Spruch
W192 2305030-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2024, Zahl: 1320954702/222642090:
A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte nach illegaler Einreise am 23.08.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer hinsichtlich seines Fluchtgrundes an, dass er Afghanistan wegen des Krieges, der schlechten Sicherheitslage und der Armut verlassen habe. Er wolle in Ruhe und Frieden leben können.
Am 22.11.2024 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesens und Asyl (im Folgenden: BFA). Der Beschwerdeführer gab hierbei zu den Gründen für seine Ausreise in freier Erzählung an: „Mein Vater und mein Onkel väterlicherseits haben in insgesamt 8 Jirib Grundstücke von meinem Großvater geerbt. Mein Onkel war schwer krank und hat diese Grundstücke geteilt, davon bekam mein Vater 4 Jirib. Er hatte Angst wenn er stirbt, dass seine Kinder uns Probleme machen wegen der Grundstücke und darum hat der das bei Lebzeiten gemacht. Nach dem Tod meines Onkels verkauften seine Kinder den Teil meines Onkels, den sie von ihrem Vater geerbt haben. Danach verlangten sie 2 Jirib von meinem Vater. Mein Vater ging zum ältesten Rat um Hilfe zu erbitten um diesen Streit zu beenden. Der Ältestenrat hat am 14.01.2022 bestätigt, dass die Cousins kein Recht haben mit meinem Vater zu streiten wegen der Grundstücke. Der älteste Sohn meines Onkels namens Q. war Mitglied der Taliban und wollte unbedingt die 2 Jirib von meinem Vater haben. An einem Tag war ich in der Schneiderei als meine Mutter mich anrief und sagte: „Mein Sohn, es gibt Gerüchte, dass dein Vater auf dem Feld durch M. erschossen wurde. Komm nicht nach Hause, bis ich dich nochmals anrufe“. Kurz danach rief meine Mutter mich wieder an und sagte, dass mein Vater am 20.03.2022 getötet wurde und ich sollte nicht nach Hause kommen. Ich rief meinen Onkel mütterlicherseits in Kabul an und erzählte ihm alles. Er sagte mir bleib ruhig denn ich bin bei deiner Tante in Jalalabad. Kurz danach habe ich meinen Onkel getroffen und er sagte, dass ich nach Kabul fahren soll. Er setzte mich in ein Auto und ich fuhr nach Kabul. Mein Onkel ging in unser Dorf, da meine Mutter alleine war und hat sich um das Begräbnis meines Vaters gekümmert und danach nahm er meine Mutter und meine Geschwister mit nach Kabul. Ich blieb ca. 3 Monate bei ihm in Kabul und dann musste ich meine Heimat verlassen, das haben mein Onkel und meine Mutter entschieden, weil meine Schwester angerufen hat, dass dieser Cousin auch töten will. Weitere Fluchtgründe habe ich nicht.“
In Bezug auf seine Rückkehrbefürchtungen gab der Beschwerdeführer an, dass er Angst vor seinem Cousin väterlicherseits habe, weil es sich um eine Feindschaft handle.
Zu seinem familiären Hintergrund gab der Beschwerdeführer an, dass seine Mutter mit seinen drei Schwestern und seinen zwei Brüdern in Kabul bei seinem Onkel leben würden. Dieser habe einen Supermarkt in Kabul und versorge seine Mutter und seine Geschwister. Sein Vater sei durch seinen Cousin bei Grundstücksstreitigkeiten getötet worden. Zwei Tanten würden in Jalalabad leben.
Der Beschwerdeführer legte ein Schreiben des Ältestenrates vor, wonach dieser bestätige, dass die Cousins kein Recht hätten, mit seinem Vater wegen der Grundstücke zu streiten.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG nach zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
Die Behörde stellte die Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit sowie die Verfahrensidentität des Beschwerdeführers fest. Der Beschwerdeführer habe keine in Afghanistan bestehende und gegen ihn persönlich gerichtete Verfolgungsgefahr glaubhaft darlegen können und es habe keine Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd GFK festgestellt werden können. Es habe unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland dort einer realen Gefahr der Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder eine Rückkehr für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die aktuelle Sicherheitslage in Afghanistan sei als ausreichend sicher festzustellen. Es stehe weiters fest, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Bis zu seiner Ausreise habe der Beschwerdeführer in seinem Eigentumshaus gelebt, das er nach dem Tod seines Vaters, der im Jahr 2022 von seinem Cousin wegen Geldstreitigkeiten getötet worden sei, geerbt habe und er besitze vier Jirib an Grundstücken. Der Beschwerdeführer verfüge in seiner Herkunftsprovinz über eine hinreichende Existenzgrundlage und könne wieder im Eigentumshaus auf der familieneigenen Landwirtschaft leben und damit seine Grundbedürfnisse decken. Sein Onkel, wo seine Mutter mit seinen Geschwistern wohne, habe in Kabul einen eigenen Supermarkt und könne ihn unterstützen.
Im als „Beweiswürdigung“ bezeichneten Abschnitt der Begründung führte die Behörde zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates sowie zur Situation im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan wörtlich aus:
[…] „Die Kernaussage Ihres Fluchtvorbringens war, dass Sie mit einem Freund negativ über die Taliban gesprochen haben, da Ihre Eltern und Ihr Bruder durch einen Selbstmordanschlag der Taliban ums Leben gekommen wären. Ihr Freund dagegen sprach sich für die Taliban aus, denn er seine Familie wäre den Taliban nahegestanden. Eines Tages wäre es dann zu Handgreiflichkeiten zwischen Ihrem Freund und Ihnen gekommen und Sie wären geschlagen und mit einem Messer mehrmals am Rücken verletzt worden. Danach hätten Sie Ihre Heimat verlassen.
In der Erstbefragung vom 24.09.2022 gaben Sie zu ihren Fluchtgründen ganz etwas anderes an, nämlich, dass Sie ins Ausland gereist wären, um zu studieren und dass die Lage in Afghanistan sehr gefährlich sein würde. Zu Ihren Rückkehrbefürchten erklärten Sie, dass es in Afghanistan keine Zukunft für sie geben würde. Außerdem gaben Sie damals zu Protokoll, dass Ihnen keine Repressalien bei einer Rückkehr drohen würden. Sie haben Ihr Vorbringen von der Erstbefragung zur Einvernahme extrem gesteigert, was den Verdacht eines erfundenen Konstruktes erweckt, um sich einen Vorteil für ihr Verfahren zu verschaffen. […]
Sie legten dann noch Fotos von Ihren Stichwunden vor, die Ihr Freund ihnen zugeführt hätte, worauf aber nicht zu erkennen war, ob Sie dies tatsächlich waren. […]
Daher ist jedenfalls davon auszugehen, dass Sie im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat in der Lage sein werden, die dringendsten Lebensbedürfnisse zu befriedigen und nicht über anfängliche Schwierigkeiten hinaus in eine dauerhaft aussichtslose Lage geraten, zumal Ihr soziales Umfeld und Ihre weiteren Familienangehörige weiterhin in Afghanistan leben und sich gegenseitig als Angehörige der größten Volksgruppe unterstützen. Hervorzuheben ist diesbezüglich, dass Ihre Cousine als reich zu bezeichnen ist und Sie unterstützen könnte.“ […]
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die durch die bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 20.12.2024 eingebrachte Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer und sein Vater von Grundstücksstreitigkeiten betroffen gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe bereits in seiner Einvernahme geschildert, dass sein Vater von einem Cousin, der Mitglied bei den Taliban sei, erschossen worden sei. Im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan fürchte der Beschwerdeführer Verfolgung durch seine Cousins und somit auch die Taliban aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten. Wäre die Behörde ihrer Pflicht zur Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes nachgekommen, hätte festgestellt werden müssen, dass der Beschwerdeführer aufgrund von wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht in sein Heimatland zurückkehren könne.
Die Behörde habe den Sachverhalt von einem anderen Fall, der nichts mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu tun habe, als Grundlage für die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz genommen. Der Beschwerdeführer habe mit keinem Wort behauptet, dass er von seinem Freund verfolgt werde. Er habe ebenso kein Foto von etwaigen erlittenen Verletzungen vorgelegt. Auch habe er mit keinem Wort erwähnt, dass er fürs Studium nach Österreich gekommen sei. Die belangte Behörde habe irrtümlich Beweisfotos von einem anderen Fall beim vorliegenden Fall herangezogen und es unterlassen, sich mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten Beweisen auseinanderzusetzen. Die Behörde stütze ihre Entscheidung somit auf einen falschen Sachverhalt. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Zu Spruchpunkt A)
2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder dieser durch das Verwaltungsgericht selbst festgestellt werden kann, sofern dies im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß Abs. 3 zweiter Satz kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. In diesem Fall ist die Behörde an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgeht.
Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 28 VwGVG, Anm. 11).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn „die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen“ hat.
2.1.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits wiederholt mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; 30.06.2015, Ra 2014/03/0054):
Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht kommt nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Der Verfassungsgesetzgeber hat sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das in § 28 insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer „Delegierung“ der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
2.2. Solche gravierenden Ermittlungslücken sind dem BFA hier unterlaufen:
2.2.1. Im vorliegenden Fall hat sich das BFA, wie auch in der Beschwerde gerügt wurde, nicht ordnungsgemäß mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen auseinandergesetzt. Im angefochtenen Bescheid ist ersichtlich, dass die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seinem familiären Hintergrund auf seinen entsprechenden Ausführungen im vorliegenden Verfahren basieren (S. 11 f.). Es wurde jedoch im als „Beweiswürdigung“ bezeichneten Abschnitt der Begründung gegensätzlich dazu völlig aktenwidrig von einem anderen Sachverhalt ausgegangen und darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung angegeben habe, ins Ausland gereist zu sein, um zu studieren, er hingegen in der Einvernahme vor dem BFA behauptet habe, dass er von einem Freund, der den Taliban nahegestanden sei, mit einem Messer verletzt worden sei, da er negativ über die Taliban gesprochen habe, weil seine Eltern und sein Bruder bei einem Selbstmordanschlag der Taliban ums Leben gekommen wären (S. 66 des Bescheides). Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer weder in der Erstbefragung angegeben hat, zwecks des Studiums ins Ausland gereist zu sein, noch dass er in der weiteren Einvernahme vor dem BFA vorgebracht hätte, von einem Freund wegen negativer Äußerungen über die Taliban mit einem Messer verletzt worden zu sein. Ebenso ergibt sich aus dem Verwaltungsakt in keiner Weise, dass der Beschwerdeführer, wie im angefochtenen Bescheid behauptet wurde, ein Foto vorgelegt hat, welches seine Stichwunden zeigen würde, die ihm sein Freund zugefügt haben soll (vgl. Seite 69 des Bescheides). Auch die Ausführungen des BFA im Zusammenhang mit der Situation des Beschwerdeführers im Fall seiner Rückkehr, wo ausgeführt wird, dass seine Cousine „als reich zu bezeichnen“ sei (S. 69 des Bescheides), finden keine Deckung in den Aussagen des Beschwerdeführers im Verfahren.
Das BFA hat somit im gegenständlichen Fall durch die Vermengung von Angaben des Beschwerdeführers mit Aussagen eines anderen Asylwerbers völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt und damit den Sachverhalt bloß ansatzweise ermittelt und ist nicht auf den konkreten Fall eingegangen.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die belangte Behörde in Bezug auf die Ermittlung der Sachlage somit bezüglich der Frage des Vorliegens asylrelevanter Verfolgung und der den Beschwerdeführer gegebenenfalls treffenden Rückkehrsituation nicht mit der gebotenen Genauigkeit und Sorgfalt vorgegangen ist und die notwendige Ermittlung des Sachverhalts unterlassen hat. Der angefochtene Bescheid leidet auch unter dem schweren Mangel, dass sich das BFA mit dem konkreten Vorbringen des Beschwerdeführers überhaupt nicht auseinandergesetzt und seine Entscheidungsbegründung auf Aktenwidrigkeiten gestützt hat. Der VwGH verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens. (VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389). Aufgrund des grob mangelnden Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde eine solche ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens nicht vorgenommen.
Das BFA ist insgesamt von einer nicht nachvollziehbaren und jedenfalls aber ungenügenden Sachverhaltsgrundlage ausgegangen und hat damit die notwendige Ermittlung des tatsächlichen Sachverhalts unterlassen, was zu krassen und besonders gravierenden Ermittlungslücken geführt hat und eine Kassationsentscheidung dringend erforderlich macht.
Im Rahmen der nachzuholenden Ermittlungstätigkeit wird sich das BFA in geeigneter Weise mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen sowie zur Situation im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan sowie dem als Beweismittel vorgelegten Dokument hinreichend auseinanderzusetzen haben.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetztes liegen, v.a. unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde für die Ermittlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist, und weil eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll.
Dass eine unmittelbare Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - auch angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
2.2.2. Da der maßgebliche Sachverhalt nicht feststeht, war der Bescheid des BFA gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG in aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen.
2.3. Hinsichtlich des Antrages auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung ist darauf hinzuweisen, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt - nämlich das Vorliegen von mangelhaften Ermittlungen zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt - durch den vorliegenden Bescheid unter Bedachtnahme auf die Beschwerde feststeht und daher auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden kann, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Dem steht angesichts des auf eine Kassation des angefochtenen Bescheids zielenden Eventualantrags der Beschwerde auch das Interesse des Beschwerdeführers nicht entgegen.
3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.