Spruch
W198 2294538-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Kurt SCHEBESTA sowie Josef HERMANN als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX , vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Thomas MAJOROS, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Schloßhofer Straße vom 02.05.2024, VSNR: XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 13.06.2024, GZ: XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21.02.2025, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Bei der am 18.04.2024 vor dem Arbeitsmarktservice Wien Schloßhofer Straße (im Folgenden: AMS) wegen Weigerung, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung teilzunehmen, aufgenommenen Niederschrift, gab XXXX (in der Folge: Beschwerdeführer) im Wesentlichen zu Protokoll, dass er von 02.04.2024 bis 04.04.2024 wegen Rückenschmerzen im Krankenstand gewesen sei. Er habe laufend Probleme mit seinem Rücken und müsse deswegen immer wieder in Krankenstand gehen. Er habe bis jetzt noch keine Therapie gemacht, da ihm der Arzt immer wieder nur Spritzen gebe, aber keine Therapie verschreibe.
2. Mit Bescheid des AMS vom 02.05.2024, VSNR: XXXX , wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG im Ausmaß von 56 Tagen ab 03.04.2024 verloren hat. Das angeführte Ausmaß verlängert sich um die in ihm liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wird. Die Ausschlussfrist wird unterbrochen, sofern aus einem anderen Grund als wegen eines Ausschlusses gemäß §§ 10 oder 49 AlVG kein Leistungsanspruch besteht. Während eines Ausschlusses gemäß § 10 AlVG gelten weiterhin alle gegenüber dem AMS bestehenden Verpflichtungen. Begründend wurde ausgeführt, dass das AMS am 03.04.2024 Kenntnis darüber erlangt habe, dass der Beschwerdeführer die Teilnahme an einer vom AMS zugewiesenen Kursmaßnahme ohne triftigen Grund verweigert habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15.05.2024 fristgerecht Beschwerde. Darin führte er aus, dass er seit Jahren Rückenschmerzen habe; er habe auch in regelmäßigen Abständen Schübe, in denen die Schmerzen so stark seien, dass er nichts machen könne. Einen solchen Schub habe er auch vor besagtem Kurs gehabt und sei er deshalb auch von 02.04.2024 bis 04.04.2024 im Krankenstand gewesen.
4. Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS als belangte Behörde gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 13.06.2024 datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer am 21.12.2022 erstmals aufgetragen worden sei, an der Maßnahme „Englisch und Wirtschaftsenglisch“ teilzunehmen. Er habe diese Maßnahme nicht angetreten. In der Folge sei er weitere sieben Mal zu dieser Maßnahme zugewiesen worden, er habe diese Maßnahme jedoch nie angetreten und habe stets Krankenstände ab dem ersten Tag der Maßnahme gemeldet und entsprechende Arbeitsunfähigkeitsmeldungen vorgelegt. Verfahrensgegenständlich sei der Beschwerdeführer am 25.03.2024 erneut zu der Maßnahme zugewiesen worden; er sei jedoch am 02.04.2024 wiederum nicht erschienen und habe eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung für 02.04.2024 bis 04.04.2024 vorgelegt. Das AMS stelle in freier Beweiswürdigung fest, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsmeldung nicht als triftiger Hinderungsgrund für den Nichtantritt der verfahrensgegenständlichen Maßnahme anerkannt werde. Bei dieser klaren und eindeutigen Häufigkeit von Arbeitsunfähigkeitsmeldungen, stets mit Beginn an einem vom AMS vorgeschriebenen Termin, gehe das AMS davon aus, dass der Beschwerdeführer die Arbeitsunfähigkeitsmeldungen nutze, um nicht an Maßnahmen und Terminen des AMS teilnehmen zu müssen. Der Beschwerdeführer habe somit durch sein Verhalten den Nichterfolg der Maßnahme in Kauf genommen und sich geweigert, an der ordnungsgemäß zugewiesenen Maßnahme teilzunehmen. Der Tatbestand des § 10 AlVG sei damit erfüllt.
5. Mit Schreiben vom 27.06.2024 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Antrag auf Vorlage.
6. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden am 28.06.2024 gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
7. Am 17.07.2024 langte eine Vollmachtsbekanntgabe beim Bundesverwaltungsgericht ein.
8. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 18.07.2024 der belangten Behörde die Vollmachtsbekanntgabe übermittelt.
9. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 21.02.2025 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Beschwerdeführer im Beisein seiner Rechtsvertretung sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer steht seit 14.06.2010 im Wesentlichen im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung; seit 27.01.2011 steht er im Notstandshilfebezug, unterbrochen durch sehr kurze Dienstverhältnisse und Krankengeldbezüge.
Am 21.12.2022 wurde dem Beschwerdeführer vom AMS erstmals aufgetragen, an der Maßnahme „Englisch und Wirtschaftsenglisch“ mit Beginn am 09.01.2023 teilzunehmen. Der Beschwerdeführer hat diese Maßnahme aufgrund eines Krankenstandes von 09.01.2023 bis 10.02.2023 nicht angetreten.
In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer erneut mehrfach zu dieser Maßnahme zugewiesen und hat der Beschwerdeführer aufgrund von – stets genau (mit einer Ausnahme) am ersten Tag der Maßnahme beginnenden - Krankenständen die Maßnahme erneut jeweils nicht angetreten.
In der folgenden Tabelle werden jeweils die Tage der Zuweisung zur Maßnahme, der Maßnahmenbeginn sowie der Krankenstand dargestellt:
Am 25.03.2024 wurde mit dem Beschwerdeführer eine Betreuungsvereinbarung abgeschlossen, in welcher erneut die (verfahrensgegenständliche) Teilnahme am Englischkurs ab 02.04.2024 vereinbart wurde.
Am selben Tag wurde dem Beschwerdeführer auch das diesbezügliche Einladungsschreiben ausgefolgt, in welchem ihm der Veranstalter, der Veranstaltungsort sowie Datum und Uhrzeit zur Kenntnis gebracht wurden. Weiters wurde in dem Schreiben die Maßnahme inhaltlich sowie der Zweck bzw. das Ziel der Maßnahme erläutert. Der Beschwerdeführer wurde zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Weigerung, am Kurs teilzunehmen bzw. die Vereitelung des Erfolgs dieses Kurses gemäß § 10 AlVG den Verlust des Leistungsanspruches für mindestens sechs Wochen nach sich zieht.
Der Beschwerdeführer ist aufgrund eines erneuten Krankenstandes (Arbeitsunfähigkeit von 02.04.2024 bis 04.04.2024) wiederum nicht zum Kursbeginn am 02.04.2024 erschienen. Die Arbeitsunfähigkeitsmeldung wurde am 03.04.2024 ausgestellt.
Die Teilnahme an der Maßnahme „Englisch und Wirtschaftsenglisch“ wäre dem Beschwerdeführer objektiv zumutbar gewesen.
Festgestellt wird weiters, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten den Erfolg der ihm vom AMS zugewiesenen Wiedereingliederungsmaßnahme vereitelt hat. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen liegen nicht vor.
Überdies wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer auch zu Kontrollmeldeterminen am 03.03.2023 und 18.12.2023 jeweils am Tag des Termins den Beginn eines Krankenstandes gemeldet hat (Arbeitsunfähigkeit von 03.03.2023 bis 09.03.2023 und von 18.12.2023 bis 20.12.2023).
Am 18.04.2024 wurde der Beschwerdeführer erneut zur Maßnahme „Englisch und Wirtschaftsenglisch“ mit Beginn am 23.04.2024 zugewiesen. Er hat die Maßnahme auch zu diesem Termin nicht angetreten und hat eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung für 23.04.2024 vorgelegt.
2. Beweiswürdigung:
Der Leistungsbezug des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Bezugsverlauf.
Die Feststellung, wonach dem Beschwerdeführer am 21.12.2022 erstmals aufgetragen wurde, an der Maßnahme „Englisch und Wirtschaftsenglisch“ mit Beginn am 09.01.2023 teilzunehmen, ergibt sich aus der Betreuungsvereinbarung vom 21.12.2022 (Anhang 99 des vorgelegten Verwaltungsaktes) in Verbindung mit dem Vermerk des AMS vom 21.12.2022 (Anhang 98).
Die Arbeitsunfähigkeitsmeldung für den Zeitraum 09.01.2023 bis 10.02.2023 liegt im Akt ein (Anhang 93).
Die Feststellungen zu den weiteren Zuweisungen zur Maßnahme ergeben sich aus den im Akt einliegenden unbedenklichen Unterlagen. Der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, dass die in der obigen Tabelle angeführten Zuweisungen erfolgt sind. Für die – ebenfalls in der Tabelle angeführten – Krankenstände liegen jeweils entsprechende Arbeitsunfähigkeitsmeldungen im Akt ein.
Die Betreuungsvereinbarung vom 25.03.2024 liegt ebenso im Akt ein (Anhang 31).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er das Einladungsschreiben am 25.03.2024 erhalten hat.
Es ist weiters unstrittig, dass der Beschwerdeführer nicht zum Kursbeginn am 02.04.2024 erschienen ist. Die am 03.04.2024 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsmeldung für den Zeitraum 02.04.2024 bis 04.04.2024 liegt im Akt ein und wurde in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nochmals von der Rechtvertretung des Beschwerdeführers vorgelegt (Beilage C).
Trotz vorliegender Arbeitsunfähigkeitsmeldung konnte der Beschwerdeführer jedoch das Vorliegen eines wichtigen Grundes, welcher ihn von der Teilnahme an der Maßnahme abgehalten hätte, nicht glaubhaft machen. Dies aus folgenden, beweiswürdigenden, Erwägungen:
Den Feststellungen folgend sind insgesamt acht Zuweisungen zum Kurs „Englisch und Wirtschaftsenglisch“ erfolgt, bei denen der Beschwerdeführer stets genau zum Kursbeginn einen Krankenstand gemeldet hat (mit einer Ausnahme, wo er bereits vier Tage vor Kursbeginn den Krankenstand meldete). Es liegt der Verdacht nahe, dass es sich hierbei um kein zufälliges Ereignis handelt, sondern vielmehr die entsprechenden Arbeitsunfähigkeitsmeldungen nicht aus sachlichen Gründen, sohin nicht medizinisch begründet, ausgestellt wurden und der Beschwerdeführer diese vielmehr dazu nutzte, um nicht an den zugewiesenen Maßnahmen teilnehmen zu müssen bzw. eine Teilnahme zu umgehen.
Am 25.03.2024 wurde der Beschwerdeführer zu dem gegenständlichen Kurs zugewiesen. Der Kursbeginn für diese Maßnahme wäre der 02.04.2024 gewesen. Wie bereits bei den sieben Zuweisungen zuvor, meldete sich der Beschwerdeführer wiederum mit dem Tag des Kursbeginns krank. Die entsprechende Arbeitsunfähigkeitsmeldung vom 03.04.2024 weist den Krankenstand von 02.04.2024 bis 04.04.2024 aus. Auch die überwiegend relativ kurze Dauer der jeweiligen Krankenstände spricht dafür, dass sich der Beschwerdeführer nur deswegen krankgemeldet hat, damit er zum Kurs nicht erscheinen müsse.
Bezüglich des Nichterscheinens des Beschwerdeführers zu Kontrollmeldeterminen zeigte sich dasselbe Bild. Wie festgestellt, hat der Beschwerdeführer auch zu den vorgeschriebenen Kontrollmeldeterminen am 03.03.2023 und 18.12.2023 jeweils am Tag des Termins den Beginn eines Krankenstandes gemeldet (Arbeitsunfähigkeit von 03.03.2023 bis 09.03.2023 und von 18.12.2023 bis 20.12.2023). Auch diese Krankenstände waren jeweils von kurzer Dauer. In einer Gesamtschau ergibt sich ein einheitliches Bild dahingehend, dass der Beschwerdeführer die Krankenstände dazu nützt, um vom AMS vorgeschriebene Termine/Maßnahmen zu umgehen. Diesen vom erkennenden Senat gewonnenen Eindruck konnte der Beschwerdeführer auch durch seine in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht getätigten Aussagen nicht entkräften. So gab er auf Vorhalt, dass er regelmäßig genau zum Beginn der Maßnahme einen Krankenstand melde, nur völlig vage an: „Was soll ich dazu sagen. Es passiert. Mit den Schmerzen zu dem Zeitpunkt. Was soll ich machen? Ich habe auch jetzt Schmerzen“. Der Beschwerdeführer konnte durch seine in der Verhandlung getätigten Angaben nicht glaubhaft machen, dass er tatsächlich jeweils am Tag des Beginns der Maßnahme unter solch starken Rückenschmerzen litt, dass ihm eine Teilnahme nicht möglich gewesen wäre. Dies deshalb, da die Aussagen des Beschwerdeführers zu seinen Schmerzen unsubstanziiert und teilweise widersprüchlich waren. So gab er auf die Frage, ob sich seine Rückenschmerzen seit dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt verschlechtert oder verbessert hätten, zunächst an, dass sie in den letzten drei oder vier Monaten nachgelassen hätten. Im Widerspruch dazu gab er im weiteren Verlauf der Verhandlung hingegen an, dass er momentan größere Schmerzen habe.
Weiters hat der Beschwerdeführer bei der ärztlichen Untersuchung am 27.02.2020 bei der Pensionsversicherungsanstalt angegeben, dass er physikalische Therapien schon hinter sich haben, die aber nichts gebracht hätten. In der Niederschrift vor dem AMS am 18.04.2024 führte er hingegen im Widerspruch dazu aus, dass er bis jetzt keine Therapie wegen seinem Rücken gemacht habe. Der Beschwerdeführer konnte dem entsprechenden Vorhalt dieses Widerspruchs in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht substanziiert entgegentreten, sondern gab er lediglich an, dass er sich nicht erinnern könne, dass er gesagt hätte, dass er keine Therapie gemacht habe. Auf nochmalige Nachfrage und Vorhalt der Niederschrift vom 18.04.2024 gab der Beschwerdeführer schließlich an, dass er damals gefragt worden sei, ob er derzeit in Therapie sei, er die Frage vielleicht falsch verstanden habe oder es falsch protokolliert worden sei. Er gab in der Verhandlung an, dass er wegen seiner Rückenprobleme sehr wohl zwei physikalische Behandlungen gemacht habe. Nachgefragt, wann dies gewesen sei, blieb er erneut völlig vage und gab an: „Einmal war es 2012 und einmal 2013 oder 2014, keine Ahnung mehr. Es ist länger her. […]“.
In einer Gesamtschau der dargelegten beweiswürdigenden Erwägungen sowie der Häufung der Krankenstände stets genau (mit einer Ausnahme) zu Beginn der vorgeschriebenen Maßnahmen ist fallgegenständlich davon auszugehen, dass den Arbeitsunfähigkeitsmeldungen keine entsprechend gravierende medizinische Indikation zu Grunde lag und es dem Beschwerdeführer sehr wohl möglich gewesen wäre, an der gegenständlichen Maßnahme mit Beginn am 02.04.2024 teilzunehmen. Angemerkt wird in diesem Zusammenhang, dass laut Aussage des Vertreters der belangten Behörde in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführer mittlerweile am 05.04.2024 seitens der Österreichischen Gesundheitskasse in das sogenannte MAP-Programm (Missbrauch-Entdeckung-Prävention) aufgenommen wurde.
Die Feststellungen zu den versäumten Kontrollmeldeterminen am 03.03.2023 und 18.12.2023 sowie zum erneuten Nichtantritt der Maßnahme am 23.04.2024 ergeben sich unzweifelhaft aus den diesbezüglichen Unterlagen im Akt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS Wien Schloßhofer Straße.
§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 1 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszwecks, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, nicht nur eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen, sondern - erforderlichenfalls - auch an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen. Um sich durch die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Teilnahme ausgerichteten aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, den Erfolg der Maßnahme zu vereiteln (vgl. VwGH 06.07.2011, 2009/08/0114, u.v.a.).
Der befristete Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld tritt gemäß dem im konkreten Fall zur Anwendung gelangenden § 10 Abs. 1 Z 3 AlVG dann ein, wenn sich die arbeitslose Person ohne wichtigen Grund weigert, an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teilzunehmen bzw. deren Erfolg vereitelt.
Unter „Weigerung“ ist die ausdrückliche oder schlüssige Erklärung der arbeitslosen Person zu verstehen, an einer ihr zugewiesenen Wiedereingliederungsmaßnahme nicht teilzunehmen. Die Vereitelung des Erfolgs einer Wiedereingliederungsmaßnahme oder Schulung iSd § 10 AlVG bzw. die Weigerung daran teilzunehmen setzt somit das Vorliegen einer (wirksamen) Zuweisung des Arbeitslosen voraus.
Der Tatbestand der Weigerung ist nur dann verwirklicht, wenn die Weigerung der arbeitslosen Person, an einer ihr zugewiesen Nach(Um)schulung teilzunehmen, in objektiver Kenntnis des Inhalts der erforderlichen Nach(Um)schulung und der Zumutbarkeit und Erforderlichkeit einer solchen Maßnahme erfolgt (VwGH 18.10.2000, 99/08/0027). Dies gilt auch für Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Wurden dem Arbeitslosen weder seine Defizite dargelegt, noch ihm erklärt, welcher Erfolg mit der konkreten Maßnahme erreicht werden soll, kann ihm nicht unterstellt werden, er habe deren Erfolg vorsätzlich vereitelt (VwGH 15.3.2005, 2004/08/0210).
Eine ungerechtfertigte Weigerung liegt somit nur dann vor, wenn
1. es sich überhaupt um eine wirksam zugewiesene zumutbare Maßnahme handelt,
2. feststeht, dass die Kenntnisse und Fähigkeiten des Arbeitslosen für die Erlangung bzw. Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung nach Lage des in Betracht kommenden Arbeitsmarktes nicht ausreichend sind und es deshalb einer solchen Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt bedarf und
3. das Arbeitsmarktservice das Ergebnis des diesbezüglichen Ermittlungsverfahrens dem Arbeitslosen – unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Weigerung – aus den Verwaltungsakten nachvollziehbar zur Kenntnis gebracht hat und
4. der Arbeitslose dennoch ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme abgelehnt bzw. den Erfolg der Maßnahme vereitelt hat.
5. Die Verhängung einer Sanktion ist außerdem nur bei (zumindest bedingtem) Vorsatz gerechtfertigt, nicht jedoch bei bloßen Sorgfaltswidrigkeiten des Arbeitslosen. Wurden dem Arbeitslosen weder seine (Ausbildung)defizite dargelegt noch ihm erklärt, welcher Erfolg mit der konkreten Maßnahmen erreicht werden soll (wurde also die erforderliche Maßnahmenbelehrung nicht ordnungsgemäß durchgeführt), kann ihm nicht unterstellt werden, er habe deren Erfolg vorsätzlich vereitelt.
Der Gesetzgeber hat durch die mit BGBl. I Nr. 104/2007 (mit Wirkung vom 1. Jänner 2008) angefügte Zumutbarkeitsregelung im § 9 Abs. 8 AlVG ausdrücklich festgehalten, dass das AMS bei Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt der arbeitslosen Person die Gründe anzugeben hat, die eine Teilnahme einer derartigen Maßnahme als zur Verbesserung der Wiederbeschäftigungschancen notwendig oder nützlich erscheinen lassen, soweit diese nicht auf Grund der vorliegenden Umstände, wie insbesondere einer längeren Arbeitslosigkeit in Verbindung mit bestimmten bereits im Betreuungsplan erörterten Problemlagen, die einer erfolgreichen Arbeitsaufnahme entgegenstehen, als bekannt angenommen werden können. Damit kann in jenen Fällen, in denen die Erforderlichkeit einer Maßnahme zur Wiedereingliederung offenkundig ist, die an sich für das AMS bestehende Begründungspflicht unmittelbar vor der Zuweisung entfallen.
Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer am 25.03.2024 die gegenständliche Kursmaßnahme zugewiesen. Eine Belehrung über die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG ist im Einladungsschreiben enthalten. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer hinreichend über die Defizite und die Gründe für die Zuweisung aufgeklärt. Gegen die Zuweisung der gegenständlichen Maßnahme an den Beschwerdeführer bestehen insgesamt keine Bedenken und wurde die ordnungsgemäße Zuweisung in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht außer Streit gestellt.
Unter Vereitelung versteht man ein für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung bzw. des Erfolges einer Nach(Um-)schulungs– oder Wiedereingliederungsmaßnahme ursächliches und auf den Eintritt dieser Wirkung gerichtetes (oder sie zumindest in Kauf nehmendes) Verhalten des Arbeitslosen.
Um sich durch die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Teilnahme ausgerichteten aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, den Erfolg der Maßnahme zu vereiteln. (vgl. VwGH vom 15.11.2000, Zl. 96/08/0042)
Der Beschwerdeführer ist nicht zu der ihm zugewiesenen Veranstaltung mit Beginn am 02.04.2024 erschienen. Er hat dadurch eine Vereitelungshandlung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 AlVG gesetzt.
Es ist auch bedingter Vorsatz gegeben, zumal es dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein muss, dass sein Nichterscheinen zur Maßnahme den Erfolg der Maßnahme vereitelt.
In den Fällen des § 10 Abs. 1 Z 2 und 3 AlVG ist jedoch ein sanktionierbarer Tatbestand nicht gegeben, wenn für die Verweigerung bzw. Vereitelung ein wichtiger Grund vorliegt. Für die Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes „wichtiger Grund“ sind vor allem Zumutbarkeitsgesichtspunkte maßgebend, wobei auch – aber nicht ausschließlich – die für Beschäftigungsverhältnisse genannten Kriterien – vor allem jene der möglichen Gesundheitsgefährdung – soweit sie der Sache nach in Betracht kommen - zu berücksichtigten sind (vgl. VwGH vom 18.10.2000, Zl. 98/08/0304; VwGH vom 21.04.2004, Zl. 2001/08/0224). Im Erkenntnis vom 18.10.2000, Zl. 98/08/0304, hat der VwGH aber auch näher dargelegt, dass der Gesetzgeber mit dem Kriterium des „wichtigen Grundes“ in den auf die Nichtteilnahme an Nach(um)schulungen und Wiedereingliederungsmaßnahmen bezogenen Fällen des § 10 Abs. 1 AlVG eine nicht auf die Fälle des § 9 Abs. 2 bis 5 AlVG beschränkte Berücksichtigung von Zumutbarkeitskriterien – in Bezug auf die Maßnahme – ermöglicht hat und davon etwa unter dem auch im vorliegenden Fall offenkundigen Gesichtspunkt der Nachholbarkeit der Maßnahme gerade dann, wenn es nur um die Festlegung des Termins für die Teilnahme geht, ohne Anlegung allzu strenger Maßstäbe Gebrauch zu machen ist. Somit können familiäre Betreuungspflichten ohne die strengen Voraussetzungen des § 9 Abs. 3 AlVG berücksichtigt werden (vgl. VwGH vom 18.10.2000; Zl. 99/08/0027).
Im gegenständlichen Fall kann vom Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht ausgegangen werden. Auch wenn nicht verkannt wird, dass eine am 03.04.2024 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsmeldung für den Zeitraum 02.04.2024 bis 04.04.2024 vorliegt, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer - wie beweiswürdigend ausgeführt - das Vorliegens eines wichtigen Grundes, welcher ihn von der Teilnahme an der Maßnahme abgehalten hätte, nicht glaubhaft machen konnte.
Es wird hierzu auf das Erkenntnis des VwGH vom 17.02.2022, Ra 2020/08/0190, verwiesen, wonach auf die Richtigkeit der Diagnose und der Arbeitsunfähigkeitsmeldung nicht vertraut werden darf, wenn die ärztliche Einschätzung bewusst auf unrichtigen bzw. den Leidenszustand bewusst übertreibenden Angaben des Arbeitslosen gründet. Im gegenständlichen Fall kann sich die ärztliche Einschätzung vom 03.04.2024, wonach der Beschwerdeführer bereits am 02.04.2024 Rückenschmerzen gehabt hätte, nur auf die Schilderungen des Beschwerdeführers stützen. Verwiesen wird in diesen Zusammenhang auch auf die entsprechende arbeitsrechtliche Judikatur, OGH vom 15.04.1998, 9 ObA 52/98g, auf welche sich die zuvor genannte Judikatur des VwGH stützt.
Ein wichtiger Grund für die Verweigerung der gegenständlichen Maßnahme liegt sohin nicht vor.
Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG liegen ebenfalls nicht vor. Ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinn des § 10 Abs. 3 AlVG kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potentiellen Schaden, der durch seine Nichteinstellung entstanden ist, ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden oder auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann (vgl. dazu VwGH 26.11.2008, Zl. 2006/08/0242). Darüber hinaus berücksichtigungswürdig sind Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss von Bezug der Leistungen den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter trifft als dies sonst ganz allgemein der Fall ist. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an. Weder der festgestellte Sachverhalt noch der vorgelegte Verwaltungsakt (insbesondere auch die Beschwerde/der Vorlageantrag des Beschwerdeführers) bieten Anhaltspunkte für das Vorliegen von Nachsichtgründen im Sinn des § 10 Abs. 3 AIVG.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.