Spruch
W227 2276155-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Studiendirektorin der Universität Graz vom 14. März 2023, Zl. 31/6/Be ex 2022/23, zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Am 20. Februar 2023 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf eine abweichende Prüfungsmethode für die am 15. März 2023 im Rahmen des Diplomstudiums „Rechtswissenschaften“ an der Universität Graz stattfindende Vorlesungsprüfung „Verwaltungsrecht, Grundrechte und Rechtsschutz“. So beantragte er, die Prüfung von zu Hause aus, handschriftlich und mit einer Bearbeitungszeit von 24 Stunden ablegen zu können.
Diesen Antrag begründete der Beschwerdeführer damit, dass er die Prüfung aufgrund seiner Behinderung nicht am Computer, sondern nur per Hand schreiben könne. Auch sei die vorgesehene Prüfungsdauer von drei Stunden angesichts der „massiven gesundheitlichen Einschränkung“ viel zu kurz. So könne er keinesfalls durchgehend sitzen und schreiben, sondern bräuchte längere Pausen. Weiters sei er aufgrund seiner psychischen Situation nicht stressresistent. Überdies habe er auch in der Vergangenheit Prüfungen von zu Hause aus absolvieren dürfen.
2. Mit Verbesserungsauftrag vom 28. Februar 2023 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer im Wesentlichen dazu auf, ein fachärztliches Gutachten vorzulegen, aus welchem konkret hervorgehe, ob der Beschwerdeführer aufgrund seiner Behinderung eine schriftliche Prüfung nur dann bewältigen könne, wenn so viele Pausen zur Verfügung stünden, dass die Bearbeitungszeit auf insgesamt 24 Stunden ausgedehnt werde, und ob er in der Lage sei, eine schriftliche Prüfung vor Ort zu absolvieren.
3. Mit Schreiben vom selben Tag nahm der Beschwerdeführer dazu im Wesentlichen wie folgt Stellung:
Alle notwendigen Unterlagen seien bereits übermittelt worden. Aus der „Kurzstellungnahme“ von Frau Dr. XXXX gehe hervor, dass die Prüfung nur in einem – dem Antrag entsprechenden – adäquaten Zeitrahmen absolviert werden könne. Auch in den Jahren 2020 und 2021 habe es die Möglichkeit gegeben, die Prüfungen von zu Hause aus und ohne Prüfungsaufsicht abzulegen. Der Beschwerdeführer habe nicht beantragt, die Prüfung mündlich abzulegen. Dies sei ihm aufgrund seiner psychischen Situation auch in keinster Weise möglich, da er dem Prüfungsdruck bei einer mündlichen Prüfung nicht gewachsen sei. Auch werde er ein weiteres fachärztliches Gutachten vorlegen.
In weiterer Folge legte er eine „Kurzstellungnahme“ der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. XXXX vom 7. März 2023 vor, welcher zusätzlich zu entnehmen ist, dass eine mündliche Prüfung aufgrund der Grunderkrankung des Beschwerdeführers derzeit nicht möglich sei.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag gemäß § 59 Abs. 1 Z 12 Universitätsgesetz 2002 (UG) ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus:
Bei der gegenständlichen Prüfung handle es sich um eine schriftliche Prüfung, bei der von den Studierenden verlangt werde, Grundlagenwissen samt Leitjudikatur der betreffenden Bereiche wiedergeben und reflektieren zu können. Da es sich bei dem Erfragten um leicht nachschlagbares Basiswissen handle, werde die Prüfung nicht als Open-Book, sondern als Präsenz-Prüfung unter Aufsicht durchgeführt. Einem Antrag auf eine abweichende Prüfungsmethode könne nur dann stattgegeben werden, wenn die Prüfungsanforderungen dadurch nicht herabgesetzt werden würden. Dies wäre aber gegenständlich der Fall, da bei der Prüfung Inhalte abgefragt würden, welche im Rahmen einer Hausarbeit leicht recherchierbar seien. Allenfalls wäre daher die abweichende Prüfungsmethode in Form einer mündlichen Prüfung möglich. Dass andere Prüfungen an der Universität (mit anderem Inhalt und anderer Konzeption) in den Jahren 2020 und 2021 als Online-Prüfungen abgehalten worden seien, sei gegenständlich nicht relevant.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig die gegenständliche Beschwerde, in welcher er zusammengefasst vorbringt:
Die Entscheidung der belangten Behörde, den gegenständlichen Antrag abzuweisen, sei erst wenige Stunden vor der Prüfung ergangen und ihm mitgeteilt worden. Dadurch habe wohl eine fristgerechte Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht vor der gegenständlichen Prüfung verhindert werden sollen. Bereits bei früheren Prüfungen sei eine Bearbeitung von zu Hause aus, ohne Prüfungsaufsicht, möglich gewesen. Auch liege gegenständlich keine andere Konzeption der Prüfung vor, da die Inhalte der damaligen Prüfungen im Setting einer Hausarbeit ebenfalls sehr leicht recherchierbar gewesen seien. Überdies werde nicht die Verlängerung der Bearbeitungszeit auf 24 Stunden, sondern lediglich die Verlängerung der Zeit zur Abgabe der Prüfungslösung beantragt.
6. In seinem Gutachten vom 29. Juni 2023 schloss sich der Senat der Universität Graz der Beurteilung der belangten Behörde an, da die vom Beschwerdeführer beantragte Prüfungsmethode mit dem Inhalt, den Methoden und dem Gegenstand des Prüfungsfaches nicht im Einklang stehe.
7. Am 4. August 2023 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Am 20. Februar 2023 beantragte der Beschwerdeführer die am 15. März 2023 im Rahmen des Diplomstudiums „Rechtswissenschaften“ an der Universität Graz stattfindende Vorlesungsprüfung „Verwaltungsrecht, Grundrechte und Rechtsschutz“ von zu Hause aus, handschriftlich und mit einer Bearbeitungszeit von 24 Stunden ablegen zu können.
Der Beschwerdeführer konnte nicht medizinisch begründet darlegen, dass nur bei der von ihm angestrebten Prüfungsmethode die behauptete Gefahr von gesundheitlichen Schädigungen nicht gegeben ist.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen ergeben sich einerseits aus dem Verwaltungsakt und andererseits aus folgenden Überlegungen:
Den vorgelegten „Kurzstellungnahme[n]“ von Frau Dr. XXXX vom 7. Februar 2023 und vom 7. März 2023 sind keinerlei detaillierte Ausführungen und fundierte medizinische Gründe für die konkret geforderten Änderungen der Prüfungsmethode zu entnehmen. So finden sich in diesen Stellungnahmen etwa keine konkreten Angaben, warum eine Bearbeitungszeit von 24 Stunden als unbedingt notwendig erachtet wird. Auch wird mit keinem Wort auf das Begehren hinsichtlich der Notwendigkeit der Ablegung der Prüfung vom Wohnort des Beschwerdeführers aus eingegangen. Vielmehr findet sich darin lediglich die allgemein formulierte Aussage, dass der Beschwerdeführer „unter dokumentierten psychischen und physischen Einschränkungen“ leide und nur in einem „adäquaten Zeitrahmen“ in der Lage sei, „Klausuren zu absolvieren“.
Diese „Kurzstellungnahme[n]“ sind daher in keinster Weise dazu geeignet, die medizinische Notwendigkeit der (beantragten) Änderung der Prüfungsmethode darzulegen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt A)
3.1.1. § 59 UG lautet (auszugsweise):
„Rechte und Pflichten der Studierenden
§ 59. (1) Den Studierenden steht nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen Lernfreiheit zu. Sie umfasst insbesondere das Recht, 1. […] 12. auf eine abweichende Prüfungsmethode, wenn die oder der Studierende eine Behinderung nachweist, die ihr oder ihm die Ablegung der Prüfung in der vorgeschriebenen Methode unmöglich macht, und der Inhalt und die Anforderungen der Prüfung durch eine abweichende Methode nicht beeinträchtigt werden; 13. […].“
3.1.2. Der Kandidat hat medizinisch begründet darzulegen, dass ihm gewährte Erleichterungen im Hinblick auf seine Behinderung nicht ausreichend sind und nur bei der von ihm angestrebten Prüfungsmethode die behauptete Gefahr von gesundheitlichen Schädigungen nicht gegeben ist. Die generelle Behauptung, er könne keine schriftlichen Prüfungen ablegen, die auf Basis der allgemeinen Ausführungen in den fachärztlichen Gutachten aufgestellt worden ist, genügt dieser Verpflichtung nicht. Besteht der Kandidat auf seinem ursprünglichen Antrag, die Prüfung nicht schriftlich ablegen zu müssen, ohne hierfür weitere, insbesondere medizinische Beweise vorzulegen oder anzubieten, ist die Behörde nicht verhalten, von Amts wegen weitere Beweise einzuholen (vgl. VwGH 17.08.2000, 2000/12/0011, m.w.N.).
Voraussetzung für die Festsetzung einer abweichenden Prüfungsmethode ist, dass der Studierende eine Behinderung nachweist. Diese muss nicht mehr – wie noch nach § 27 Abs. 5 Allgemeines Hochschul-Studiengesetz (AHStG) – eine körperliche sein, sodass auch etwa psychische Störungen, die das Ablegen der Prüfung in der vorgesehenen Form unmöglich machen, darunter fallen können. Die Behinderung darf die Ablegung der Prüfung in der vorgesehenen Form nicht nur bloß erschweren, sie muss sie vielmehr unmöglich machen. Der Antragsteller hat dabei medizinisch begründet darzulegen, wieso eine bestimmte Abweichung erforderlich ist. Selbst wenn dieser Nachweis erbracht wird, ist die Festsetzung einer abweichenden Prüfungsmethode nur dann zulässig, wenn der Inhalt und die Anforderungen an die Prüfung nicht beeinträchtigt werden (siehe Perthold-Stoitzner in Perthold-Stoitzner, UG3.02 § 59 Rz 11 (Stand 01.09.2023, rdb.at)).
3.1.3. Für den gegenständlichen Fall bedeutet das:
Wie bereits oben ausgeführt, konnte der Beschwerdeführer nicht medizinisch begründet darlegen, dass ihm die Ablegung der Prüfung in der vorgesehenen Form unmöglich ist.
Abgesehen davon würde die Abhaltung der Prüfung in handschriftlicher Form, mit einer Bearbeitungszeit von 24 Stunden und von der Wohnadresse des Beschwerdeführers aus eine Beaufsichtigung der Prüfung verunmöglichen und so die Anforderungen an die Prüfung, wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt, wesentlich beeinträchtigen.
Abschließend ist auszuführen, dass die Prüfungen in den Jahren 2020 und 2021 aufgrund der Corona-Maßnahmen als Open-Book- und Online-Prüfungen konzipiert waren und demnach mit dem Inhalt des gegenständlichen Antrags nicht vergleichbar sind; daher geht das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ins Leere.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (siehe etwa Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
3.2. Zu Spruchpunkt B)
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer abweichenden Prüfungsmethode gegenständlich nicht vorliegen, entspricht der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.