Spruch
L503 1240408-3/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.08.2024, Zl. XXXX , beschlossen:
A.)
Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
B.)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden kurz: „BFA“) vom 28.08.2024 wurde der Antrag des Beschwerdeführers (im Folgenden kurz: „BF“) auf internationalen Schutz vom 5.7.2023 gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
Dieser Bescheid wurde an der Meldeadresse des BF hinterlegt (Beginn der Abholfrist laut Rückschein: 4.9.2024, laut Rückschein wurde die Verständigung in die Abgabeeinrichtung eingelegt). Am 25.9.2024 wurde die Sendung dem BFA als nicht behoben retourniert.
2. Mit Schriftsatz seiner nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertretung vom 14.11.2024 stellte der BF einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, verbunden mit einer „Anregung“ auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sowie einer Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 28.8.2024.
Begründend wurde zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeführt, der Bescheid vom 28.8.2024 sei zwar am 4.9.2024 nachweislich hinterlegt worden, eine Hinterlegungsanzeige habe der BF jedoch nie gesehen. Im Wohngebäude des BF hätten Umbauten stattgefunden und seien die Postkästen teilweise, darunter auch jener des BF, mit Klebeband zugeklebt worden; beigelegt wurde vom BF ein Foto der Postkästen in seiner Wohnanlage. Jedenfalls habe der BF in seinem Postkasten kein Schreiben vorgefunden. Erst am 5.11.2024 habe der BF auf dem Postkasten einen Brief der BBU entdeckt, welcher dort mit Werbematerial abgelegt worden sei, woraufhin der BF mit seiner Betreuerin und diese sodann mit dem BFA Kontakt aufgenommen habe und woraufhin der BF am 8.11.2024 den Bescheid vom BFA erhalten habe. Am 11.11.2024 habe die Bescheidberatung stattgefunden. Der BF sei durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der fristgerechten Erhebung der Beschwerde gehindert worden und treffe ihn auch kein Verschulden.
Die inhaltliche Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.8.2024 wurde im Übrigen ausführlich begründet.
3. Mit Bescheid vom 30.1.2025 wies das BFA den Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 33 Abs 1 VwGVG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte dem Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 33 Abs 4 VwGVG die aufschiebende Wirkung zu (Spruchpunkt II).
Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, der Bescheid vom 28.8.2024 sei nach erfolglosem Zustellversuch am 4.9.2024 und dem Einlegen einer Verständigungsanzeige über die Hinterlegung an der Abgabestelle beim zuständigen Postamt hinterlegt worden; dies könne dem vorliegenden Zustellnachweis entnommen werden. Bei dem Zustellnachweis handle es sich um eine öffentliche Urkunde, der erhöhte Beweiskraft zukomme; soweit der BF ausführe, dass durch das Zukleben des Postkastens eine Hinterlegung der Verständigungsanzeige nicht stattgefunden habe, so sei anzumerken, dass ihm der Gegenbeweis nicht gelungen sei, wobei auf dem von ihm vorgelegten Foto auch in keiner Weise ersichtlich sei, dass konkret sein Postfach zugeklebt wurde. Durch die Nichtbeachtung der Hinterlegungsanzeige treffe den BF ein ihm zuzurechnendes (grobes) Verschulden an der Versäumung der Beschwerdefrist.
Dieser Bescheid wurde laut (seitens des BFA nachträglich am 12.2.2025 vorgelegtem) Zustellnachweis der Rechtsvertretung des BF durch persönliche Übernahme am 4.2.2025 zugestellt.
4. Am 4.2.2025 wurde der Akt dem BVwG vorgelegt. Mit beigelegtem Schreiben vom 31.1.2025 wies das BFA darauf hin, dass über den Wiedereinsetzungsantrag mit Bescheid vom 30.1.2025 abgesprochen worden sei. Dieser Bescheid befinde sich gerade in Zustellung und werde der Zustellschein bei Einlangen nachgereicht.
Beantragt wurde, das BVwG möge die Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.8.2024 als verspätet zurückweisen.
5. Am 21.3.2025 gab das BFA dem BVwG auf Nachfragen bekannt, dass gegen den Bescheid vom 30.1.2025 betreffend Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung keine Beschwerde erhoben worden und der Bescheid folglich in Rechtskraft erwachsen sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Bescheid des BFA vom 28.8.2024, mit dem über den Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 5.7.2023 abgesprochen wurde, wurde durch Hinterlegung am 4.9.2024 zugestellt (Verständigung von der Hinterlegung durch Einlegen in die Abgabeeinrichtung, Beginn der Abholfrist laut Rückschein: 4.9.2024).
1.2. Am 14.11.2024 stellte die nunmehrige Vertretung des BF einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, verbunden mit der gegenständlichen Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 28.8.2024.
1.3. Mit Bescheid vom 30.1.2025 wies das BFA den Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 33 Abs 1 VwGVG ab. Dieser – der nunmehrigen Vertretung des BF durch persönliche Übernahme am 4.2.2025 zugestellte - Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des BFA sowie durch Einholung einer Auskunft beim BFA hinsichtlich der Rechtskraft des Bescheids vom 30.1.2025 betreffend Wiedereinsetzung.
2.2. Die Feststellungen zur Hinterlegung des Bescheids vom 28.8.2024 (Beginn der Abholfrist: 4.9.2024) ergeben sich unmittelbar aus dem im Akt erliegenden Zustellnachweis, in dem ausdrücklich vermerkt wurde, dass die Verständigung von der Hinterlegung durch Einlegen in die Abgabeeinrichtung erfolgte.
Der BF stellte die Hinterlegung nicht infrage, sondern er brachte in seinem Wiedereinsetzungsantrag vor, er habe die Hinterlegungsanzeige „nie gesehen“ und sei sein Postkasten auch zugeklebt worden. Auf dem seinem Wiedereinsetzungsantrag beigelegten Foto geht nicht hervor, dass tatsächlich konkret sein Postkasten zugeklebt wurde; selbst wenn man sein Vorbringen zugrunde legen würde, wäre auch völlig offen, wann der Postkasten zugeklebt wurde. Der Zustellnachweis - eine öffentliche Urkunde – wird durch ein solches Vorbringen jedenfalls nicht entkräftet (vgl. z. B. VwGH 2.7.2024, Ra 2022/02/0199). Wie noch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung aufgezeigt wird, ändert im Übrigen eine allfällige Entfernung der Verständigung von der Hinterlegung nichts an der erfolgten Zustellung.
2.3. Folgerichtig hat der BF den aktenkundigen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gestellt.
2.4. Die Feststellung, dass der Bescheid des BFA vom 30.1.2025 betreffend Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung durch persönliche Übernahme durch die Rechtsvertretung des BF am 4.2.2025 zugestellt wurde, folgt aus dem im Akt erliegenden Zustellnachweis.
Dass gegen diesen Bescheid keine Beschwerde erhoben wurde und er folglich in Rechtskraft erwachsen ist, folgt aus einer Auskunft des BFA an das BVwG vom 21.3.2025 (OZ 4).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde als verspätet
3.1. Die Zuständigkeit des BVwG und die Entscheidung durch Einzelrichter ergeben sich aus § 7 BFA-VG und § 6 BVwGG.
3.2. § 7 Abs 4 VwGVG lautet auszugsweise:
(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. […]
3.3. § 17 ZustG lautet:
§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.
3.4. Konkret: Zur Zurückweisung der Beschwerde als verspätet
Wie bereits oben dargestellt, wurde der Bescheid des BFA vom 28.8.2024 ordnungsgemäß hinterlegt (Beginn der Abholfrist: 4.9.2024). Der vom BF ins Treffen geführte Umstand, dass er die Hinterlegungsanzeige „nie gesehen“ habe, vermag an der erfolgten Zustellung nichts zu ändern (vgl. z. B. VwGH 2.7.2024, Ra 2022/02/0199, VwGH 16.1.1997, 95/18/1100); vgl. auch § 17 Abs 4 ZustG, wonach die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig ist, wenn die Verständigung beschädigt oder entfernt wurde. Sonstige Zustellmängel wie eine Ortsabwesenheit wurden nicht ins Treffen geführt.
Ausgehend von einer Zustellung des Bescheids am 4.9.2024 hatte die vierwöchige Beschwerdefrist am 2.10.2024 geendet. Die am 14.11.2024 eingebrachte Beschwerde erweist sich somit als verspätet. Folgerichtig hat der BF mit Schriftsatz vom 14.11.2024 unter einem einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gestellt. Gegen den diesen Wiedereinsetzungsantrag abweisenden Bescheid des BFA vom 30.1.2025 hat der BF jedoch keine Beschwerde erhoben; er ist in Rechtskraft erwachsen. Es steht somit rechtskräftig fest, dass keine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist erfolgt.
Zusammengefasst wurde die Beschwerde verspätet eingebracht und erfolgte auch keine Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist, weshalb die Beschwerde spruchgemäß als verspätet zurückzuweisen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die einschlägigen gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Einhaltung der Beschwerdefrist sind bereits ihrem Wortlaut nach klar und besteht diesbezüglich eine einheitliche Rechtsprechung des VwGH.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da die Beschwerde zurückzuweisen ist.