Spruch
W165 2274157-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Caritas Flüchtlingshilfe, gegen den Bescheid des Österreichischen Generalkonsulates Istanbul vom 13.04.2023, GZ: Istanbul-GK/KONS/0469/2023, beschlossen:
A)
Das Verfahren wird gemäß den §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Syriens, brachte am 07.11.2022 elektronisch und am 24.01.2023 persönlich beim Österreichischen Generalkonsulat Istanbul (im Folgenden: ÖGK Istanbul), einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 ein.
Als Bezugsperson wurde der angebliche Ehegatte der BF angegeben, dem nach Asylantragstellung vom 03.05.2022 mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), vom 11.08.2022, Zl. 1306356302/221455348, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden war.
Nach Erhalt der Antragsunterlagen teilte das BFA dem ÖGK Istanbul mit Schreiben vom 17.03.2023 gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Gewährung des Status einer Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Begründend wurde angeführt, dass die behauptete Ehe ordre public-widrig sei, die Angaben der BF zur Angehörigeneigenschaft in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen würden und die vorgelegten Dokumente bedenklich seien.
Mit Schreiben des ÖGK Istanbul vom 24.03.2023 wurden der BF die Mitteilung und die bezugnehmende Stellungnahme des BFA vom 17.03.2023 mit der Möglichkeit zur Erstattung einer Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens eingeräumt (Parteiengehör).
Die BF brachte hierzu keine Stellungnahme ein.
Mit Bescheid vom 13.04.2023 wies das ÖGK Istanbul den Antrag auf Erteilung des Einreisetitels gem. § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 mit bisheriger Begründung ab.
Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 11.05.2023, mit der im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass die Ehe nicht ordre public-widrig sei, da die BF zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits 17 Jahre alt gewesen sei. Die Eltern der BF hätten der Eheschließung bereits im Vorfeld zugestimmt und seien auch bei der Hochzeit in der Türkei persönlich anwesend gewesen. Sowohl nach islamischem als auch nach staatlichem Recht sei eine gültige Ehe geschlossen worden.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 26.06.2023, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 27.06.2023, wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt unter Hinweis darauf übermittelt, dass von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung abgesehen werde.
In weiterer Folge reiste die BF ungeachtet der Ablehnung ihres Einreiseantrages mit Bescheid des ÖGK Istanbul und des hierzu anhängigen Beschwerdeverfahrens irregulär in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 30.04.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des BFA vom 08.11.2024 wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Asylstatus gemäß § 3 AsylG 29005 abgewiesen und der BF der Status einer subsidiär Schutzberechtigten mit der damit einhergehenden Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte (gültig bis 08.11.2025) erteilt. Ein Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzuerkennung des Asylstatus ist derzeit noch beim BVwG anhängig (vgl. aktueller IZR-Auszug).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Einstellung des Verfahrens:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG, FPG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art 132 B-VG); vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren² (2018) § 28 VwGVG, Anm. 5).
Auf den gegenständlichen Sachverhalt finden diese allgemeinen Erwägungen Anwendung wie folgt:
Der BF wurde mit Bescheid vom 13.04.2023 die Ausstellung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 verweigert. Die BF reiste dessen ungeachtet während des anhängigen Beschwerdeverfahrens, somit illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 30.04.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz, dem insofern stattgegeben wurde, als der BF der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde.
Da die BF somit in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wurde der ursprünglich mit der Erteilung eines Einreisetitels angestrebte Zweck, nämlich einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, erreicht. Ein ungeachtet dessen nach wie vor bestehendes Rechtsschutzinteresse an der Erteilung eines Einreiseantrages ist somit zu verneinen.
Im Sinne eines nicht mehr vorhandenen rechtlichen Interesses an einer Sachentscheidung war das Verfahren als gegenstandslos einzustellen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.