Spruch
W299 2251669-2/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Dr. Elisabeth Neuhold über die Beschwerde der XXXX , geb. am XXXX , StA Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , wegen Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, XXXX , geboren am XXXX , ist syrische Staatsangehörige und ihre Muttersprache ist Arabisch. Sie ist in Österreich subsidiär schutzberechtigt. Am XXXX stellte sie gemäß § 88 Abs. 2a FPG einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte, der mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) abgewiesen wurde.
2. Mit Bescheid vom 11.01.2022, Zl. XXXX , hatte das BFA den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 war der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt worden (Spruchpunkt III.).
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde. Diese Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX , Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis ist in Rechtskraft erwachsen.
3. Am XXXX stellte die Beschwerdeführerin gemäß § 88 Abs. 2a FPG einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte, den sie wie folgt begründete: „Ich habe Angst, mit dem syrischen Regime Kontakt aufzunehmen. Meine Beschwerde im Asylverfahren ist noch beim BVwG anhängig.“ In weitere Folge verständigte das BFA die Beschwerdeführerin vom Ergebnis einer Beweisaufnahme und gab ihr Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme einzubringen. Diese Frist verstrich ungenutzt.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte ab. Begründend führte das BFA aus, dass die Beschwerdeführerin in Besitz eines gültigen syrischen Reisedokumentes sei und somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Fremdenpasses nicht gegeben seien.
5. Gegen den Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde und führte darin zusammengefasst aus, dass sie die syrische Botschaft nicht aufsuchen könne, da sie dadurch die syrischen Behörden auf ihren unerlaubten Auslandsaufenthalt aufmerksam machen würde und auch nicht ausgeschlossen werden könne, dass ihre Familie in Syrien Nachteile erleiden würde und große Probleme mit dem Assad Regime bekommen würde.
Die Beschwerde und der Verwaltungsakt des BFA langten am 05.02.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
6. Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes fand am 13.08.2024 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch, eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Das BFA blieb der Verhandlung entschuldigt fern. Zu Beginn wurde mitgeteilt, weitere Länderberichte der Entscheidung zu Grunde zu legen, nämlich
- ACCORD vom 01.02.2024: Informationen zu Möglichkeiten der Erlangung eines syrischen Reisedokuments [a-12313]
Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit eingeräumt hierzu eine Stellungnahme abzugeben.
7. Mit Schreiben vom 08.01.2025, zugestellt am 15.01.2025, wurde die Beschwerdeführerin vom Ergebnis einer Beweisaufnahme informiert und ihr die Gelegenheit gegeben binnen zwei Wochen hierzu eine Stellungnahme abzugeben. Die Frist zur Stellungnahme verstrich ungenutzt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Die Beschwerdeführerin ist syrische Staatsangehörige. Ihre Muttersprache ist Arabisch.
1.1.2. Die Beschwerdeführerin ist in Österreich subsidiär schutzberechtigt.
1.1.3. Die Beschwerdeführerin besitzt einen (abgelaufenen) syrischen Reisepass (vgl. Beilage /B).
1.1.4. Die Beschwerdeführerin hat die Ausstellung eines Reisepasses bei der syrischen Botschaft in Wien bisher noch nicht beantragt.
1.1.5. Es kann nicht angenommen werden, dass eine Vorsprache der Beschwerdeführerin bei der syrischen Botschaft in Wien zwecks Erlangung eines syrischen Reisepasses mit relevanter Wahrscheinlichkeit zu Verfolgungshandlungen gegen sie oder ihrer in Syrien lebenden Verwandten führen würde. Der Beschwerdeführerin ist es zumutbar, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates Syrien zu beschaffen.
1.2. Zur Möglichkeit der Verlängerung eines syrischen Reisedokumentes:
1.2.1. Aus der ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien „Informationen zu Möglichkeiten der Erlangung eines syrischen Reisedokuments (Möglichkeiten, Voraussetzungen, Rolle des konkreten Herkunftsortes, persönliche Anwesenheit, Folgen für Antragsteller·innen im Inland und Verwandte im Herkunftsstaat)“ vom 01.02.2024:
„Möglichkeit für syrische Staatsangehörige, in Österreich ein gültiges Reisedokument des Heimatstaates zu erhalten (Voraussetzungen, Relevanz des Herkunftsortes)
Die syrische Botschaft in Wien beschreibt auf ihrer Webseite den Prozess einer Passverlängerung beziehungsweise der erstmaligen Antragsstellung für einen Pass. Erforderliche Unterlagen würden aktuelle Fotos, der alte Reisepass, eine Kopie des Personalausweises oder des Zivilregisterauszugs sowie die aktuelle Aufenthaltskarte des Wohnstaates inkludieren. Im Falle der erstmaligen Antragsstellung sei es notwendig, den Personalausweis oder ein vom syrischen Außenministerium beglaubigtes Personenstandsdokument mit Foto, dessen Ausstellung nicht mehr als drei Monate zurückliege, vorzulegen. Die Bearbeitungsgebühr betrage bei einem regulären Antrag 265 Euro und bei einem Eilantrag 705 Euro. Die jeweilige Gebühr sei bei Einreichung des Antrags zu entrichten. Sollte der alte Pass beschädigt sein, sei eine zusätzliche Schadensersatzgebühr von 45 Euro zu entrichten. Bei Verlust des alten Passes, müsse der/die Antragsteller·in zusätzlich zu den genannten Dokumenten eine Verlustmeldung der Polizei, ausgestellt von den örtlichen Behörden des Landes, in dem der Pass verloren gegangen sei, ins Arabische übersetzt und vom Außenministerium beglaubigt, vorlegen (Syrische Botschaft Wien, ohne Datum). Die syrische Botschaft in Brüssel merkt an, dass bei einer Passantragsstellung von Männern deren Wehrpflichtstatus ermittelt werde. Die Botschaft verlange eine Kopie eines Dokuments zum Nachweis des Wehrpflichtstatus (Syrische Botschaft Brüssel, ohne Datum a).
Die Asylagentur der Europäischen Union (European Union Agency for Asylum, EUAA) zitiert im Juni 2021 das Syria Justice and Accountability Centre (SJAC). Laut SJAC behindere das Fehlen von Dokumenten nicht unbedingt den Rückkehrprozess. Wer keinen Reisepass besitze oder dessen Reisepass abgelaufen sei, könne bei einer syrischen Auslandsvertretung einen Laissez-Passer beantragen (EUAA, Juni 2021, S. 25).
Die syrischen Botschaften in Berlin und Brüssel beschreiben auf ihren Webseiten Voraussetzung für einen solchen Antrag. Im Falle eines Antrags auf ein Laissez-Passer müsse die Person schriftlich die Umstände und Gründe für die Rückkehr darlegen. Die Botschaft benötige außerdem einen syrischen Ausweis (Personalausweis oder eine aktuelle vom syrischen Außenministerium beglaubigte Personenstandsbescheinigung mit einer von der Gemeinde gestempelten Kopie oder eine Kopie des verlorenen syrischen Passes) und Fotos, eine konsularische Registrierung sowie die festgelegte Gebühr. Wenn ein Laissez-Passer auf den Verlust des Reisepasses zurückzuführen sei, werde dem/r Antragsteller·in eine Strafgebühr auferlegt und eine Meldung bei der Polizei im Wohnsitzland eingeleitet (Syrische Botschaft Berlin, ohne Datum). Die syrische Botschaft in Brüssel fügt hinzu, dass im Falle des Verlusts oder Diebstahls eine schriftliche Erklärung des/r Antragsteller·in benötigt werde, in der die Umstände des Verlusts oder des Diebstahls erläutert werden sowie eine Verlustmeldung der Polizei und ein spezielles Antragsformular. Die Gebühr für einen Laissez-Passer betrage in Brüssel 50 Euro in bar (Syrische Botschaft Brüssel, ohne Datum b).
Die Konsularabteilung der syrischen Botschaft in Wien gibt in einer E-Mail-Auskunft an ACCORD vom Jänner 2024 an, dass es im Falle der Passantragsstellung keinen Unterschied mache, aus welchem Teil Syriens der/die Antragsteller·in stamme (Konsularabteilung der syrischen Botschaft in Wien, 30. Jänner 2024).
[…]“
1.2.2. Laut E-Mail der syrischen Botschaft in Wien vom 16.12.2024 ist es derzeit möglich syrische Reisepässe zu verlängern:
Die Beschwerdeführerin ist in der Lage, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates Syrien zu beschaffen: Sie hat die konkrete Möglichkeit, sich bei der syrischen Vertretungsbehörde in Österreich ihren syrischen Reisepass zu verlängern.
2. Beweiswürdigung:
Zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Einsicht genommen in den Verwaltungsakt des BFA und den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend das Verfahren über die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen Spruchpunkt I. des Bescheides, mit dem ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen und mit dem ihr der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden war (AZ XXXX ).
Darüber hinaus wurde im Besonderen die ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien „Informationen zu Möglichkeiten der Erlangung eines syrischen Reisedokuments“ vom 01.02.2024, die E-Mail der syrischen Botschaft vom 16.12.2024 sowie die Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien: „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024 berücksichtigt, zu diesen schriftlich Stellung zu nehmen der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben wurde (ohne dass die Beschwerdeführerin diese ergriffen hätte).
2.1. Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin:
2.1.1. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zu den Sprachkenntnissen der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des Verwaltungsaktes des BFA und aus dem Gerichtsakt zum AZ XXXX .
2.1.2. Dass die Beschwerdeführerin in Österreich subsidiär schutzberechtigt ist, folgt daraus, dass ihre Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides, mit dem ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.) und mit dem ihr der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) worden war, mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , Zl. XXXX , als unbegründet abgewiesen wurde. Dieses Erkenntnis ist in Rechtskraft erwachsen. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde selbst vorgebracht, dass sie aktuell über subsidiären Schutz verfügt.
2.1.3. Dass die Beschwerdeführerin über einen abgelaufenen syrischen Reisepass verfügt geht aus der Beilage ./B hervor.
2.1.4. Die Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin die Ausstellung eines Reisepasses bei der syrischen Botschaft in Wien bisher noch nicht beantragt hat, folgt daraus, dass die Beschwerdeführerin weder behauptet noch Nachweise erbracht hat, dass sie die Ausstellung von syrischen Reisedokumenten bei der syrischen Botschaft beantragt hat bzw. ihr die Ausstellung eines syrischen Reisepasses versagt worden wäre.
2.1.5. Dass nicht angenommen werden kann, dass eine Vorsprache bei der syrischen Botschaft in Wien zwecks Erlangung eines Reisepasses für die Beschwerdeführerin zu den in der Beschwerde in den Raum gestellten Konsequenzen führen würde, basiert auf folgenden Überlegungen:
Die vorgebrachte Furcht vor Verfolgung durch das syrische Regime (vor dem Sturz von Präsident Assad), die eine Vorsprache unzumutbar machen würde, wurde bereits im Verfahren betreffend den internationalen Schutz vor der belangten Behörde und im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingehend geprüft und dabei festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in Syrien keiner individuellen staatlichen Verfolgung ausgesetzt ist.
Aus dem Erkenntnis vom XXXX , Zl. XXXX , geht hervor, dass der Beschwerdeführerin im Fall einer Rückkehr nach Syrien als Rückkehrerin aus Europa nicht mit einer über die bloße Möglichkeit hinausgehenden Wahrscheinlichkeit der Gefahr ausgesetzt sei, aus diesem Grund physische oder psychische Gewalt zu erleiden.
Umso weniger realistisch erscheinen die in der Beschwerde der Beschwerdeführerin befürchteten Konsequenzen einer Vorsprache in der syrischen Botschaft in Wien in Hinblick darauf, dass die Herrschaft von Präsident Assad (wie notorisch ist und auch der aktuellen Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien vom 10.12.2024 entnommen werden kann) im Dezember 2024 zu Ende gegangen ist. Da kein Folgeantrag der Beschwerdeführerin anhängig ist bzw. auch keine Stellungnahme dahingehend erstattet wurde, wonach ein aktuelles Verfolgungsszenario durch die neuen Machthaber maßgeblich wahrscheinlich wäre, ist auch anzunehmen, dass der Beschwerdeführerin keine Verfolgung durch die neue HTS-geführte Regierung droht.
In gleicher Weise kann entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht angenommen werden, dass ihre in Syrien aufhältigen Familienangehörigen aufgesucht und einer bedrohlichen Situation ausgesetzt würden.
Somit konnte die Beschwerdeführerin keine substantiellen Gründe für die Unzumutbarkeit und Unmöglichkeit der Antragstellung bei der syrischen Botschaft ins Treffen führen. Vielmehr ist sie in der Lage, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatsstaates zu beschaffen.
2.2. Zu den Feststellungen zur Möglichkeit der Verlängerung eines syrischen Reisedokumentes:
Die Feststellungen zu Punkt 1.2. ergeben sich aus der ACCORD Anfragebeantwortung zu Syrien „Informationen zu Möglichkeiten der Erlangung eines syrischen Reisedokuments“ vom 01.02.2024 und der E-Mail der syrischen Botschaft vom 16.12.2024, zu der der Beschwerdeführerin bereits Gehör gewährt wurde. Die Beschwerdeführerin hat die jeweils eingeräumte Stellungnahmefrist ungenutzt verstreichen lassen.
Aus all dem ergibt sich, dass die syrische Vertretungsbehörde nicht die Verlängerung von Reisedokumenten verweigert und dass die Beschwerdeführerin die konkrete Möglichkeit hat, sich ein aktuelles Reisedokument ihres Heimatstaates Syrien zu beschaffen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde:
3.1.1. Gemäß § 88 Abs. 2a FPG sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag Fremdenpässe auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
Mit § 88 Abs. 2a FPG wird Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie umgesetzt, indem subsidiär Schutzberechtigten nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt wird, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden kann. Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie sieht diesbezüglich vor, dass subsidiär Schutzberechtigten, die keine Reisedokumente ihres Herkunftsstaates erhalten können, durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat Reisedokumente auszustellen sind, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen (vgl. ErläutRV 2144 BlgNR XXIV. GP 25). Das in § 88 Abs. 2a FPG normierte Erfordernis, dass der Fremde nicht in der Lage ist, sich ein Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses einen massiven Eingriff in die Hoheitsrechte des Heimatstaates bedeutet, weshalb dem Gesetz die Prämisse zugrunde liegt, dass Fremde sich zuerst an die Heimatvertretung hinsichtlich der Ausstellung eines Reisedokuments wenden müssen (vgl. VfGH 26.06.2024, E 2311/2024; VwGH 16.12.2015,Ra 2015/21/0124;Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG, K8).
3.1.2. Subsidiär Schutzberechtigte sind dann nicht in der Lage, sich ein Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, wenn dessen Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigert (vgl. Szymanski, in Schrefler-König/Szymanski [Hrsg.], Fremdenpolizei- und Asylrecht [Stand 01.01.2015, rdb.at] § 88 FPG, Rz 2). Mit anderen Worten muss es dem Fremden konkret (tatsächlich) möglich sein, ein Reisedokument seines Heimatstaates zu erlangen. Dies ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn dem Antragsteller die Ausstellung eines Reisedokuments seitens der Vertretungsbehörde tatsächlich verweigert wird (vgl. Filzwieser ea., aaO, § 88 FPG, K9).
Die bloß abstrakte Möglichkeit im Falle der Vorlage geeigneter Dokumente grundsätzlich willens zu sein, dem Beschwerdeführer ein Reisedokument auszustellen, reicht für die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses nicht aus, vielmehr muss für den Antragsteller die konkrete Möglichkeit bestehen, sich Reisedokumente seines Heimatstaates zu beschaffen (vgl. Filzwieser ea., aaO, § 88 FPG, E7). Erst wenn der Fremde keine Reisedokumente erhält, ist bei Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen ein Fremdenpass auszustellen.
Liegen im Falle eines Antrags auf Ausstellung eines Fremdenpasses eine oder mehrere Voraussetzungen (z.B. Ausstellung im Interesse der Republik) hiefür nicht vor, so ist der Antrag abzuweisen (und nicht etwa die Ausstellung zu versagen; vgl. Szymanski, aaO, Rz 3).
Mit der Ausstellung eines Fremdenpasses an den Betroffenen übernimmt Österreich die völkerrechtliche Rücknahmeverpflichtung. Die „zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ müssen sich auf die den Betroffenen mit dem Fremdenpass eröffnete Reisefreiheit beziehen (vgl. Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, § 88 FPG 2005, Anm. 2).
3.1.3. Für den gegenständlichen Fall bedeutet das:
Die Beschwerdeführerin konnte – wie festgestellt und in der Beweiswürdigung umfassend ausgeführt – nicht darlegen, dass es ihr nicht möglich bzw. nicht zumutbar gewesen sei, sich bei der syrischen Botschaft in Wien einen Reisepass zu beschaffen.
Obwohl der festgestellten Länderberichtslage zu entnehmen ist, dass die syrische Vertretungsbehörde abgelaufene Reisepässe verlängert und die Beschwerdeführerin die konkrete Möglichkeit hat eine Erneuerung ihres Reisedokumentes zu bekommen, da sie über einen abgelaufenen syrischen Reisepass verfügt, unternahm sie bislang nicht den Versuch, bei der syrischen Vertretungsbehörde in Wien einen gültigen nationalen Reisepass zu erhalten.
Dem betreffend die Gefährdung ihrer Person und von in Syrien lebenden Verwandten erstatteten Vorbringen war aus den dargelegten Gründen nicht zu folgen.
Durch die Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen, ob es für die Beschwerdeführerin bzw. ihre in Syrien verbliebenen Familienangehörigen ein Sicherheitsrisiko darstellen würde, wenn die syrische Botschaft vom Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich Kenntnis erlangte, was aus den dargelegten Gründen verneint wurde, ist auch der in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 11.06.2019, E 67/2019; 13.12.2023, E 1077/2023) aufgestellte Maßstab zur Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß Art. I Abs. 1 Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl Nr. 390/1973, durch das gegenständliche Erkenntnis gewahrt worden.
Wie zuvor dargelegt, ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin sich nicht in der syrischen Botschaft um einen gültigen syrischen Reisepass bemühen und diesen auch erhalten könnte, sodass der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall die Vorsprache bei den syrischen Behörden als zumutbar angesehen werden muss.
Im Gegensatz zum Asylverfahren reicht es hinsichtlich des zwingendes Tatbestandsmerkmals, ob die Beschwerdeführerin „nicht in der Lage [ist], sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen“, nicht aus, diesen Umstand glaubhaft zu machen; vielmehr müsste die Beschwerdeführerin – so die amtswegigen Ermittlungen den Umstand nicht beweisen können – hier den Beweis führen.
Das Bundesverwaltungsgericht hält es aber im Lichte der Feststellungen für lebensnahe und mit hinreichender, weit überwiegender Wahrscheinlichkeit für möglich, dass die Beschwerdeführerin in der Lage ist, sich mit ihren syrischen Dokumenten auch einen syrischen Reisepass in der syrischen Botschaft ausstellen zu lassen. Umstände, die gegen die Ausstellung von syrischen Reisedokumenten durch die syrische Vertretungsbehörde sprechen, wurden von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert aufgezeigt.
Im Ergebnis hat die Annahme der Beschwerdeführerin in der Beschwerde, sie sei nicht in der Lage, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates ausstellen zu lassen, keinerlei substantielle Grundlage. Nach dem Gesagten kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass für die Beschwerdeführerin als in Österreich subsidiär Schutzberechtigte nicht die konkrete Möglichkeit besteht, ein gültiges Reisedokument ihres Herkunftsstaates Syrien zu erhalten. Ein zwingendes Tatbestandsmerkmal für die Ausstellung eines Fremdenpasses ist sohin im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Da eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides somit nicht vorliegt, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.
3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Bei der Klärung der Frage, ob der BF (nicht) in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen, handelt es sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, die – wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde – nicht erfolgreich mit Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG bekämpft werden kann (vgl. VwGH 27.07.2023, Ra 2021/21/0363; 23.05.2024, Ra 2023/21/0106).
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.