JudikaturBVwG

G303 2295590-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
06. Februar 2025

Spruch

G303 2295590-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und den fachkundigen Laienrichter Herbert REITER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , vom 02.07.2024, beschlossen:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 9 Abs. 1 und 17 VwGVG in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 23.01.2024 bei der Zentralen Poststelle des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass ein. Zugleich beantragte der BF die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass.

Dem Antrag waren medizinische Beweismittel angeschlossen.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, vom 25.04.2024, wurde nach persönlicher Untersuchung des BF am XXXX 2024, zur beantragten Zusatzeintragung festgestellt, dass der BF trotz der Funktionseinschränkungen der unteren und oberen Extremitäten, in erster Linie der Hüftgelenke, eine kurze Wegstrecke von 300 – 400 m unter Verwendung eines Hilfsmittels zurückzulegen könne, und das Ein- und Aussteigen sowie die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels sicher möglich wäre.

Begründend wurde ausgeführt, dass dem BF sowohl aus der Anamnese, der körperlichen Untersuchung als auch aus den vorgelegten Befunden die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei. Es habe keine höhergradige Gangbildbeeinträchtigung festgestellt werden können. Die angegebene Wegstrecke von max. 30 m sei keineswegs mit den vorgelegten Befunden und dem Untersuchungsergebnis vereinbar. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von etwa 300 m sei, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe, zumutbar. Das Gangbild zeige ein Beinhinken links auf Grund der Hüft- und Kniegelenksschädigung, aber auch nach Einbeziehung dieser Beeinträchtigung sei unter richtiger Verwendung und Zuhilfenahme einer Unterarmstützkrücke keine maßgebliche Einschränkung der Gehstrecke objektivierbar.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 29.04.2024 wurde dem BF zum Ergebnis der Beweisaufnahme ein schriftliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG gewährt und die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung eine schriftliche Stellungnahme einzubringen.

3.1. Mit E-Mail vom 06.05.2024 brachte der BF im Rahmen des Parteiengehörs vor, dass das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX in einigen Punkten fehlerhaft sei bzw. wichtige Fakten falsch oder nicht erwähnt worden seien. Ein ärztliches Attest bzw. Befunde würden vorliegen. Der BF beantragte die neuerliche Überprüfung des Gutachtens. Der BF könne keine Wegstrecke von 300 bis 400 m mit Stützkrücken zurücklegen, und sei auf seinen privaten Pkw angewiesen. Diesbezüglich verweist der BF auf die ärztliche Bestätigung von Dr. XXXX vom 07.03.2024.

4. Die belangte Behörde ersuchte aufgrund der gemachten Einwendungen des BF den ärztlichen Sachverständigen um eine medizinische Stellungnahme.

4.1. In der Stellungnahme vom 10.05.2024 führte der Sachverständige Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, aus, dass keine neuen relevanten Befunde vorgelegt worden seien, die die Aussage des BF begründen oder bestätigen würden, dass es ihm unmöglich sei ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Auch eine ärztliche Bestätigung der Hausärztin Dr. XXXX , ohne irgendwelche Befunde und ein Bescheid der PVA über den Anspruch einer Invaliditätspension ab dem 1. April 2024 würden daran nichts ändern. Beim BF seien im Gutachten vom 25.04.2024, wie auch schon in den Vorgutachten vom 26.07.2010 und 31.10.2016, alle Gesundheitsschädigungen mit den Funktionseinschränkungen nach der gültigen Einschätzungsverordnung ausreichend und korrekt beurteilt worden. Das Gutachten sei am 27.04.2024 vidiert worden und bleibe unverändert bestehen.

5. Mit Bescheid der belangten Behörde, Zl. XXXX , vom 14.05.2024, wurde der Antrag des BF vom 23.01.2024 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen.

Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Das Sachverständigengutachten sowie die medizinische Stellungnahme von Dr. XXXX wurden zum Bestandteil der Begründung des Bescheides erklärt und wurden dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen. Diese seien als schlüssig erkannt und der Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt worden. Danach würden die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorliegen.

In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen. Des Weiteren wurden die maßgeblichen Kriterien, welche entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur für die gegenständliche Zusatzeintragung relevant sind, angeführt.

6. Mit E-Mail vom 02.07.2024 brachte der BF bei der belangten Behörde eine Beschwerde ein und führte aus, dass sich seine Beschwerde auf das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX vom 25.04.2024 beziehe und er einen „förmlichen Widerspruch“ gegen das ärztliche Gutachten erheben wolle. In weiterer Folge wiederholte er sein im Rahmen des Parteiengehörs erstattetes Vorbringen.

7. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht am 16.07.2024 vorgelegt.

8. Das Bundesverwaltungsgericht erteilte dem BF mit Verfügung vom 12.11.2024 einen Verbesserungsauftrag und forderte diesen, unter Hinweis auf die Rechtsfolgen der Nichtverbesserung auf, darzulegen, ob er Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.05.2024 erhebe, da er in seinem Schreiben vom 02.07.2024 „Widerspruch“ gegen das „ärztliche Gutachten“ erhebe und um Überprüfung des Sachverständigengutachtens ersuche. Der BF wurde auf § 9 Abs. 1 VwGVG hingewiesen.

8.1. Der gegenständliche Verbesserungsauftrag blieb unbeantwortet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der verfahrensrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensgang.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und der sich daraus ergebene maßgebliche Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 Bundesbehindertengesetz (BBG) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Gegenständlich liegt somit jedenfalls Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchteil A):

§ 9 VwGVG regelt die Inhaltserfordernisse der Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht.

§ 9. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides oder der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 21.09.2010, 2010/11/0108; 13.11.2012, 2012/05/0184) dient § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind.

Die vorliegende Beschwerde enthält keine genauen Angaben darüber, ob sich die Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.05.2024, Zl. OB: XXXX , betreffend Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ richtet, da der BF in seinem Schreiben vom 02.07.2024 ausdrücklich „Widerspruch gegen das ärztliche Gutachten“ erhebt. Die notwendigen Angaben einer Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG, insbesondere die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, fehlen gänzlich.

Dem BF wurde daher mit Verfügung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.11.2024, GZ.: G303 2295590-1/2Z (vom BF übernommen am 14.11.2024) ein entsprechender Mängelbehebungsauftrag binnen zwei Wochen mit Hinweis auf die Rechtsfolge der Zurückweisung der Beschwerde bei fruchtlosem Verstreichen der Frist erteilt.

Der Verbesserungsauftrag blieb innerhalb der gesetzten Frist unbeantwortet.

Die Beschwerde war daher gemäß §§ 9 Abs. 1 und 17 VwGVG in Verbindung mit § 13 Abs. 3 AVG mangels Erfüllung des Verbesserungsauftrages zurückzuweisen.

Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Durchführung einer Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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