JudikaturBVwG

W114 2304690-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
24. März 2025

Spruch

W114 2304690-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch XXXX beide Staatsangehörige der Arabischen Republik Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 2, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland vom 07.11.2024, Zl. 1364442901/231582223, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.03.2025 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX , geboren am XXXX , im Weiteren: Beschwerdeführerin oder BF, damit eine zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung minderjährige Staatsbürgerin der Arabischen Republik Syrien, stellte nach gemeinsamer unrechtmäßiger Einreise mit ihrem Onkel XXXX in das Bundesgebiet in Österreich am 09.08.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In ihrer Erstbefragung am 16.08.2023 gab sie an, syrische Staatsbürgerin, Angehörige der Volksgruppe der Araber und Sunnitin zu sein. Sie sei am XXXX in Deir ez-Zor in Syrien geboren. Ihr Heimatort sei Al-Kharita (auch als „Khreta“ oder als „Khurayta“ bezeichnet). Sie verfüge über keine Schulausbildung. Sie habe Syrien im Dezember 2020 verlassen. Ihre Mutter, ein Bruder und eine Schwester befänden sich in der Türkei.

3. Zu ihren Gründen, warum sie Syrien verlassen habe, gab sie an, dass ihr Vater im Syrienkrieg getötet worden sei und ihr Onkel von Behörden gesucht werde. Sie hätten Angst um ihr Leben gehabt, weswegen sie aus Syrien geflüchtet seien.

4. Ihr Onkel XXXX führte in seiner eigenen Erstbefragung am 09.08.2023 auf die Frage, warum er sein Land verlassen habe, Folgendes aus:

„Ich wurde in Syrien verfolgt, da ich demonstrieren gegangen bin. Daher ist mein Leben in Gefahr. Sonst habe ich keine weiteren Fluchtgründe.“

5. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Oberpullendorf vom 18.10.2023, Zl. 1 Ps 167/23b-7 wurde Herrn XXXX die Obsorge für die minderjährige BF übertragen.

6. Die BF wies sich im Asylverfahren durch Ablichtungen syrischer Dokumente aus.

7. Am 11.12.2023 fand die Einvernahme des Onkels XXXX durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt. Dabei führte er aus, dass er gemeinsam mit der BF, deren Mutter und den beiden Geschwistern der BF im Dezember 2020 Syrien illegal verlassen habe. Sie hätten in der Türkei als Landwirte gelebt. Die Türkei hätte er wegen des dort herrschenden Rassismusses und wegen einer mangelhaften Möglichkeit einer Schulbildung und einer fehlenden Zukunft verlassen. Der Onkel antwortete auf die Frage, ob er Angehörige in Syrien habe, und wo diese leben würden, mit „Ja, meine Eltern und meine Geschwister.“ Er stehe mit diesen Angehörigen auch in Kontakt und ihnen gehe es mittelmäßig. In Österreich habe er einen Bruder.

Dazu wurden – ausgehend von den Angaben durch XXXX – am 11.12.2023 auch die aktuellen Aufenthaltsorte seiner Eltern und Geschwister, mit denen er in regelmäßigem Kontakt stehe, erfasst. Demnach befänden sich seine Eltern (diese sind damit auch gleichzeitig die Großeltern väterlicherseits der BFA) gemeinsam mit seinen Brüdern XXXX und XXXX (diese sind damit geichzeitig auch Onkel väterlicherseits der BF) in der syrischen Stadt Raqqa, ein weiterer Bruder (damit auch ein weiterer Onkel väterlicherseits der BF) mit dem Namen XXXX im syrischen Idlib, ein weiterer Bruder (damit auch ein weiterer Onkel väterlicherseits der BF) mit dem Namen XXXX in der türkischen Stadt Izmir und ein Bruder mit dem Namen XXXX in Wien in Österreich. Der Bruder mit dem Namen XXXX (Dabei handelt es sich um den Vater der BF.) sei verstorben. Seine beiden Schwestern (und damit zwei Tanten väterlicherseits der BF) befänden sich in Al-Kharita, im syrischen Herkunftsort der BF.

Aufgefordert seine Ausreisegründe zu nennen, führte der Onkel aus, dass in Syrien Krieg herrsche und er zum Mililitär müsse. Er habe gegen das Assad-Regime demonstriert. Er habe Angst, verhaftet zu werden. Er wolle keine Unschuldigen töten und keine Waffe tragen.

Befragt, ob seine Nichte (= BF) die gleichen Fluchtgründe, wie er selbst habe, antwortete der Onkel, dass die BF im Krieg ihren Vater verloren habe. Sie habe Angst „dort“ weiterzuleben. Sie habe auch Angst zu sterben. Die Frage, ob er sonst noch Gründe für seine Asylantragstellung habe, verneinte er.

8. Die Beschwerdeführerin selbst wurde am 14.10.2024 vom BFA einvernommen. Sie wurde in Anwesenheit ihres Onkel XXXX kindgerecht befragt. Dabei gab sie an, dass sie nach dem Tod ihres Vaters mit einem Onkel mütterlicherseits, der den Namen XXXX trage, zusammengelebt habe. Befragt, warum Sie Syrien verlassen habe, verwies sie auf den Krieg und weil es in Syrien auch keine Schulen gebe.

9. Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Burgenland, vom 07.11.2024, Zl. 1364442901/231582223, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführerin jedoch der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Arabische Republik Syrien zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde im Wesentlichsten zusammenfassend in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die BF im Falle einer Rückkehr in ihr syrisches Herkunftsgebiet keiner Verfolgung ausgesetzt wäre und eine mit einem Konventionsgrund in Verbindung stehende Verfolgung nicht feststellbar sei.

Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen allgemeinen Lage und Situation in Syrien und des zu berücksichtigenden Kindeswohles sei der BF jedoch der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zu erteilen gewesen.

Dieser Bescheid wurde dem gesetzlichen Vertreter der Beschwerdeführerin am 27.11.2024 durch Hinterlegung zugestellt.

10. Gegen die abweisende Entscheidung hinsichtlich der Gewährung des Status einer Asylberechtigten erhob die BF, vertreten durch ihren Onkel XXXX nunmehr vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 2, 1020 Wien, (BBU), mit Schriftsatz vom 12.12.2024, am 17.12.2024 an das BFA übermittelt, fristgerecht Beschwerde an das BVwG.

In dieser Beschwerde wird erstmalig vorgebracht, dass der Vater der BF in Syrien im Herkunftsgebiet der BF in einem Krankenhaus als Krankenpfleger gearbeitet habe. Aufgrund eines in diesem Krankenhaus herrschenden Ärztemangels habe der Vater der BF auch ärztliche Aufgaben übernehmen müssen. „Schlussendlich“ sei es dazu gekommen, dass „die Angehörigen der im Krankenhaus verstorbenen Menschen“ den Vater der BF für den Tod ihrer Verwandten verantwortlich gemacht hätten.

Darüberhinaus wird in dieser Beschwerde auf die aktuelle Situation in Syrien nach dem Sturz des Assad-Regimes, auf die Situation von Kindern in Syrien allgemein und auf eine bloße Möglichkeit einer (Zwangs-)Rekrutierung von Minderjährigen hingewiesen, ohne jedoch dazu konkret, schlüssig und nachvollziehbar darzulegen, ob bzw. dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in ihre syrische Heimat auch mit maßgeblicher Wahrscheinichkeit und in Zusammenhang mit einem in der Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Konventionsgrund von einer Verfolgungsgefahr betroffen sein könnte.

In dieser Beschwerde wurde auch ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung gestellt.

11. Die gegenständliche Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens wurden dem BVwG am 19.12.2025, mit Schreiben des BFA vom 17.12.2024 zur Entscheidung vorgelegt.

12. Mit der Ladung zur mündlichen Beschwerdeverhandlung am 17.01.2025 zur GZ W114 2304690-1/3Z, wurde eine umfangreiche Liste von aktuellen Dokumenten, die damit in das verfahrensgegenständliche Beschwerdeverfahren eingebracht wurden, zum Parteiengehör übermittelt. In der Ladung wurde auch darauf hingewiesen, dass erforderlichenfalls diese Dokumente auch beim BVwG bezogen werden könnten. Das BFA und die vertretene BF verzichteten auf eine Zurverfügungstellung von einzelnen Dokumenten.

13. Weder das BFA noch die BF oder ihre Rechtsvertretung haben vor der Beschwerdeverhandlung am 20.03.2025 zum vom BVwG ins Beschwerdeverfahren eingebrachten Länderinformationsmaterial eine Stellungnahme abgegeben.

14. Am 24.01.2025 teilte das BFA mit, dass eine Teilnahme eines informierten Vertreters an der Beschwerdeverhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei.

15. Am 06.03.2025 legte die BF eine Ablichtung eines Fotos eines Ausweises ihres Vaters vor, mit dem unter Beweis gestellt werden sollte, dass der Vater der BF in Syrien in einem Spital gearbeitet habe. Dieser Ausweis sei von „Medical Relief for Syria“ für XXXX , den Vater der BF ausgestellt worden.

16. Am 20.03.2025 fand in Abwesenheit eines Vertreters des BFA im BVwG eine Beschwerdeverhandlung statt, bei der die zehnjährige Beschwerdeführerin hinsichtlich der Plausibilität und Nachvollziehbarkeit der von der BF behaupteten Fluchtgründe und einer allenfalls daraus sich ergebenden Verfolgungsgefahr kindgerecht befragt wurde. Zusätzlich wurde auch ihr Onkel XXXX zeugenschaftlich einvernommen.

Die BF konnte sich aufgrund ihres Alters nicht mehr an ihren Aufenthalt in Syrien erinnern und konnte daher zur Frage des Vorliegens allfälliger konkret drohender konventionsrelevanter Verfolgungsgründe im Falle einer Rückkehr nach Syrien keine erhellenden Angaben machen.

Von einer mündlichen Verkündung des Erkenntnisses wurde Abstand genommen, jedoch die mündliche Verhandlung als auch das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklärt.

II. Daraus ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des verfahrensgegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz der BF vom 09.08.2023, ihrer diesbezüglichen Erstbefragung am 16.08.2023 und ihrer Einvernahme vor dem BFA am 14.10.2024, der von der BF vor dem BFA vorgelegten Ablichtungen folgender syrischer Dokumente:

Geburtsurkunde der BF, samt Übersetzung in die deutsche Sprache,

Personenstandsregisterauszug der BF, samt Übersetzung in die deutsche Sprache,

Familienregisterauszug, samt Übersetzung in die deutsche Sprache,

Personenstandsregisterauszug betreffend die Schwester XXXX , samt Übersetzung in die deutsche Sprache,

Personenstandsregisterauszug betreffend den Bruder XXXX , samt Übersetzung in die deutsche Sprache,

Personenstandsregisterauszug betreffend den Vater der BF, samt Übersetzung in die deutsche Sprache,

Geburtsurkunde betreffend den Bruder XXXX , samt Übersetzung in die deutsche Sprache,

Geburtsurkunde betreffend die Mutter der BF, samt Übersetzung in die deutsche Sprache,

des angefochtenen Bescheides des BFA vom 07.11.2024, Zl. 1364442901/231582223, der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom 12.12.2024, der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin erst zehn Jahre alt ist, einer Einsichtnahme in die Bezug habenden Verfahrensunterlagen des BFA, einer Einsichtnahme in die Unterlagen des Asylverfahrens des Onkels der BF XXXX , der Beschwerde von XXXX vom 04.11.2024 gegen den Bescheid des BFA vom 26.09.2024, Zl. 1364245706/231541071, der Verhandlungsniederschrift des BVwG vom 20.03.2025 im zu GZ. W134 2303991-1 geführten Beschwerdeverfahren betreffend XXXX , einer Berücksichtigung folgender Dokumente:

UNHCR-Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der arabischen Republik Syrien fliehen vom März 2021;

derzeit aktuellstes Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 27.03.2024 (aus dem COI-CMS – Version 11) (LIB);

des EUAA-Berichtes „Country Guidance: Syria - Common analysis and guidance note“ vom April 2024;

des EUAA-Berichtes „Syria: Country Focus - Country of Origin Information Report vom März 2025;

Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024;

und unter Berücksichtigung der Ergebnisse der am 20.03.2024 im BVwG durchgeführten Beschwerdeverhandlung bzw. des persönlichen Eindruckes, den sich das erkennende Gericht in dieser mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin und ihrem Onkel XXXX der als Zeuge einvernommen wurde, verschaffen konnte, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin wurde am XXXX im syrischen Al-Kharita (auch als „Khreta“ bzw. als „Khurayta“ bezeichnet) geboren und wohnte und lebte dort, bis sie diesen Ort im Gouvernement Deir ez-Zor gemeinsam mit ihren Eltern, einer Schwester mit dem Namen Asmaa, die am XXXX in Al-Kharita geboren wurde, ihrem Bruder XXXX , der am XXXX ebenfalls in Al-Kharita geboren wurde, und ihrem Onkel XXXX verließ. Al-Kharita befindet sich ca. 20 km nordwestlich der Gouvernementshauptstadt Deir ez-Zor und steht aktuell unter Kontrolle der nach dem Sturz des Assad-Regime etablierten Übergangsregierung unter Führung der HTS. Ende November 2020 verstarb ihr Vater im Zuge einer Bomardierung im Gouvernement Idlib. Im Dezember 2020 verließ sie Syrien und reiste illegal in die Türkei, wo sie sich gemeinsam mit ihrer Mutter, ihren beiden Geschwistern und ihrem Onkel XXXX ca. zweieinhalb Jahre aufhielt, bevor sie schlepperunterstützt gemeinsam mit ihrem Onkel XXXX bis Österreich weiterreiste, wo sie am 09.08.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Die BF ist syrische Staatsbürgerin, Angehörige der Volksgruppe der Araber und sunnitische Muslima. Ihre Muttersprache ist Arabisch. Er ist aktuell mit zehn Jahren unmündig minderjährig. Ihre Mutter und ihre beiden Geschwister befinden sich in Izmir in der Türkei.

Die Großeltern väterlicherseits und zwei Brüder des Vaters der BF mit den Namen XXXX und XXXX befinden sich aktuell im syrischen Raqqa in Syrien, ein weiterer Bruder des Vaters der BF mit dem Namen XXXX im syrischen Idib. XXXX und XXXX , zwei weitere Brüder des Vaters der BF befinden sich in Izmir in der Türkei bzw. in Wien in Österreich. Zwei Schwestern des Vaters der BF, die die Namen XXXX und XXXX tragen, sind verheiratet und halten sich auch aktuell im Herkunftsort der BF, in Al-Kharita auf.

Der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des BFA vom 07.11.2024, Zl. 1364442901/231582223, in Bezug auf ihren Heimatstaat Arabische Republik Syrien der Status einer subsidiär Schutzberechtigten und eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Der Beschwerdeführerin ist gesund und in Österreich schulpflichtig. Sie besucht auch eine Schule.

1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführerin:

1.2.1. Die Beschwerdeführerin ist Halbwaise. Ihr Vater ist verstorben. Dieser Umstand ist – trotz der damit verbundenen Tragik - nicht geeignet, dass der Beschwerdeführerin dewegen der Status einer Asylberechtigten gewährt wird.

1.2.2. Auch die Tatsache, dass sie aktuell von ihrer Mutter getrennt lebt, worunter die BF nachvollziehbar leidet, führt nicht dazu, dass der BF der Status einer Asylberechtigten zu erteilen ist bzw. erteilt werden kann.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass an diesem Umstand ausschließlich die Mutter selbst und deren Verwandtschaft die Schuld dafür trifft. Offensichtlichst wurde die minderjährige Beschwerdeführerin von ihrer Mutter und ihren Geschwistern getrennt und nach Österreich „geschickt“, um über die BF zu erreichen, dass auch die Mutter der BF und ihre ebenfalls minderjährigen Geschwister im Rahmen einer Familienzusammenführung bzw. im Rahmen eines Familiennachzuges ebenfalls legal nach Österreich einreisen dürfen.

1.2.3. Die Tatsache, dass in einem Land ein Krieg oder ein Bürgerkrieg stattfindet und selbst die Angst in einer dabei stattfindenden Auseinandersetzung als Zivilistin oder als Zivilist getötet zu werden, sind keine Gründe, dass jedem Betroffenen aus einem solchen Land der Status einer bzw. eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist oder zuerkannt werden kann.

1.2.4. Zusammengefasst hat die Beschwerdeführerin selbst, aber auch ihr Onkel XXXX im Asylverfahren für die Beschwerdeführerin keine Verfolgungsgründe genannt, die dazu führen könnten, dass der Beschwerdeführerin der Status einer Asylberechtigten zu erteilen ist.

1.2.5. In der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird erstmals davon berichtet, dass der Vater der BF in einem Krankenhaus für „Medical Relief for Syria“ gearbeitet habe. Während er dort gearbeitet habe, seien auch Patienten gestorben und Angehörige von verstorbenen Patienten hätten den Vater der BF für den Tod ihrer verstorbenen Angehörigen verantwortlich gemacht. Nachdem der Vater der BF verstorben sei, würden nunmehr XXXX und die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in ihr syrisches Herkunftsgebiet von diesen Angehörigen verfolgt und getötet werden.

1.2.5.1. Das BVwG glaubt, dass XXXX , der Vater der BF, jedenfalls von 15.05.2014 bis 31.12.2014 in Deir ez-Zor für „Medical Refief for Syria“, eine humanitäre gemeinnützige Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Bedürftigen in Syrien infolge des anhaltenden Konflikts lebenswichtige medizinische Unterstützung und Hilfe zu leisten, gearbeitet hat.

1.2.5.2. Was genau XXXX bei Medical Refief for Syria gearbeitet hat, und in welchem Bereich er dabei zum Einsatz kam, kann vom BF nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

1.2.5.3. Nicht geglaubt wird, dass XXXX im Juli 2013 drei Patienten behandelt hat, die verstarben und daran anschließend von Hinterbliebenen dieser Verstorbenen deswegen derart mit dem Ermordetwerden bedroht wurde, dass XXXX diese Bedrohung auch ernst nahm bzw. ernst nehmen musste und auch tatsächlich sich davor fürchtete, deshalb ermordet zu werden.

1.2.5.4. Dem erkennenden Gericht wurde weder von der Beschwerdeführerin, noch von ihrem mit der Obsorge betrauten Onkel XXXX , noch von ihrer Rechtsvertretung glaubhaft gemacht, dass nunmehr nach mehr als zehn Jahren gerade die Beschwerdeführerin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in Ihr syrisches Herkunftsgebiet mit dem syrischen Ort Al-Kharita mit einer Verfolgung durch unbekannte Hinterbliebene von verstorbenen Patienten, die im Juli 2013 von XXXX , dem Vater der BF medizinisch bzw. pflegerisch betreut wurden, zu rechnen hat.

1.2.5.5. Insbesondere wurde dem erkennenden Gericht nicht glaubhaft gemacht, dass eine derartige Verfolgung in Zusammenhang mit ihrer Zugehörigkeit zu ihrer Familie väterlicherseits steht, zumal die Eltern und mehrere Brüder von XXXX unbehelligt von einer derartigen Verfolgung in Syrien und zwei Schwestern ihres Vaters XXXX sogar unbehelligt von einer derartigen Verfolgung auch aktuell in Al-Kharita leben.

1.2.6. Der zehnjährigen Beschwerdeführerin droht in ihrem syrischen Herkunftsgebiet, welches sie mittlerweile sowohl auf dem Land-, als auch dem Luftweg aus Österreich weitgehend sicher erreichen kann, nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder ihrer religiösen Überzeugung, wegen ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung.

1.3. Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

1.3.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 27.03.2024, überarbeitet aufgrund des Sturzes des Assad-Regimes am 08.12.2024:

„Im Jahr 2015 verlor die syrische Assad-Regierung die Kontrolle über Idlib und diverse rivalisierende oppositionelle Gruppierungen übernahmen die Macht, wobei die Freie Syrische Armee (FSA) manche Teile der Provinz schon 2012 erobert hatte. Während die syrische Regierung die gesamte Provinz zurückerobern wollte, versuchte Ankara zu verhindern, dass Idlib an Damaskus fällt, und daraufhin noch mehr Syrer in die Türkei flüchteten. Die Türkei hat HTS als terroristische Organisation eingestuft, doch hat sie die Rebellengruppe nicht aktiv daran gehindert, die Verwaltungsmacht in Idlib zu übernehmen. Im Mai 2017 einigten sich Russland, Iran und die Türkei im Rahmen der Astana-Verhandlungen auf die Errichtung vier sogenannter Deeskalationszonen (DEZ) in Syrien, wobei Idlib Teil einer DEZ wurde, die sich von den nordöstlichen Bergen Lattakias bis zu den nordwestlichen Vororten von Aleppo erstreckte und sowohl durch Hama als auch durch Idlib verlief. Gemeint waren damit kampffreie Räume, in denen Zivilisten vor Angriffen geschützt sein sollten. Gemäß der Übereinkunft von Astana rückte die türkische Armee im Oktober 2017 in die DEZ Idlib ein und errichtete Beobachtungsposten zur Überwachung der Waffenruhe. Ankara hatte sich in Astana verpflichtet, die Rebellen zu entwaffnen und den freien Verkehr auf den Fernstraßen M4 und M5 zu gewährleisten. Im Gegenzug hatten Moskau und Damaskus zugesichert, die Provinz nicht anzugreifen. Zusagen, die letztlich keine Seite einhielt. Die syrische Regierung führte im Zeitraum 2018-2020 Offensiven in Idlib durch, die zur Flucht von rund einer Million Menschen führten.

Das syrische Assad-Regime hatte den Wunsch geäußert, die Provinz zurückzuerobern, doch seit einer Offensive im März 2020, die mit einer für die syrische Regierung katastrophalen Niederlage gegen die Türkei endete, hatte das Gebiet den Besitzer nicht mehr gewechselt.

Im März 2020 vermittelten Russland und die Türkei einen Waffenstillstand, um einen Vorstoß der Assad-Regierung zur Rückeroberung von Idlib zu stoppen. Die vereinbarte Waffenruhe in der DEZ Idlib wurde weitestgehend eingehalten, sie führte zu einer längeren Pause in der Gewalt, aber sporadische Zusammenstöße, Luftangriffe und Beschuss gingen weiter. Durch den türkisch-russischen Waffenstillstand kam es an der Frontlinie zwischen den Assad-Regime-Truppen und HTS zu einem kleinen Rückgang der Gewalt. 2022 änderte sich die Intensität und Art der Vorfälle allerdings. Einerseits erhöhte HTS die Anzahl ihrer direkten Angriffe auf die syrische Regierung und andererseits kam es zu einem Anstieg an direkten bewaffneten Zusammenstößen, wobei Beschuss noch immer die häufigste Kampfart blieb.

Insbesondere im Süden der DEZ kam es unverändert regelmäßig zu Kampfhandlungen zwischen Einheiten des Assad-Regimes und seiner Verbündeten und regimefeindlichen bewaffneten Oppositionsgruppen, inklusive schwerer Artillerieangriffe durch das syrische Assad-Regime und Luftschläge der russischen Luftwaffe. In der Region ist es beispielsweise im November und Dezember 2022 sowie Juni 2023 zu einer spürbaren Eskalation der Militäroperationen durch russische und regimetreue Kräfte und den ihnen nahestehenden Milizen gekommen, einschließlich des täglichen Bombardements mit Dutzenden von Raketen und Artilleriegranaten und russischen Luftangriffen, die alle zu erheblichen menschlichen Verlusten und Sachschäden geführt haben. Die syrischen Weißhelme meldeten Ende 2022, dass sie im Laufe des Jahres auf mehr als 800 Angriffe des Assad-Regimes, russischer Streitkräfte und verbündeter Milizen im Nordwesten Syriens reagiert haben. Dabei wurden 165 Personen, darunter 55 Kinder und 14 Frauen, bei Luftangriffen sowie Artillerie- und Raketenangriffen auf mehr als 200 öffentliche Einrichtungen, darunter Wohnhäuser, landwirtschaftliche Felder, öffentliche Gebäude, Märkte, Schulen und ein Krankenhaus, getötet. Die HTS-Kämpfer griffen die Assad-Regierungskräfte dagegen vor allem mit Flugabwehrgeschossen an und waren hauptsächlich mit Maschinengewehren und Panzerfäusten ausgerüstet. Die Miliz hat jedoch auch improvisierte Sprengsätze gegen Assads Streitkräfte gelegt und Selbstmordattentäter eingesetzt.

[…]“

1.3.2. Auszug aus der Kurzinformation der Staatendokumentation zu Syrien „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024:

„Am frühen Morgen des 08.12.2024 verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 08.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 09.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 08.12.2024). Das Armeekommando hat die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 08.12.2024).

Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 08.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde in Russland Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 09.12.2024).

Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 06.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zor im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 07.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 07.12.2024).“

1.3.3. Die folgende Karte zeigt die Gebietskontrolle der Akteure mit Stand zum 24.03.2025:C:\Users\ditzb\Desktop\Anmerkung 2025-03-09 104127.png

(vgl. https://syria.liveuamap.com/, Zugriff am 24.03.2025 sowie Einschau am 24.03.2025)

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt der dem BVwG vom BFA vorgelegten Unterlagen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität (Name, Geburtsort und Nationalität) der BF ergeben sich aus ihren Angaben in ihrer Erstbefragung und vor dem BFA sowie aus den dem BFA vorgelegten Ablichtungen syrischer Dokumente. Das erkennende Gericht glaubt diesen Angaben, zumal die Beschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung am 20.03.2025 auch den Eindruck eines zehnjährigen Mädchens hinterließ, dem lediglich und insbesondere ihre „Mama“ fehlt.

Auch die im gesamten Verfahren immer gleichbleibenden Angaben zur Herkunft, zur Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Araber und zu ihren Familienangehörigen werden geglaubt. Dass die Beschwerdeführerin Arabisch spricht, hat sie in der Beschwerdeverhandlung vorgeführt.

Auch dass die Beschwerdeführerin illegal bzw. schlepperunterstützt bis nach Österreich reiste, wird ihr geglaubt.

Die geografische Lage von Al-Kharita und die Feststellung, dass der Herkunftsort der Beschwerdeführerin aktuell durch die syrische Übergangsregierung unter Führung der HTS kontrolliert wird, ergibt sich aus einer Internetabfrage auf https://syria.liveuamap.com/de.

Davon, dass die BF gesund ist, konnte sich das erkennende Gericht in der Beschwerdeverhandlung selbst überzeugen.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Es obliegt der Beschwerdeführerin bzw. der gesetzlichen Vertretung, die Gründe für ihre Flucht einigermaßen nachvollziehbar und genau zu schildern. Aus den Angaben der Beschwerdeführerin und insbesondere den Angaben ihres Onkels und gesetzlichen Vertreters XXXX lässt sich jedoch eine nachvollziehbare Verfolgungsgefahr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit, die auf einem in der Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Konventionsgrund beruht, nicht erkennen.

2.2.2. Wenn ursprünglich darauf hingewiesen wird, dass die Beschwerdeführerin, deren Vater im November 2020 bei einem Bombenabwurf aus einem Flugzeug in Idlib ums Leben gekommen sei, Halbwaise sei und in Syrien Krieg herrsche, sind beide Umstände zwar bedauerlich, führen jedoch per se nicht dazu, dass der Beschwerdeführerin in ihrem syrischen Herkunftsgebiet mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne der Statusrichtlinie droht, was jedoch Voraussetzung dafür ist, dass der davon betroffenen Person der Status einer Asylberechtigten erteilt werden kann.

2.2.3. In der Beschwerde hat die Beschwerdeführerin sofort zu Beginn der Verhandlung zu erkennen gegeben, dass sie mit ihrer Mutter möglichst rasch wieder vereint sein möchte und daher den Status einer Asylberechtigten benötige. Offensichtlich wurde ihr – von wem auch immer – gesagt, dass sie das sagen solle, um allenfalls über diesen Weg als hilfloses und nach der Mama sich sehnendes Kind das erkennende Gericht dazu zu bewegen, ihr den Status einer Asylberechtigten zu erteilen.

Im verfahrensgegenständlichen Asylverfahren wurde keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende Verfolgungsgefahr, die in Zusammenhang mit einem in der Genfer Flüchtlingskenvention geannten Konventionsgrund steht, geltend gemacht.

2.2.4. Die nunmehr erst im Beschwerdeverfahren geltend gemachte Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr durch Hinterbliebene ehemaliger bei der Behandlung durch den Vater der BF verstorbene Patienten, die nach dem Tod des Vaters vor allem auf die Beschwerdeführerin und einen mitreisenden Bruder des Vaters der Beschwerdeführerin übergegangen sein soll, klingt sehr konstruiert.

Wenn XXXX in der Beschwerdeverhandlung in der gegenständlichen Angelegenheit als Zeuge angegeben hat, dass die drei Patienten, die der Vater der BF behandelt hat, alle im Juli 2013 verstorben seien, ist es sehr eigenartig, dass sich der Vater der BF weiterhin – ohne dass XXXX von allfälligen Anschlägen oder Tötungsversuchen an XXXX im Zeitraum von 2013 bis 2018 berichtet hat – offensichtlich unbehelligt weiterhin also ca. fünf Jahre, abgesehen von ein paar telefonischen Drohungen, in Al-Kharita aufhalten konnte und offensichtlich auch keine Veranlassung hatte, sich vor seinen Verfolgern in Sicherheit zu bringen. Letztlich hat ihn erst wesentlich später die nicht konkrete Angst vor dem syrischen Machtapperat dazu bewegt, mit seiner Familie Al-Kharita zu verlassen.

Wenn XXXX in der Beschwerdeverhandlung vorgebracht hat, dass von 2013 bis 2018 in Al-Kharita die FSA (Freie syrische Armee) geherrscht habe und dass diese Gesetze gehabt habe, die es verbieten würde, dass jemand getötet werde und sich „die unbekannten Verfolger“ damals an diese Gesetze gehalten hätten, so wird nunmehr vom erkennenden Gericht darauf hingewiesen, dass nunmehr in Al-Kharita wiederum die Opposition unter Führung der HTS die Kontrolle ausübt und dort auch aktuell das Ermorden von Personen verboten ist und wie es aus der internationalen Presse über Gräueltaten in Alawitengebieten entnommen werden kann, Mörder an Zivilisten im von der Übergangsregierung kontrollierten Teil Syriens zur Verantwortung gezogen werden.

XXXX als ursprünglicher „Täter“ selbst jedenfalls hat, falls es die ausschließlich behaupteten Drohungen überhaupt gegeben hat, diese offensichtlich nicht ernst genommen und lag mit dieser Annahme offensichtlich auch richtig, zumal ihm im Zeitraum von Juli 2013 bis zu seiner Flucht vor dem syrischen Regime auch nichts passiert ist.

Eigenartig insbesondere ist, dass die telefonischen Bedrohungen nach dem Tod von XXXX sich nach Angabe von XXXX vor allem gegen die Beschwerdeführerin und gegen XXXX , die beide im Rahmen ihrer Asylverfahren vor dem BFA Verfolgungsgründe benötigen, damit ihnen der Status von Asylberechtigten erteilt werden kann, richten. Es wurde von XXXX insbesondere nicht berichtet, dass sich diese Bedrohung gegen den einzigen Sohn von XXXX richtet, was bei einer Bedrohung der Nachfahren von XXXX eigentlich zu erwarten wäre.

Im Verfahren von XXXX wird das im Beschwerdeverfahren geltende Neuerungsverbot zu beachten sein, welches im gegenständlichen Beschwerdeverfahren unter Berücksichtigung der eingeschränkten Ausdrucksmöglichkeiten der zehnjährigen Beschwerdeführerin und unter Berücksichtigung des in der gegenständlichen Angelegenheit zur Anwendung gelangenden Kindeswohl relativiert zu sehen ist und damit nach Auffassung des erkennenden Gerichtes nicht zu berücksichtigen ist.

Auch unter Berücksichtigung der Befragung der Beschwerdeführerin selbst und der sehr kurzen, allgemein und oberflächlich gehaltenen Antworten von XXXX auf sehr konkrete Fragen bei der Beschwerdeverhandlung, gelangt das erkennende Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung zur Auffassung, dass keinesfalls die Beschwerdeführerin selbst sich davor fürchtet, in Syrien im Falle einer Rückkehr nach XXXX von unbekannten Verfolgern verfolgt zu werden. Auch eine konkrete von der Minderjährigkeit der BF losgelöste Verfolgungsgefahr durch Hinterbliebene von verstorbenen ehemaligen Patienten des Vaters, die dieser im Jahr 2013 behandelt haben könnte, droht nach Auffassung des erkennenden Gerichtes nicht, da einerseits der Vater selbst nach dem Jahr 2013 selbst jedenfalls noch ca. fünf weitere Jahre weitgehend unbehelligt von diesen Verfolgern in Al-Kharita gewohnt und gelebt hat sowie auch zwei Schwestern von XXXX auch aktuell in Al-Kharita verheiratet sind und auch als Blutsverwandte und Teil der Familie von XXXX mit ihren Familien dort wohnen und von den „unbekannten Verfolgern“ unbehelligt leben können. Auch von einer Verfolgung weiterer in Syrien aufhältiger Familienmitglieder der Familie des XXXX , die in Raqqa oder in Idlib wohnen, konnte XXXX nichts berichten. Er wies lediglich darauf hin, dass die Entfernung von Al-Kharita nach Raqqa ca. 200 km betrage und dass die beiden Schwestern, die in Al-Kharita wohnen würden, verheiratet wären. Auch diesen Umstand, dass jedenfalls andere Familienmitglieder in Syrien selbst im Herkunftsort unbehellig von den „unbekannten Verfolgern“ leben können berücksichtigend, gelangt das erkennende Gericht jedenfalls im Rahmen der freien Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin keinesfalls als Mitglied ihrer Familie nach ihrem verstorbenen Vater mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu dieser Familie bei einer Rückkehr nach Al-Kharita mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gefährdet wäre, deswegen verfolgt zu werden.

Die BF hat im Ergebnis nicht gaubhaft gemacht, dass sie bei einer allfälligen Rückkehr in ihr syrisches Herkunftsgebiet wegen der Zugehörigkeit zur Familie Ihres verstorbenen Vaters mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit verfolgt werden würde.

Der Beschwerdeführervertreter hat auch in der Beschwerdeverhandlung verneint, dass die BF im Falle einer Rückkehr in ihr syrisches Herkunftsgebiet aktuell oder im Rahmen einer anzustellenden Prognoseentscheidung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von HTS infolge eines Verfolgungsgrundes, der auf einem in der Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Konventionsgrund beruht, verfolgt werden würde.

In der Beschwerde wird lediglich auf allfällige Befürchtungen, die allenfalls in der Zukunft eintreten könnten und im Zusammenhang mit HTS stehen könnten, hingewiesen. Diese Befürchtungen scheinen aus Sicht des erkennenden Gerichtes auch verständlich und sind nachvollziehbar. Ob und welchen Einfluss HTS auf die künftige syrische Regierung haben wird, und wie dieser Einfluss sich auswirkt, kann höchstens vermutet werden. Darin sind aktuell aber keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit vorhandene oder künftig auch eintretende Verfolgungshandlungen gegen die BF zu erkennen, die in Zusammenhang mit einem in der Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Konventionsgrund stehen und dazu führen, dass der BF deswegen bereits jetzt der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen wäre.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Länderfeststellungen beruhen auf den ins Beschwerdeverfahren vom BVwG eingebrachten Länderberichten, hinsichtlich derer auch im Vorfeld der beim BVwG abgehaltenen mündlichen Verhandlung das Parteiengehör durchgeführt wurde. Dabei ist besonders auf die mediale Berichterstattung und die Kurzinformationen der Staatendokumentation zu Syrien – „Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024: Opposition übernimmt Kontrolle, al-Assad flieht“ vom 10.12.2024 hinzuweisen, welche auf öffentlich zugänglichen Medienberichten aufbaut und daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden konnte. Für das BVwG bestand kein Grund, an der Richtigkeit der Länderberichte bzw. der stringenten medialen Berichterstattung zu zweifeln.

Die Beschwerdeführerin und ihre Rechtsvertretung haben gegen die ins Verfahren eingebrachten Berichte zwar eingewendet, dass eine Voraussetzung für die Entscheidungsreife das Vorliegen neuer Länderberichte zu Syrien wäre. Sie haben jedoch nicht dargelegt, was an den medialen Berichten und den Kurzinformationen der Staatendokumentation zu Syrien nicht mehr stimmen würde. Sie haben auch keine neuen Berichte oder Kurzinformationen jüngeren Datums vorgelegt, sodass die ins Verfahren eingebrachten Berichte aktualisiert dem Beschwerdeverfahren zugrunde gelegt werden können.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides – Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

3.1.1. § 3 Asylgesetz 2005 (AsylG) lautet auszugsweise:

„Status des Asylberechtigten

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

…“

3.1.2. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.3. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates oder wegen Schutzes in einem EWR-Staat oder in der Schweiz zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).

3.1.4. Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) – deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – ist ein Flüchtling, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

3.1.5. Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist somit die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.).

3.1.6. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; VwGH 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

3.1.7. Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 2005 setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627). Nach ständiger Rechtsprechung stellt im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, 92/01/0560). Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

Das Asylverfahren bietet, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0143-8, wieder betonte, nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt. Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss die Verfolgung nur mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist vor allem auf folgende Kriterien abzustellen: Das Vorbringen des Asylwerbers muss – unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten –genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3.1.8. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erscheint es nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat, spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, 92/01/0181). Auch unbestrittenen Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen (Vgl. VwGH 21.06.1994, 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH 23.01.1997, 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).

3.1.9. Einzelfallrelevant kann aber immer nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Die Verfolgungsgefahr muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

3.1.10. Die Verfolgungsgefahr muss ferner dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (VwGH 27.01.2000, 99/20/0519). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; VwGH 23.07.1999, 99/20/0208; VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; VwGH 17.09.2003, 2001/20/0177; VwGH 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen – würden sie von staatlichen Organen gesetzt – asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

3.1.11. Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt zusammenfassend dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

3.2.1. Wie sich aus den obigen Feststellungen und der zugehörigen Beweiswürdigung ergibt, ist es der Beschwerdeführerin weder im vorangegangenen Asylverfahren vor dem BFA noch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren vor dem BVwG gelungen, eine aktuelle, konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete Verfolgungsgefahr maßgeblicher Intensität und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aufgrund eines Konventionsgrundes im Sinne der GFK für den Fall einer Rückkehr der Beschwerdeführerin in ihre Herkunftsregion in Syrien darzutun bzw. glaubhaft zu machen.

3.2.2. Sofern die Beschwerdeführerin eine Verfolgungsgefahr wegen ihrer Zugehörigkeit zur Familie ihres Vaters behauptet, wurde in dieser Entscheidung ausgehend von den Angaben ihres Onkels XXXX schlüssig dargelegt, dass andere Familienmitglieder ihres Vaters auch aktuell frei von einer Verfolgung, der auch der Vater, als er selbst noch lebte, nicht ausgesetzt war, selbst in ihrem Herkunftsort leben können. Warum ausgerechnet die zehnjährige Tochter ihres Vaters bei einer allfälligen Rückkehr in ihr syrisches Herkunftsgebiet von einer lediglich behaupteten Verfolgung durch Angehörige ehemaliger Patienten ihres Vaters, der diese im Juli 2013 als nicht verantwortlicher Betreuer mitbehandelt haben soll, und die im Zuge der Behandlung verstorben wären, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit verfolgt werden würde, vermochte weder die Beschwerdeführerin selbst, noch ihr mit ihrer Obsorge betraute Onkel XXXX oder deren Rechtsvertetung schlüssig darzulegen. Insbesondere vermag auch das erkennende Gericht angesichts der Möglichkeit, dass Geschwister des BF selbst im Herkunfstort der BF unbehelligt von diesen Verfolgern leben können, nicht zu erkennen, dass alle Familienmitglieder ihrer Familie von einer solchen Verfolgung auch tatsächlich betroffen sind. Damit liegt keinesfalls ein Zusammenhang mit dem Konventionsgrund der sozialen Gruppe der Familie des Vaters der BF vor.

3.2.3. Im Ergebnis droht der Beschwerdeführerin aus den von ihr ins Treffen geführten oder sonstigen Gründen in ihrer Herkunftsregion keine asylrelevante Verfolgung.

3.2.4. Auch aus der aktuellen allgemeinen Lage in Syrien lässt sich für die Beschwerdeführerin eine Zuerkennung des Status der Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellen nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; VwGH 14.03.1995, 94/20/0798). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; VwGH 30.04.1997, 95/01/0529; VwGH 08.09.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt – nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung – zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

3.2.5. Insgesamt liegen sohin keine Umstände vor, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass die Beschwerdeführer in ihrer Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre. Daher war die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten durch das BFA im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des BVwG auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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