Spruch
L515 2307269-1/3Z
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hermann LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, am XXXX geb., StA der Republik Armenien und der Arabischen Republik Syrien, vertreten durch die RAe Dr. Max KAPFERER, Dr. Thomas LECHNER, Dr. Martin DELLASEGA gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2025, Zl. XXXX, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF hinsichtlich Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF und § 18 (5) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF wird festgestellt, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zu recht erfolgte. Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
VERFAHRENSLEITENDER BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Hermann LEITNER als Einzelrichter in der Beschwerdesache von XXXX, am XXXX geb., StA der Republik Armenien und der Arabischen Republik Syrien, vertreten durch die RAe Dr. Max KAPFERER, Dr. Thomas LECHNER, Dr. Martin DELLASEGA gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.01.2025, Zl. XXXX:
Das Ermittlungsverfahren wird gem. §§ 17, 31 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idgF iVm § 39 Abs. 3 AVG für geschlossen erklärt.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrenshergang
I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als „bP“ bezeichnet), ist eine weibliche Staatsangehörige der Republik Armenien, sowie der Arabischen Republik Syrien und brachte nach rechtswidriger Einreise bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) einen Antrag auf internationalen Schutz ein.
I.2. Im Rahmen der Begründung ihres Antrages bezog sich die bP ausschließlich auf Ausreisegründe und Rückkehrhindernisse hinsichtlich Syrien. Sie hätte Syrien aufgrund des Krieges und weil sie dort, obwohl sie sich gut benommen und normal gekleidet hätte, belästigt worden wäre, verlassen. Sie verschwieg die armenische Staatsbürgerschaft.
Die bP brachte vor, abgesehen vom Bestehen einer Tierhaarallergie gesund zu sein.
Im Rahmen amtswegiger Ermittlungen über einen in Armenien tätigen Anwalt stellte sich heraus, dass die bP seit dem Jahr 2018 in Armenien im dortigen Melderegister aufscheint und im armenischen Wählerregister eingetragen ist. Ebenso hat sie an Wahlen teilgenommen.
Der bP wurde dieses Ermittlungsergebnis vorgehalten, welches sie in Abrede stellte.
Die bP legte Bescheinigungen über die Existenz verschiedener freundschaftliche Bindungen, Reise- bzw. Besichtigungsaktivitäten in Österreich, den Erwerb des Klimatickets und Bestätigungen über die Teilnahme an einem Deutschkurs bzw. der Teilnahme an einem Projekt zur Förderung der Integration und geleisteter gemeinnütziger Arbeit vor.
I.2. Der Antrag der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheid der bB gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung (in Zusammenschau mit der Begründung des Bescheides in Bezug auf Armenien) gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt.
I.2.1. Die bB ging davon aus, dass die bP neben der syrischen jedenfalls auch die armenische Staatsbürgerschaft besitzt.
Die bP finde in Armenien eine Existenzgrundlage vor und bestünden keine weiteren Rückkehrhindernisse nach Armenien. Insbesondere sei sie in Armenien keinen Repressalien ausgesetzt.
Die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltsrechts gem. § 57 AsylG wurden nicht angenommen.
Weiters ging die bB davon aus, dass mangels entsprechend qualifizierter Anknüpfungspunkte im Rahmen einer Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen auszugehen sei.
I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat der bP traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen.
I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar und stelle sich die Abschiebung als zulässig dar. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, sowie über ihren Herkunftsstaat täuschte, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (§ 18 (1) 1 und 3 BFA-VG).
I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Im Wesentlichen wurde unter Verweis bzw. Wiederholung des bisherigen Vorbringens über die rechtsfreundliche Vertretung vorgebracht, dass die bB rechts- und tatsachenirrig vorgegangen wäre. Ebenso stütze sich die bB auf ein unzureichendes Ermittlungsverfahren. Sie stellte den Beweiswert der Auskunft des Vertrauensanwaltes, sowie die Rechtmäßigkeit der behördlichen Ermittlungsschritte in Zweifel.
Die Existenz der armenischen Staatsbürgerschaft wurde weiters bestritten.
Es wurde angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
II.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien
Bei der bP handelt es sich um eine im Herkunftsstaat Armenien der Mehrheits- und Titular-ethnie angehörige Armenierin, welche ursprünglich aus Syrien stammt.
Die bP ist in Armenien seit dem Jahr 2018 gemeldet. Ebenso ist sie öffentlich zugänglichen armenischen Melderegister eingetragen und nahm in Armenien an Wahlen teil.
Die bP verschwieg sichtlich wissentlich ihre armenische Staatsbürgerschaft, ihren Aufenthalt in Armenien und ihre Kenntnisse der armenischen Sprache. Das Gericht verkennt nicht, dass in Armenien ein anderer Dialekt als in Syrien gesprochen wird, es geht aber davon aus, dass dennoch eine ausreichende Verständigung in Armenien möglich ist.
Alle bP besitzt neben der syrischen auch die armenische Staatsbürgerschaft.
Bei der volljährigen bP handelt es sich um einen mobilen, nicht invalide, arbeits- und anpassungsfähige Menschen.
In Armenien ist die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet.
Die bP leidet an keinen Erkrankungen, welche in Armenien nicht behandelbar wäre und hat sie als armenische Staatsbürgerin auch Zugang zum armenischen Gesundheitssystem. Notfallbehandlungen, sowie die Behandlung bestimmter bedürftiger Personen, sowie die Behandlung bestimmter Erkrankungen erfolgt unentgeltlich (vgl. das armenische Regierungs-dekret RA N1515-N vom 26.12.2013 [das ho. Gericht geht davon aus, dass dieses der bB als Spezialbehörde und der bP als armenischem Staatsbürger notorisch bekannt ist]).
Die bP hat in Armenien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit weder aufgrund ihrer Abstammung aus Syrien noch aus anderen Gründen mit relevanten Repressalien zu rechnen.
Die volljährige bP hat Zugang zum armenischen Arbeitsmarkt und es steht ihnen frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen.
Ebenso hat die bP Zugang zum –wenn auch minder leistungsfähige als das österreichische- Sozialsystem ihres Herkunftsstaates und könnte dieses in Anspruch zu nehmen.
Darüber hinaus ist es der bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden und wird auf die Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Rückkehrer vor Ort verwiesen.
Die bP verfügt im Rahmen einer Gesamtschau über eine wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich gesicherten Existenzgrundlage. Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.
Die bP hält sich etwas weniger als 2 Jahre im Bundesgebiet auf. Sie verschleierte anlässlich ihrer Antragstellung ihre armenische Staatsbürgerschaft, bestreitet diese nach wir vor und konnte ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätte sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wäre sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig und ist im Lichte dieses Umstandes davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthalts-beendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würde. Ebenso ist davon auszugehen, dass sich ihr Aufenthalt bei der Erstattung eines den Tatsachen entsprechenden Vorbringens als wesentliche kürzer dargestellt hätte.
In Österreich halten sich keine Verwandten oder Familienmitglieder der bP auf.
Die volljährigen bP ist nicht selbsterhaltungsfähig bzw. hat sichtlich keine legalen, ernsthaften und tauglichen Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit in jenen Gebieten des österreichischen Arbeitsmarktes unternommen, die auch Asylwerbern zugänglich sind (vgl. https://www.ams.at/unternehmen/service-zur-personalsuche/beschaeftigung-auslaendischer-arbeitskraefte/beschaeftigung-von-asylwerberinnen-und-asylwerbern).
Die bP unterhält freundschaftliche Bindungen, führte etliche Reise- bzw. Besichtigungsaktivitäten in Österreich durch, Erwarb das Klimaticket, nahm an einem Deutschkurs bzw. an einem Projekt zur Förderung der Integration Teil und leistete gemeinnützige Arbeit.
Die bP sind strafrechtlich unbescholten.
Die Identität der bP steht nach Dafürhalten der bB fest.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat der bP
II.1.2.1. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien geht das ho. Gericht in Übereinstimmung mit der bB auf Basis des den bP zur Kenntnis gebrachten Quellenlage davon aus, dass in Armenien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der armenische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritter wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Armenien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden. Es bestehen Rückkehrern zugängliche Beratungs- und Unterstützungsprogramme, welche auch ihre zumindest kurzfristige Unterbringung mitumfasst.
Ergänzend zu den seitens der bB genannten Quellen wird auf den seitens des armenischen Migrationsservices und IOM gemeinsam herausgegebenen und in einer Mehrzahl von ho. Erkenntnissen veröffentlichten „Guide for Reintegration of Returnees in Armenia“ hingewiesen, woraus sich ergibt, dass Rückkehrer den vollen Zugang zum armenischen Sozialwesen, sowie zum Arbeits- und Wohnungsmarkt genießen, sowie Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Rückkehrer bestehen. Besonders hingewiesen wird auch auf das in einer Mehrzahl von ho. Erkenntnissen veröffentlichte Reintegrationsprogramm Frontex JRS, welches Ihnen offen steht und neben einem Post-Arrival-Paket (€ 615 + Begrüßung/Abholung am Flughafen und weiteren Sachleistungen, welche unmittelbar nach der Ankunft benötigt werden) und einem Reintegrationspaket (€ 2.000,--) offen steht. Die Anmeldefrist für das Post-Arrival-Paket beträgt 10 Tage, jene für das Reintegrationspaket 7 Tage vor der Ausreise. Die Anmeldung erfolgt über bmi-v-b-10reintegration@bmi.gv.at.
Nach der zuletzt stattgefundenen Kapitulation der Streitkräfte von Arzach flohen mehr als 100.000 ethnsiche Armenier nach Armenien. UNHCR: Mehr als 100.000 Menschen aus Berg-Karabach geflohen | DiePresse.com Die Ankommenden werden nach ihrer Einreise nach Armenien registriert. Bedürftige werden untergebracht und versorgt. Berichte über eine allgemeine humanitäre Notlage bestehen nicht (100.000 Flüchtlinge aus Berg-Karabach in Armenien | kurier.at; ebenso das seitens der bB herangezogene Länderinformationsblatt).
Kriegerische Auseinandersetzungen im armenischen Kernland bestehen nicht und kann auch nicht festgestellt werden, dass diese mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bevorstehen würden. Viel mehr sind Armenien und Aserbaidschan bestrebt, ein Friedensabkommen abzuschließen. Ansprüche Aserbaidschans auf Sansegur oder andere armenische Territorien, sowie das Bestreben nach der Einnahme des sog. „Sansegur-Korridors“ wies Aserbaidschan zurück ( Aserbaidschanischer Präsidentenberater: "Baku erkennt Zangezur als souveränes Territorium Armeniens an" - Caucasus Watch; Aserbaidschanischer Beamter: Der Zangezur-Korridor ist für uns nicht mehr attraktiv - Caucasus Watch). Ebenso gab Armenien im Rahmen einer Grenzeinigung 4 Dörfer an Aserbaidschan ab (Armenien tritt in Grenzeinigung vier Dörfer an Aserbaidschan ab | DiePresse.com).
Exkurs: Es wird als notorisch bekannt angesehen, dass vor Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien ca. zwischen 150.000 und 190.000 Armenier, mehrheitlich in Aleppo lebten. Diese versuchten, sich aus dem Bürgerkrieg herauszuhalten und vertrauten auf einen Sieg des Regimes. Mit zunehmenden Erfolgen der Islamisten wich die Zurückhaltung einer Unterstützung des Regimes, etliche Armenier sahen sich jedoch veranlasst, Syrien zu verlasen. Es wurde der Sieg über die Islamisten in Aleppo Weihnachten 2016 von den Armeniern grundsätzlich mit Erleichterung aufgenommen, der zu einem annähernden Erliegen des Flüchtlingsstroms nach Armenien führte. Viele Gebäude wurden im Krieg zerstört; so dauerte etwa der 2017 begonnene Wiederaufbau der armenischen Vierzig-Märtyrer-Kathedrale in Aleppo, von der nur der Kirchturm unversehrt blieb, rund zwei Jahre; die Wiedereröffnung erfolgte schließlich am 30. März 2019.
(Flow of Syrian Armenians to Armenia sharply decreases after Aleppo liberation. Armenpress, 16. September 2017.
Ancient Armenian church being restored in Aleppo. Armenia News, 12. Juli 2017.
Jonathan Steele: Return to Aleppo: 'I never expected such destruction'. Middle East Eye, 4. Oktober 2017.
Catholicos of Great See of Cilicia Aram I Consecrates Forty Martyrs Cathedral in Aleppo. The Armenian Mirror-Spectator, 4. April 2019.)
In der Vergangenheit wurden mehrere Tausend ethnische Armenier aus Syrien in die armenische Gesellschaft integriert (vgl. ho. Erk. vom 5.2.2016, L515 2114261-1/26E ua mwN, sowie das in den angefochtenen Bescheiden genannte Quellenmaterial). Eine systematische Diskriminierung oder die Vorenthaltung der Bürgerrechte, soweit sie die armenische Staatsbürgerschaft annahmen, kann der Berichtslage nichts entnommen werden. Aus Syrien stammenden armenischen Staatsbürgern kommen sämtliche Rechte armenischer Staatsbürger zu (vgl. auch ho. L515 2274622-1/34E ua. vom 28.12.2023 mwN).
Für das ho. Gericht ergab sich im Lichte einer Vielzahl ähnlicher Verfahren die Kenntnislage, dass eine nicht unerhebliche Zahl von ethnischen armenischen Syrern die armenische Staatsbürgerschaft erwarben (welche diese sehr leicht erhalten), zum einen um sich hierdurch die beschwerliche auf dem Landwege stattfindende Schleppung nach Europa zu ersparen bzw. um von Syrien nach Armenien zu reisen und dort die weiteren Perspektiven zu erkunden. Aus der notorisch bekannten, (auch elektronisch) öffentlich zugänglichen Berichtslage ergibt sich weiters, dass eine Übersiedlung von ethnischen armenischen Syrern nach Armenien dort in vielen Fällen zu einer erheblichen Senkung des Lebensstandards führte und sie in weiterer Folge Armenien wieder verlassen, um in einem anderen Land wirtschaftlich unter günstigeren Bedingungen Fuß zu fassen.
Bei der Republik Armenien handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG. Es gilt somit der Grundsatz der normativen Vergewisserung der Sicherheit.
II.1.2.2. Das ho. Gericht hält weiters konkretisierend folgende Umstände fest:
In Armenien ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Auch umfangreiche ausländische Hilfsprogramme tragen zur Verbesserung der Lebenssituation von benachteiligten Gruppen bei. Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Nach Schätzungen der Weltbank für 2020 leben 27 % der Armenier unterhalb der Armutsgrenze. Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen von Verwandten im Ausland unterstützt. Das die Armutsgrenze bestimmende Existenzminimum beträgt in Armenien ca. AMD 60.000 [ca EUR 146] im Monat, der offizielle Mindestlohn AMD 55.000. Das durchschnittliche Familieneinkommen ist mangels zuverlässiger Daten schwer einzuschätzen. Der Großteil der Armenier geht mehreren Erwerbstätigkeiten und darüber hinaus privaten Geschäften und Gelegenheitstätigkeiten nach (AA 25.7.2022).
Für das Jahr 2022 wird die Arbeitslosenquote in Armenien auf rund 19,5 % prognostiziert (statista 5.5.2022). Man geht jedoch von einer verdeckten Arbeitslosigkeit von bis zu 40 % aus (WKO 1.2022). Im Jahr 2021 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate auf rund 7,2 % gegenüber dem Vorjahr. Für das Jahr 2022 wird die Inflationsrate Armeniens auf rund 7,6 % gegenüber dem Vorjahr prognostiziert (statista 4.5.2022)
Rohstoffgewinnung und deren Verarbeitung dominieren die armenische Industrie. Armenien hat über 480 bekannte Vorkommen mineralischer Rohstoffe und es gibt bedeutende Reserven von Metallen. Auch der Landwirtschaftssektor spielt eine wichtige Rolle. Das Wirtschaftswachstum konzentrierte sich bislang primär auf die Hauptstadt Jerewan. Das Entwicklungsgefälle zwischen der Hauptstadt und den übrigen Regionen des Landes bleibt groß. Die ländlichen Regionen haben eine hohe Unterbeschäftigung und niedriges Einkommen (WKO 1.2022).
Die durch den Krieg ausgelöste massive Migration von Russen nach Armenien förderte die Wirtschaftsleistung, trug aber auch zu einem Anstieg der Mietpreise und der Lebenshaltungskosten im Allgemeinen bei (AI 27.3.2023).
Das Gesetz verbietet und kriminalisiert alle Formen von Zwangs- und Pflichtarbeit. Am 5. Oktober nahm die Regierung eine Definition von Zwangs- und Pflichtarbeit in das Arbeitsgesetzbuch auf. Die Strafverfolgung war nicht proaktiv und stützte sich weitgehend auf die Selbstauskunft der Opfer (USDOS 20.3.2023).
Das Gesetz sieht eine 40-Stunden-Woche, 20 Tage bezahlten Jahresurlaub und einen Ausgleich für Überstunden und Nachtarbeit vor (USDOS 20.3.2023).
Quellen:
 AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.7.2022): Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien (Stand: 5.2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2076734/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Armenien_%28Stand_Mai_2022%29%2C_25.07.2022.pdf, Zugriff 5.8.2022
 AI - Amnesty International (27.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; The State of the World's Human Rights; Armenia 2022, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089419.html, Zugriff 3.4.2023
 statista (5.5.2022): Armenien, Arbeitslosenquote in Armenien bis 2027, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/409122/umfrage/arbeitslosenquote-in-armenien/, Zugriff 18.8.2022
 statista (4.5.2022): Armenien, Inflationsrate in Armenien bis 2027, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/409153/umfrage/inflationsrate-in-armenien/, Zugriff 18.8.2022
 USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Reports on Human Rights Practices: Armenia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2089129.html, Zugriff 3.4.2023
 WKO – Wirtschaftskammer Österreich (1.2022): Wirtschaftsbericht Armenien, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/armenien-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 18.8.2022
Das Ministerium für Arbeit und soziale Angelegenheiten verwaltet das Sozialschutzsystem in Armenien. Zu den wichtigsten Arten staatlicher Sozialleistungen in Armenien gehören: Familienbeihilfe, Sozialleistungen, dringende Unterstützungen, pauschales Kindergeld, Kinderbetreuungsgeld bis zum Alter von zwei Jahren, Leistungen bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit, Mutterschaftsgeld, Altersbeihilfe, Invaliditätsleistungen, Leistungen bei Verlust der geldverdienenden Person, Bestattungsgeld (IOM 2020).
Personen, die das 63. Lebensjahr vollendet und mindestens 10 Jahre Berufserfahrung haben, haben Anspruch auf eine arbeitsbedingte Rente. Personen, die keinen Anspruch auf eine arbeitsbedingte Rente haben, haben mit 65 Jahren Anspruch auf eine altersbedingte Rente. In Armenien gibt es zwei Kategorien von Renten: Arbeitsrenten umfassen Altersrenten, privilegierte Renten, Renten für langjährige Betriebszugehörigkeit, Invalidenrenten und Hinterbliebenenrenten. Militärrenten umfassen Renten für Langzeitdienstleistern, Invaliditätsrenten und Hinterbliebenenrenten (IOM 2020).
Der Pensionsanspruch gilt grundsätzlich ab einem Alter von 63 mit mindestens 25 Jahren abgeschlossener Beschäftigung; eine verringerte Pension steht nach mindestens zehnjähriger Anstellung, jedoch erst ab 65 zu. Bei Invalidität im Rahmen der Sozialversicherung sind zwischen zwei und zehn Jahre Anstellung Grundvoraussetzung, abhängig vom Alter des Versicherten beim Auftreten der Invalidität. Die Invaliditätspension hängt vom Grade der Invalidität ab. Unterhalb der erforderlichen Zeiten für eine Invaliditätspension besteht die Möglichkeit einer Sozialrente für Invalide in Form einer Sozialhilfe. Zur Pensionsberechnung werden die Studienjahre, die Wehrdienstzeit, die Zeit der Kinderbetreuung und die Arbeitslosenzeiten herangezogen. Die Alterspension im Rahmen der Sozialversicherung beträgt 100 % der Basispension von AMD 16.000 monatlich zuzüglich eines variablen Bonus. Die Bonuspension macht AMD 500 monatlich für jedes Kalenderjahr ab dem elften Beschäftigungsjahr multipliziert mit einem personenspezifischen Koeffizienten, basierend auf der Länge der Dienstzeit (USSSA 3.2019).
Das Ministerium für Arbeit und Soziales (MLSA) implementiert Programme zur Unterstützung von schutzbedürftigen Personen: Behinderte, ältere Personen, RentnerInnen, Waisen, Opfer von Menschenhandel, Frauen und Kinder. Der Zugang zu diesen Leistungen erfolgt über die 51 Büros des staatlichen Sozialversicherungsservice (IOM 2020).
Die staatliche Arbeitsagentur bietet im Rahmen der Arbeitslosenunterstützung folgende Dienstleistungen an: Beratung und Information über die von der Agentur angebotenen Dienstleistungen, Beratung zur beruflichen Orientierung, Antrag auf freie Mitarbeit, Teilnahme an staatlichen Beschäftigungsprogrammen und -veranstaltungen, Berufsausbildung und Umschulung (IOM 2020).
2015 wurde die Arbeitslosenunterstützung zugunsten einer Einstellungsförderung eingestellt. Zu dieser Förderung gehört auch die monetäre Unterstützung für Personen die am regulären Arbeitsmarkt nicht wettbewerbsfähig sind. Das Arbeitsgesetz von 2004 sieht ein Abfertigungssystem seitens der Arbeitgeber vor. Bei Betriebsauflösung oder Stellenabbau beträgt die Abfertigung ein durchschnittliches Monatssalär, bei anderen Gründen hängt die Entschädigung von der Dienstzeit ab, jedoch maximal 44 Tage im Falle von 15 Anstellungsjahren (USSSA 3.2019).
Quellen:
 IOM – Internationale Organisation für Migration (2020): Länderinformationsblatt Armenien 2020, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2020_Armenia_DE.pdf, Zugriff 8.8.2022
 USSSA – U.S. Social Security Administration [USA] (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 – Armenia, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/armenia.pdf, Zugriff 8.8.2022
Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet. Das Gesundheits-system besteht aus einer staatlich garantierten und kostenlosen Absicherung sowie einer individuellen und freiwilligen Krankenversicherung. Jeder Mensch in der Republik Armenien hat Anspruch auf medizinische Hilfe und Dienstleistungen, unabhängig von Nationalität, Herkunft, Geschlecht, Sprache, Religion, Alter, politischen und sonstigen Überzeugungen, sozialer Herkunft, Eigentum oder sonstigem Status (IOM 2020). Die primäre medizinische Versorgung wird in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren erbracht. Die sekundäre medizinische Versorgung wird von 37 regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Jerewan vorbehalten ist (AA 25.7.2022).
Die primäre medizinische Versorgung ist grundsätzlich kostenfrei. Kostenlose medizinische Versorgung gilt nur noch eingeschränkt für die sekundäre und die tertiäre Ebene.
Quellen:
 AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.7.2022): Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien (Stand: 5.2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2076734/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Armenien_%28Stand_Mai_2022%29%2C_25.07.2022.pdf, Zugriff 8.8.2022
 ChH – Chatham House (4.6.2020): South Caucasus States Set to Diverge Further due to COVID-19, https://www.chathamhouse.org/expert/comment/south-caucasus-states-set-diverge-further-due-covid-19, Zugriff 5.6.2020
 EVN Report / Shant Shekherdimian, Nerses Kopalyan (22.3.2020): Armenia Combats the Coronavirus: State Capacity and the Diaspora, https://www.evnreport.com/readers-forum/armenia-combats-the-coronavirus-state-capacity-and-the-diaspora, Zugriff 24.4.2020
 IOM – International Organization for Migration (2020): Länderinformationsblatt Armenien 2020, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2020_Armenia_DE.pdf, Zugriff 8.8.2022
Rückkehrende werden grundsätzlich nach Ankunft in die Gesellschaft integriert. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Für rückkehrende Migranten wurde ein Beratungszentrum geschaffen; es handelt sich um ein Projekt der französischen Büros für Einwanderung und Migration (OFFI). Rückkehrer können sich auch an den armenischen Migrationsdienst wenden, der ihnen mit vorübergehender Unterkunft und Beratung zur Seite steht. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt (AA 25.7.2022).
Seit 2019 führ der Migrationsdienst der Republik Armenien das "Staatliche Programm zur primären Unterstützung der Wiedereingliederung von zurückgekehrten (einschließlich unfreiwillig zurückgekehrten) Staatsbürgern in die Republik Armenien" durch. Das Programm bietet armenischen Staatsbürgern, die nach Armenien zurückkehren primäre Unterstützung, um ihre vollständige und nachhaltige Wiedereingliederung zu gewährleisten (IOM 2020).
Das Reintegrationsprogramm „Frontex − Joint Reintegration Services“ (FX JRS) bietet in Kooperation mit einer lokalen Partnerorganisation Unterstützung bei Reintegration nach der Rückkehr nach Armenien an (return from Austria, ohne Datum).
Quellen:
 AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.7.2022): Bericht über die asyl-und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien (Stand: 5.2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2076734/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Armenien_%28Stand_Mai_2022%29%2C_25.07.2022.pdf, Zugriff 2.10.2023
 IOM – International Organization for Migration (2020): Länderinformationsblatt Armenien 2020, https://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2020_Armenia_DE.pdf, Zugriff 2.10.2023
 return from Austria (ohne Datum): Armenien, https://www.returnfromaustria.at/armenien/armenien_deutsch.html, Zugriff 2.10.2023
II.1.2.3. Ins –öffentlich zugängliche- armenische Wählerregister werden nur armenische Staatsbürger eingetragen.
2. Beweiswürdigung
II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
II.2.2 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.
Die überwiegende Zahl der Quellen wurde den bP durch das Länderinformationsblatt der bB bereits im Administrativverfahren zur Kenntnis gebracht. Soweit sich das ho. Gericht auf Umstände bezieht, welche den Verfahrensparteien nicht dezidiert vorgehalten wurde, wird davon ausgegangen, dass sich diese für die bP als –auch- armenische Staatsbürger und für die bB als Spezialbehörde als notorisch bekannt darstellen.
Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Armenien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Armeniens auszugehen ist (vgl. Punkt II.3.1.5. und Unterpunkte).
II.2.3. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist. Auch würdigte die bB –entgegen den Ausführungen der bP- die Ausführungen der bP vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei voller Berücksichtigung derer Spezifika diese in einer nicht zu beanstandenden Art und Weise.
II.2.4. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen, den seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmitteln und dem Ermittlungsergebnis des Vertrauensanwaltes.
In Bezug auf die syrische Staatsbürgerschaft geht das ho. Gericht aufgrund der Sprach- und Ortskenntnisse, der vorgelegten Bescheinigungsmittel, sowie den Angaben hierzu davon aus, dass die bP diese besitzen.
In Bezug auf die armenische Staatsbürgerschaft geht das ho. Gericht aufgrund des Ermittlungsergebnisses im Administrativverfahren davon aus, dass die bP diese besitzt, zumal sie im armenischen Wählerregister eingetragen ist.
Den Aufenthalt in Armenien vor ihrer Einreise nach Österreich wird seitens des ho. Gerichts aufgrund der Existenz einer gemeldeten Wohnadresse und der Teilnahme an Wahlen in Armenien als erwiesen angenommen.
Die Kenntnisse der armenischen Sprache werden aufgrund der Zugehörigkeit zur armenischen Volksgruppe, sowie ihres Aufenthaltes in Armenien bzw. des gemeldeten Wohnsitzes in einer Umgebung, in der überwiegend armenisch gesprochen wird, als erwiesen angenommen.
Soweit die rechtsfreundliche Vertretung der bP die Rechtmäßigkeit der seitens der bB durchgeführten Recherchen im Hinblick auf die armenische Staatsbürgerschaft bezweifelt, ist festzuhalten, dass der VwGH seinem Erk. 15.12.2015, Ra 2015/18/0100-0101 ausausführte, dass Recherchen vor Ort einen probaten Ermittlungsschritt darstellen können. Die Grenzen hierfür werden jedoch an dem Punkt erreicht, an dem diese Ermittlungen die Antragsteller oder sonstigen Personen im Herkunftssaat aufgrund dieser Ermittlungen relevanten Gefährdungen aussetzen würden. Außerhalb dieses Kreises sind Ermittlungen jedenfalls grundsätzlich zulässig. Ob solche Ermittlungen zu einer der oa. Gefahren führen würde, hat neben der ermittelnden Behörde bzw. dem Gericht ua. insbesondere auch der Vertrauensanwalt vor Ort im Rahmen seiner Ermittlungen abzuschätzen und seine Ermittlungen dementsprechend auszugestalten. Wenn der Vertrauensanwalt im gegenständlichen Fall in ihm zugängliche Register einsieht, kann seitens des ho. Gerichts hierin keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Ebenso ist darauf hinzuweisen, dass der Anwalt dem armenischen Staat –diesem ist die Existenz und die gemeldeten Wohnsitze seiner Bürger bekannt- keine personsbezogenen Daten mitteilte, sondern viel mehr beim Staat personsbezogene Daten erhob. Ebenso ist durch die Art der getätigten Ermittlungen für den armenischen Staat der Anlass der Ermittlungen bzw. der Aufenthalt der bP in Österreich als Asylwerberin nicht bekannt.
Zur Auskunft des Anwaltes geht das ho. Gericht davon aus, dass dieser keine Qualifikation als Gutachten zukommt, sondern dass es sich hierbei um Rechercheergebnisse iSv Erkenntnis-quellen sui generis handelt, welche der freien Beweiswürdigung unterliegen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass es sich bei der genannten Quelle um einen Rechtsanwalt handelt, welcher sich in Armenien aufhält bzw. dort seinen Sitz hat und zum armenischen Staat weder in einem Naheverhältnis noch in einer Gegnerschaft steht. Der Vertrauensanwalt ist mit den Verhältnissen in Armenien besonders vertraut und ist ihm zuzubilligen, dass er mit der Einschätzung seiner zugänglichen Quellen in Bezug auf ihre Vertrauenswürdigkeit und Aussagekraft ebenfalls vertraut ist. Ebenso hat er – im Gegensatz zur bP - kein Interesse am Ausgang des Verfahrens in irgendeine Richtung. Das ho. Gericht misst daher den Angaben des Vertrauensanwaltes einen höheren Beweiswert zu, als jenen der bP, welche ein veritables Interesse am Ausgang des Verfahrens in ihrem Sinne hat und ihr Vorbringen nach diesem angestrebten Ausgang ausrichtet.
II.2.5. Die festgestellten Anknüpfungspunkte in Österreich werden aufgrund des Vorbringens der bP, sowie den vorgelegten Bescheinigungsmitteln als erwiesen angenommen.
3. Rechtliche Beurteilung
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Doppelstaatsbürgerschaft Sicherer Herkunftsstaat,
II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.
II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
II.3.1.4. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Die gegenständliche Entscheidung ist mittels Erkenntnisses zu treffen (vgl. Erk. d. VwGH GZ. Ra 2017/19/0284 bis 0285-620. September 2017)
II.3.1.5. Schutzumfang bei Doppelstaatsbürgerschaft
Unbestrittener Weise ist als Herkunftsstaat primär jener Staat heranzuziehen, dessen Staatbürgerschaft die bP besitzen. Die Frage der Staatsangehörigkeit im Falle der Staatenlosigkeit stellt sich im gegenständlichen Fall nicht.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob und wann internationaler Schutz zu gewähren ist, wenn ein Antragsteller mehrere Staatsbürgerschaften besitzt und Verfolgung in einem dieser Staaten vorbringt.
Das UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft (1979) stellt in Abs. 106-107 für Personen mit mehrfacher Staatsangehörigkeit - in Auslegung des Art. 1 Abschnitt A Z 2 letzter Absatz FlKonv - darauf ab, ob solche Personen den (hier nicht näher umschriebenen) "Schutz" eines ihrer Herkunftsländer "in Anspruch nehmen können". Ein solcher Schutz habe, "soweit verfügbar", "Priorität gegenüber dem internationalen Schutz". Im Einzelnen wird auf die "praktische" Beanspruchbarkeit des "Schutzes" dahin gehend Bezug genommen, dass der Schutz nicht "bedeutungslos" sein dürfe, weil er "nicht den Schutz beinhaltet, der gewöhnlich Staatsangehörigen zuteil wird". Die abschließenden Erwägungen zur Frage, inwieweit ein "Antrag um Schutz und eine Verweigerung des Schutzes" vorliegen müsse, bevor "festgestellt werden kann, dass eine vorhandene Staatsangehörigkeit wirkungslos ist", scheinen in ihrer konkreten Form auf entsprechende Bemühungen des Betroffenen im Aufenthaltsstaat (also auf "externen" Schutz des zweiten Herkunftsstaates) abzuzielen.
Von Bedeutung für die im Folgenden zu prüfende Frage der Übertragbarkeit von Voraussetzungen für eine interne "Alternative" auf Fälle mehrfacher Staatsangehörigkeit ist aber das Argument, mit dem ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Umständen, die ein Ausweichen in einen verfolgungsfreien Teil des Herkunftsstaates als unzumutbar ("unreasonable") erscheinen lassen, und einem Konventionsgrund nicht als erforderlich erachtet wird. Die Begründung liegt darin, dass es sich - voraussetzungsgemäß - jeweils um Personen handelt, denen an ihrem ursprünglichen Aufenthaltsort asylrelevante Verfolgung droht und in Bezug auf die nur zu prüfen ist, ob es gegenüber dieser auf Konventions-gründen beruhenden Bedrohung internationalen Schutzes - im Sinne der Bejahung der Flüchtlingseigenschaft mit den in der Flüchtlingskonvention daran geknüpften Konsequenzen - bedarf. Der Zusammenhang mit dem Konventionsgrund ist gewahrt, wenn sich der Betroffene den Widrigkeiten, die ihn am Ort der ins Auge gefassten Ausweichmöglichkeit erwarten würden, nur deshalb aussetzen müsste, weil er an seinem bisherigen Aufenthaltsort aufgrund der auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgungsgefahr nicht bleiben kann. Dieses Argument wird bei Hathaway/Foster (in Feller/Türk/Nicholson [Hrsg.], Refugee Protection in International Law [2003], 400 ff) und in Punkt 21. des Papiers vom 23.7.2003 über die "Interne Flucht- oder Neuansiedlungsalternative" in der vom UNHCR herausgegebenen Reihe "Richtlinien zum internationalen Schutz" noch dahin gehend weitergeführt, dass aus der Sicht der Konvention auch vermieden werden muss, dass sich der Betroffene durch die Bedingungen am Ort der vermeintlichen Ausweichmöglichkeit gezwungen sieht, an seinen ursprünglichen, in der Reichweite der Verfolger gelegenen Aufenthaltsort zurückzukehren (der Sache nach -mit Kritik am Gebrauch der Formulierungen "indirect nexus" und "indirect refoulement" bei Hathaway/Foster - zustimmend Marx, International Journal of Refugee Law Vol. 14 No. 2/3 (2002) 179 (196 ff)). Zum Teil ähnliche Überlegungen gibt es - nicht im Zusammenhang mit der Bestimmung der Flüchtlings-eigenschaft, sondern unter dem Gesichtspunkt der Beachtung des Refoulementverbotes - auch in Bezug auf völkerrechtliche Schranken für die Verweisung von Konventions-flüchtlingen auf Drittstaaten (vgl. etwa Davy, Asyl und internationales Flüchtlingsrecht I (1996) 144-153); Erk. d. VwGH vom 9.11.2004, 2003/01/0534 mwN [im genannten Erkenntnis ging der VwGH -wenn auch noch unter anderen völkerrechtlichen, aber im Ergebnis nach wie vor vergleichbaren Voraussetzungen- davon aus, dass den Bürgern des Kosovo Doppelstaatsbürgerschaft zukommt und im Falle der Zumutbarkeit eine Ausweichmöglichkeit in Serbien besteht. Erst wenn diese Auseichmöglichkeit nicht zumutbar erscheint, käme ihnen im Falle einer Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK Flüchtlingseigenschaft zu).
Im gegenständlichen Fall brache die bP vor, syrische Staatsbürgerin zu sein, in Syrien gelebt zu haben und dort die von ihnen beschriebenen Gefahren zu befürchten. Soweit in Bezug auf die bP jedoch neben der unwiderlegt vorgetragenen syrischen auch von der armenischen Staatsbürgerschaft auszugehen ist, können keine Umstände erblickt werden, welche von Österreich aus ein Ausweichen auf armenisches Staatsgebiet im Falle der Annahme einer Gefahr in Syrien unzumutbar erscheinen lassen. Maßgebliche Faktoren zur Prüfung dieser Zumutbarkeit sind nach ho. Ansicht insbesondere das Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, die familiäre Situation und Verwandtschafts-verhältnisse, soziale und andere Schwächen, ethnische, kulturelle oder religiöse Überlegungen, politische und soziale Verbindungen und Vereinbarkeiten, Sprachkenntnisse, Bildungs-, Berufs- und Arbeits-hintergrund und -möglichkeiten, sowie gegebenenfalls bereits erlittene Verfolgung und deren psychische Auswirkungen, sowie die allgemeine wirtschaftliche und soziale Lage im weiteren Herkunftsstaat Armenien sein. Schlechte soziale und wirtschaftliche Bedingungen in dem betreffenden Staat werden eine solche Ausweichmöglichkeit nicht grundsätzliche ausschließen (siehe in Bezug auf eine vergleichbare Sachlage VwGH 8.9.1999, 98/01/0620; VwGH 26.6.1996, 95/20/0427; ebenso Erk. d. BVwG vom 3.9.2015, L515 2108125-1 mwN; die dort getroffenen Ausführungen sind im Sinne des Schutzzwecks der hier anwendbaren Normen sinngemäß anzuwenden).
Ein bloßes Absinken des Lebensstandards durch die Inanspruchnahme einer Ausweichmöglichkeit, welches jedoch noch über dem Niveau der aussichtslosen Lage liegt, ist daher bei Bestehen einer Existenzgrundlage nach Ansicht des ho. Gerichts hinzunehmen (vgl. hier die vergleichbare Interessenslage in VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401, in diesem Sinne auch VwGH 19.2.2004, Zl. 2002/20/0075; VwGH 24.6.2004, Zl. 2001/20/0420).
Vor den aufgezählten Parametern kann vor dem Hintergrund, dass es sich bei der bP sichtlich um einen nicht invaliden, mobilen Menschen handelt, welcher ihre Mobilität und Anpassungs-fähigkeit bereits durch ihre bisherigen Reisebewegungen unter Beweis stellte, der arme-nischen Volksgruppe angehört und die armenische Sprache –wenn wohl auch den westarmenischen Dialekt- beherrscht, im Lichte der allgemeinen Lage in Armenien nicht davon ausgegangen werden, dass sie im Falle einer Verlegung des Aufenthaltsortes nach Armenien in einer dauerhaft aussichtslose Lage geraten würden und erscheint ihr letztlich ein solcher Wechsel ihres Aufenthaltsortes nicht unzumutbar. Es sei an dieser Stelle nochmals auf die getroffenen Feststellungen zur Lage von Rückkehrern bzw. aus Syrien stammende armenische Staatsbürger, sowie den Umstand verwiesen, dass die bP auch schon vor ihrer Einreise nach Österreich in Armenien lebte. Auch zeigte die bP während ihres Aufenthaltes in Österreich (dieses Land war ihnen bei der Einreise weitaus fremder als Armenien, zumal sie der deutschen Sprache vollends unkundig war und Österreich in einem weit geringeren Umfang von Armeniern besiedelt wird als Armenien) ihre Fähigkeit, sich in einer fremden Umgebung zurecht zu finden, welche ihr im Falle einer Wohnsitznahme in Armenien sicherlich zugutekommt.
Aufgrund der oa. Ausführungen wird in weiterer Folge geprüft, ob für die bP ein Ausweichen von Syrien nach Armenien in Frag kommt und finden nachfolge Prüfungsschritte daher in Bezug auf die Republik Armenien, deren Staatsbürger die bP (auch) sind, statt:
II.3.1.6. Sicherer Herkunftsstaat Armenien
Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt der Herkunftsstaat der bP als sicherer Herkunftsstaat.
Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die bB bzw. das ho. Gericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der bP ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Armeniens spricht und der bB bzw. dem ho. Gericht im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen. Diese Obliegenheit wurde seitens der bB erfüllt.
Das Vorbringen der bP war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt und somit ua. auch von der Annahme, dass die Behörden des Herkunftsstaates Armenien der bP gewillt und befähigt sind, sie vor Repressalien Dritter zu schützen- vorliegt. Die Behörde bzw. das ho. Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher über das Vorbringen der bP hinausgehend noch zu berücksichtigen wäre.
Auch sei darauf hingewiesen, dass allgemein gehaltene Berichte für sich alleine noch nicht in der Lage sind die normative Vergewisserung Armeniens im konkreten Einzelfall zu erschüttern.
Zu A)
II.3.2. Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung
II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:
§ 18 BFA-VG lautet:
„Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde
§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn 1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt, 2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt, 3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat, 4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat, 5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht, 6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder 7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.
(2) – (4) …
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(6)...
(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“
Art. 8 EMRK lautet:
„(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“
Art. 2 EMRK lautet:
„(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
…
Art. 3 EMRK lautet: „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“
II.3.3.2. Sicherer Herkunftsstaat Armenien und Täuschung über den Herkunftsstaat
Der Herkunftsstaat der bP ist gem. § 1 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF ein sicherer Herkunftsstaat, weshalb der Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG erfüllt ist.
Da die bP sichtlich wider besseren Wissens verschwieg, dass sie neben der syrischen auch die armenische Staatsbürgerschaft besitzt, geht das ho. Gericht davon aus, dass auch der Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG erfüllt ist. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass in Bezug auf Armenien auch der Tatbestand der Z 2 leg. cit verwirklicht wurde.
II.3.3.3. Zur Frage einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für die bP als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes:
Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).
Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).
Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).
Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele: VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein „ausreichend reales Risiko“ für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes („high threshold“) dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex „Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in „Dublin-Verfahren““, derselbe in Migralex: „Abschiebeschutz von Traumatisieren“; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Da sich der Herkunftsstaat Armenien der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.
Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.
Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau auch davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.
Die Zumutbarkeit der Annahme einer –ggf. auch unattraktiven- Erwerbsmöglichkeit wurde bereits in einer Vielzahl ho. Erkenntnisse bejaht.
Krankheitsbedingte Abschiebehindernisse kamen ebenfalls nicht hervor (vgl. die Beschlüsse des VwGH vom 21. Februar 2017, Ro 2016/18/0005 und Ra 2017/18/0008 bis 0009, unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien; auch Beschluss des VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038; siehe auch Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“]; Erk. d. VfGH 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9). Bloß spekulative Überlegungen über einen fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung sind ebenso unbeachtlich wie eine bloße Minderung der Lebensqualität bzw. eine schlichte Verkürzung der Lebenserwartung (Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05). Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthalts-beendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN).
Im vorliegenden Fall konnten somit seitens der bP keine akut existenzbedrohenden Krankheits-zustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Armenien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts.
Im Gegenständlichen Fall besteht im Lichte der Berichtslage kein Hinweis, dass die bP vom Zugang zu medizinsicher Versorgung in Armenien ausgeschlossen wäre und bestehen auch keine Hinweise, dass die seitens der bP beschriebenen Krankheiten nicht behandelbar wären. Auch faktisch Hindernisse, welche das Fehlen eines Zugangs zur medizinischen Versorgung aus in der Person der bP gelegenen Umständen bedeuten würde, kamen nicht hervor.
Aufgrund der oa. Ausführungen ist davon auszugehen, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im gegenständlichen Fall zu keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes führt.
II.3.3.4. Zur Frage einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK:
Bei dem Begriff „Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK“ handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.
II.3.4.4. Basierend auf die getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung mangels bestehender familiärer Anknüpfungspunkte keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt und aufgrund des verhältnismäßigen kurzen Aufenthaltes und des Fehlens qualifizierter sozialer Anknüpfungspunkte in Bezug auf die bP auch keinen unzulässigen Eingriff in das Privatleben.
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).
Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).
Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.
Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privat- und/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich –abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offensteht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung des Fremden bedarf.
Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Der Rechtsprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art „Handreichung des Staates“ - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.
Wenn man – wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.
In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.
Der GH führte weiters –wiederum auf seine Vorjudikatur verweisend- aus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen.
Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:
Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.
Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.
Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.
Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.
Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip [„no one can profit from his own wrongdoing“], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).
Im gegenständlichen Fall ist auch darauf hinzuweisen, dass die bP durch das Verschweigen bzw. Leugnen der armenischen Staatsbürgerschaft ihren Aufenthalt und somit auch den Bezug von Leistungen der öffentlichen Hand prolongierte, was ebenfalls eine wesentliche Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellt.
Aufgrund der oa. Ausführungen ist davon auszugehen, dass im Rahmen einer Interessensabwägung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK die öffentlichen Interessen gegenüber den privaten beträchtlich überwiegen, weshalb davon auszugehen ist, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im gegenständlichen Fall zu keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK führt.
II.3.3.5. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung war letztlich festzustellen, dass die bB zu Recht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gem. § 18 Abs. 1 Z1 BFA-VG aberkannte und dass diese nicht gem. § 18 Abs. 5 leg. cit durch das ho. Gericht mit Erkenntnis zuzuerkennen war (vgl. insbes. Erk. des VwGH 13.12.2018, Ro 2018/18/0008, zur Frage der Zulässigkeit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gem. § 18 BFA-VG im Lichte des Urteils des EuGH 19.06.2018, C-181/16, Gnandi gg. Belgien).
II.3.4. Da die Prognoseentscheidung gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG bereits in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien getroffen wurde, konnte eine solche in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien unterbleiben.
II.6. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Eine Beschwerdeverhandlung konnte gem. § 21 Abs. 6a BFA-VG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zur Auslegung der in § 18 Abs. 5 BFA-VG genannten Tatbestandsmerkmale abgeht. Im Hinblick auf die Auslegung des Rechtsinstituts des internationalen Schutzes, des sicheren Herkunftsstaates bzw. der Vorgangsweise im Falle des Vorliegens einer Doppelstaatsbürgerschaft, sowie des Begriffes des Privat- und Familienlebens orientiert sich das ho. Gericht ebenfalls an der hierzu einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur.
Der gegenständliche Fall beinhaltet letztlich keine grundsätzlichen, von der höchst-gerichtlichen Judikatur nicht beantwortete Rechtsfragen, welchen über den gegenständlichen Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme.
Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.
