JudikaturBVwG

W114 2281476-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
14. April 2025

Spruch

W114 2281476-1/29E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Arabische Republik Syrien, vertreten durch das Land Oberösterreich als Kinder- und Jugendhilfeträger, vertreten durch den Magistrat der Stadt Wels, dieser vertreten durch Caritas Oberösterreich Flüchtlingshilfe, Steingasse 25, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, Außenstelle Linz, vom 07.09.2023, Zl. 1317444005/222355228, nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am 18.01.2024 und am 03.04.2025 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX , geboren am XXXX , im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF, ein Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet in Österreich am 28.07.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In seiner Erstbefragung am 30.07.2023 gab er an, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Moslem zu sein. Er sei in Deir ez-Zor in Syrien geboren. Er habe sechs Jahre lang eine Grundschule besucht. Er sei ledig. Sein Vater sei bereits verstorben. Seine Mutter, ein Bruder und fünf Schwestern befänden sich in Syrien. Er habe vor ca. zwei Jahren beschlossen, Syrien zu verlassen. Befragt, warum er Syrien verlassen habe, führte er aus, dass in Syrien Unruhe herrsche und dass er mit 18 Jahren zum Militär müsse. Er wolle aber nicht kämpfen und auch nicht töten. Weitere Fluchtgründe habe er nicht. Er habe Angst um sein Leben und um seine Zukunft.

3. Am 12.03.2023 wurde mit Beschluss des Bezirksgerichtes Wels zu 2 Ps 19/23 f-2 dem Magistrat Wels die Obsorge über den minderjährigen BF übertragen.

4. Der Magistrat der Stadt Wels schloss seinerseits mit NOAH Sozialbetriebe GmbH, Bahnhofstraße 34, 4600 Wels am 27.03.2023 eine Vereinbarung über die Obsorge des Beschwerdeführers.

5. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 07.06.2023 wies er sich durch ein Foto eines Personenregisterauszuges, welches sich auf seinem Mobiltelefon befand, aus. Er berichtete, dass seine Mutter mit seinem jüngeren Bruder und sechs Schwestern in Ras al Ain wohnen würden und dort von der Hilfe der Menschen leben würden. Die Frage, ob seine Familie aktuell Probleme habe, verneinte er und wies darauf hin, dass er, als sein Vater und der Ehemann einer 19 Jahre alten Schwester ums Leben gekommen wären, verletzt worden sei. Befragt nach seiner Herkunft berichtete er, dass er aus Se´Alow stamme, dort bis zu seinem zehnten Lebensjahr gelebt hätte, danach für einen Tag nach „Mossul“, dann weiter nach Hadschin gezogen sei, wo er sechs Monate gelebt habe. Vor dort seien er mit seiner Mutter und seinen Geschwistern nach Al Busayrah weitergezogen, wo sie weitere neun Monate gelebt hätten. Von dort sei es in ein Flüchtlingslager bei Al Hassaka gegangen, wo sie zwei Monate geblieben wären. Anschließend wären sie nach Tabaqah im Gouvernement Raqqa, genauer nach Ath-Thaura gegangen, wo sie ein Jahr gelebt hätten. Von dort sei er ohne seine Familie über die Türkei bis nach Österreich gereist.

Er habe in Syrien keine Schule besucht und könne weder lesen, noch schreiben. Seine Mutter habe mit seinen Verwandten „alles“ organisiert und dann hätten sie gesagt, dass er nur ausreisen solle. Er berichtete vor dem BFA, dass die kurdische PKK nach „ihnen“ gesucht habe und sie habe zum Krieg mitnehmen wollen. Junge Männer wären für den Krieg mitgenommen worden. Das Alter sei ihnen egal gewesen. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte er Folgendes aus:

„Ab 17. Lebensjahr muss man für die Behörde Militär machen und in unserem Gebiet waren die Kurden (wörtlich PKK), die FSA, die Regierung und der IS. Der IS hat Bomben geworfen. Und die Kurden sagten, dass wir für sie einberufen werden sollen oder eingesperrt werden. Wir haben gesagt, dass wir noch jung sind, aber sie sagten, dass wir lernen würden. Ich will dort keine Waffen tragen. Nachdem ich gesehen habe, wie mein Vater verstorben ist, wollte ich sowieso für niemanden kämpfen. Auch die freie Armee nimmt die Leute mit. Und auch die Regierung. Meine Mutter hat denen gesagt, dass wir noch Kinder sind und in die Schule gehen sollten. Sie sagten aber, dass sie uns für den Krieg mitnehmen und trainieren würden. Dann hat meine Mutter gesagt, dass ich Syrien verlassen soll. Unsere Häuser wurden in meinem Heimatdorf durch die Regierung beschossen und zerstört. Ich bin dann hierher gekommen, um eine Zukunft zu haben und Schulen besuchen kann.“

Die Kurden hätten ihn in ein paar Mal einberufen wollen; er sei jedoch weggelaufen. Als er bei „den Türken“ gewesen sei, seien die Kurden bei seinem jüngeren Bruder gewesen und hätten sich nach seinem Verbleib erkundigt. Seine Familienmitglieder würden nicht bedroht werden. Sie lebten wegen des militärischen Beschusses und wegen des Erdbebens nur unter unsicheren Umständen.

6. Mit Bescheid des BFA vom 07.09.2023, Zl. 1317444005/222355228, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer jedoch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Arabische Republik Syrien zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde im Wesentlichsten zusammenfassend in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet sei. Es könne bei einer Rückkehr des BF nach Syrien keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Verfolgungsgefahr erkannt werden, von welcher der BF auch tatsächlich betroffen sei. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien drohe nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine reale Gefahr der Verfolgung bzw. Zwangsrekrutierung seitens der kurdischen Milizen bzw. der syrischen Armee.

Es würden aber – so in der angefochtenen Entscheidung des BFA – Gründe für die Annahme vorliegen, dass bei einer Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des BF aufgrund der derzeitigen Lage in Syrien eine nicht ausreichende Lebenssicherheit bestehe. Daher sei dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren.

Diese Entscheidung wurde dem BF am 14.09.2023 durch Übernahme durch einen Mitarbeiter der dazu berechtigten NOAH Sozialbetriebe GmbH zugestellt.

7. Gegen die abweisende Entscheidung hinsichtlich der Gewährung des Status eines Asylberechtigten, erhob der BF, vertreten durch NOAH Sozialbetriebe GmbH, mit Schriftsatz vom 11.10.2023 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

In der Beschwerde wurde auch der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gestellt.

8. Die gegenständliche Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens wurden dem BVwG am 17.11.2023, mit Schreiben des BFA vom 14.11.2023, zur Entscheidung vorgelegt.

9. Mit der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung am 30.11.2023 zur GZ W114 2281476-1/3Z, wurde eine umfangreiche Liste von aktuellen Dokumenten, die damit in das verfahrensgegenständliche Beschwerdeverfahren eingebracht wurden, zum Parteiengehör übermittelt. In der Ladung wurde auch darauf hingewiesen, dass erforderlichenfalls diese Dokumente auch beim BVwG bezogen werden könnten. Das BFA und der vertretene BF verzichteten auf eine Zurverfügungstellung von einzelnen Dokumenten.

10. Weder das BFA noch der BF oder seine Rechtsvertretung haben vor der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.01.2024 zum vom BVwG ins Beschwerdeverfahren eingebrachten Länderinformationsmaterial eine Stellungnahme abgegeben.

11. Am 18.01.2024 fand in Abwesenheit eines Vertreters des BFA im BVwG eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, bei der der Beschwerdeführer hinsichtlich der Plausibilität und Nachvollziehbarkeit seiner von ihm behaupteten Verfolgung durch das syrische Assad-Regime wegen eines ihm in zukunft drohenden Militärdienstes bzw. durch kurdische Milizen in Erfüllung der in Nordostsyrien geltenden kurdischen Selbstverteidigungspflicht bei einer Rückkehr nach Syrien befragt wurde.

12. Mit Erkenntnis des BVwG vom 01.02.2024, GZ W114 2281476-1/9E, wurde die Beschwerde des BF vom 11.10.2023, gegen den Bescheid des BFA vom 07.09.2023, Zl. 1317444005/222355228, abgewiesen.

Dabei ging das BVwG davon aus, dass der syrische Herkunftort des BF der damals und auch aktuell unter kurdischer Kontrolle stehende Ort Al Tabaqah, an dem er sich zuletzt ca. ein Jahr aufgehalten habe, sei.

Unter Bezugnahme auf Al Tabaqah als syrischer Herkunftsort des BF führte das BVwG aus, dass der BF bei einer Rückkehr dort hin nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gefährdet wäre in Zusammenhang mit einem in der GFK genannten Konventionsgrund verfolgt zu werden und kam daher zum Ergebnis, dass das Beschwerdevorbringen des BF abzuweisen sei.

13. Gegen diese Entscheidung erhob der BF, vertreten durch XXXX außerordentliche Revision. Unter anderem wurde in diesem Rechtsmittel bemängelt, dass der BF nicht aus Al Tabaqah stamme und damit auch dieser Ort hinsichtlich einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr bei einer Rückkehr nach Syrien herangezogen werden könnte.

14. Mit Erkenntnis des VwGH vom 24.01.2025, Ra 2024/14/0145-13, hob der VwGH die Entscheidung des BVwG vom 01.02.2024, GZ W114 2281476-1/9E auf.

Begründet wurde dieses Erkenntnis damit, dass zur Bestimmung der Heimatregion der Frage maßgebende Bedeutung zukomme, wie stark die Bindungen des Asylwerbers an ein bestimmtes Gebiet seien. Das BVwG habe in der angefochtenen Entscheidung dazu nur unzureichend Feststellungen getroffen und bei der Bestimmung des Herkunftsgebietes nur auf eine ca. einjährige Dauer des Aufenthaltes des Asylwerbers abgestellt. Das BVwG habe die Bindung des minderjährigen BF zu seinem Geburtsort nicht hinreichend geprüft.

15. Nachdem sich zwischenzeitig die Lage in Syrien aufgrund des Sturzes des syrischen Assad-Regimes maßgeblich geändert hat, wurde in der gegenständlichen Angelegenheit am 03.04.2025 eine weitere mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt und dem BF bzw. seiner Vertretung neuerlich Gelegenheit gegeben eine asylrelevante Verfolgungsgefahr geltend zu machen. Caritas Oberösterreich Flüchtlingshilfe, Steingasse 25, 4020 Linz, legte vor der mündlichen Beschwerdeverhandlung eine entsprechende Vertretungsvollmacht vor.

Mit dem BF wurde in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 03.04.2025 sein syrischer Herkunftsort besprochen und diesbezüglich festgestellt, dass er immer noch eine große Bindung zu seinem syrischen Herkunftsgebiet Se´alow habe.

Befragt, von wem er bei einer Rückkehr in sein syrisches Herkunftsgebiet Se´alow verfolgt werden würde, gab er an, dass er Angst vor einer Zwangsrekrutierung durch die Kurden habe. Sonst würde er von niemandem verfolgt werden.

Seine Rechtsvertretung thematisierte eine allfällige Verfolgung durch HTS und verwies dabei, ohne eine derartige Verfolgung nachvollziehbar darzulegen, auf die „aktuelle Situation“ und eine damit einhergehende politische Gesinnung des BF. Der Beschwerdeführer wurde darauf hin vom BVwG nach der HTS befragt und gab an, dass er nur wisse, dass HTS eine bewaffnete Gruppierung sei, die Damaskus eingenommen habe. Sonst wisse er über HTS nichts. Er kenne HTS nicht.

II. Daraus ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des verfahrensgegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz des BF vom 28.07.2023, der diesbezüglichen Erstbefragung am 30.07.2023 und der Einvernahme des BF vor dem BFA am 07.06.2023, der vom BF im Asylverfahren vorgelegten Fotos von syrischen Dokumenten zu seiner Identität, des angefochtenen Bescheides des BFA vom 07.09.2023, Zl. 13617444005/222355228, der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom 11.10.2023, der Einsichtnahme in die Bezug habenden Verfahrensunterlagen des BFA, einer besonderen Berücksichtigung folgender Dokumente, Berichte und Anfragenbeantwortungen:

UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der arabischen Republik Syrien fliehen vom März 2021;

EUAA – Leitfaden Syrien – Februar 2023;

derzeit aktuellstes Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.03.2024 (aus dem COI-CMS – Version 11) (LIB);

aktuellster EUAA-Bericht „Country Guidance: Syria - Common analysis and guidance note“ vom April 2025

ACCORD-Anfragebeantwortung zu Syrien: Änderungen des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht in der Demokratischen Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) aufgrund der Kämpfe zwischen den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) und der Syrischen Nationalarmee (SNA); Änderung der Strafen; Durchsetzung des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht im kurdisch kontrollierten Teil von Deir-ez Zor, auch gegenüber Arabern; Intensivierung von Rekrutierungs-bemühungen; Mobilisierung von Selbstverteidigungs-Einheiten und Heranziehen von Wehrpflichtigen zu Kampfeinsätzen; Aktueller Meinungsstand zur Verweigerung der Selbstverteidigungspflicht durch Araber [a-12555-2] vom 24.02.2025

und einer Einsichtnahme in das Strafregister des Beschwerdeführers, das Register zur Grundversorgung und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der am 18.01.2024 und am 03.04.2025 im BVwG durchgeführten Beschwerdeverhandlungen bzw. des persönlichen Eindruckes, den sich das erkennende Gericht in diesen mündlichen Verhandlungen vom Beschwerdeführer verschaffen konnte, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in Syrien im Gouvernement Deir ez-Zor im Gebiet Se´alow geboren. Er ist syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Arabisch. Er ist ledig und kinderlos, bzw. derzeit mit gerade einmal 17 Jahren auch selbst noch minderjährig. Sein Vater ist bereits verstorben. Seine Mutter und ein jüngerer Bruder, sowie fünf Schwestern befinden sich aktuell in der syrischen Stadt Ar Raqqa.

Der Beschwerdeführer hat sich zuletzt, bevor er aus Syrien ausgereist ist, in Syrien an verschiedenen Ort aufgehalten, die – so die Angaben des BF – jedoch nie sein Zuhause waren. Sein syrisches Herkunftsgebiet ist Se´alow.

Se´alow ist ein ca. 40 km südlich der Gouvernementshauptstadt Deir ez-Zor gelegenes Gebiet, das sich westlich des Flusses Euphrat befindet. Auf der gegenüberliegenden Seite des Euphrat befindet sich die syrische Stadt Al Busayrah.

Se´alow wurde bis zum Sturz des syrischen Assad-Regimes am 08.12.2024 vom syrischen Assad-Regime kontrolliert. Seit 08.12.2024 und auch aktuell wird Se´alow von der syrischen Übergangsregierung unter Federführung der HTS kontrolliert. Kurdische Milizen bzw. die kurdische SDF übte bzw. übt über Se´alow keine Kontrolle aus. Kurdische Milizen verpflichten insbesondere auch keine in Se´alow aufhältigen jungen Männer die kurdische Selbstverteidigungspflicht auszuüben.

Der Beschwerdeführer hatte in Syrien bis zu seiner Ausreise aus Syrien weder Probleme mit dem syrischen Assad-Regime noch mit kurdischen Milizen oder der kurdischen SDF. Er verließ Syrien im Jahr 2022 als gerade mündig Minderjähriger und reiste schlepperunterstützt über die Türkei und auf der sogenannten Balkanroute bis in das österreichische Staatsgebiet. Er stellte nach seinem Grenzübertritt in Eisenstadt nahe der ungarisch-österreichischen Grenze am 28.07.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer ist gesund, arbeitsfähig, besucht derzeit weder eine Schule, noch absolviert er eine Lehre und verfügt über den ihm vom BFA mit Bescheid vom 07.09.2023, Zl. 1317444005/222355228, gewährten Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die arabische Republik Syrien. Sein Strafregisterauszug weist aktuell keinen Eintrag auf.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1. Zur in der Beschwerde behaupteten Verfolgungsgefahr infolge einer dem BF drohenden Verfolgung durch das syrische Assad-Regime infolge einer drohenden Zwangsrekrutierung zum syrischen Assad-Militär:

Der mittlerweile 17jährige Beschwerdeführer hat in Syrien keinen Militärdienst absolviert.

In seinem syrischen Herkunftsgebiet, das von der syrischen Übergangsregierung unter Federführung der HTS kontrolliert wird, existiert kein verpflichtender Wehrdienst. Eine Verfolgung durch das ehemalige syrische Assad-Regime, das nicht mehr besteht und auch im Rahmen einer anzustellenden Prognoseentscheidung nicht wieder an die Macht kommen wird, kann ausgeschlossen werden.

Auch eine Zwangsrekrutierung durch kurdische Milizen oder die kurdische SDF wird ausgeschlossen, zumal sich das syrische Herkunftsgebiet Se´alow nicht unter kurdischer Kontrolle befindet. Zudem haben die Kurden mit der syrischen Übergangsregierung auch eine Übereinkunft geschlossen, wonach alle kurdischen militärischen Einheiten dem syrischen Staat unterstellt werden und demnach auch zu erwarten ist, dass die kurdische Selbstverteidigungspflicht ebenfalls reformiert, allenfalls sogar abgeschafft werden wird.

1.2.2. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der BF bei einer Rückkehr in sein syrisches Herkunftsgebiet von HTS wegen „seiner“ politischen Gesinnung oder wegen einer ihm unterstellten politischen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit verfolgt werden würde.

1.2.3. Dem BF droht in seinem syrischen Herkunftsgebiet, welches er mittlerweile sowohl auf dem Land-, als auch dem Luftweg aus Österreich weitgehend und sicher erreichen kann, nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung auf Grund seiner ethnischen Zugehörigkeit oder seiner religiösen Überzeugung, wegen seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung.

1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 27.03.2024, überarbeitet aufgrund des Sturzes des Assad-Regimes am 08.12.2024:

„Im Jahr 2015 verlor die syrische Assad-Regierung die Kontrolle über Idlib und diverse rivalisierende oppositionelle Gruppierungen übernahmen die Macht, wobei die Freie Syrische Armee (FSA) manche Teile der Provinz schon 2012 erobert hatte. Während die syrische Regierung die gesamte Provinz zurückerobern wollte, versuchte Ankara zu verhindern, dass Idlib an Damaskus fällt, und daraufhin noch mehr Syrer in die Türkei flüchteten. Die Türkei hat HTS als terroristische Organisation eingestuft, doch hat sie die Rebellengruppe nicht aktiv daran gehindert, die Verwaltungsmacht in Idlib zu übernehmen. Im Mai 2017 einigten sich Russland, Iran und die Türkei im Rahmen der Astana-Verhandlungen auf die Errichtung vier sogenannter Deeskalationszonen (DEZ) in Syrien, wobei Idlib Teil einer DEZ wurde, die sich von den nordöstlichen Bergen Lattakias bis zu den nordwestlichen Vororten von Aleppo erstreckte und sowohl durch Hama als auch durch Idlib verlief. Gemeint waren damit kampffreie Räume, in denen Zivilisten vor Angriffen geschützt sein sollten. Gemäß der Übereinkunft von Astana rückte die türkische Armee im Oktober 2017 in die DEZ Idlib ein und errichtete Beobachtungsposten zur Überwachung der Waffenruhe. Ankara hatte sich in Astana verpflichtet, die Rebellen zu entwaffnen und den freien Verkehr auf den Fernstraßen M4 und M5 zu gewährleisten. Im Gegenzug hatten Moskau und Damaskus zugesichert, die Provinz nicht anzugreifen. Zusagen, die letztlich keine Seite einhielt. Die syrische Regierung führte im Zeitraum 2018-2020 Offensiven in Idlib durch, die zur Flucht von rund einer Million Menschen führten.

Das syrische Assad-Regime hatte den Wunsch geäußert, die Provinz zurückzuerobern, doch seit einer Offensive im März 2020, die mit einer für die syrische Regierung katastrophalen Niederlage gegen die Türkei endete, hatte das Gebiet den Besitzer nicht mehr gewechselt.

Im März 2020 vermittelten Russland und die Türkei einen Waffenstillstand, um einen Vorstoß der Assad-Regierung zur Rückeroberung von Idlib zu stoppen. Die vereinbarte Waffenruhe in der DEZ Idlib wurde weitestgehend eingehalten, sie führte zu einer längeren Pause in der Gewalt, aber sporadische Zusammenstöße, Luftangriffe und Beschuss gingen weiter. Durch den türkisch-russischen Waffenstillstand kam es an der Frontlinie zwischen den Assad-Regime-Truppen und HTS zu einem kleinen Rückgang der Gewalt. 2022 änderte sich die Intensität und Art der Vorfälle allerdings. Einerseits erhöhte HTS die Anzahl ihrer direkten Angriffe auf die syrische Regierung und andererseits kam es zu einem Anstieg an direkten bewaffneten Zusammenstößen, wobei Beschuss noch immer die häufigste Kampfart blieb.

Insbesondere im Süden der DEZ kam es unverändert regelmäßig zu Kampfhandlungen zwischen Einheiten des Assad-Regimes und seiner Verbündeten und regimefeindlichen bewaffneten Oppositionsgruppen, inklusive schwerer Artillerieangriffe durch das syrische Assad-Regime und Luftschläge der russischen Luftwaffe. In der Region ist es beispielsweise im November und Dezember 2022 sowie Juni 2023 zu einer spürbaren Eskalation der Militäroperationen durch russische und regimetreue Kräfte und den ihnen nahestehenden Milizen gekommen, einschließlich des täglichen Bombardements mit Dutzenden von Raketen und Artilleriegranaten und russischen Luftangriffen, die alle zu erheblichen menschlichen Verlusten und Sachschäden geführt haben. Die syrischen Weißhelme meldeten Ende 2022, dass sie im Laufe des Jahres auf mehr als 800 Angriffe des Assad-Regimes, russischer Streitkräfte und verbündeter Milizen im Nordwesten Syriens reagiert haben. Dabei wurden 165 Personen, darunter 55 Kinder und 14 Frauen, bei Luftangriffen sowie Artillerie- und Raketenangriffen auf mehr als 200 öffentliche Einrichtungen, darunter Wohnhäuser, landwirtschaftliche Felder, öffentliche Gebäude, Märkte, Schulen und ein Krankenhaus, getötet. Die HTS-Kämpfer griffen die Assad-Regierungskräfte dagegen vor allem mit Flugabwehrgeschossen an und waren hauptsächlich mit Maschinengewehren und Panzerfäusten ausgerüstet. Die Miliz hat jedoch auch improvisierte Sprengsätze gegen Assads Streitkräfte gelegt und Selbstmordattentäter eingesetzt.

[…]

Im Februar 2023 wurde die Region von verheerenden Erdbeben heimgesucht, bei denen Tausende von Menschen ums Leben kamen. Daraufhin wurde in Nordsyrien ein signifikanter, wenn auch zeitlich begrenzter, Rückgang der Kampfhandlungen verzeichnet.

Der gegenseitige Beschuss und begrenzte Zusammenstöße zwischen nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, der syrischen Assad-Regierung und regierungsnahen Kräften über die Front hinweg im Nordwesten der Arabischen Republik Syrien hielten jedoch an, wobei es in einigen Fällen zu Opfern unter der Zivilbevölkerung kam. Auch im Juni 2023 wurde ein Wiederaufflammen der Kampfhandlungen zwischen Regierungskräften und Rebellengruppen in den Provinzen Aleppo und Idlib vermeldet.

[…]

In Gebieten unter Kontrolle der sogenannten „Selbstverwaltung Nord- und Ostsyrien“ übernimmt diese quasi-staatliche Aufgaben wie Verwaltung und Personenstandswesen (AA 02.02.2024). Es wurde eine von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) geführte Verwaltung geschaffen, die neben diesen Rechtsinstitutionen auch eine eigene Polizei, Gefängnisse und Ministerien umfasst (AI 12.07.2017). Das Justizsystem in den kurdisch kontrollierten Gebieten besteht aus Gerichten, Rechtskomitees und Ermittlungsbehörden (USDOS 20.03.2023). Juristen, welche unter diesem Justizsystem agieren, werden von der syrischen Regierung beschuldigt, eine illegale Justiz geschaffen zu haben. Richter und Justizmitarbeiter sehen sich mit Haftbefehlen der syrischen Regierung konfrontiert, verfügen über keine Pässe und sind häufig Morddrohungen ausgesetzt (JS 28.10.2019).

In den Gebieten unter der Kontrolle der Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (engl. Abk.: AANES) - auch kurd. „Rojava“ genannt, setzten die Behörden einen Rechtskodex basierend auf einem „Gesellschaftsvertrag“ („social contract“) durch. Dieser besteht aus einer Mischung aus syrischem Straf- und Zivilrecht und Gesetzen, die sich in Bezug auf Scheidung, Eheschließung, Waffenbesitz und Steuerhinterziehung an EU-Recht orientieren. Allerdings fehlen gewisse europäische Standards für faire Verfahren, wie das Verbot willkürlicher Festnahmen, das Recht auf gerichtliche Überprüfung und das Recht auf einen Anwalt (USDOS 20.03.2023). Zudem mangelt es an der Durchsetzung der Rechte für einen fairen Prozess (NMFA 06.2021).

Leute, die im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren gesucht werden, erhalten keine Vorladung, sondern werden einfach verhaftet. In Pressekonferenzen der Asayish werden nur Verhaftungen von Verdächtigen in Strafverfahren vermeldet - nicht die Verhaftungen von Personen, welche wegen ihrer Meinungsäußerungen festgenommen oder die entführt wurden (NMFA 06.2021). Die SDF (Syrian Democratic Forces) führen willkürliche Verhaftungen von ZivilistInnen, einschließlich JournalistInnen durch (HRW 11.01.2024).

Verfahren gegen politische Gefangene werden in der Regel vor Strafgerichten oder vor einem Gericht für Terrorismusbekämpfung verhandelt. In Strafgerichten können Inhaftierte einen Anwalt beauftragen, in Gerichten für Terrorismusbekämpfung geht dies laut International Center for Transitional Justice (ICTJ) nicht und auch eine Berufung ist nicht möglich. Die meisten Inhaftierten werden nicht vor Gericht gestellt, sondern entweder freigelassen - oft unter Bedingungen, die mit Stammesführern ausgehandelt wurden - oder die Betroffenen verschwinden unter Gewaltanwendung (NMFA 06.2021).

Im März 2021 einigten sich Repräsentanten von kurdischen, jesidischen, arabischen und assyrischen Stämmen im Nordosten Syriens auf die Einrichtung eines Stammesgerichtssystems, bekannt als „Madbata“, für die Klärung von intertribalen Streitigkeiten, Raubüberfällen, Rache und Plünderungen in der Jazira-Region in der Provinz Hasaka. Es besteht aus einer Reihe von Gesetzen und Bräuchen, die als Verfassung dienen, welche die Stammesbeziehungen regeln und die Anwendung dieser Gesetze überwachen, auf die sich eine Gruppe von Stammesältesten geeinigt hat. Aufgrund von schlechten Sicherheitsbedingungen und dem Fehlen einer effektiven und unparteiischen Justiz wurde wieder auf dieses traditionelle Rechtssystem zurückgegriffen (AM 04.04.2021).

[…]

Wehrpflichtgesetz der "Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien":

Auch aus den nicht vom Regime kontrollierten Gebieten Syriens gibt es Berichte über Zwangsrekrutierungen. Im Nordosten des Landes hat die von der kurdischen Partei PYD [Partiya Yekîtiya Demokrat, Partei der Demokratischen Union] dominierte "Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien" [Autonomous Administration of North and East Syria, AANES] 2014 ein Wehrpflichtgesetz verabschiedet, welches vorsah, dass jede Familie einen "Freiwilligen" im Alter zwischen 18 und 40 Jahren stellen muss, der für den Zeitraum von sechs Monaten bis zu einem Jahr in den YPG [Yekîneyên Parastina Gel, Volksverteidigungseinheiten] dient (AA 02.02.2024). Im Juni 2019 ratifizierte die AANES ein Gesetz zur "Selbstverteidigungspflicht", das den verpflichtenden Militärdienst regelt, den Männer über 18 Jahren im Gebiet der AANES ableisten müssen (EB 15.08.2022; vgl. DIS 06.2022). Am 04.09.2021 wurde das Dekret Nr. 3 erlassen, welches die Selbstverteidigungspflicht auf Männer beschränkt, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Gleichzeitig wurden die Jahrgänge 1990 bis 1997 von der Selbstverteidigungspflicht befreit (ANHA, 04.09.2021). Der Altersrahmen für den Einzug zum Wehrdienst ist nun in allen betreffenden Gebieten derselbe, während er zuvor je nach Gebiet variierte. So kam es in der Vergangenheit zu Verwirrung, wer wehrpflichtig war (DIS 06.2022). Mit Stand September 2023 war das Dekret noch immer in Kraft (ACCORD 07.09.2023).

Die Wehrpflicht gilt in allen Gebieten unter der Kontrolle der AANES, auch wenn es Gebiete gibt, in denen die Wehrpflicht nach Protesten zeitweise ausgesetzt wurde. Es ist unklar, ob die Wehrpflicht auch für Personen aus Afrin gilt, das sich nicht mehr unter der Kontrolle der "Selbstverwaltung" befindet. Vom Danish Immigration Service (DIS) befragte Quellen machten hierzu unterschiedliche Angaben. Die Wehrpflicht gilt nicht für Personen, die in anderen Gebieten als den AANES wohnen oder aus diesen stammen. Sollten diese Personen jedoch seit mehr als fünf Jahren in den AANES wohnen, würde das Gesetz auch für sie gelten. Wenn jemand in seinem Ausweis als aus Hasakah stammend eingetragen ist, aber sein ganzes Leben lang z.B. in Damaskus gelebt hat, würde er von der "Selbsverwaltung" als aus den AANES stammend betrachtet werden und er müsste die "Selbstverteidigungspflicht" erfüllen. Alle ethnischen Gruppen und auch staatenlose Kurden (Ajanib und Maktoumin) sind zum Wehrdienst verpflichtet. Araber wurden ursprünglich nicht zur "Selbstverteidigungspflicht" eingezogen, dies hat sich allerdings seit 2020 nach und nach geändert (DIS 06.2022; vgl. NMFA 08.2023).

Ursprünglich betrug die Länge des Wehrdiensts sechs Monate, sie wurde aber im Jänner 2016 auf neun Monate verlängert (DIS 06.2022). Artikel zwei des Gesetzes über die "Selbstverteidigungspflicht" vom Juni 2019 sieht eine Dauer von zwölf Monaten vor (RIC 10.06.2020). Aktuell beträgt die Dauer ein Jahr und im Allgemeinen werden die Männer nach einem Jahr aus dem Dienst entlassen. In Situationen höherer Gewalt kann die Dauer des Wehrdiensts verlängert werden, was je nach Gebiet entschieden wird. Beispielsweise wurde der Wehrdienst 2018 aufgrund der Lage in Baghouz um einen Monat verlängert. In Afrin wurde der Wehrdienst zu drei Gelegenheiten in den Jahren 2016 und 2017 um je zwei Monate ausgeweitet. Die Vertretung der "Selbstverwaltung" gab ebenfalls an, dass der Wehrdienst in manchen Fällen um einige Monate verlängert wurde. Wehrdienstverweigerer können zudem mit der Ableistung eines zusätzlichen Wehrdienstmonats bestraft werden (DIS 06.2022).

Nach dem abgeleisteten Wehrdienst gehören die Absolventen zur Reserve und können im Fall "höherer Gewalt" einberufen werden. Diese Entscheidung trifft der Militärrat des jeweiligen Gebiets. Derartige Einberufungen waren den vom DIS befragten Quellen nicht bekannt (DIS 06.2022).

Einsatzgebiet von Wehrpflichtigen:

Die Selbstverteidigungseinheiten [Hêzên Xweparastinê, HXP] sind eine von den SDF separate Streitkraft, die vom Demokratischen Rat Syriens (Syrian Democratic Council, SDC) verwaltet wird und über eigene Militärkommandanten verfügt. Die SDF weisen den HXP allerdings Aufgaben zu und bestimmen, wo diese eingesetzt werden sollen. Die HXP gelten als Hilfseinheit der SDF. In den HXP dienen Wehrpflichtige wie auch Freiwillige, wobei die Wehrpflichtigen ein symbolisches Gehalt erhalten. Die Rekrutierung von Männern und Frauen in die SDF erfolgt dagegen freiwillig (DIS 06.2022).

Die Einsätze der Rekruten im Rahmen der "Selbsverteidigungspflicht" erfolgen normalerweise in Bereichen wie Nachschub oder Objektschutz (z.B. Bewachung von Gefängnissen wie auch jenes in al-Hasakah, wo es im Jänner 2022 zu dem Befreiungsversuch des sogenannten Islamischen Staats (IS) mit Kampfhandlungen kam). Eine Versetzung an die Front erfolgt fallweise auf eigenen Wunsch, ansonsten werden die Rekruten bei Konfliktbedarf an die Front verlegt, wie z. B. bei den Kämpfen gegen den IS 2016 und 2017 in Raqqa (DIS 06.2022).

Rekrutierungspraxis:

Die Aufrufe für die "Selbstverteidigungspflicht" erfolgen jährlich durch die Medien, wo verkündet wird, welche Altersgruppe von Männern eingezogen wird. Es gibt keine individuellen Verständigungen an die Wehrpflichtigen an ihrem Wohnsitz. Die Wehrpflichtigen erhalten dann beim "Büro für Selbstverteidigungspflicht" ein Buch, in welchem ihr Status bezüglich Ableistung des Wehrdiensts dokumentiert wird - z. B. die erfolgte Ableistung oder Ausnahme von der Ableistung. Es ist das einzige Dokument, das im Zusammenhang mit der Selbstverteidigungspflicht ausgestellt wird (DIS 06.2022). Das Wehrpflichtgesetz von 2014 wird laut verschiedenen Menschenrechtsorganisationen mit Gewalt durchgesetzt. Berichten zufolge kommt es auch zu Zwangsrekrutierungen von Jungen und Mädchen (AA 02.02.2024).

Wehrdienstverweigerung und Desertion:

Es kommt zu Überprüfungen von möglichen Wehrpflichtigen an Checkpoints und auch zu Ausforschungen (ÖB Damaskus 12.2022). Die Selbstverwaltung informiert einen sich dem Wehrdienst Entziehenden zweimal bezüglich der Einberufungspflicht durch ein Schreiben an seinen Wohnsitz, und wenn er sich nicht zur Ableistung einfindet, sucht ihn die "Militärpolizei" unter seiner Adresse. Die meisten sich der "Wehrpflicht" entziehenden Männer werden jedoch an Checkpoints ausfindig gemacht (DIS 06.2022).

Die Sanktionen für die Wehrdienstverweigerung ähneln denen im von der Regierung kontrollierten Teil (ÖB Damaskus 12.2022). Laut verschiedener Menschenrechtsorganisationen wird das "Selbstverteidigungspflichtgesetz" auch mit Gewalt durchgesetzt (AA 02.02.2024), während der DIS nur davon berichtet, dass Wehrpflichtige, welche versuchen, dem Militärdienst zu entgehen, laut Gesetz durch die Verlängerung der "Wehrpflicht" um einen Monat bestraft würden - zwei Quellen zufolge auch in Verbindung mit vorhergehender Haft "für eine Zeitspanne". Dabei soll es sich oft um ein bis zwei Wochen handeln, um einen Einsatzort für die Betreffenden zu finden (DIS 06.2022). Ähnliches berichteten ein von ACCORD befragter Experte, demzufolge alle Wehrdienstverweigerer nach dem Gesetz der Selbstverteidigungspflicht gleich behandelt würden. Die kurdischen Sicherheitsbehörden namens Assayish würden den Wohnort der für die Wehrpflicht gesuchten Personen durchsuchen, an Checkpoints Rekrutierungslisten überprüfen und die Gesuchten verhaften. Nach dem Gesetz werde jede Person, die dem Dienst fernbleibe, verhaftet und mit einer Verlängerung des Dienstes um einen Monat bestraft (ACCORD 06.09.2023). Die ÖB Damaskus erwähnt auch Haftstrafen zusätzlich zur [Anm.: nicht näher spezifizierten] Verlängerung des Wehrdiensts. Hingegen dürften die Autonomiebehörden eine Verweigerung nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen (ÖB Damaskus 12.2022). Einem von ACCORD befragten Syrienexperten zufolge hängen die Konsequenzen für die Wehrdienstverweigerung vom Profil des Wehrpflichtigen ab sowie von der Region, aus der er stammt. In al-Hasakah beispielsweise könnten Personen im wehrpflichtigen Alter zwangsrekrutiert und zum Dienst gezwungen werden. Insbesondere bei der Handhabung des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht gegenüber Arabern in der AANES gehen die Meinungen der Experten auseinander. Grundsätzlich gilt die Pflicht für Araber gleichermaßen, aber einem Experten zufolge könne die Behandlung je nach Region und Zugriffsmöglichkeit der SDF variieren und wäre aufgrund der starken Stammespositionen oft weniger harsch als gegenüber Kurden. Ein anderer Experte wiederum berichtet von Beleidigungen und Gewalt gegenüber arabischen Wehrdienstverweigerern (ACCORD 06.09.2023).

Bei Deserteuren hängen die Konsequenzen abseits von einer Zurücksendung zur Einheit und einer eventuellen Haft von ein bis zwei Monaten von den näheren Umständen und eventuellem Schaden ab. Dann könnte es zu einem Prozess vor einem Kriegsgericht kommen (DIS 06.2022).

Eine Möglichkeit zur Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen besteht nicht (DIS 06.2022; vgl. EB 12.07.2019).

[…]

1.3.2. Auszug aus der Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024:

„Am frühen Morgen des 08.12.2024 verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 08.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 09.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 08.12.2024). Das Armeekommando hat die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 08.12.2024).

Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 08.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde in Russland Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 09.12.2024).

Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 06.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zor im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 07.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 07.12.2024).“

1.3.3. Die folgende Karte zeigt die Gebietskontrolle der Akteure mit Stand zum 14.04.2025:

C:\Users\ditzb\Desktop\Anmerkung 2025-04-14 112941.png

(vgl. https://syria.liveuamap.com/, Zugriff am 14.04.2025 sowie Einschau am 14.04.2025)

[…]

In der folgenden Karte wird das Herkunftsgebiet des BF, Se´alow, hervorgehoben:

In der folgenden Karte werden die am 14.04.2025 herrschenden Macht- bzw. Kontrollverhältnisse im Herkunftsgebiet des BF dargestellt. Dabei ergibt sich, dass das östliche Flussufer des Euphrat von kurdischen Milizen kontrolliert wird, während das westliche Flussufer des Euphrat, in welchem sich auch das Herkunftsgebiet des BF, Se´alow, befindet, sich unter der Kontrolle der syrischen Übergangsregierung unter Federführung der HTS befindet:

(vgl. https://syria.liveuamap.com/, Zugriff am 14.04.2025 sowie Einschau am 14.04.2025)

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt der dem BVwG vom BFA vorgelegten Unterlagen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Unstrittig sind die vom Beschwerdeführer gemachten Angaben, dass er syrischer Staatsbürger ist, dass er am XXXX in Se´Alow im Gouvernement Deir ez-Zor geboren wurde, und damit aktuell mit gerade einmal 17 Jahren minderjärig ist, dass er der Volksgruppe der Araber angehört, Sunnit ist, ledig und kinderlos ist. Aufgrund gleichbleibender Angaben im Asyl- als auch im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG werden dem BF diese Angaben geglaubt. Dass er Arabisch spricht, hat er in der Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG am 18.01.2024 nachgewiesen. Dem Beschwerdeführer wird auch geglaubt, dass sein Vater im Zuge einer militärischen Auseinandersetzung im syrischen Bürgerkrieg bei einem Angriff auf Se´Alow getötet wurde, bzw. der BF selbst dabei verletzt wurde, zumal der BF selbst auch bereitwilligst seine Verletzung an einem Arm zeigen wollte, wovon das erkennende Gericht jedoch Abstand genommen hat. Obwohl der BF bei seiner Einvernahme vor dem BFA ausgeführt hat, dass er sechs Schwestern und einen jüngeren Bruder hat, wird seiner Aussage vor dem BVwG bzw. in seiner Erstbefragung geglaubt, wonach er fünf Schwestern und einen Bruder habe, die sich in Syrien aufhalten. Dass er diesbezüglich unterschiedliche Angaben gemacht hat, ist unter Berücksichtigung des Kindeswohls und den Umstand berücksichtigend, dass insbesondere Kinder mitunter aufgrund ihres Alters oftmals keine exakten Angaben machen, verzeihlich bzw. erklärbar.

Dass sich seine Mutter und seine Geschwister aktuell in Ar Raqqa aufhalten, wird dem BF geglaubt, zumal kein Grund erkannt werden kann, warum diese Angabe nicht wahr sein sollte.

Die geographischen Angaben zu Se´alow und die Tatsache, dass sich dieser Ort unter Kontrolle der syrischen Übergangsregierung unter Federführung der HTS befindet, ergibt sich aus der im Internet aufrufbaren Karte https://syria.liveuamap.com, in der tagesaktuell damit auch das das von den Kurden kontrollierte Gebiet Nord- bzw. Nordost-Syriens abgebildet wird, in welchem die Kurden aktuell auch dort aufhältige junge Männer zur kurdischen Selbstverteidigungspflicht rekrutieren. Das Gebiet Se´alow befindet sich damit nicht unter kurdischer Kontrolle.

Davon, dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, konnte sich das erkennende Gericht selbst in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.01.2024 als auch am 03.04.2025 überzeugen. Zudem hat der BF auch nichts Gegenteiliges behauptet. Der BF berichtete davon, dass er geringfügig bei einem Friseur arbeite und gerne eine Friseurlehre absolvieren möchte. Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, ergibt sich durch eine tagesaktuelle Einschau in das Strafregister des BF. Dass er von staatlicher Unterstützung im Rahmen der Grundversorgung lebt, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das entsprechende Register.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Ausgehend von den eigenen Antworten des BF, wonach er sich lediglich fürchte von Kurden zur Selbstverteidigungspflicht gezwungen zu werden und der Tatsache, dass sich das Herkunftsgebiet des BF in einem Teil Syriens befindet, wo kurdische Milizen dort aufhältige Personen mangels entsprechender Gebietskontrolle nicht zur kurdischen Selbstverteidigungspflicht auffordern bzw. allenfalls auch zwangsweise rekrutieren, besteht keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende Gefahr, nach einer Rückkehr in sein syrisches Herkunftsgebiet von kurdischen Milizen oder der kurdischen SDF verfolgt zu werden.

Sofern der Vertreter des BF eine asylrelevante Verfolgung des BF durch die HTS behauptete, vermochte er eine solche Verfolgung nicht nachvollziehbar darzulegen oder glaubhaft machen.

Es ist auch für das erkennende Gericht derzeit nicht abschätzbar, wie sich die Situation in Syrien, insbesondere die Situation der in der Vergangenheit sehr fundamental-religiös sich verhaltenden HTS weiterhin entwickelt. Es ist derzeit offen, ob in Syrien in Zukunft eine Regierung an der Macht sein wird, die nach streng fundamental-islamischen Regeln das Land regieren wird und von allen Bürgerinnen und Bürgern Syriens – gleichsam wie in Afghanistan – auf die Einhaltung islamischer Regeln achten wird und Abweichungen davon allenfalls unter Strafe stellen wird. Für das erkennende Gericht ist nachvollziehbar, dass man vor der ungewissen Zukunft in Syrien Angst hat und in Kenntnis eines westlichen Lebensstils sich davor fürchtet in ein allenfalls streng islamisches Land zurückzukehren und allenfalls in Zukunft strengen Normen unterworfen zu sein. Darin vermag aktuell das erkennende Gericht jedoch keine aktuelle und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Verfolgungsgefahr für allfällige Syrienrückkehrer zu erkennen.

Wenn der BF davon berichtet hat, dass kurdische Einheiten versucht hätten, ihn als 12- bis 14jährigen zwangsweise zu rekrutieren, so wird ihm dieses Vorbringen nicht geglaubt, wobei einerseits berücksichtigt wird, dass der BF als Kind diesen Eindruck gehabt haben könnte. Wenn das Alter bei der vom BF behaupteten zwangsweisen Rekrutierung keine Rolle gespielt hätte, ist für das erkennende Gericht überhaupt nicht erklärlich, warum der jüngere Bruder nur nach dem Aufenthalt des BF gefragt wurde, und selbst nicht zwangsweise mitgenommen wurde. Die diesbezüglichen Angaben des BF werden als unbelegte Behauptungen bewertet. Unter Berücksichtigung der Ausdrucksweise eines Kindes und auch die Angaben zur Rekrutierung von Minderjährigen in Rojava in den Jahren 2021 und 2022 im aktuellen Länderberichtsmaterial zu Syrien berücksichtigend, worin nicht von einer wirklich bedeutenden zwangsweisen Rekrutierung von 13- und 14-jährigen Arabern berichtet wird, gelangt das erkennende Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung auch bei diesen Angaben des minderjärigen Beschwerdeführers zum Ergebnis, dass es sich dabei um freie Erfindungen und kindliche Behauptungen des BF handelt.

Wenn er in Syrien wirklich von einer zwangsweisen Rekrutierung betroffen gewesen wäre, hätte es nicht ausgereicht, nur davonzulaufen. Zudem hat der BF selbst auch von keinen von ihm selbst wahrgenommenen zwangsweise vorgenommenen zwangsweisen Rekrutierung von 13- bzw. 14-jährigen Alterskollegen berichtet. Derartige Zwangsrekrutierungen hätten nach Auffassung auch ein entsprechendes mediales Echo nach sich gezogen. Die Länderinformationen zu Syrien enthalten jedoch keine Informationen zu einer wirklich bedeutsamen zwangsweisen Rekrutierung von 13- und 14-jährigen Arabern im Zeitraum 2021 bzw. 2022. Zudem befindet sich auch sein jüngerer Bruder gegenwärtig im unter kurdischer Kontrolle stehenden Ort Ar Raqqa, ohne von Kurden zwangsrekrutiert worden zu sein.

Soweit eine Prognoseentscheidung durch das erkennende Gericht hinsichtlich einer erst kommenden Verfolgungsgefahr zu treffen ist, wurde im Rahmen der Feststellungen bereits dargelegt, dass unter Berücksichtigung aller damit einhergehenden und zu berücksichtigenden Umstände das erkennende Gericht nicht zum Ergebnis gelangt, dass dem Beschwerdeführer im nicht unter kurdischer Kontrolle stehenden Herkunftsgebiet auch in Zukunft nicht von einer kurdischen Zwangsrekrutierung betroffen sein wird.

Die rechtliche Beurteilung bereits an dieser Stelle vorwegnehmend gelangt das erkennende Gericht diese Frage beantwortend zum Ergebnis, dass in der gegenständlichen Angelegenheit der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht hat, dass im Herkunftsgebiet dem BF keine Verfolgungshandlungen in Zusammenhang mit einer politischen Überzeugung des Beschwerdeführers oder einem anderen in der GFK genannten Konventionsgrund mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohen.

Sofern das BVwG feststellt, dass der BF jedenfalls sowohl über den Land-, als auch über den Luftweg nach Syrien in sein syrisches Herkunftsgebiet weitgehend sicher zurückkehren könnte, ergibt sich diese Feststellung aus regelmäßig erscheinenden Berichten von UNHCR, die sich mit der Rückkehr von Syrern nach Syrien beschäftigen.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Länderfeststellungen beruhen auf den ins Beschwerdeverfahren vom BVwG eingebrachten Länderberichten, hinsichtlich derer auch im Vorfeld der beim BVwG abgehaltenen mündlichen Verhandlung das Parteiengehör durchgeführt wurde. Das Länderinformationsblatt und die herangezogenen Anfragebeantwortungen basieren auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen von staatlichen Stellen, als auch von renommierten Nichtregierungsorganisationen und gewährleisten einen in den Kernaussagen schlüssigen Überblick über die aktuelle Lage in Syrien. Für das BVwG bestand kein Grund, an der Richtigkeit der Länderberichte bzw. den ins Beschwerdeverfahren eingebachten Anfragebeantwortungen zu zweifeln.

Auch der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung haben gegen die ins Verfahren eingebrachten Berichten und Anfragebeantwortungen kein Vorbringen erstattet, sodass diese Berichte und Anfragebeantwortungen ungekürzt und unwidersprochen in voller Länge dem Beschwerdeverfahren zugrunde gelegt werden können.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

3.1.1. § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG) lautet auszugsweise:

„Status des Asylberechtigten

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

…“

3.1.2. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.3. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates oder wegen Schutzes in einem EWR-Staat oder in der Schweiz zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).

3.1.4. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) – deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – ist ein Flüchtling, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

3.1.5. Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist somit die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.).

3.1.6. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; VwGH 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

3.1.7. Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 2005 setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627). Nach ständiger Rechtsprechung stellt im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, 92/01/0560). Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

Das Asylverfahren bietet, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0143-8, wieder betonte, nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist vor allem auf folgende Kriterien abzustellen: Das Vorbringen des Asylwerbers muss – unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten –genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3.1.8. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erscheint es nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat, spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, 92/01/0181). Auch unbestrittenen Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen (Vgl. VwGH 21.06.1994, 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH 23.01.1997, 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).

3.1.9. Einzelfallrelevant kann aber immer nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Die Verfolgungsgefahr muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

3.1.10. Die Verfolgungsgefahr muss ferner dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (VwGH 27.01.2000, 99/20/0519). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; VwGH 23.07.1999, 99/20/0208; VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; VwGH 17.09.2003, 2001/20/0177; VwGH 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen – würden sie von staatlichen Organen gesetzt – asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

3.1.11. Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt zusammenfassend dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

3.1.12. Wie sich aus den obigen Feststellungen und der zugehörigen Beweiswürdigung ergibt, ist es dem Beschwerdeführer weder im vorangegangenen Asylverfahren vor dem BFA noch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem BVwG gelungen, eine aktuelle, konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr maßgeblicher Intensität und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aufgrund eines Konventionsgrundes im Sinne der GFK ausgehend von staatlicher Seite (Assad-Regime) für den Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers in die Herkunftsregion des Beschwerdeführers in Syrien von kurdischer Seite darzutun bzw. glaubhaft zu machen.

3.1.13. Dem Beschwerdeführer droht aktuell und auch unter Berücksichtigung einer vom Verfassungsgerichtshof geforderten Prognoseentscheidung auch nicht in absehbarer Zeit eine von ihm behauptete Verfolgung in Se´alow bzw. durch kurdische Milizen oder durch das syrische Assad-Regime. Die tatsächlichen Macht- und Kontrollverhältnisse in seinem Herkunftsgebiet Se´alow haben sich seit seiner Ausreise aus Syrien verändert. Sein syrisches Herkunftsgebiet steht nach dem Sturz des Assad-Regimes unter Kontrolle der neuen syrischen Übergangsregierung. Das syrische Assad-Regime ist nicht mehr existent. Es kann daher im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers dort befindliche Syrer weder zwangsweise rekruieren, verhaften oder verfolgen.

Damit einem Beschwerdeführer tatsächlich der Status eines Asylberechtigten erteilt werden kann, bedarf es einer Gefahr, dass dieser Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in sein Heimatland zumindest mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einer Verfolgungsgefahr betroffen ist.

3.1.14. Der Beschwerdeführer kann seinen Herkunftsort Se´alow sowohl auf dem Land-, als auch auf dem Luftweg legal und sicher erreichen.

3.1.15. Im Ergebnis droht dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten oder sonstigen Gründen in seiner Herkunftsregion keine asylrelevante Verfolgung.

Auch aus der aktuellen allgemeinen Lage in Syrien lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellen nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; VwGH 14.03.1995, 94/20/0798). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; VwGH 30.04.1997, 95/01/0529; VwGH 08.09.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt – nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung – zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

Insgesamt liegen sohin keine Umstände vor, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre. Daher war die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten durch das BFA im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des BVwG auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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