der Bevölkerung, vor Beginn des Konflikts waren es 72 %) in der (auch bewaffneten) Opposition finden. Aufgrund dieser Zugehörigkeit zur Opposition ist die Mehrheit der politischen Gefangenen und Verschwundenen sunnitisch. Bei der militärischen Rückeroberung der syrischen Armee von Gebieten wie Homs oder Ost- Ghouta wurden sunnitisch dominierte Viertel stark in Mitleidenschaft gezogen. Dadurch wurden viele Sunniten aus diesen Gebieten vertrieben und faktisch ein demografischer Wandel dieser Gebiete herbeigeführt. Die wirtschaftliche Implosion und die damit verbundene Verarmung weiter Teile der Bevölkerung unterminieren auch die Loyalitäten von als regimenah geltenden Bevölkerungsgruppen, inklusive der Alawiten (ÖB Damaskus 1.10.2021).

Die Situation von Angehörigen religiöser und ethnischer Minderheiten ist von Gebiet zu Gebiet unterschiedlich und hängt insbesondere von den Akteuren ab, die das Gebiet kontrollieren, von den Ansichten und Wahrnehmungen dieser Akteure gegenüber Angehörigen anderer religiöser und ethnischer Minderheitengruppen sowie von den spezifischen Konfliktentwicklungen in diesen Gebieten (UNHCR 3.2021). Im Zuge des Konflikts wurden Mitglieder religiöser Minderheiten wie auch SunnitInnen Ziel von verschiedenen Gruppen, welche von der UNO, den USA und anderen als Terrorgruppen eingestuft worden waren - darunter auch HTS, in Form von Morden, Entführungen, physischen Misshandlungen und Haft. Tausende tote und verschwundene ZivilistInnen waren die Folge (USDOS 2.6.2022).

Die syrische Regierung, kurdische Truppen, von der Türkei unterstützte oppositionelle Milizen und islamistisch-extremistische Gruppen haben alle versucht, die ethnische Zusammensetzung ihrer Gebiete zu verändern. Sie haben ZivilistInnen gezwungen, bei ihrer jeweiligen religiösen oder ethnischen Gemeinschaft Zuflucht zu suchen, was zu demografischen Änderungen durch den Bürgerkrieg beiträgt (FH 9.3.2023).

Die sunnitisch-arabische Zivilbevölkerung traf die Hauptlast der Angriffe der alawitisch-geführten Regierung und ihrer Milizen. Von 2018 bis 2019 vertrieb das Regime 900.000 ZivilistInnen - meist sunnitische AraberInnen - aus den zurückeroberten Oppositionsgebieten durch Bombardierungen und Belagerungen in die Provinz Idlib (FH 9.3.2023).

Ende 2019 führte das türkische Militär eine Offensive in Nordost-Syrien durch, um eine Pufferzone zur Zurückdrängung seiner kurdischen Gegner aus dem Gebiet zu schaffen [siehe auch die jeweiligen relevanten Unterkapitel im Kapitel

Sicherheitslage] (FH 9.3.2023). Mitglieder religiöser und ethnischer Minderheiten, besonders vertriebene KurdInnen, JesidInnen und ChristInnen, z. B. in der Stadt Afrin, berichteten von Menschenrechtsverletzungen und Marginalisierung (USDOS 2.6.2023). Von der Türkei unterstützte Milizen wurden in Folge beschuldigt, Grundstücke und Häuser zu enteignen (FH 9.3.2023). Sie begingen u. a. auch Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Vergewaltigung und Plünderungen von Privatbesitz - besonders in kurdischen Gebieten - wie auch Vandalenakte gegen jesidische religiöse Stätten. Bezüglich in und um Afrin werden zusätzlich besonders auch Tötungen und willkürliche Verhaftungen von ZivilistInnen genannt. Besonders oft waren JesidInnen Ziel der Taten. Weiterhin werden von pro-türkischen Milizen verschleppte jesidische Frauen vermisst. Berichten zufolge leben in Afrin nur mehr 5.000 JesidInnen, während vor der türkischen Invasion von 2018 25.000 JesidInnen in 22 Dörfern ansässig waren (USDOS 2.6.2022).

Sunnitisch-islamistische und jihadistische Gruppen verfolgen oft religiöse Minderheiten und Muslime, welche sie der Pietätlosigkeit oder der Apostasie beschuldigen (FH 9.3.2023). Verschiedene islamistische Gruppen in Idlib legen Medienberichten zufolge ChristInnen die Anwendung der Scharia auf wie auch die Jizya, eine Steuer für Nicht-Muslime, um sie dazu zu zwingen, ihre Häuser zu verlassen. Die HTS verstärkte demnach den Druck auf ChristInnen in Idlib durch solche Restriktionen wie auch durch eine Erhöhung von Mieten von Häusern und Geschäften, weil die HTS den Immobilienbesitz von ChristInnen als Kriegsbeute ansieht. Die HTS beging zudem weitere Arten von Misshandlungen/Machtmissbrauch (’abuses’) auf Basis der konfessionellen Identität der Betroffenen (USDOS 12.5.2021). Für das Jahr 2021 werden weiterhin solche Restriktionen der HTS gegen ChristInnen in Idlib Stadt berichtet. Es wurde bekannt, dass HTS im Zeitraum Ende 2018 bis Ende 2019 Hunderte Immobilien, darunter mindestens 550 Häuser und Geschäfte in der Provinz Idlib, die vertriebenen ChristInnen gehörten, beschlagnahmt hatte (USDOS 2.6.2022).

Das Schicksal von 8,648 Personen, die vom IS seit 2014 verschleppt wurden, bleibt unbekannt (USDOS 2.6.2022). Nach Schätzung der Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic der Vereinten Nationen tötete oder entführte der sogenannte Islamische Staat (IS) allein mehr als 9.000 JesidInnen. Die UNO bewertete dies als „Kampagne des Genozids“ (USDOS 10.6.2020), wobei der IS ab 2014 ungefähr 6.000 großteils jesidische, aber auch christliche und turkmenische Frauen und Mädchen im Irak verschleppte (USDOS 10.6.2020). Diese wurden nach Syrien gebracht und als Sexsklavinnen verkauft, in nominelle Heiraten mit IS-Kämpfern gezwungen oder dienten als ’Geschenke’ für IS-Kommandanten. Von diesen Frauen und Kindern ist weiterhin der Verbleib von 2.763 Menschen unbekannt (USDOS 2.6.2022).

Trotz der territorialen Niederlage des IS berichteten Medien und NGOs, dass seine extremistische Ideologie weiterhin stark im Land präsent ist (USDOS 12.5.2021). Im Jahr 2022 nahmen gewalttätige Übergriffe durch IS-Überreste zu. Menschenrechtsorganisation berichten, dass diese häufig Zivilisten, Personen, welche der Zusammenarbeit mit Sicherheitskräften verdächtig sind, und Gruppen, die vom IS als Apostaten gesehen werden, ins Visier nehmen (USDOS 2.6.2022). Siehe dazu auch das Kapitel Sicherheitslage.

Kurdische Milizen werden beschuldigt, arabische und turkmenische Gemeinschaften vertrieben zu haben (FH 9.3.2023). Im Jahr 2021 vertrieben christlichen Anführern zufolge türkische Bombardierungen in Nordost-Syrien ChristInnen und andere Minderheiten aus Tel Tamer undumgebenden Dörfern südöstlich des Gebiets der türkischen Militäroperation ’Friedensquelle’ (siehe auch Kapitel Sicherheitslage) (USDOS 2.6.2022).

Für weitere Informationen siehe auch Unterkapitel Kurden sowie die jeweiligen Unterkapitel im Kapitel Sicherheitslage.

Bewegungsfreiheit

Bewegungsfreiheit innerhalb Syriens

Letzte Änderung 2024-03-13 16:23

Die Verfassung sieht Bewegungsfreiheit vor, ’außer eine gerichtliche Entscheidung oder die Umsetzung von Gesetzen’ schränken diese ein. Das Regime, HTS (Hay’at Tahrir ash-Sham) und andere bewaffnete Gruppen sehen Restriktionen bei der Bewegungsfreiheit in ihren jeweiligen Gebieten vor und setzen dazu zur Überwachung Checkpoints ein (USDOS 20.3.2023).

Regierungsangriffe auf die Provinz Idlib und Teile Südsyriens schränkten die Bewegungsfreiheit ein und führten zu Todesfällen, Hunger und schwerer Mangelernährung, während die Angst vor der Vergeltung der Regierung zur Massenflucht von ZivilistInnen und dem Zusammenbruch u. a. der humanitären Hilfe führte. Im Februar 2022 ergab eine UN-Umfrage, dass 51 Prozent der geprüften Gemeinschaften von Bewegungseinschränkungen betroffen waren (USDOS 20.3.2023). Checkpoints werden sowohl von Regimesicherheitskräften sowie lokalen und ausländischen Milizen unterhalten (USDOS 20.3.2023). In den Städten und auf den Hauptverbindungsstraßen Syriens gibt es eine Vielzahl militärischer Kontrollposten der syrischen Sicherheitsbehörden und bewaffneter Milizen, die umfassende und häufig ungeregelte Kontrollen durchführen. Dabei kann es auch zu Forderungen nach Geldzahlungen oder willkürlichen Festnahmen kommen. Insbesondere Frauen sind in diesen Kontrollen einem erhöhten Risiko von Übergriffen ausgesetzt (AA 8.12.2023). Auch können Passierende gewaltsam für den Militärdienst eingezogen werden (NFMA 5.2022).

Überlandstraßen und Autobahnen sind zeitweise gesperrt. Reisen im Land ist durch Kampfhandlungen vielerorts weiterhin sehr gefährlich. Es gibt in Syrien eine Reihe von Militärsperrgebieten, die allerdings nicht immer eindeutig gekennzeichnet sind. Darunter fallen auch die zahlreichen Checkpoints der syrischen Armee und Sicherheitsdienste im Land. Für solche Bezirke gilt ein absolutes Verbot, sie zu betreten. Der Begriff der militärischen Einrichtung wird von den syrischen Sicherheitsdiensten umfassend ausgelegt und kann neben klar erkennbaren Kasernen, Polizeistationen und Militärcheckpoints auch schwerer zu identifizierende Infrastruktur wie z. B. Wohnhäuser hochrangiger Personen, Brücken, Rundfunkeinrichtungen oder andere staatliche Gebäude umfassen (AA 8.12.2023). Zudem wurden Kontrollpunkte eingerichtet, um diejenigen, die außerhalb der von der Regierung kontrollierten Gebiete leben, am Zugang zu ihren Grundstücken oder Eigentumsdokumenten zu hindern. Es gibt auch Berichte über die Beschlagnahmung von Eigentumsdokumenten und anderen Ausweispapieren an Kontrollpunkten, einschließlich Heiratsurkunden. Dies birgt für Frauen ein besonders hohes Risiko, den Zugang zu ihrem Eigentum zu verlieren, falls das Eigentum auf den Namen des Ehemannes eingetragen ist (AA 2.2.2024). Die Regimesicherheitskräfte erpressen Leute an den Checkpoints (USDOS 20.3.2023) für eine sichere Passage durch ihre Kontrollpunkte. So werden z. B. an den Checkpoints an der Straße von der jordanisch-syrischen Grenze nach Dara’a üblicherweise Bestechungsgelder eingehoben (HRW 20.10.2021).

Die Kontrollpunkte grenzen die Stadtteile voneinander ab. Sie befinden sich auch an den Zugängen zu Städten und größeren Autobahnen wie etwa Richtung Libanon, Flughafen Damaskus, und an der M5-Autobahn, welche von der jordanischen Grenze durch Dara’a, Damaskus, Homs, Hama und Aleppo bis zur Grenze mit der Türkei reicht. Zurückeroberte Gebiete weisen eine besonders hohe Dichte an Checkpoints auf (HRW 20.10.2021). Die Vierte Division, angeführt von Maher al-Assad, dem Bruder von Bashar al-Assad, übernahm die Kontrolle über alle Transportrouten Richtung Libanon und Jordanien sowie alle Hauptverkehrswege in West- und Süd-Syrien. Eine große Rekrutierungskampagne für die Besatzungen der Kontrollpunkte ist im Gang. Die Checkpoints sichern die Drogentransitrouten [Anm.: Siehe Informationen zu Ceptagon in den jeweiligen Kapiteln] und sind dabei ein Monopol auf Bestechungsgelder für Reisen durch das Land zu schaffen (FP 1.2.2023).

Passierende müssen an den vielen Checkpoints des Regimes ihren Personalausweis und bei Herkunft aus einem wiedereroberten Gebiet auch ihre sogenannte ’Versöhnungskarte’ vorweisen. Die Telefone müssen zur Überprüfung der Telefonate übergeben werden. Es mag zwar eine zentrale Datenbank für gesuchte Personen geben, aber die Nachrichtendienste führen auch ihre eigenen Suchlisten. Seit 2011 gibt es Computer an den Checkpoints und bei Aufscheinen (in der Liste) wird die betreffende Person verhaftet (HRW 20.10.2021). Personen können beim Passieren von Checkpoints genaueren Kontrollen unterliegen, u. a. wenn sie z. B. aus früher oppositionell-kontrollierten Gebieten stammen oder auch wenn sie Verbindungen zu Personen in Oppositionsgebieten wie Nordsyrien oder zu bekannten oppositionellen Familien haben. Männer im wehrfähigen Alter werden auch hinsichtlich des Status ihres Wehrdienstes gesondert überprüft. Auch eine Namensähnlichkeit mit einer gesuchten Person kann zu Problemen an Kontrollpunkten führen (DIS/DRC 2.2019). Die Behandlung von Personen an einem Checkpoint kann sehr unterschiedlich sein, je nachdem, wer ihn kontrolliert. Auch die Laune und die Präferenzen des Kommandanten können eine Rolle spielen (DIS 9.2019).

Die Regimesicherheitskräfte halten in einigen Fällen ZivilistenInnen von der Flucht aus belagerten Städten ab (USDOS 20.3.2023). Im Fall von Dara’a al-Balad im Jahr 2021 verletzte laut UN Commission of Inquiry for Syria die Belagerungstaktik der Pro-Regimekräfte die Bewegungsfreiheit und könnte auf eine Kollektivbestrafung hinauslaufen (USDOS 20.3.2023).

Ausländischen DiplomatInnen - einschließlich von der UNO und dem OPCW Investigation and Identification Team (IIT) (OPCW - Organization for the Prohibition of Chemical Weapons) – wurde von der syrischen Regierung der Besuch vieler Landesteile untersagt, und sie erhielten selten die Erlaubnis, außerhalb von Damaskus zu reisen (USDOS 20.3.2023).

Anm.: Zum dahinschwindenden öffentlichen Verkehrssystem und seinen gestiegenen Fahrpreisen siehe Kapitel Grundversorgung und Wirtschaft.

1.3.2. Auszug aus der Kurzinformation der Staatendokumentation SYRIEN, 10.12.2024:

Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht

1. Zusammenfassung der Ereignisse

Nach monatelanger Vorbereitung und Training (NYT 1.12.2024) starteten islamistische Regierungsgegner unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) (Standard 1.12.2024) die Operation „Abschreckung der Aggression“ – auf نن Arabisch: ردع العدوا - Rad’a al-‘Adwan (AJ 2.12.2024) und setzten der Regierung von Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende.

Am 30.11. nahmen die Oppositionskämpfer Aleppo ein und stießen weiter in Richtung der Stadt Hama vor, welche sie am 5.12. einnahmen. Danach setzten sie ihre Offensive in Richtung der Stadt Homs fort (AJ 8.12.2024). Dort übernahmen sie die Kontrolle in der Nacht vom 7.12. auf 8.12. (BBC 8.12.2024).

Am 6.12. zog der Iran sein Militärpersonal aus Syrien ab (NYT 6.12.2024). Russland forderte am 7.12. seine Staatsbürger auf, das Land zu verlassen (FR 7.12.2024). Am 7.12. begannen lokale Milizen und Rebellengruppierungen im Süden Syriens ebenfalls mit einer Offensive und nahmen Daraa ein (TNA 7.12.2024; Vgl. AJ 8.12.2024), nachdem sie sich mit der Syrischen Arabischen Armee auf deren geordneten Abzug geeinigt hatten (AWN 7.12.2024). Aus den südlichen Provinzen Suweida und Quneitra zogen ebenfalls syrische Soldaten, sowie Polizeichefs und Gouverneure ab (AJ 7.12.2024). Erste Oppositionsgruppierungen stießen am 7.12. Richtung Damaskus vor (AJ 8.12.2024). Am frühen Morgen des 8.12. verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 8.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 9.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 8.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 8.12.2024).

Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 9.12.2024).

Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 6.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zour im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 7.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 7.12.2024).

Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen unter dem Namen Syrian National Army (SNA) im Norden Syriens starteten eine eigene Operation gegen die von den Kurden geführten Syrian Democratic Forces (SDF) im Norden von Aleppo (BBC 8.12.2024). ج فف ج Im Zuge der Operation „Morgenröte der Freiheit“ (auf Arabisch رال ر ح ة يية - Fajr al-Hurriya) nahmen diese Gruppierungen am 9.12.2024 die Stadt Manbij ein (SOHR 9.12.2024). Die Kampfhandlungen zwischen Einheiten der durch die Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) auf der einen Seite und den SDF auf der anderen Seite dauerten danach weiter an. Türkische Drohnen unterstützten dabei die Truppen am Boden durch Luftangriffe (SOHR 9.12.2024b).

Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind seit Beginn der Offensive 910 Menschen ums Leben gekommen, darunter 138 Zivilisten (AAA 8.12.2024). Beim Vormarsch auf Homs waren tausende Menschen Richtung Küste nach Westen geflohen (AJ 6.12.2024). Bei der Offensive gegen Manbij wurden hingegen einige Zivilisten in Richtung Osten vertrieben (SOHR 9.12.2024).

In Damaskus herrschte weit verbreitetes Chaos nach der Machtübernahme durch die Opposition. So wurde der Sturz von Assad mit schweren Schüssen gefeiert und Zivilisten stürmten einige staatliche Einrichtungen, wie die Zentralbank am Saba-Bahrat-Platz, das Verteidigungsministerium (Zivilschutz) in Mleiha und die Einwanderungs- und Passbehörde in der Nähe von Zabaltani, außerdem wurden in verschiedenen Straßen zerstörte und brennende Fahrzeuge gefunden (AJ 8.12.2024b). Anführer al-Joulani soll die Anweisung an die Oppositionskämpfer erlassen haben, keine öffentlichen Einrichtungen anzugreifen (8.12.2024c) und erklärte, dass die öffentlichen Einrichtungen bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht von Ministerpräsident Mohammed al-Jalali aus der Assad-Regierung bleiben (Rudaw 9.12.2024).

Gefangene wurden aus Gefängnissen befreit, wie aus dem berüchtigten Sedanaya Gefängnis im Norden von Damaskus (AJ 8.12.2024c).

2. Die Akteure

Syrische Arabische Armee (SAA): Die Syrische Arabische Armee kämpfte gemeinsam mit den National Defense Forces, einer regierungsnahen, paramilitärischen Gruppierung. Unterstützt wurde die SAA von der Hisbollah, Iran und Russland (AJ 8.12.2024).

Die Einheiten der syrischen Regierungstruppen zogen sich beim Zusammenstoß mit den Oppositionskräften zurück, während diese weiter vorrückten. Viele Soldaten flohen oder desertierten (NZZ 8.12.2024). In Suweida im Süden Syriens sind die Soldaten der Syrischen Arabischen Armee massenweise desertiert (Standard 7.12.2024). Am 7.12. flohen mehrere Tausend syrische Soldaten über die Grenze in den Irak (Arabiya 7.12.2024; vgl. Guardian 8.12.2024). Präsident al-Assad erhöhte am 4.12. die Gehälter seiner Soldaten, nicht aber dasjenige von Personen, die ihren Pflichtwehrdienst ableisteten (TNA 5.12.2024). Dieser Versuch, die Moral zu erhöhen, blieb erfolglos (Guardian 8.12.2024).

Die Opposition forderte die Soldaten indes zur Desertion auf (TNA 5.12.2024). Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beobachteten, dass Hunderte Soldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie entlassen wurden (SOHR 8.12.2024). Offiziere und Mitarbeiter des Regimes ließen ihre Militär- und Sicherheitsfahrzeuge in der Nähe des Republikanischen Palastes, des Büros des Premierministers und des Volkspalastes unverschlossen stehen, aus Angst von Rebellen am Steuer erwischt zu werden (AJ 8.12.2024b).

Opposition: Obwohl Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) den plötzlichen Vormarsch auf Aleppo gestartet hat und treibende Kraft der Offensive war haben auch andere Rebellengruppierungen sich gegen die Regierung gewandt und sich am Aufstand beteiligt (BBC 8.12.2024c).

• Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS): Die HTS wurde 2011 als Ableger der al-Qaida unter dem Namen Jabhat an-Nusra gegründet (BBC 8.12.2024c). Im Jahr 2017 brach die Gruppierung ihre Verbindung mit der Al-Qaida (CSIS 2018) und formierte sich unter dem Namen Hay’at Tahrir ash-Sham neu, gemeinsam mit anderen Gruppierungen (BBC 8.12.2024c). Sie wird von der UN, den USA, der Europäischen Union (AJ 4.12.2024) und der Türkei als Terrororganisation eingestuft (BBC 8.12.2024c). Der Anführer der HTS, der bisher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Joulani bekannt war, hat begonnen wieder seinen bürgerlichen Namen, Ahmad ash-Shara’a zu verwenden (Nashra 8.12.2024). Er positioniert sich als Anführer im Post-Assad Syrien (BBC 8.12.2024c). Die HTS hat in den letzten Jahren versucht, sich als nationalistische Kraft (BBC 8.12.2024b) und pragmatische Alternative zu al-Assad zu positionieren (BBC 8.12.2024c).

Der Gruppierung werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (BBC 8.12.2024c). Einem Terrorismusexperten zufolge gibt es bereits erste Videos von Personen aus dem HTS-Umfeld, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024).

• National Liberation Front (NFL): Eine Reihe kleinerer Kampfgruppen, aus denen sich die NFL zusammensetzt, nahmen an der Operation „Abschreckung der Aggression“ teil, darunter die Jaish al-Nasr, das Sham Corps und die Freie Idlib-Armee. Die 2018 in Idlib gegründete NFL umfasst mehrere nordsyrische Fraktionen, von denen einige auch unter das Dach der Freien Syrischen Armee fallen (AJ 2.12.2024b).

• Ahrar al-Sham Movement: Die Ahrar al-Sham-Bewegung ist hauptsächlich in Aleppo und Idlib aktiv und wurde 2011 gegründet. Sie definiert sich selbst als „umfassende reformistische islamische Bewegung, die in die Islamische Front eingebunden und integriert ist“ (AJ 2.12.2024b).

• Jaish al-Izza: Jaish al-Izza: Übersetzt: „Die Armee des Stolzes“ ist Teil der Freien Syrischen Armee und konzentriert sich auf den Norden des Gouvernements Hama und einige Teile von Lattakia. Im Jahr 2019 erhielt die Gruppierung Unterstützung aus dem Westen, darunter auch Hochleistungswaffen (AJ 2.12.2024b).

• Nur Eddin Zinki-Bewegung (Zinki): Diese Gruppierung entstand 2014 in Aleppo, versuchte 2017, sich mit der HTS zusammenzuschließen, was jedoch nicht funktionierte. Die beiden Gruppierungen kämpften 2018 gegeneinander, und „Zinki“ wurde Anfang 2019 von ihren Machtpositionen in der Provinz Aleppo vertrieben. Ein Jahr später verhandelte „Zinki“ mit der HTS, und ihre Kämpfer kehrten an die Front zurück, und seitdem ist die Gruppe unter den oppositionellen Kämpfern präsent (AJ 2.12.2024b).

• Milizen in Südsyrien: Gruppierungen aus südlichen Städten und Ortschaften, die sich in den letzten Jahren zurückhielten, aber nie ganz aufgaben und einst unter dem Banner der Freien Syrien Armeekämpften, beteiligten sich am Aufstand (BBC 8.12.2024c). In Suweida nahmen Milizen der syrischen Minderheit der Drusen Militärstützpunkte ein (Standard 7.12.2024).

• Syrian Democratic Forces (SDF): Die SDF ist eine gemischte Truppe aus arabischen und kurdischen Milizen sowie Stammesgruppen. Die kurdische Volksschutzeinheit YPG ist die stärkste Miliz des Bündnisses und bildet die militärische Führung der SDF (WiWo 9.12.2024). Sie werden von den USA unterstützt (AJ 8.12.2024). Im kurdisch kontrollierten Norden liegen die größten Ölreserven des Landes (WiWo 9.12.2024).

• Syrian National Army (SNA): Diese werden von der Türkei unterstützt (BBC 8.12.2024c) und operieren im Norden Syriens im Grenzgebiet zur Türkei (AJ 8.12.2024). Der SNA werden mögliche Kriegsverbrechen, wie Geiselnahmen, Folter und Vergewaltigung vorgeworfen. Plünderungen und die Aneignung von Privatgrundstücken, insbesondere in den kurdischen Gebieten, sind ebenfalls dokumentiert (WiWo 9.12.2024).

3. Aktuelle Lageentwicklung

Sicherheitslage:

Israel hat Gebäude der Syrischen Sicherheitsbehörden und ein Forschungszentrum in Damaskus aus der Luft angegriffen, sowie militärische Einrichtungen in Südsyrien, und den Militärflughafen in Mezzeh. Israelische Streitkräfte marschierten außerdem in al-Quneitra ein (Almodon 8.12.2024) und besetzten weitere Gebiete abseits der Golan-Höhen, sowie den Berg Hermon (NYT 8.12.2024). Die israelische Militärpräsenz sei laut israelischem Außenminister nur temporär, um die Sicherheit Israels in der Umbruchphase sicherzustellen (AJ 8.12.2024d). Am 9.12.2024 wurden weitere Luftangriffe auf syrische Ziele durchgeführt (SOHR 9.12.2024c). Einer Menschenrechtsorganisation zufolge fliegt Israel seine schwersten Angriffe in Syrien. Sie fokussieren auf Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftabwehr (NTV 9.12.2024). Quellen aus Sicherheitskreisen berichten indes, dass Israelisches Militär bis 25km an Damaskus in Südsyrien einmarschiert wäre (AJ 10.12.2024).

Das US-Central Command gab an, dass die US-Streitkräfte Luftangriffe gegen den Islamischen Staat in Zentralsyrien geflogen sind (REU 9.12.2024). Präsident Biden kündigte an, weitere Angriffe gegen den Islamischen Staat vorzunehmen, der das Machtvakuum ausnützen könnte, um seine Fähigkeiten wiederherzustellen (BBC 7.12.2024).

Russland versucht, obwohl es bis zum Schluss al-Assad unterstützte, mit der neuen Führung Syriens in Dialog zu treten. Anstatt wie bisher als Terroristen bezeichnen russische Medien die Opposition mittlerweile als „bewaffnete Opposition“ (BBC 8.12.2024d).

Sozio-Ökonomische Lage:

Die Opposition versprach, den Minderheiten keinen Schaden zuzufügen und sie nicht zu diskriminieren, egal ob es sich um Christen, Drusen, Schiiten oder Alawiten handle. Gerade letztere besetzten unter der Führung Al-Assad’s oft hohe Positionen im Militär und den Geheimdiensten (TNA 5.12.2024).

Für alle Wehrpflichtigen, die in der Syrischen Arabischen Armee gedient haben, wurde von den führenden Oppositionskräften eine Generalamnestie erlassen. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie wurden untersagt (Presse 9.12.2024). Ausgenommen von der Amnestie sind jene Soldaten, die sich freiwillig für den Dienst in der Armee gemeldet haben (Spiegel 9.12.2024).

Die syrischen Banken sollen ihre Arbeit am 10.12.2024 wiederaufnehmen, die Bediensteten wurden aufgefordert, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren (Arabiya 9.12.2024).

Die HTS, die weiterhin auf der Terrorliste der UN steht, ist seit 2016 von Sanktionen des UN-Sicherheitsrates betroffen. Diplomaten zufolge war die Streichung der HTS von der Sanktionenliste kein Thema bei der jüngsten Ratssitzung (REU 10.12.2024).

Bevor der Wiederaufbau zerstörter Städte, Infrastruktur und Öl- und Landwirtschaftssektoren beginnen kann, muss mehr Klarheit über die neue Regierung Syriens geschaffen werden (DW 10.12.2024).

1.3.3. Auszug aus EUAA, Country Guidance:

3.4 Anti-government armed groups

[…]

Hayat Tahrir al-Sham or Organisation for the Liberation of the Levant (HTS) is a coalition of Islamist Sunni anti-government armed groups which continues to be listed as a terrorist organisation by the EU, the UN and many states [Security 2023, 1.4.4, p. 30, Security 2021, 1.4.4, p. 25]. HTS is comprised of several armed factions, including Jabhat Fatah al-Sham (also known as Jabhat al-Nusrah and previously as the Al-Nusrah Front). It maintains its power through the Syrian Salvation Government, which has been as the group’s ‘political arm’. [Security 2022, 2.1.2, p. 69; Actors, 4.1.1, p. 50]

HTS exercised military and security control within its territory in Idlib governorate, parts of Aleppo’s western countryside and Latakia’s countryside as well as the Al-Ghab Plain located northwest of Hama and is considered as the dominant actor and military superior armed group in the area. In October 2022, HTS fighters took control of the city of Afrin and surrounding areas before a Turkish-brokered truce led to their withdrawal. HTS personnel, however, reportedly remained in the Afrin area, but avoided being publicly visible [Security 2023, 1.4.4, pp. 30-31, 2.1.2, p. 69, 2.2.3, p. 83].

HTS forces have been involved in extrajudicial killings, arbitrary arrests and unlawful detention of civilians [Security 2022, 1.4.4, p. 35, 1.4.5, p. 27, 2.1.2, p. 67]. Enforced disappearances, confiscation of property, harassment and intimidation against women were also reported [Targeting 2022, 8.2, p. 82, 11, p. 96, 13.4.2, pp. 118-119]. In recent times, the group attempted to publicly distance itself from al-Qaeda and portray it as a legitimate civilian authority. Despite its legitimisation efforts, HTS continued to commit serious human rights violations [Security 2023, 1.4.4, p. 31].

A number of other anti-GoS armed groups are also present in the Idlib area.

1.3.4. Auszug aus UNHCR: POSITION ON RETURNS TO THE SYRIAN ARAB REPUBLIC, Dezember 2024:

While risks related to persecution by the former Government have ceased, other risks may persist or become more pronounced. In light of the rapidly changed dynamics and evolving situation in Syria, UNHCR is not currently in a position to provide detailed guidance to asylum decision-makers on the international protection needs of Syrians. UNHCR will continue to monitor the situation closely, with a view to providing more detailed guidance as soon as circumstances permit. In view of the current uncertainty of the situation in Syria, UNHCR calls on asylum States to suspend the issuance of negative decisions on applications for international protection by Syrian nationals or by stateless persons who were former habitual residents of Syria. The suspension of the issuance of negative decisions should remain in place until such time as the situation in Syria has stabilized and reliable information about the security and human rights situation is available to make a full assessment of the need to grant refugee status to individual applicants.

1.3.5. Auszüge aus den REGIONAL FLASH UPDATE: SYRIA SITUATION CRISIS, UNHCR:

Flash Update #12, 30.01.2025:

This week, UN High Commissioner for Refugees, Filippo Grandi, traveled to Syria for the first time since the fall of the former government. His mission, which began in Lebanon, aimed to understand the challenges faced by refugees and host countries, by returnees inside Syria, and to assess the opportunities for expanding aid to those who are already deciding to return home.

While in Damascus, High Commissioner Grandi met with the leader of Syria’s caretaker authorities and newly appointed President, Ahmed Al-Sharaa, and traveled to border crossings with Lebanon and Türkiye to meet with returning families. He also visited Aleppo where returnees highlighted the lack of shelter, basic services and education opportunities in many parts of the city. Others struggled with lack of civil documentation, and some are relying on loans to survive.

The High Commissioner underlined the urgency for the international community to support not only the immediate humanitarian needs inside Syria but also to invest in longer-term recovery efforts. UNHCR teams met with refugee returnees in Sheikh Miskin in Dar’a Governorate who have recently come back on their own from Jordan, including some from Zaatari refugee camp. In focus group discussions, refugee men relayed how they had come without their families because they wanted to assess the state of their homes first. The reality they are facing is stark. Some were staying with relatives and friends, unable to find and pay for the materials needed to patch up their houses.

Others were concerned about the lack of services – in particular health and education. Their main costs had been transportation and paying off debts incurred in Jordan. Some had part of their debts still to pay

Flash Update #16, 27.02.2025:

As of 27 February 2025, UNHCR estimates that some 297,300 Syrians have returned to Syria via neighboring countries since early December 2024. The figures are based on a triangulation of sources from outside and inside Syria and include refugees registered with UNHCR and other Syrians returning from Türkiye, Lebanon, Jordan, Iraq and Egypt, as well those transiting from beyond the Region.

On 24 February, the European Council decided to suspend a number of restrictive measures onSyria as “part of the EU’s efforts to support an inclusive political transition in Syria, and its swift economic recovery, reconstruction, and stabilization”. This decision is a critical step forward as sanctions remain a major obstacle to large scale and sustainable voluntary return of refugees.

On 25 February, the Syrian National Dialogue Conference in Syria took place in Damascus. The final statement highlighted that dialogue among Syrians of all background will remain a continuous process in this new phase in Syria

As per the political developments in the country, on 25 February, the Syrian National Dialogue Conference was held in Damascus, bringing together around 600 participants. The closing statement of the conference focused on the territorial integrity and sovereignty of Syria; condemned Israeli incursions and demanded its withdrawal. The statement also highlighted the issuance of a temporary constitutional declaration; forming an interim legislative council and preparing a draft permanent constitution that promotes freedom and human rights. It further mentioned the importance of upholding human rights, promoting women’s participation in all sectors, promoting peaceful coexistence among all components of Syrian society, and fostering a culture of dialogue within Syrian society by continuing national discussions at various levels and establishing mechanisms for their implementation.

Regional Flash Update #18, 14 March 2025:

As of 14 March 2025, UNHCR estimates that some 354,900 Syrians have crossed back to Syria via neighboring countries since 8 December 2024. The figures are based on a triangulation of sources from outside and inside Syria and include refugees registered with UNHCR and other Syrians crossing from Türkiye, Lebanon, Jordan, Iraq and Egypt, as well those transiting from beyond the region.

On 13 March, the Caretaker Authorities signed a Constitutional Declaration, following the announcement on 10 March of the integration of the Syrian Democratic Forces (SDF) into Syrian State institutions. UN Special Envoy for Syria Geir Pedersen has welcomed the move toward restoring the rule of law and hoped the declaration can be a solid legal framework for a genuinely credible and inclusive political transition.

Since 6 March, escalating hostilities in the Tartous, Lattakia, Homs, and Hama have resulted in the death of scores of civilians, damage to property and infrastructure, as well as thousands of people displaced in the coastal areas

Country updates

Syria

As of 14 March 2025, UNHCR estimates that 354,900 Syrians have crossed back into Syria from neighboring countries since 8 December 2024. Most refugee returnees continue to cross from Lebanon, followed by Türkiye, Jordan, Iraq and Egypt.

Since 6 March, escalating hostilities in the Tartous, Lattakia, Homs, and Hama have resulted in the death of scores of civilians, damage to property and infrastructure, as well as thousands of people displaced in the coastal areas. On 13 March, Yasser al-Farhan, the Spokesperson for the Fact-Finding Committee on the Syrian Coastal Events, said that the committee is conducting its work on the ground and has lists of witnesses and potential suspects. Al-Farhan confirmed that the committee “will investigate all operations that took place on the coast,” noting that “the Syrian authorities' position was expressed through the formation of a committee to investigate the issue of violations against civilians.”

Due to the dire security situation, UNHCR-supported Community Centres (CCs) in the Coastal Areas have been forced to temporary suspend activities since 7 March. Nonetheless, as of 13 March, two CCs have been able to reopen, in Ras Al-Basit (Lattakia) and Tartous City, in order to provide assistance to the displaced families.

As per the political developments in the country, On 13 March, the Caretaker Authorities signed a Constitutional Declaration, following the announcement on 10 March of the integration of the Syrian Democratic Forces (SDF) into Syrian State institutions. UN Special Envoy for Syria Geir Pedersen welcomed the move toward restoring the rule of law and hoped the declaration can be a solid legal framework for a genuinely credible and inclusive political transition. Proper implementation will be key, along with continued efforts to ensure transitional governance in an orderly manner.

In terms of UNHCR’s response, the UN Refugee Agency continues to play a pivotal role in supporting displaced populations and returnees across Syria, ensuring access to essential services and protection. At key border crossing points, including Joussieh, Jdaidet Yabous, Nassib, Bab Al- Hawa, and Bab Al-Salama, UNHCR maintains a consistent presence to monitor return trends and provide crucial assistance. This includes offering information on available services at the destination, as well as facilitating basic services and transportation assistance to those approaching the posts.

UNHCR continues to identify and support IDPs, IDP returnees from Idleb, and Syrian refugee returnees from Lebanon, Türkiye, and Jordan through home visits and referrals to UNHCR- supported Community Centres, mobile teams, and outreach community volunteers (ORVs). The most pressing needs identified include civil documentation (such as identity cards and marriage authentication), core relief items, hygiene kits, cash assistance, and livelihood opportunities. Only this past week, over 300 newly returned families in Aleppo benefited from the pioneer Shelter Packages Intervention, and in Deir ez-Zor City, winter chortling and blankets were distributed to over 2,200 returnees. Across the country, some other thousands of dignity kits, medical devices and core relief items were distributed to people in need, in addition to livelihood programmes, Mine Risk Education sessions as part of the child protection curriculum, Gender-Based Violence prevention and response activities and mental health and psychosocial support (MHPSS) services that continue to be well received by all population groups in Syria.

Following the recent agreement between the Caretaker Authorities and the SDF, UNHCR has started coordinating and assessing four CCs in areas that are potential for returns from Northeast Syria – Dayr Hafir, Maskaneh, Khafseh, and Rasm Haram El-Imam – to relaunch their services to assist returnees and their host communities.

1.3.6. Zusammenfassende Feststellung zu den verfahrensrelevanten Umständen des Umsturzes ab 27.11.2024 bzw. 08.12.2024:

Die ehemalige syrische Armee wurde zuerst von der Übergangsregierung außer Dienst gestellt und wurde schließlich formell aufgelöst, die Wehrpflicht in der (früheren) syrischen Armee ist gegenstandslos geworden. Seitens der Übergangsregierung bestehen bereits Bestrebungen eine neue syrische Armee zu formieren. So kündigte Syriens neuer Machthaber, Ahmed al-Scharaa, medial an, dass die HTS sowie alle bewaffneten Rebellenfraktionen im Konsens aufgelöst und unter dem Dach des Verteidigungsministeriums zusammengeführt werden. Zudem sollen die Geheimdienste der gestürzten Assad-Regierung aufgelöst werden, welche über Jahrzehnte hinweg maßgeblich an Menschenrechtsverletzungen beteiligt waren. Die neuen Machthaber haben jedenfalls die Häftlinge aus den berüchtigten Foltergefängnissen entlassen und diese für Angehörige von Inhaftierten, internationale Journalisten und Menschenrechtsorganisationen zugänglich gemacht.

Die neue Übergangsregierung unter der Führung von Ahmed al-Scharaa wird zudem von einer Reihe an hochrangigen Treffen ausländischer diplomatischer und politischer Vertreter legitimiert. Am 30.12.2024 besuchte der ukrainische Außenminister Andri Sibiha seinen neuen syrischen Amtskollegen, Asaad Hassan al-Shaibani, in Damaskus und sicherte Syrien Unterstützung zu. Gefolgt vom EU Diplomat, Michael Ohnmacht, reisten zuletzt die deutsche Außenministerin, Annalena Baerbock sowie ihr Amtskollege Jean-Noël Barrot in enger Absprache mit der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas im Auftrag der EU nach Damaskus, wodurch sich bereits ein politischer Neuanfang zwischen Syrien und Europa abzeichnete.

Auch Nachbarstaaten nahmen die Beziehungen zu Syrien wieder auf. Auf Einladung reiste Najib Mikati am 11.01.2025 als erster libanesische Premierminister seit 2010 nach Syrien, um sich mit Ahmed al-Sharaa in Damaskus zu treffen. Am 15.01.2025 besuchte der neue syrische Außenminister Asaad Hassan al-Shaybani gemeinsam mit dem syrischen Verteidigungsminister Murhaf Abu Kasra und Geheimdienstchef Anas Chattab erstmals die Türkei. Dabei fand ein Treffen mit dem türkischen Außenminister sowie mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan statt.

Der internationale Flugbetrieb am Flughafen Damaskus wurde am 07.01.2025 wieder aufgenommen. Seit dem Machtwechsel am 08.12.2024 kehrten zuletzt – schätzungsweise 400.000 – insbesondere in benachbarte Staaten geflüchtete Syrer in ihre Heimat zurück.

Die Vereinigten Staaten von Amerika lockerten die Sanktionsbedingungen zur Erleichterung von humanitär Hilfe in Syrien für eine Dauer von sechs Monaten. Hilfsorganisationen und Firmen, die lebenswichtige Güter liefern, wird eine Ausnahmegenehmigung erteilt.

Kurz nach dem Machtwechsel am 08.12.2024 versammelten sich hunderte Männer und Frauen friedlich miteinander auf den Straßen Damaskus um ihre Meinung für ein vereintes Syrien, Demokratie, Frauenrechte, einer freien, pluralistischen Gesellschaft und einen säkularen Staat kundzutun. Diese Demonstrationen fanden insbesondere unter Anwesenheit patrouillierender HTS-Kämpfer statt, welche keinerlei Repressionsmaßnahmen gegen Demonstrierende setzten, sondern vielmehr um Entspannung bemüht waren.

Den Vertretern der HTS-Übergangsregierung ist bisher ein sehr gemäßigtes Auftreten beizumessen, zumal sich diese ideologisch und theologisch neu ausgerichtet hat. Sie spricht sich etwa für Minderheitenschutz aus, bekennt sich zu einer „nationalistisch-religiösen Haltung“ und zum endgültigen Bruch mit Organisationen wie al-Quaida oder dem IS.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinem Leben in Syrien und in der Türkei, sowie zu seiner Schulausbildung gründen sich auf den soweit glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung sowie im behördlichen Verfahren (vgl. z.B. Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2024, S. 6 ff).

Die Feststellungen zur familiären Situation des Beschwerdeführers stützen sich auf die soweit glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung sowie im behördlichen Verfahren (vgl. z.B. Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2024, S. 6 ff und Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2025, S. 5 f).

Dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich aus dessen diesbezüglich unbedenklichen Angaben in der mündlichen Verhandlung (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2025, S. 4).

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers beruhen auf den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszügen des Strafregisters.

2.2. Zu den Fluchtgründen:

Zunächst hat das Bundesverwaltungsgericht bei der Würdigung der Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Verlassens seines Heimatlandes minderjährig war. Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine besonders sorgfältige Beurteilung der Art und Weise des erstatteten Vorbringens zu den Fluchtgründen erforderlich und die Dichte dieses Vorbringens kann nicht mit "normalen Maßstäben" gemessen werden. Zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ist entsprechend diesen höchstgerichtlichen Vorgaben eine besonders sorgfältige Beweiswürdigung erforderlich (VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0150).

Zum ursprünglichen Fluchtgrund:

Der Beschwerdeführer brachte (vor der Sturz des syrischen Regimes) in der mündlichen Verhandlung zu seinem Fluchtgrund vor, dass er eine Verfolgung durch das syrische Regime aufgrund seines noch nicht abgeleisteten Wehrdienstes befürchte; zudem rechne er damit, dass er von den kurdischen Streitkräften zum Selbstverteidigungsdienst eingezogen bzw. zwangsweise rekrutiert werden würde (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2024, S. 9 f: „BF: Erstens werde ich seitens der Kurden gesucht, ich befürchte zwangsrekrutiert zu werden. Ich möchte die Selbstverteidigung auch nicht ableisten. Zweitens, in Syrien gibt es keine Zukunft, weder bildungstechnisch noch berufstechnisch. Drittes, bin ich als Minderjähriger ausgereist, damit ich meine Familie hierherholen kann. Wie Sie wissen herrscht Krieg in Syrien. Sie haben dort auch keine Zukunft. Bezüglich der Rückkehr, so werde ich bald 18 Jahre alt und somit befürchte ich von allen verfolgt zu werden. […] R: Befürchten Sie, dass die syrische Armee sie zur Wehrdienstleistung einziehen könnte? BF: Ja, ich befürchte auch, dass die syrische Regierung mich rekrutiert.“).

Zum nunmehrigen Fluchtgrund:

Der Beschwerdeführer brachte in der zweiten mündlichen Verhandlung vor, dass er eine Gefahr von Seiten der HTS befürchte, zumal die HTS bzw. der Führer der HTS ein IS-Mitglied sei (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung, S. 6: „R: […] Haben Sie zum jetzigen Zeitpunkt noch Befürchtungen, von den Kurden rekrutiert zu werden, wenn Sie bei Ihrer Familie wären? BF: Mit der FSA habe ich keine Probleme. Die einzigen Befürchtungen die ich habe ist, seitens der HTS, das sind schlussendlich IS –Anhänger, selbst der neue Führer ist ein IS-Mitglied.“).

Für das Bundesverwaltungsgericht hat sich dieses Vorbringen des Beschwerdeführers - auch unter Berücksichtigung seines Alters – als nicht glaubhaft erwiesen, da er dieses auf entsprechende Nachfragen weder zu konkretisieren, noch insgesamt schlüssig darzulegen vermochte. Zudem waren seine Angaben vor dem Hintergrund der Länderberichte nicht plausibel. Dazu im Einzelnen:

Die Feststellungen dahingehend, dass der Beschwerdeführer im noch nicht wehrdienstpflichtigen Alter Syrien verließ und seinen Wehrdienst bei der ehemaligen syrischen Armee noch nicht abgeleistet hat, gehen aus seinen Angaben im Laufe des Verfahrens und der mündlichen Verhandlung hervor (vgl. z.B. Niederschrift der Einvernahme, AS 86: „F: Wann genau haben Sie Syrien verlassen? A: Am 12. Ramadan 2023. (3. März 2023)“ Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2024, S. 9).

Aus den Länderinformationen und den Medien ergibt sich, dass die islamistischen Regierungsgegner unter der Führung der HTS im Dezember 2024 im Zuge einer Großoffensive Regierungsgebiete eroberten und die Stadt Damaskus einnahmen, was den Sturz des Assad-Regimes bedeutete; Baschar Al-Assad floh im Dezember 2024 nach Moskau. Der Karte zu Syrien (vgl. dazu https://syria.liveuamap.com/) ist zu entnehmen, dass sämtliche vormalig vom Assad-Regime kontrollierte Gebiete, mit Ausnahme von zwei Stützpunkten in Jablah (auch Dschabla) und einem Teil von Tartus nunmehr von der HTS kontrolliert werden. Zudem sind auch Gebietsgewinne kurdischer Kräfte im Osten des Landes zu verzeichnen und befindet sich auch ein Teil der Stadt Aleppo unter ihrer Kontrolle. Israel besetzte währenddessen ebenso kleinere an die Golanhöhen angrenzende Gebiete, insbesondere entlang dem Grenzgebiet zum Libanon. Die neuen Machthaber der HTS haben die syrische Armee zuerst außer Dienst gestellt und dann in ihrer bisherigen Form aufgelöst. Die Wehrpflicht ist in Syrien faktisch abgeschafft.

Zusammenfassend ergibt sich, dass das Assad-Regime in Syrien, mit Ausnahme der zwei Stützpunkte in Jablah (auch Dschabla) und einem Teil von Tartus, keine Gebietshoheit bzw. Herrschaftsgewalt mehr ausübt. Dem Vorbringen einer (möglichen) Verfolgung (in Zusammenhang mit seiner Wehrdienstverweigerung) durch die Regierung Assad wurde durch den Zusammenbruch des syrischen Regimes die Grundlage entzogen.

Zur behaupteten Gefahr/Verfolgung durch die HTS:

Wenn der Beschwerdeführer mit Blick auf die geänderte Lage in Syrien zur Begründung seines Asylantrages nunmehr erstmals angibt, Angst vor der HTS zu haben, so war auch dieses Vorbringen nicht geeignet, eine asylrelevante Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen:

Befragt danach, welche Konsequenzen bzw. Verfolgung er durch die HTS im konkreten befürchte, vermochte der Beschwerdeführer keine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung durch die HTS darzulegen und sprach von der Angst vor der HTS bzw. von den IS-Anhängern „im Allgemeinen“. Auch die weiteren Angaben des Beschwerdeführers, wonach er Angst habe vor den Hinrichtungen und den Strafen (der HTS), waren nicht nachvollziehbar, zumal der Beschwerdeführer nicht darlegte, weshalb ihm (überhaupt) eine Strafe bzw. Hinrichtung durch die HTS drohen sollte (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung, S. 6: „R: Welche konkreten Befürchtungen haben Sie? BF: Wer hat keine Angst von den IS Mitglieder. R: Welche konkreten Befürchtungen haben Sie, dass Ihnen etwas angetan werden könnte? BF: Persönlich habe ich nur Angst von den IS-Mitglieder und da rede ich im Allgemeinen. Ich habe Angst von den Hinrichtungen und den Strafen die sie vollziehen.“).

Auch ergaben sich im Laufe des Verfahrens keinerlei Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer mit der HTS und/oder mit einer anderen Gruppierung wie der SNA in einer Konfliktsituation stünde: Der Beschwerdeführer war nicht politisch tätig, ist nicht Mitglied einer politischen Gruppierung, ist auch sonst nicht in das Blickfeld der HTS oder anderer Konfliktparteien wegen einer (unterstellten) oppositionellen Haltung geraten (vgl. Niederschrift der Einvernahme, AS 89).

Hinsichtlich der Befürchtung des Beschwerdeführers, dass die Scharia in Syrien durchgesetzt werden würde, ist anzumerken, dass sich dieses Vorbringen nicht mit den bisher vorliegenden Berichten deckt und den Vertretern der HTS-Übergangsregierung bisher ein sehr gemäßigtes Auftreten beizumessen ist, zumal sich diese ideologisch und theologisch neu ausgerichtet hat. So spricht sich die HTS etwa für Minderheitenschutz aus, bekennt sich zu einer „nationalistisch-religiösen Haltung“ und zum endgültigen Bruch mit Organisationen wie al-Quaida oder dem IS. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Befürchtungen des Beschwerdeführers über eine Einführung bzw. Durchsetzung der Scharia in Syrien und eine (aus der Scharia resultierenden bzw. abgeleiteten – vom Beschwerdeführer nicht näher dargelegten –) Verfolgung des Beschwerdeführers als nicht plausibel.

Hervorzuheben ist, dass nach dem Sturz des syrischen Regimes und der Machtergreifung der HTS, die Familienangehörigen des Beschwerdeführers weiterhin (unbehelligt) in Syrien im Machtgebiet der mit der HTS verbündeten SNA leben (können). Vor diesem Hintergrund ist für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar, weshalb (ausgerechnet) der Beschwerdeführer – der als Jugendlicher bzw. im Alter von 15 Jahren aus Syrien ausreiste und nie in das Blickfeld der HTS bzw. der SNA geraten ist – einer Verfolgung durch die HTS ausgesetzt sein soll (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2025, S. 5 f: „R: Hat sich am Wohnort der Eltern in Syrien irgendetwas seit Nov. 24 geändert? BF: Nein. R: D.h. ihre Eltern und Geschwister leben noch immer in Gouvernement Aleppo, im Rif Manbij im Dorf Hamir Labidah? BF: Ja. […] R: Wie ist die Situation derzeit für ihre Familie? BF: Gut.“).

Zur derzeitigen Kontrolle im Heimatort des Beschwerdeführers:

Der EUAA Country Guidance als verlässliche Quelle zur Kontrollsituation in mehr als 8.000 syrischen Orten herangezogenen Kartendaten des „Syria Conflict Mapping team“ des Carter Center (https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html), ist zu entnehmen, dass sich der Heimatort des Beschwerdeführers Hamir Labdiah (auf der Karte als Himar Labda geschrieben), in Rif Manbij, unter der Kontrolle der SNA befindet (Bilder abgerufen am 01.04.2025):

C:\Users\aslanay\Desktop\HAMIR LABDAH.png

C:\Users\aslanay\Desktop\labidahh.png

Die aktuellen Kontrollverhältnisse ergeben sich auch aus der unter dem Link Map of Syrian Civil War - Syria news and incidents today - syria.liveuamap.com abrufbaren Karte zu Syrien (Bilder abgerufen am 25.03.2025):

C:\Users\aslanay\Desktop\MANBIJ 1.png

C:\Users\aslanay\Desktop\manbij 2.png

Auch der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht an, dass sich sein Heimatort Hamir Labidah in der Hand der FSA (nunmehr SNA) befindet (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2025, S. 6: „R: Wissen Sie wer in Hamir Labidah bzw. im Distrikt Manbij jetzt die Kontrolle hat? BF: FSA.“).

Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung weiters an, dass er und seine dort aufhältige Familie keine Probleme mit der FSA habe; auch sonst ergaben sich für das erkennende Gericht keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer einer Verfolgung durch die SNA ausgesetzt sein könnte. Anzumerken ist (nochmals), dass auch die Familienangehörigen des Beschwerdeführers weiterhin (problemlos) im Heimatort des Beschwerdeführers leben (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung, S. 6 f: „R: Wie ist die Situation derzeit für ihre Familie? BF: Gut. […] R: Da haben Sie Recht, aber auf der anderen Seite des Flusses, 30 km entfernt. Haben Sie zum jetzigen Zeitpunkt noch Befürchtungen, von den Kurden rekrutiert zu werden, wenn Sie bei Ihrer Familie wären? BF: Mit der FSA habe ich keine Probleme. […] R: Wurden Ihre Familienangehörigen in irgendeine Art und Weise von der FSA belästigt? BF: Nein, meine Eltern sind ältere Personen und meine Geschwister sind noch sehr jung.“).

Soweit in der Stellungnahme der Rechtsvertretung vom 08.04.2025 nunmehr – ohne dass der Beschwerdeführer in beiden Verhandlungen derartige Befürchtungen geäußert hätte – vorgebracht wird, es bestehe mit „beachtlicher Wahrscheinlichkeit das Risiko“ einer zwangsweisen Rekrutierung des Beschwerdeführers durch die SNA und HTS (vgl. Stellungnahme, S. 4) ist darauf hinzuweisen, dass – abgesehen von dem von der Rechtsvertretung angeführten Bericht – es keine wie immer gearteten Hinweise darauf gibt, dass in ganz Syrien die Gefahr einer systematischen zwangsweisen Rekrutierung (auch von Kindern und/oder Jugendlichen, die über die Einzelfälle hinausgehen) durch die SNA und/oder HTS bestünde. Tatsächlich verweist der referenzierte Bericht der Generalversammlung der UN Zl. A/78/842 - S/2024/384 vom 03.06.2024 auf Seite 27 oben auf eine (nicht weiter erläuterte) Anzahl von 282 Minderjährigen die in den Reihen der SNA kämpfen, ohne dass ersichtlich wäre, wie diese Zahl ermittelt wurde und jene Fälle berücksichtigt wurden, in denen sich (noch) Minderjährige freiwillig bzw. aus Überzeugung einer Miliz angeschlossen haben. Zusätzlich ist fraglich wie die Eigenschaft als Minderjährige bzw. Kinder in diesen Fällen überhaupt festgestellt wurde, da es als notorisch gilt, dass die Personenstandsregistrierung in Syrien oftmals ungenau ist und Altersangaben selbst dann keinesfalls verlässlich sind, wenn ein Zivilregisterauszug vorliegt.

Den für das Asylverfahren relevanten Länderberichten schon vor dem Umsturz ist eindeutig zu entnehmen, dass die SNA und die HTS (im Allgemeinen, über Einzelfälle hinaus) keine zwangsweisen Rekrutierungen durchführen (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.03.2024, Kapitel „Nicht-staatliche bewaffnete Gruppierungen (regierungsfreundlich und regierungsfeindlich)“: […] Anders als die Regierung und die Syrian Democratic Forces (SDF), erlegen bewaffnete oppositionelle Gruppen wie die SNA (Syrian National Army) und HTS (Hay’at Tahrir ash-Sham) Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf (NMFA 5.2022; vgl. DIS 12.2022). Quellen des niederländischen Außenministeriums berichten, dass es keine Zwangsrekrutierungen durch die SNA und die HTS gibt (NMFA 8.2023).“). Diese Angaben beziehen sich hierbei auf wehrfähige Erwachsene, warum also vor diesem Hintergrund gerade der (gerade noch) minderjährige Beschwerdeführer ausgerechnet der Gefahr einer Zwangsrekrutierung ausgesetzt sein soll, vermag die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers (der als Siebezehnjähriger solche Befürchtungen – wie bereits festgehalten – selbst niemals geäußert hat) nicht schlüssig darzulegen.

Zudem erfüllt der Beschwerdeführer nicht das relevante Risikoprofil für eine Zwangsrekrutierung als Minderjähriger durch die SNA oder der jetzigen Übergangsregierung, der HTS: Nach Angaben des Beschwerdeführers im behördlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung lebt die Kernfamilie (Eltern und Geschwister) des Beschwerdeführers unbehelligt in Syrien, im Gouvernement Aleppo, im Heimatort Hamir Labidah; da der Beschwerdeführer über ein familiäres Netzwerk in Syrien verfügt, liegt – entgegen den Ausführungen in der Stellungnahme vom 08.4.2025, wonach das Fehlen eines stabilen familiären Netzwerks ein gefahrenerhöhender Umstand für eine Zwangsrekrutierung des Beschwerdeführers sei – eben kein gefahrenerhöhender Umstand beim Beschwerdeführer vor (vgl. zum Wohnsitz der Kernfamilie des Beschwerdeführers in Syrien Niederschrift der Erstbefragung, AS 21, Niederschrift der Einvernahme, AS 87 und Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2024, S. 6: „R: Wo leben ihre Eltern? BF: In Syrien. R: Wo genau? Im Heimatdorf? BF: Ja, im Dorf.“ Weiters: Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2025: „R: Hat sich am Wohnort der Eltern in Syrien irgendetwas seit Nov. 24 geändert? BF: Nein. R: D.h. ihre Eltern und Geschwister leben noch immer in Gouvernement Aleppo, im Rif Manbij im Dorf Hamir Labidah? BF: Ja.“). Vor dem Hintergrund der eindeutigen Angaben des Beschwerdeführers zum Aufenthalt seiner Familienangehörigen bzw. seiner Kernfamilie in Syrien ist für das erkennende Gericht daher in keiner Weise nachvollziehbar, weshalb in der Stellungnahme nun – offenkundig aktenwidrig – behauptet wird, der Beschwerdeführer habe in Syrien „lediglich eine Tante“ und verfüge über keine sonstigen männlichen Verwandten in Syrien (vgl. Stellungnahme vom 08.04.2025, S. 4). Tatsächlich ist die Frage der familiären Verankerung der de-facto wichtigste Parameter bei der Beurteilung der Gefahr einer Zwangsrekrutierung Minderjähriger. Zur Rekrutierung von Minderjährigen kommt es fast immer nur Fällen in den eine intakte Familienstruktur bzw. eine männliche Beschützerperson fehlt; diese Minderjährigen sind in dieser Hinsicht besonders vulnerabel. Im gegenständlichen Fall kann davon keine Rede sein: Die gesamte Kernfamilie des Beschwerdeführers wohnt in seinem Heimatort in Syrien, ebenso leben seine (jüngeren) Brüder dort, die ganz offensichtlich bisher nicht von der SNA zwangsrekrutiert wurden. Sohin hat der Beschwerdeführer in diesem Familienverbund ebenso nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine (zwangsweise) Rekrutierung durch die SNA und/oder HTS zu befürchten.

Betreffend die sonstigen Ausführungen in der Stellungnahme (kurz dargestellt) über schwere Menschenrechtsverletzungen und Gefahren in Syrien bzw. in der Heimatregion des Beschwerdeführers ist (nochmals) hervorzuheben, dass auch die Familienangehörigen des Beschwerdeführers weiterhin (problemlos) im Heimatort des Beschwerdeführers leben sowie es den Familienangehörigen des Beschwerdeführers nach dessen Angaben auch gut gehe und sie auch keinerlei Probleme mit der SNA hätten (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2025, S. 6 f: „R: Wie ist die Situation derzeit für ihre Familie? BF: Gut. […] […] R: Wurden Ihre Familienangehörigen in irgendeine Art und Weise von der FSA belästigt? BF: Nein, meine Eltern sind ältere Personen und meine Geschwister sind noch sehr jung.“). Ungeachtet dessen wäre auch aus einer allgemein volatilen Sicherheitssituation bzw. diesbezüglichen allgemeinen Gefahren in einem bewaffneten Konflikt keine asylrelevante Verfolgung abzuleiten; diese Gefahren sind allesamt bereits durch die rk. Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten konsumiert.

Zu den kurdischen Streitkräften:

Soweit der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorbringt, die kurdischen Streitkräfte seien in der Nähe bzw. seien diese aus Syrien nicht verschwunden, ist auf die Kontrollverhältnisse im Heimatort des Beschwerdeführers zu verweisen, wonach die kurdischen Streitkräfte keine Kontrolle mehr über Hamir Labidah haben (siehe Karte zu Syrien). Vor diesem Hintergrund ist eine Verfolgung des Beschwerdeführers durch die kurdischen Streitkräfte nicht anzunehmen (vgl. Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2025, S. 6: „R: Sie haben vor dem Bundesamt und in der VH vom 12.11.2024 gesagt, sie befürchten eine Rekrutierung durch die Kurdenmilizen bzw. die syrische Armee. Die staatliche syrische Armee und der Wehrdienst existiert seit Dezember 2024 nicht mehr und die Kurden haben keine Kontrolle mehr über Manbij und deren um Umgebung. Was sagen Sie dazu? BF: Schon aber die Kurden sind immer noch in der Nähe, sie sind nicht aus Syrien verschwunden.“).

Abgesehen davon, dass die kurdischen Streitkräfte den Heimatort des Beschwerdeführers un das Gebiet bis zum Euphrat seit Dezember 2024 nicht mehr kontrollieren und sohin keine Verfolgungshandlung gegenüber dem Beschwerdeführer setzen könnten, ist – der Vollständigkeit halber – darauf hinzuweisen, dass eine Verweigerung des Dienstes bei den kurdischen Selbstverteidigungskräften nicht zur Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung seitens der Kurden führt. Den (aktualisierten) Länderberichten ist nach wie vor zu entnehmen, dass Wehrpflichtige, die versuchen dem kurdischen Militärdienst zu entgehen, laut dem Gesetz zur Selbstverteidigungspflicht durch die Verlängerung der „Wehrpflicht“ um einen Monat bestraft würden - zwei Quellen zufolge auch in Verbindung mit vorhergehender Haft „für eine Zeitspanne“. Dabei soll es sich oft um ein bis zwei Wochen handeln, um einen Einsatzort für den Betreffenden zu finden. Die ÖB Damaskus erwähnt auch Haftstrafen zusätzlich zur Verlängerung des Wehrdiensts. Hingegen dürften die Autonomiebehörden eine Verweigerung nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen.

Im Ergebnis war daher dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer etwaigen ihn treffenden Gefahr einer Verfolgung im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht zu folgen.

2.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen stützen sich auf die zitierten und referenzierten Quellen. Obwohl sich hinsichtlich der Lage in Syrien im Dezember 2024 die Ereignisse im Zuge des Sturzes des Assad-Regimes vorerst überschlagen haben, trat nach der Darstellung der UNHCR Quellen bereits mit Mitte Dezember nach dem Ende der Kampfhandlungen wieder zumindest grundlegend Ruhe und Ordnung in Syrien ein. Mittlerweile (März 2025) liegen ausreichend detaillierte Medien- und Länderberichte vor, die wieder ein klares Bild der Lage in Syrien, insb. in den nun von der HTS kontrollierten Gebieten gebe, „der Staub“ hat sich zwischenzeitig nach der Machtübernahme gelegt. Es besteht angesichts der Aktualität, Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf verschiedenen voneinander unabhängigen Quellen beruhen und nun wieder ein übereinstimmendes, in sich schlüssiges und nachvollziehbares Gesamtbild liefern, für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Insoweit UNHCR in ihrer Position vom Dezember 2024 unmittelbar nach dem Sturz des Assad-Regimes noch von der Notwendigkeit des Zuwartens mit Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz ausging, ist dies basierend auf den vorliegenden Berichtsquellen hinfällig. Mit dem Fall des Assad-Regimes und der Machtübernahme der HTS wurden jene Verfolgungsgefahren (und die damit korrespondierenden Risikoprofile), die vom Assad- Regime als staatlichem Verfolger ausgingen, irreversibel gegenstandslos. Eine Widererrichtung dieses Regimes ist schon angesichts der breitflächigen Beseitigung der Institutionen dieses Regimes, dem völligen Verlust dessen Rückhalts in der syrischen Bevölkerung und der überstürzten Flucht von Baschar al-Assads selbst samt seiner Familie nach Russland mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.

Der Machtwechsel sowie dessen festgestellte Begleitumstände um den 08.12.2024 können somit als notorisch betrachtet werden. Die Feststellung, dass sich unter der Führung des HTS Anführers und nunmehrigen Machthabers Syriens eine Übergangsregierung bildete, folgt aus zahlreichen übereinstimmenden Berichten unabhängiger Medien. Andererseits resultieren die festgestellten länderspezifischen Tatsachen im Zusammenhang mit den jüngsten politischen Umwälzungen aus dem Kurzbericht der Staatendokumentation vom 10.12.2024, welcher den Verlauf der zuletzt eingetretenen Ereignisse bis hin zur Machtergreifung durch die syrische Opposition abbildet. Der Bericht lässt keine Zweifel am Sturz des syrischen Regimes, der Außerdienststellung der Regierungssoldaten und damit auch dem Auslaufen des syrischen Wehrdienstes. Bedenken bestehen weiters nicht im Zusammenhang mit der Freilassung von Inhaftierten und dem festgestellten Umgang mit früheren Militärangehörigen. Insoweit finden die festgestellten Umstände auch vollumfängliche Deckung in der notorischen wie tagesaktuellen Medienberichterstattung. Dasselbe trifft auf die kolportierte Neuordnung des syrischen Staates samt in Aussicht genommener Wahlen zu. Dass abseits der kurdischen Selbstverwaltung derzeit keine Verpflichtung zur Wehrdienstableistung besteht, resultiert bereits aus der Länderberichtslage vor dem Machtwechsel im Jahr 2024. Für die aktuell vollzogene oder absehbar bevorstehende Einführung eines allgemeinen und wie auch immer geartetem zwangsbewehrten Grundwehrdienst fehlt es an jedweden Anhaltspunkten sowohl anhand verfügbarer Länderberichte als auch unter Berücksichtigung tagesaktueller Medienberichterstattung.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz für den Status des Asyl-berechtigten

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (im folgenden GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 14.07.2021, Ra 2021/14/0066, mwN).

Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als „Verfolgung“ im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art. 9 Abs. 1 der Statusrichtlinie). Ob dies der Fall ist, haben die Asylbehörde bzw. das BVwG im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen (vgl. VwGH 16.12.2021, Ra 2021/18/0387, mwN).

Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (vgl. VwGH 02.09.2019, Ro 2019/01/0009, mwN).

Schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht. Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist also, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen steht (vgl. VwGH 21.05.2021, Ro 2020/19/0001, mwN).

Die Beurteilung des rechtlichen Begriffs der Glaubhaftmachung ist auf der Grundlage positiv getroffener Feststellungen von Seiten des erkennenden VwG vorzunehmen, aber im Fall der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers können derartige positive Feststellungen vom VwG nicht getroffen werden (vgl. VwGH 13.01.2022, Ra 2021/14/0386, mwN).

Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn der Asylwerber daher im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. – des Verwaltungsgerichts) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 03.09.2021, Ra 2021/14/0108, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 10.04.2020, Ra 2019/19/0415, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch ausgesprochen, dass die Schutzfähigkeit und -willigkeit der staatlichen Behörden grundsätzlich daran zu messen ist, ob im Heimatland wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, vorhanden sind und ob die schutzsuchende Person Zugang zu diesem Schutz hat. Dabei muss auch bei Vorhandensein von Strafnormen und Strafverfolgungsbehörden im Einzelfall geprüft werden, ob die revisionswerbenden Parteien unter Berücksichtigung ihrer besonderen Umstände in der Lage sind, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (vgl. VwGH 14.04.2021, Ra 2020/18/0126, mwN).

3.1.2. Zum gegenständlichen Fall:

Zum ursprünglichen Fluchtgrund:

Vor dem Hintergrund der seit Dezember 2024 geänderten Situation in Syrien ist festzuhalten, dass diejenigen Umstände, die im Zusammenhang mit der früheren syrischen Zentralregierung des Assad-Regimes standen und in einer Vielzahl von Fällen männlicher syrischer Antragsteller zur Begründung von Asylanträgen geführt haben, nämlich ua. die behauptete Furcht vor Verfolgung durch das damalige Regime aus Folge der Militärdienstverweigerung oder Desertation aufgrund einer tatsächlichen oder bloß unterstellten oppositionellen Einstellung dem Assad-Regime gegenüber, weggefallen sind. Wie festgestellt bzw. allgemein bekannt, besteht die von Assad geführte Zentralregierung seit dem 08.12.2024 nicht mehr, wurde das Militär aufgelöst und spielen zur Zeit des Assad-Regimes bestehende Geheimdienststrukturen keine politische Rolle mehr.

Das Vorbringen bzw. die Rückkehrbefürchtung des Beschwerdeführers, das sich auf die Furcht vor einer Verfolgung durch das gestürzte syrische Regime aufgrund seiner Wehrdienstverweigerung bezieht, ist daher zum Entscheidungszeitpunkt nicht einmal denkmöglich geeignet, eine asylrelevante Furcht vor Verfolgung im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK glaubhaft zu machen. Die Soldaten der vormaligen syrischen Regierung wurden außer Dienst gestellt und politische Gefangene des Regimes aus berüchtigten Gefängnissen entlassen. Der frühere Machthaber befindet sich nicht länger auf syrischem Staatsgebiet und wurde die Neuordnung des syrischen Staates in Aussicht genommen. Durch die Kontrollerlangung oppositioneller Kräfte wurde der Untergang des syrischen Regimes besiegelt, sodass von letztgenanntem im hypothetischen Rückkehrfall keine asylrechtlich aufzugreifende Verfolgungsgefahr ausgehen kann und dahingehend fluchtbegründendes Vorbringen von vornherein nicht glaubhaft ist.

Zur derzeitigen Kontrolle bzw. HTS:

Wenn der Beschwerdeführer mit Blick auf die geänderte Lage in Syrien nunmehr angibt, sich auch vor den derzeitigen Machthabern – der als islamistisch geltenden HTS – zu fürchten, so war auch dieses Vorbringen nicht geeignet, eine asylrelevante Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

Gemäß Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95 (und der hierzu bestehenden Rechtsprechung) stellt eine Verletzung von Grundrechten nur dann eine Verfolgung im Sinne von Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention dar, wenn sie einen bestimmten Schweregrad erreicht (vgl. EuGH, Urteil vom 19.11.2020, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Militärdienst und Asyl], C‑238/19, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieser Schweregrad ist in jedem der in Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2011/95 genannten Fälle ähnlich. Was speziell Art. 9 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie betrifft, ist ein solcher Schweregrad insbesondere dann als erreicht anzusehen, wenn mehrere Verletzungen von Rechten in ihrer Gesamtheit, die nicht zwangsläufig Rechte darstellen, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK nicht abgewichen werden darf, die uneingeschränkte Wahrung der in Art. 1 der Charta verankerten Menschenwürde beeinträchtigen, die die Richtlinie 2011/95, wie sich aus ihrem 16. Erwägungsgrund ergibt, ausdrücklich gewährleisten soll (vgl. zum Ganzen EuGH, 04.10.2024, C‑608/22 und C‑609/22, Rn. 32 ff hinsichtlich der Gruppenverfolgung afghanischer Frauen durch kumulative Maßnahmen des islamistischen Regimes der Taliban).

Zwar werden der HTS unter Anknüpfung an die Phase vor 27.11.2024 im Westen Syriens Menschenrechtsverstöße vorgeworfen, doch weist der arabisch sunnitisch geprägte und politisch unauffällige Beschwerdeführer selbst im Lichte der insoweit gegebenen, auf die derzeitige Situation aber ohnedies nicht umzulegenden Berichtslage keinerlei exponierende, verfolgungsindizierende Merkmale oder Verhaltensweisen auf. Nach dem Sturz des syrischen Regimes im Dezember 2024 ergibt die verfügbare Berichtslage überdies moderate staatspolitische Zugänge der machtpolitisch dominierenden Akteure, nicht zuletzt die ausgerollten Amnestien für vormalige Mitglieder der syrischen Armee, Demonstrationen an denen Frauen und Männer in Damaskus friedlich und ungehindert teilnehmen können, oder die in Aussicht genommene Auflösung früherer Geheimdienste sprechen gegen die prognostische Annahme verdichteter, allgemein oder spezifisch gegen die Person des Beschwerdeführers ausschlagender Gefahrenpotenziale. Seit der endgültigen Machtübernahme durch die HTS-dominierte Opposition befinden sich Familienangehörige des Beschwerdeführers (wie z.B. Eltern und Geschwister) nach wie vor in Syrien. Konkrete Gefahrenlagen sind bis zuletzt nicht hervorgekommen und ist eine zwangsweise Einziehung zu einem Militärdienst der machthabenden Gruppierungen derzeit nicht zu befürchten. Dies wäre für sich betrachtet aber auch nicht ausreichend, einen Asylanspruch zu begründen. Die politischen Umwälzungen auf syrischem Territorium können zum Entscheidungszeitpunkt als gefestigt qualifiziert werden. Eine Vergleichbarkeit mit den zunächst unvorhersehbaren Veränderungen in Afghanistan im Jahr 2021 kann nicht angenommen werden (zur damaligen Situation etwa VfGH 19.09.2022, E 3015/2021). Dies belegen allein zahlreiche offizielle Besuche in Damaskus durch Vertreter der Europäischen Union oder die Lockerung der Sanktionen gegenüber Syriens seitens der USA.

Zusammenfassend sind in Bezug auf die derzeit die Kontrolle ausübenden Angehörigen der HTS nicht einmal im Ansatz Anhaltspunkte für Handlungen erkennbar, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung derart gravierend wären, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellten, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK nicht abgewichen werden dürfe, nämlich des Rechts auf Leben (Art. 2), des Rechts, nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3), der Sklaverei (Art. 4 Abs. 1) oder einer Verurteilung ohne Gesetz (Art. 7) unterworfen zu werden.

Hinzuweisen ist darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung nicht genügt, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten. Vielmehr muss die Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen (VwGH 11.9.2024, Ra 2024/01/0259, mwN).

Im gegenständlichen Fall liegen somit keine substantiellen stichhaltigen Gründe für das Vorliegen einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden individuellen Gefahr der Verfolgung nach § 3 Abs 1 AsylG iVm Art 1 Abschnitt A Z 2 der GFK vor.

Es sind somit die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt nicht gegeben.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

Zu B): Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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