JudikaturBVwG

G314 2309257-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
20. März 2025

Spruch

G314 2309257-1/4Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des rumänischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen Spruchpunkt III. des Bescheids des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2025, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A) Der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wird Folge gegeben und Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger Rumäniens, der seit XXXX in Österreich lebt, wurde seit 2010 im Bundesgebiet mehrmals strafgerichtlich verurteilt. Nachdem er in der Vergangenheit wiederholt vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ermahnt worden war, wurde aufgrund seiner letzten Verurteilung mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , ein weiteres Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet und der BF am XXXX .2024 dazu vor dem BFA vernommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ das BFA daraufhin gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein mit sechs Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte gemäß § 70 Abs 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Letzteres wurde damit begründet, dass die sofortige Ausreise des BF und die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbots im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten seien, weil aufgrund der negativen Zukunftsprognose ein Rückfall zu befürchten sei. Die familiären Bindungen des BF im Bundesgebiet hätten ihn in der Vergangenheit nicht von weiteren Straftaten abhalten können. Er könne ungefährdet in seinen Herkunftsstaat zurückkehren und es sei ihm zumutbar, den Verfahrensausgang dort abzuwarten.

Gegen sämtliche Spruchpunkte dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde des BF, mit der er neben der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung und der Einvernahme von zwei Zeugen primär beantragt, diesen ersatzlos zu beheben. Hilfsweise beantragt er die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots sowie die Aufhebung des Bescheids und die Zurückverweisung der Angelegenheit an das BFA. Er begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass er im Alter von zwölf Jahren in das Bundesgebiet eingereist sei und seit mittlerweile 18 Jahren in Österreich lebe. In Rumänien habe er nur eine Großmutter und sei im Übrigen entwurzelt. Die Ermittlungen des BFA zu seinem Privat- und Familienleben seien mangelhaft. Er lebe seit der Haftentlassung mit seiner österreichischen Lebensgefährtin in einem gemeinsamen Haushalt. Er werde von ihr, vom Verein NEUSTART und von einem engen Freund dabei unterstützt, in Zukunft ein straffreies Leben zu führen. Die vom BFA erstellte negative Zukunftsprognose sei rechtswidrig; sein Verhalten erfülle den anzuwendenden Gefährdungsmaßstab nicht. Außerdem sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbots aufgrund des damit verbundenen Eingriffs in seine von Art 8 EMRK geschützten Rechte unzulässig. Seine privaten und familiären Bindungen in Österreich würden einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen; jedenfalls sei ihm ein Durchsetzungsaufschub zu erteilen.

Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Antrag vor, erstere als unbegründet abzuweisen.

Feststellungen:

Der BF ist ein am XXXX in der rumänischen Stadt XXXX geborener rumänischer Staatsangehöriger. Seine Erstsprache ist Rumänisch; er beherrscht auch die deutsche Sprache gut. Nachdem er zunächst sechs Jahre lang in Rumänien die Schule besucht hatte, übersiedelte er XXXX gemeinsam mit seiner Mutter nach Österreich, wo er den Schulbesuch zunächst fortsetzte. Im XXXX wurde ihm eine Anmeldebescheinigung „Familienangehöriger“ ausgestellt; seither hält er sich im Wesentlichen kontinuierlich im Bundesgebiet auf.

XXXX schloss der BF sich einer Jugendbande an, um gegenüber anderen Jugendlichen geschlossen aufzutreten. In der Folge nahm er nur noch sporadisch am Unterricht teil. Am XXXX wurde er erstmals verhaftet und in der Folge bis XXXX in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungshaft angehalten. Nach der Haftentlassung setzte er aufgrund einer gerichtlichen Weisung den Schulbesuch zunächst fort. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde er als Jugendlicher wegen der Verbrechen des Raubes (§ 142 Abs 1 und 2 StGB), des versuchten Raubes (§§ 15, 142 Abs 1 StGB) sowie wegen der Vergehen der schweren Körperverletzung (§§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und Abs 2 Z 2 StGB) und des schweren Diebstahls (§§ 127, 128 Abs 1 Z 1 StGB) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt, wobei ein 15-monatiger Strafteil für eine zunächst dreijährige Probezeit, die in der Folge auf die fünfjährige Maximaldauer verlängert wurde, bedingt nachgesehen wurde. XXXX wurde der bedingt nachgesehene Strafteil endgültig nachgesehen. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass er einerseits am XXXX gemeinsam mit mehreren Mittätern einen minderschweren Raub an drei anderen Jugendlichen begangen hatte, bei dem sie einen geringen Bargeldbetrag erbeuteten, und andererseits einen weiteren Raub gegen andere Jugendliche versucht hatte, wobei es nur deshalb beim Versuch blieb, weil die Opfer die geforderten Gegenstände nicht bei sich hatten bzw. nicht herausgaben. Außerdem hatte er am XXXX in verabredeter Verbindung mit mehreren Mittätern einen anderen schwer verletzt und ihm dann unter Ausnutzung seines hilflosen Zustands Tormannhandschuhe gestohlen. Bei der Strafbemessung wurde das Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel und der teilweise Versuch als mildernd berücksichtigt, als erschwerend dagegen das Zusammentreffen von zwei Verbrechen und zwei Vergehen, die leichte Verletzung der Raubopfer, außerdem die äußerst brutale Vorgangsweise, die doppelte Qualifikation sowie die führende Tatbeteiligung bei der Körperverletzung.

Am XXXX wurde der BF neuerlich festgenommen und anschließend in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungshaft angehalten. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , wurde er als Jugendlicher der Verbrechen des Raubes (§ 142 Abs 1 StGB) für schuldig erkannt und rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten verurteilt, wobei ein Strafteil von 14 Monaten für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde. XXXX wurde der bedingte Strafteil endgültig nachgesehen. Dieser Verurteilung lagen jeweils gemeinsam mit Mittätern begangene Raubüberfälle am XXXX ., XXXX . und XXXX zugrunde. Bei der Strafbemessung wirkte sich das Geständnis mildernd aus, der rasche Rückfall nach einer einschlägigen Vorstrafe und das Zusammentreffen von Straftaten dagegen erschwerend. Der BF verbüßte die Freiheitsstrafe bis XXXX in den Justizanstalten XXXX und XXXX .

Mit Schreiben vom XXXX teilte das fremdenpolizeiliche Büro der Bundespolizeidirektion XXXX dem BF mit, dass seine erste strafgerichtliche Verurteilung geeignet sei, die Beendigung seines Aufenthalts im Bundesgebiet zu verfügen, dass davon jedoch derzeit unter Berücksichtigung seiner privaten und familiären Verhältnisse Abstand genommen würde; bei einem weiteren Fehlverhalten müsse er jedoch mit einem Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung rechnen.

Es folgte ein längerer Wohlverhaltenszeitraum des BF. Am XXXX wurde er wieder verhaftet und mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , wegen der Vergehen des Diebstahls (§§ 15, 127 StGB) und der beharrlichen Verfolgung (§ 107a Abs 1 und Abs 2 Z 1 und 2 StGB) rechtskräftig zu einer viermonatigen, zunächst für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt und umgehend enthaftet. Die Probezeit wurde in der Folge auf fünf Jahre verlängert. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er von XXXX bis XXXX seine Exfreundin widerrechtlich beharrlich verfolgt hatte (häufige Anrufe mit unterdrückter Nummer in der Nacht und am Tag, Aufenthalt vor ihrer Wohnung, Begleitung zur Arbeit gegen ihren Willen) und am XXXX versucht hatte, in einem Geschäft eine Hose zu stehlen, jedoch vom Ladendetektiv angehalten worden war. Bei der Strafbemessung wurden die geständige Verantwortung, der teilweise Versuch, die Sicherstellung des Diebesguts und das Alter teilweise unter 21 Jahren als mildernd angesehen, das Zusammentreffen von zwei Vergehen und zwei einschlägige Vorstrafen dagegen als erschwerend.

Mit Schreiben vom XXXX teilte das BFA dem BF mit, dass er zwar mehrere strafgerichtliche Verurteilungen aufweise, jedoch derzeit unter Berücksichtigung seiner persönlichen, beruflichen und familiären Verhältnisse kein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung geführt würde; bei einem weiteren Fehlverhalten müsse er jedoch mit einem solchen rechnen.

Nur wenige Monate später wurde der BF mit dem Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , rechtskräftig zu einer sechswöchigen, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am XXXX eine geringe Menge Cannabiskraut für den eigenen Gebrauch erworben und besessen hatte (§ 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG) und eine Ladung zu einer Begutachtung gemäß § 12 SMG zur Klärung der Frage, ob im Hinblick auf seinen Suchtgiftmissbrauch gesundheitsbezogene Maßnahmen erforderlich sind, nicht befolgte. Außerdem hatte er am XXXX eine verbotene Waffe (konkret ein Manriki Gusari) besessen (§ 50 Abs 1 Z 2 WaffG). Bei der Strafbemessung wurde das Geständnis als mildernd gewertet, drei einschlägige Vorstrafen und das Zusammentreffen von zwei Vergehen dagegen als erschwerend. Für die Dauer der Probezeit wurde die Bewährungshilfe angeordnet, die jedoch schon nach kurzer Zeit aufgehoben werden musste, weil kein Kontakt zum BF hergestellt werden konnte. Die Probezeit wurde in der Folge auf fünf Jahre verlängert.

Mit dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung (§ 83 Abs 1 und 2 StGB) rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er eine Frau am XXXX , am XXXX und am XXXX jeweils festgehalten und gestoßen und dadurch verletzt hatte. Als mildernd wurde das Teilgeständnis berücksichtigt, erschwerend wirkten sich drei einschlägige Vorstrafen und die Faktenmehrheit aus. Die Geldstrafe wurde bis XXXX vollständig gezahlt.

Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , wurde der BF wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung (§ 84 Abs 4 StGB) rechtskräftig zu einer 18-monatigen, für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am XXXX einen Mitbewohner durch zwei Faustschläge schwer verletzt hatte (Kieferfraktur sowie Prellungen des Brustkorbs, der Bauchdecke, des Augenlids und der Region um die Augen). Bei der Strafbemessung wurde das Geständnis als mildernd gewertet, fünf einschlägige Vorstrafen dagegen als erschwerend.

Das BFA sah mit dem Aktenvermerk vom XXXX von der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den BF ab, obwohl er seit der letzten Ermahnung drei weitere Male strafgerichtlich verurteilt worden war, weil der anzuwendende Gefährdungsmaßstab als nicht erfüllt angesehen wurde.

Mit dem Abwesenheitsurteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , wurde der BF wegen der Vergehen der Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB) und der Nötigung (§ 105 Abs 1 StGB) rechtskräftig zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Gleichzeitig wurden die XXXX und XXXX gewährten bedingten Strafnachsichten widerrufen und die XXXX festgelegte Probezeit auf fünf Jahre verlängert. Der Verurteilung lag zugrunde, dass er am XXXX einen Mitbewohner ergriffen und mit voller Wucht zu Boden geworfen hatte, wodurch dieser eine Schulterluxation erlitten hatte. Außerdem hatte er am XXXX einen anderen (ehemaligen) Mitbewohner durch Gewalt (Umklammern des Halses) und gefährliche Drohung mit einer Verletzung am Körper (Halten der geballten Faust vor das Gesicht) zur Löschung eines Beweisfotos genötigt. Die Voraussetzungen für eine Strafverschärfung bei Rückfall (§ 39 Abs 1a StGB) waren erfüllt, sodass von einem Strafrahmen von bis zu 18 Monaten Freiheitsstrafe (oder bis zu 1080 Tagessätze Geldstrafe) auszugehen war. Bei der Strafbemessung lag kein besonderer Milderungsgrund vor, erschwerend wirkten sich das Zusammentreffen von zwei Vergehen, sechs einschlägige Vorstrafen und der rasche Rückfall nur fünf Monate nach der Vorverurteilung aus. Bei der Gewichtung der Schuld des BF wurde auch die Tatbegehung währen drei offener Probezeiten berücksichtigt.

Der BF verbüßte die Haftstrafen von XXXX bis XXXX in den Justizanstalten XXXX und XXXX . Anschließend wurde er bis XXXX zum Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe wegen Verwaltungsübertretungen im Polizeianhaltezentrum XXXX angehalten.

Seit der Haftentlassung wird der BF vom Verein NEUSTART im Rahmen der Haftentlassenenhilfe betreut. Er wohnt in XXXX in einem gemeinsamen Haushalt mit einer Österreicherin. Er ist ohne Beschäftigung und bezieht seit Ende XXXX Arbeitslosengeld. Seine Schwester, sein Stiefvater und sein Stiefbruder leben in Österreich, seine Mutter in Deutschland. Er hat regelmäßig Kontakt zu seiner in Rumänien lebenden Großmutter. Sein Vater, der in Rumänien gelebt und zu dem er schon lange keinen Kontakt mehr hatte, ist vor kurzem verstorben.

Der BF ist ledig und kinderlos. Er war in Österreich nur ab und zu für kurze Zeiträume unselbständig erwerbstätig und bezog seit XXXX vorwiegend Arbeitslosen- oder Krankengeld bzw. Mindestsicherung.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus den Angaben des BF und den von ihm vorgelegten Urkunden, aus seinen Sozialversicherungsdaten sowie aus Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und im Strafregister.

Rechtliche Beurteilung:

Als Staatsangehöriger von Rumänien ist der BF Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 1 FPG und EWR-Bürger iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG.

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann (soweit fallbezogen relevant) bei EWR-Bürgern die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf – insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen – einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbots nach § 67 FPG hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids erforderlich ist (vgl. VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).

Eine solche Begründung lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde vielmehr nur mit den bereits für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Gründen, konkret mit dem strafrechtlich geahndeten Fehlverhalten des BF, begründet. Da er aber die letzte Straftat im XXXX begangen hat und von einer hohen spezialpräventiven Wirkung der zuletzt verbüßten Haftstrafen auszugehen ist, ist trotz der erheblichen Vorstrafenbelastung und der zahlreichen Rückfälle, insbesondere in einschlägige Aggressionsdelinquenz, derzeit nicht davon auszugehen, dass seine sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbots im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten ist.

Angesichts des langen Inlandsaufenthalts des BF und seiner privaten und familiären Anknüpfungen im Bundesgebiet ist vielmehr konkret zu befürchten, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung mit der Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK verbunden ist, zumal er seit der Haftentlassung offenbar in geordneten Verhältnissen lebt, auch wenn ihm bislang keine nachhaltige Integration am österreichischen Arbeitsmarkt gelungen ist. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist daher mit Teilerkenntnis zu beheben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen waren.

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