JudikaturBVwG

W604 2298086-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
28. März 2025

Spruch

W604 2298086-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herbert PLESCHBERGER als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag.a Ulrike Scherz und den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzende über die Beschwerde der XXXX geboren am XXXX bevollmächtigt vertreten durch den KOBV – Der Behindertenverband für Wien, NÖ Bgld., gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Landesstelle XXXX ) vom 04.06.2024, GZ. XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides abgeändert, sodass er wie folgt zu lauten hat:

Dem Antrag der XXXX , geboren am XXXX , auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 31.01.2024 wird stattgegeben.

Der Grad der Behinderung beträgt fünfzig (50) von Hundert (vH).

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin stellte am 31.01.2024 bei der belangten Behörde, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses.

2. Mit Bescheid vom 04.06.2024 wies die belangte Behörde den Antrag gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG unter Berufung auf das abgeführte medizinische Beweisverfahren und spruchmäßiger Feststellung eines Grades der Behinderung in Höhe von 20 vH ab.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die mit Einlangen am 06.06.2024 erhobene Beschwerde, mittels welcher die Beschwerdeführerin unter Vorlage medizinischer Beweismittel eine zu geringe Beurteilung der vorliegenden Gesundheitsschädigungen moniert.

4. Zur Überprüfung der medizinischen Gegebenheiten holte die belangte Behörde daraufhin ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten auf Basis der Aktenlage mit dem Ergebnis ein, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH zu bewerten sei. Mit Stellungnahme vom 26.07.2024 brachte die Beschwerdeführerin wiederum ihr fehlendes Einverständnis zum Ausdruck.

5. Am 26.08.2024, eingelangt am 27.08.2024, hat die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

6. Zur Überprüfung der medizinischen Gegebenheiten führte das Bundesverwaltungsgericht ein medizinisches Beweisverfahren mit dem Ergebnis durch, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH zu bewerten sei. Einwendungen wurden im Rahmen des gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs nicht erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin, XXXX , geboren am XXXX hat ihren Wohnsitz im Inland. Mit Einlangen bei der belangten Behörde am 31.01.2024 beantragte sie die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 04.06.2024 mit Einlangen am 06.06.2024 erhobene Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Erledigung vom 26.08.2024, eingelangt am 27.08.2024, vorgelegt. Gegen das von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte medizinische Sachverständigengutachten wurden keine Einwendungen erhoben.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 vH.

Die Beurteilung der Funktionseinschränkungen gestaltet sich wie folgt:

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Identität der Beschwerdeführerin, deren inländischer Wohnsitz sowie die zum Verfahren getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unzweifelhaft dokumentierten Beweismitteln und Vorgängen. Die Antragstellung ist zweifelsfrei dokumentiert, ebenso die Erhebung der Beschwerde und deren Vorlage, Stellungnahmen sind im gerichtlich veranlassten Parteiengehör nicht erhoben worden.

2.2. Die Feststellungen zu den vorliegenden Funktionseinschränkungen und dem daraus resultierenden Grad der Behinderung ergeben sich aus dem durch das Bundesverwaltungsgericht erhobenen Sachverständigenbeweis in Zusammenschau mit den aktenkundigen Beweismitteln.

Das eingeholte und auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 05.12.2024 basierende medizinische Gutachten der Sachverständigen XXXX Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht im Widerspruch. Auch ist dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Das Gutachten ist vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der einschätzungsrelevanten Leiden und deren Ausmaß eingegangen. Die getroffene Einschätzung des Behinderungsgrades, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entspricht unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen. Besagte Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, die befasste Sachverständige hat sich damit auseinandergesetzt. Die aktenkundigen Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zu den Ergebnissen des erhobenen Sachverständigenbeweises, es wird kein aktuell anderes Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt und enthalten sie auch keine unberücksichtigt gebliebenen fachärztlichen Aspekte. Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin findet sich differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern und wird von der Sachverständigen dazu nachvollziehbar Stellung genommen. Die dokumentierte Gesundheitsschädigung wird in Zusammenschau mit dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Status nunmehr vollumfänglich berücksichtigt und resultiert hieraus die abweichende Einschätzung des vorliegenden Leidens mit einem Grad der Behinderung von 50 vH. Die Verfahrensparteien sind der gutachterlichen Beurteilung weder hinsichtlich der gewählten Position der Einschätzungsverordnung noch des konstatierten Grades der Behinderung entgegengetreten und wurde auch die fachliche Eignung der befassten Sachverständigen zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen.

2.2.1. Die Beurteilung des Leidens „Depression mit Angst“ erfolgte durch die fachärztliche Sachverständige XXXX im Einklang mit der Einschätzungsverordnung unter Richtsatzposition 03.06.02, welche für depressive und manische Störungen mittleren Grades heranzuziehen ist. Hierbei hat ein Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH zur Anwendung zu gelangen, wenn Leistungsfähigkeit und soziale Kontakte schwer aufrecht zu erhalten sind. Die Sachverständige erläutert schlüssig, dass sich aus den vorliegenden Befunden und dem Ergebnis der durchgeführten persönlichen Untersuchung ergebe, dass die Beurteilung dieser Gesundheitsschädigung zu gering erfolgt und deren Auswirkungen nur unzureichend berücksichtigt worden seien. Es seien nunmehr die Depressionen, die Anspannung, die innere Unruhe und Schlafstörungen berücksichtigt worden. Zudem bestünden bei der Beschwerdeführerin emotionale Instabilität, ängstlich-vermeidende Persönlichkeit und ADHS-Symptomatik, welche ebenso zu berücksichtigen gewesen seien. Die Beschwerdeführerin benötige aufgrund der psychischen Erkrankung, welche sich durch mehrfache Symptomatik – inklusive rezidivierender Suizidgedanken – äußere, regelmäßig Therapien und sei deshalb auch in einer Tagesklinik in Betreuung. Diese Beurteilung bestätigend wird auch in den von der Beschwerdeführerin vorgelegten psychiatrischen und klinisch-psychologischen medizinischen Beweismitteln das Vorliegen einer schweren depressiven Episode, einer Panikstörung und einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit rezidivierenden Suizidgedanken dokumentiert.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Nach § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.1. Zu Spruchpunkt A):

3.1.1. Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. Nr. 283/1990, ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 1 Abs. 2 BBG).

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören (§ 40 Abs. 1 BBG).

Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist (§ 40 Abs. 2 BBG).

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt (§ 41 Abs. 1 BBG).

Nach § 35 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Der Behindertenpass ist ein amtlicher Lichtbildausweis und hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum und den festgestellten Grad der Behinderung zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten (§ 42 Abs. 1 BBG). Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind nach Maßgabe der Einschätzungsverordnung als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen festgelegt (§ 2 Abs. 1 Einschätzungsverordnung).

Nach dem feststehenden Sachverhalt liegen die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 BBG hinsichtlich des Wohnsitzes bzw. gewöhnlichen Aufenthaltes im Inland vor, auch die grundsätzliche Behinderung der Beschwerdeführerin im Sinne des § 1 Abs. 2 BBG ist angesichts der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen unzweifelhaft. Der Anspruch auf Ausstellung des Behindertenpasses ergibt sich mangels Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 40 Abs. 1 Z 1 bis 5 BBG jedenfalls aus § 40 Abs. 2 BBG in Verbindung mit den dargestellten einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen.

Im Mittelpunkt des Beschwerdeverfahrens steht die abweisungsbedingende und auf sachverständiger Expertise beruhende erstbehördlich erzielte Einschätzung des Grades der Behinderung von 20 vH. Im Rahmen des im Beschwerdeverfahren erhobenen Sachverständigenbeweises wurde die bestehende „Depression mit Angst“ in Abweichung zum behördlich erzielten Ermittlungsergebnis mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH quantifiziert. Mit Blick auf den feststehenden Sachverhalt sind die eingangs dargestellten gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses damit gegeben, weshalb dem verfahrenseinleitenden Antrag zu entsprechen und der Beschwerde stattzugeben ist.

3.1.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 24 Abs. 1 VwGVG).

Die Verhandlung kann u.a. entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden (§ 24 Abs. 3 VwGVG).

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen (§ 24 Abs. 4 VwGVG).

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden (§ 24 Abs. 5 VwGVG).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (u.a. VwGH 01.09.2022, Ra 2021/03/0163 unter Verweis auf EGMR 18.7.2013, Nr. 56422/09, Schädler-Eberle/Liechtenstein, Rz 97 ff; EGMR 08.11.2016, Nr. 64160/11, Pönkä/Estland).

Maßgebend für die gegenständliche Beschwerdeentscheidung über den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses nach dem BBG und die vorgelagerte Frage nach dem Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen. Dem Beschwerdevorbringen und den vorgelegten Beweismitteln wurde im Rahmen des erhobenen Sachverständigenbeweises Rechnung getragen und resultiert daraus die Festsetzung mit einem höheren Grad der Behinderung. Im Rahmen des gerichtlich veranlassten Parteiengehörs haben die Verfahrensparteien vom zugrunde gelegten Sachverständigenbeweis vollinhaltlich Kenntnis erlangt, bei dieser Gelegenheit aber keine Einwendungen erhoben oder ein entgegenstehendes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet. Das vor dem Bundesverwaltungsgericht abgeführte Ermittlungsverfahren hat in Entsprechung der von der Beschwerdeführerin zum Ausdruck gebrachten Intention einen anspruchsbegründenden Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH an die Oberfläche gefördert, sodass Bestreitungen der entscheidungswesentlichen Tatsachen oder der diese stützenden beweiswürdigenden Erwägungen damit nicht länger zu sehen sind.

Im Ergebnis ist der Sachverhalt geklärt und lässt die Aktenlage mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen erkennen, dass eine weitere Klärung der Rechtssache durch eine mündliche Erörterung nicht zu erwarten ist. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann daher unterbleiben (vgl. zum Entfall der mündlichen Verhandlung u.a. VwGH 20.02.2023, Ra 2022/11/0144; zu den verfassungsgesetzlichen Implikationen vgl. etwa VfGH E 1873/2020; VfGH 09.06.2017, E 1162/2017).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision in Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen, die vorliegende Entscheidung hängt von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art der Leiden und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige, jeweils in Klammern zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Rückverweise