Spruch
L530 2202361-2/47Z
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Mathias Kopf, LL.M. im Verfahren über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, 1020 Wien, Leopold-Moses-Gasse 4, gegen Spruchpunkte IV. bis VII. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.01.2023, Zl. 1090678507-223674810, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreisverbotes den
BESCHLUSS
gefasst:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer stellte am 18.11.2022 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er in seiner Erstbefragung im Wesentlichen damit, dass es zwar seit der rechtskräftigen Entscheidung seines ersten Asylverfahren keine Änderungen gegeben haben, er jedoch er die Gründe aus dem ersten Asylverfahren weiterhin aufrecht halte. Im Falle der Rückkehr in den Irak befürchte er, von seinem Stamm umgebracht zu werden.
1.2. Mit dem hier angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 11.01.2023, Zl. 1090678507-223674810, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem. § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I. und II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG 2005 bestehe keine Frist für eine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Schließlich und wurde wider den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG 2005 ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt VII.).
Das Bundesamt hielt – zusammengefasst – begründend fest, dass der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und sich im gegenständlichen Verfahren auf ein bereits rechtskräftig als unglaubhaft qualifiziertes Vorbringen stütze. Zur Verhängung eines Einreiseverbots legte das Bundesamt dar, der Beschwerdeführer sei bereits zweifach wegen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz und das Strafgesetzbuch verurteilt worden. Daraus ergebe sich, dass der Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle.
1.3. Gegen den dem Beschwerdeführer am 11.01.2023 zugestellten Bescheid des Bundesamtes richtet sich die im Wege der bevollmächtigten Rechtsvertretung fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 18.01.2023 an das Bundesverwaltungsgericht.
Im Beschwerdeschriftsatz wird – soweit hier relevant – ausgeführt, dass sich Änderungen hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich vorliegen. Der Beschwerdeführer sei seit seinen Verurteilungen nicht mehr straffällig geworden und habe seine schweren Verfehlungen eingesehen. Er spreche Deutsch zumindest auf A2-Niveau und habe damit seinen Willen dokumentiert, in Österreich Fuß zu fassen. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich seien nicht ausreichend berücksichtigt worden, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erweise sich bei richtiger Beurteilung als unzulässig. Zum Einreiseverbot wurde ausgeführt, dass vom Beschwerdeführer keinerlei schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden könne. Es wurde zudem angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
1.4. Am 20.06.2023 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht die beantragte mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung sowie einer Dolmetscherin für die arabische Sprache durchgeführt.
1.5. In weiterer Folge gab der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht am 09.11.2023 bekannt, Vater geworden zu sei und auf die Ausstellung einer Geburtsurkunde zu warten. Er ersuche, das Verfahren auszusetzten und mit der Entscheidung zuzuwarten.
1.6. Am 07.06.2024 wurde die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung sowie eines Dolmetschers für die arabische Sprache fortgesetzt.
1.7. Aufgrund eines erforderlichen Einschreitens des Vertreters des Leiters der zuständigen Gerichtsabteilung L530 des Bundesverwaltungsgerichtes wurde die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.01.2025 und am 13.02.2025 im Beisein des Beschwerdeführers, seiner Rechtsvertretung sowie eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Dolmetschers für die arabische Sprache gemäß § 25 Abs. 7 VwGVG wiederholt.
Der Beschwerdeführer legte dabei – abweichend von seinen bisherigen Angaben – dar, Vater einer österreichischen Staatsbürgerin zu sein. Die Beziehung mit der Kindesmutter bestehe nicht mehr. Der Beschwerdeführer schilderte darüber hinaus, seit der neuerlichen Aufnahme in die Grundversorgung für Asylwerber eine Substitutionstherapie in Anspruch zu nehmen und entsprechende Medikamente zu erhalten. Den Namen seines Kindes, der Kindsmutter sowie Beweismittel im Hinblick auf die behauptete Vaterschaft brachte der Beschwerdeführer nach der Verhandlung innerhalb der ihm eingeräumten Frist in Vorlage.
1.8. Die gegen die Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.01.2023, Zl. 1090678507-223674810, wies das Bundesverwaltungsgericht mit Teilerkenntnis vom 10.04.2025, L530 2202361-2/46Z, als unbegründet ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:
2.1. Gemäß § 17 Abs 1 Z. 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
2.2. Im vorliegenden Fall ist im Sinn des § 17 Abs. 1 BFA-VG anzunehmen, dass eine umgehende Abschiebung des Beschwerdeführers in den in Aussicht genommenen Zielstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten würde.
Der Beschwerdeführer hat (freilich nach mehrfachen widersprüchlichen Angaben) zuletzt im Rechtsmittelverfahren erfolgreich bescheinigt, allenfalls Vater einer minderjährigen österreichischen Staatsbürgerin zu sein. Dieser neu hervorgekommene Umstand ist bei der nach § 9 BFA-VG gebotenen Abwägung zu berücksichtigen, wobei in einem nächsten Schritt die Einvernahme der Kindesmutter als gesetzliche Vertreterin des Kindes zur möglichen Vaterschaft des Beschwerdeführers sowie zur Intensität des wechselseitigen Kontaktes geboten ist.
Das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers erfordert somit einen weiteren Verhandlungstermin vor dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. dazu VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0430), weshalb der nicht offenbar unbegründeten Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist.
Dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen würden, ist aus der Aktenlage nicht ersichtlich, zumal sich der Beschwerdeführer in den letzten Jahren wohlverhalten hat und er derzeit aufgrund der laufenden Substitutionsbehandlung in einer stabilen Situation ist.
2.3. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Darüber hinaus liegt bei Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.