Spruch
W104 2309595-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes des Geschäftsbereiches II der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 10.1.2024, AZ II/4-DZ/23-24331008010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2023:
A)
Der Bescheid wird behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer stellte am 12.12.2022 elektronisch einen Mehrfachantrag Flächen (in der Folge: MFA Flächen) für das Antragsjahr 2023. Er beantragte unter anderem die Almauftriebsprämie für Kühe und sonstige Rinder und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.
2. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid gewährte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2023 Direktzahlungen in Höhe von EUR 1.132,029. Eine Almauftriebsprämie wurde hingegen nicht gewährt, weil laut Auftriebsmeldung am 15.07.2023 keine Rinder gealpt worden seien (Hinweis auf § 113 Abs. 3 GSP-AV).
3. Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 19.1.2024, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, das der Beschwerdeführer seine fünf Rinder auf die Alm mit der BNr. XXXX aufgetrieben und auch fristgerecht gemeldet habe. Bis dahin seien die Rinder mit einem anderen Betrieb in einer gemeinsamen Stallhaltung gestanden. Damit seine Rinder auch seinem Betrieb korrekt zugeordnet werden können, habe er sie am 2.7.2023 auf seine Hauptbetriebsnummer umgemeldet, weshalb wohl ein Meldefehler vorgelegen habe, welchen die Almbetreiber korrigiert hätten. Der Beschwerdeführer beantragte, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die beantragten Direktzahlungen gewährt werden.
Der Beschwerde war die Korrektur-Mail des Almbetreibers angefügt.
4. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 21.3.2025 die Beschwerde und die zugehörigen Unterlagen des Verwaltungsverfahrens vor. Im Rahmen der Aktenvorlage führte die AMA im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass aufgrund nachgereichter Unterlagen der Beschwerde stattzugeben sei, eine Entscheidung durch die AMA aber zu einer wesentlichen Beschleunigung des Verfahrens führen würde (Hinweis auf § 28 Abs. 3 VwGVG).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der Beschwerdeführer stellte am 12.12.2022 elektronisch einen MFA Flächen für das Antragsjahr 2023, beantragte unter anderem die Almauftriebsprämie für Rinder und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.
Die Behörde erließ einen Bescheid, der sich jedoch hinsichtlich der Alpung der Rinder des Beschwerdeführers auf die Alm mit der BNr. XXXX als unzutreffend herausgestellt hat. Die Behörde selbst würde nunmehr eine Almauftriebsprämie für Rinder gewähren.
2. Beweiswürdigung:
Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
§ 8d des Bundesgesetzes über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und die Grundsätze der Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik – Marktordnungsgesetz 2021- MOG 2021 lautet:
„(1) Das gemäß § 8 Abs. 1 Z 4 zur Verfügung stehende Mittelvolumen wird durch die angemeldeten förderfähigen RGVE an Rindern, Mutterschafen und -ziegen dividiert, wobei die Muttertiere mit dem doppeltem RGVE-Wert anzusetzen sind.
(2) Die zusätzlichen Bedingungen bei der Gewährung der gekoppelten Einkommensstützung, insbesondere zur Dauer der Alpung, zu den Modalitäten der Antragstellung, zur Möglichkeit der Heranziehung der Daten aus einer Datenbank zur Kennzeichnung und Registrierung von Tieren, zur Heranziehung eines Stichtags zur Ermittlung der Kategorie bzw. zur Berechnung des Alters der aufgetriebenen Tiere und zur Festlegung des Zeitpunkts, bis zu dem die Pflichten zur Kennzeichnung und Registrierung für Zwecke der Förderfähigkeit der aufgetriebenen Tiere erfüllt sein müssen, sind durch Verordnung festzulegen.“
§ 113 der GAP-Strategieplan-Anwendungsverordnung (GSP-AV), BGBl. II Nr. 403/202, lautet:
„Zusätzliche Bedingungen für gekoppelte Einkommensstützung
§ 113. (1) Die gekoppelte Einkommensstützung kann nur für jene auf Almen gemäß § 24 Z 7 aufgetriebenen Rinder, Mutterschafe und -ziegen gewährt werden, die gemäß Teil IV Titel 1 Kapitel 2 Abschnitt 1 der Verordnung (EU) 2016/429 gekennzeichnet und registriert sind.
(2) Die gekoppelte Einkommensstützung wird vom Landwirt mit der Einreichung des Mehrfachantrags einschließlich der Almauftriebsliste bzw. Alm/Weidemeldung gemäß § 8 Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2021 beantragt.
(3) Die für die Gewährung der gekoppelten Einkommensstützung maßgebliche Anzahl wird anhand der zum Stichtag 15. Juli gealpten Tiere des jeweiligen Landwirts ermittelt.
(4) Die Tiere müssen mindestens 60 Tage gealpt werden. Die Alpungsdauer beginnt mit dem Tag des Auftriebs und unter Heranziehung der in § 34 Abs. 2 Z 11 dargelegten Ermittlung des Tierzugangs. Der Tag des Almabtriebs wird bei der Alpungsdauer nicht berücksichtigt.
(5) Die Berechnung des Alters bzw. Bestimmung der Kategorie der aufgetriebenen Tiere erfolgt zum Stichtag 1. Juli des betreffenden Kalenderjahres. Als Mutterschafe bzw. -ziegen gelten weibliche Tiere, die zu diesem Stichtag mindestens 1 Jahr alt sind.“
§ 28 Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG lautet:
„(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.“
Der Amtswegigkeitsgrundsatz und der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichtet die Behörde, von Amts wegen ohne Rücksicht auf Vorträge, Verhalten und Behauptungen der Parteien die entscheidungserheblichen Tatsachen zu erforschen und deren Wahrheit festzustellen. Der Untersuchungsgrundsatz verwirklicht das Prinzip der materiellen (objektiven) Wahrheit, welcher es verbietet, den Entscheidungen einen bloß formell (subjektiv) wahren Sachverhalt zu Grund zu legen. Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde den wahren Sachverhalt hinsichtlich der vom Antragsteller im Jahr 2023 tatsächlich gealpten Rinder erheben müssen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 39 Rz 3 ff). Daraus ergibt sich, dass der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend ermittelt wurde. Die AMA wird im weiteren Verfahren dem Beschwerdeführer die beantragte Almauftriebsprämie zu gewähren haben, wenn alle zusätzlichen Bedingungen gemäß § 8d MOG 2021 eingehalten worden sind. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.