Spruch
L501 2282695-1/7E Schriftliche Ausfertigung des am 07.01.2025 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerden von XXXX und XXXX vertreten durch Rechtsanwälte Eberl, Hubner, Krivanec, Ramsauer Partner, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen vom 08.11.2023, OB: XXXX wegen Feststellung der Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit dem verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass die nunmehr beschwerdeführende Partei 1 XXXX (in der Folge mitunter kurz „bP 1") und die nunmehr beschwerdeführende Partei 2 XXXX (in der Folge mitunter kurz „bP 2") im Zeitraum vom 01.01.2023 bis laufend der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach dem BSVG unterliegen.
Nach Zitierung der Rechtsgrundlagen wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass die beschwerdeführenden Parteien gemeinsame Eigentümer näher bezeichneter land-, forst-und alpwirtschaftlicher Nutzflächen mit einer Gesamtgröße von 7,6702 ha seien. Der gerundete Einheitswert der gesamten Liegenschaft betrage EUR 3.000,00, wovon EUR 380,98 (ab 01.10.2021) bzw. EUR 437,03 (ab 01.01.2024) auf öffentliche Gelder entfielen. Aufgrund der gemeldeten Betriebsaufgabe zum 31.12.2022 sei seitens der beschwerdeführenden Parteien ein Fragebogen zur Erhebung der Bewirtschaftungsverhältnisse ausgefüllt worden, laut dem die als „Koppel genutzt“ bezeichneten Flächen mit Gras, Unkraut, Gestrüpp und Bäumen bewachsen seien. Die Flächen würden den vier als Hobby gehaltenen Pferden teils als Auslauf dienen, teils von ihnen je nach Steilheit abgeweidet werden. Das Mähgut würde für die Pferde als Winterfutter verwendet werden. Für die Flächen würden keine Förderungen bezogen, auch würden keine Arbeiten verrichtet werden.
Rechtlich wurde ausgeführt, dass die Gewinnung von Heu, dass zur Fütterung gelagert und genutzt werde, eine landwirtschaftliche Tätigkeit gemäß § 4 LAG sei, während bei einer bloßen Vernichtung des gemähten Grases keine landwirtschaftliche Bewirtschaftung vorliege. Das Abweiden der Grundstücksfläche durch Pferde stelle eine landwirtschaftliche Tätigkeit bzw. Produktion im technischen Sinne dar. Die Produktion sei erwerbswirtschaftlich, da sie nachhaltig und wiederkehrend ausgeübt werde, um bei objektiver Sicht Einkünfte in Geld-oder Güterform zu verschaffen. Die Pferdeweide erfolge wiederkehrend, es würden daher Einkünfte im Güterform, nämlich Gras durch Weide als Futter für die Pferde gewonnen. Es liege zwar keine Tierzucht oder Tierhaltung zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse vor, es sei aber von einer sonstigen Tierhaltung mit einer landwirtschaftlichen Produktion, nämlich der Heugewinnung, auszugehen. Folglich liege ein landwirtschaftlicher Betrieb gemäß § 4 Abs. 1 LAG 2021 vor.
In der fristgerecht erhobenen Beschwerde wird seitens der beschwerdeführenden Parteien betont, dass sie lediglich über 4 ha Land sowie 4 Pferde verfügten, wobei diese weder gezüchtet noch zur Gewinnung tierischer Erzeugung bzw. Mästung gehalten würden. Es werde auch kein auf das Hervorbringen pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse gerichteter Zweck verfolgt, auch würden keine Einnahmen aus einer Landwirtschaft erzielt werden. Das Mähgut werde ausschließlich für den Eigenbedarf verwendet und stelle nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die bloße Pferdehaltung ohne Zucht keinen Betrieb im Sinne des Landarbeitsgesetzes da, auch zähle das bloße Abweiden von zwei Pferden nicht als land-und forstwirtschaftliche Produktion. Nach der Rechtsprechung sei für eine landwirtschaftliche Tätigkeit erforderlich, dass mit dem gemähten Gras in einer Art verfahren werde, die an sich auf der Linie einer landwirtschaftlichen Bewirtschaftung liege, wozu auch das Füttern von Vieh, aber nur im Rahmen einer landwirtschaftlichen Produktion, also der Viehzucht oder der Hervorbringung tierischer Produkte, zählen. Dies sei jedoch gegenständlich nicht der Fall.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Die miteinander verheirateten beschwerdeführenden Parteien 1 und 2 sind jeweils zur Hälfte Eigentümer der land-, forst-und alpwirtschaftlichen Nutzflächen der Katastralgemeinde XXXX bestehend aus den Grundstücken XXXX im Gesamtausmaß von 0,6115 ha sowie der XXXX bestehend aus den Grundstücken XXXX im Gesamtausmaß von 7,0587 ha.
Der gerundete Einheitswert der Gesamtfläche beträgt laut Wertfortschreibung des Finanzamtes Salzburg Land vom 20.07.2021, sv-rechtlich wirksam ab 01.10.2021, EUR 3.000,00, davon entfallen EUR 380,98 auf öffentliche Gelder. Aus der Hauptfeststellung vom 28.09.2023, sv-rechtlich wirksam ab 01.01.2023, ergibt sich ein gerundeter Einheitswert von EUR 3.000,00, wovon EUR 437,03 auf öffentliche Gelder entfallen. Als Zuschläge gemäß § 40 BewG sind jeweils mit EUR 330,00 bewertete Weiderechte enthalten.
Die beschwerdeführenden Parteien 1 und 2 führen auf diesen land-, forst - und alpwirtschaftlichen Nutzflächen gemeinsam auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes (LAG). Sie beziehen im Zusammenhang mit den zu diesem Betrieb gehörigen land-, forst-und alpwirtschaftlichen Nutzflächen seit dem 01.01.2023 keine öffentlichen Gelder mehr.
Auf der Liegenschaft befindet sich ein baufälliges Bauernhaus sowie ein „Zuhaus“, in welchem die Mutter der bP 2 wohnt. Im Eigentum der bP 1 und 2 stehen vier Pferde, die von der Familie geritten werden. Die beiden ältesten Pferde sind ca. 22 Jahre alt, eines 15 und eines 12 oder 13 Jahre alt. Ein Pferd würde sich ausgezeichnet zum Reiten eignen, allerdings verfolgt die gemeinsame Tochter ihre diesbezüglichen sportlichen Ambitionen aufgrund eines Reitunfalls nicht mehr weiter. Es wird weder eine Pferdezucht betrieben, noch werden die Tiere kommerziell verwertet; auch ist nichts dergleichen geplant.
Die land-, forst- und alpwirtschaftlichen Nutzflächen weisen einen natürlichen Wuchs von Gras, Unkraut, Gestrüpp und Bäumen auf. Zwei Pferde verbringen den Sommer immer auf der Alm. Die Flächen werden, sofern es den Pferden aufgrund der Geländebedingungen möglich ist, von diesen abgegrast; die Steilhänge werden von der bP gemäht. Mit dem Mähgut werden im Winter - ca. vier bis fünf Monate lang - die Pferde gefüttert; dies ist ausreichend, es muss kein Futter zugekauft werden. Für einen Verkauf des Mähguts an einen Milchbetrieb ist die Futterqualität der Wiesen zu schlecht.
Auf den Nutzflächen stehen zumindest ein Birnbaum, ein Apfelbaum und ein paar Ribiselsträucher. Das Obst wird für die Familie verwendet und „quasi als Kraftfutter“ an die Pferde verfüttert. Am Hof befindet sich auch noch ein Gemüsegarten im Ausmaß von mindestens drei mal vier Meter. Das geerntete Gemüse – Kartoffeln, Kürbisse, Radieschen, Mangold, rote Rüben, Zucchini, usw. – wird gleichfalls für die Familie verwendet.
Die forstwirtschaftlichen Maßnahmen beschränken sich auf eine Beseitigung des Wind-, Schneebruchs und des Käferholzes, sie sind nicht mit Bewirtschaftungsmaßnahmen verbunden. Verwertbares Holz wird verheizt. Ein direkter Nachbar entfernt das Schadholz, dieses kann er dann für sich verwerten.
Die Maßnahmen der bP 1 und 2 im Hinblick auf die land-, forst- und alpwirtschaftlichen Nutzflächen dienen der Landschaftspflege.
II.1.2 Das Ehepaar lebt nicht am Hof, sondern wohnt in einem im Eigentum der bP 2 stehenden Haus in der Katastralgemeinde XXXX
II.2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, den Gerichtsakt, den Datenbanken sowie durch die Ausführungen der bP 1 und 2 im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Während die bP 1 auf die Frage, ob sie Blumen, Gemüse, etc. ansetzen würden, meinte „Nein, unsere Vegetation gibt nichts her“, erklärte die bP 2 stolz, welche Gemüsesorten sie für die Familie anbaue, wobei die von ihr nach Rückfrage bei ihrem Gatten geschätzte Anbaufläche angesichts ihrer Begeisterung, der angegebenen – nicht vollständig ins Protokoll aufgenommenen - Artenvielfalt sowie das „Tiefstapeln“ ihres Ehegatten (siehe unten) nur als absolute Mindestgröße zu bezeichnen ist, tatsächlich aber jedenfalls darüber liegen wird. Es mag nun auch sein, dass die Qualität der landwirtschaftlichen Flächen der bP 1 und 2 nicht an die fruchtbaren Anbaugebiete Österreichs - wie etwa das Eferdinger Becken – heranreicht, traditionelle österreichische Gemüsesorten gedeihen aber auch in nicht so guter Erde, zumal sie zudem – wie von der bP 2 früher mit Schafwolle – durch Düngung aufgebessert werden kann.
Dass der Gemüseanbau auf der landwirtschaftlichen Fläche erfolgt, ergibt sich aus der Aussage der bP 1, die ihre Ehefrau diesbezüglich korrigierte und die – im Gegensatz zur bP 2 – die Einlagezahlen und die Grundstücksnummern den Flächen zuzuordnen vermochte. Das im Eigentum der bP 2 stehende Wohnhaus der Ehegatten befindet sich auf der XXXX . Im ersten Absatz auf Seite 8 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung wurde versehentlich vermerkt, dass sich der Garten XXXX befinde: „Der Garten ist am Hof, nicht am Wohnhaus. Der Garten (korrekt: das Wohnhaus) ist XXXX Schließlich wurde sich von der erkennenden Richterin noch kurz vor der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses am 07.01.2025 bei den bPen rückversichert, dass der Gemüseanbau auf den landwirtschaftlichen Flächen am Hof stattfindet.
Dass die bP 1 eher „tiefstapelt“ zeigt sich auch bei den Antworten auf die Frage, ob sich auf den landwirtschaftlichen Grundstücken Obstbäume oder Ribiselsträucher befänden. Während die bP 1 meinte, dass der eine Obstbaum nichts bringe und die Früchte vom anderen Obstbaum die Pferde bekämen, sprach die bP 2 davon, dass das Obst vom Birnenbaum, vom Apfelbaum und den paar Ribiselsträuchern teils für sie verwendet werde, teils den Pferden verfüttert werde. bP 2 erzählte aber wiederum sogleich, dass die Ribiselsträucher nicht mehr stehen würden, da das Pferd sie vernichtet hätte.
Die Feststellung, dass die bP 1 und 2 im Zusammenhang mit den zu diesem Betrieb gehörigen land-, forst-und alpwirtschaftlichen Nutzflächen seit dem 01.01.2023 keine öffentlichen Gelder mehr beziehen, ergibt sich aus der über die Bezirksbauernkammer XXXX erfolgte Einsicht und Abfrage im EAMA System im Zusammenhalt mit den Übermittelten Screenshots sowie der Einsichtnahme in die Transparenzdatenbank.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, anzuwendendes Verfahrensrecht:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 182 Z 7 BSVG gelten die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 und 3 ASVG nicht anzuwenden ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, […], und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerden
II.3.2. Auszug aus den entscheidungsrelevanten Rechtsvorschriften:
BSVG-Pflichtversicherung
Pflichtversicherung in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung
§ 2. (1) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen pflichtversichert:
1. Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird. Dabei wird vermutet, daß Grundstücke, die als forstwirtschaftliches Vermögen nach dem Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148, bewertet sind oder Teil einer als solches bewerteten wirtschaftlichen Einheit sind, in der einem forstwirtschaftlichen Betrieb entsprechenden Weise auf Rechnung und Gefahr der dazu im eigenen Namen Berechtigten bewirtschaftet werden. Der Gegenbeweis ist für Zeiten, die länger als einen Monat von der Meldung (§ 16) des der Vermutung widersprechenden Sachverhaltes zurückliegen, unzulässig. Die Pflichtversicherung erstreckt sich nach Maßgabe der Anlage 2 auch auf
[…]
(2) Die Pflichtversicherung besteht für die im Abs. 1 Z 1 genannten Personen nur, wenn der nach dem Bewertungsgesetz 1955 festgestellte Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes den Betrag von 1 500 € erreicht oder übersteigt. Handelt es sich jedoch um einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, dessen Einheitswert den Betrag von 1 500 € nicht erreicht oder für den vom Finanzamt Österreich ein Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Vermögens gemäß den §§ 29 bis 50 BewG 1955 nicht festgestellt wird, so besteht die Pflichtversicherung für die betreffenden Personen, vorausgesetzt, dass sie aus dem Ertrag des Betriebes überwiegend ihren Lebensunterhalt bestreiten. § 23 Abs. 3, 3a und 5 ist entsprechend anzuwenden. Für die Pflichtversicherung der in den §§ 2a und 2b angeführten Eheleute oder eingetragenen PartnerInnen ist jeweils der gesamte Einheitswert des Betriebes maßgeblich.
BSVG-Pflichtversicherung in der Unfallversicherung
§ 3. (1) In der Unfallversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, pflichtversichert:
1. die im § 2 Abs. 1 Z 1 und 1a bezeichneten Personen; […]
Landarbeitsgesetz (LAG)
Betriebe der Land- und Forstwirtschaft
§ 4. (1) Betriebe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Betriebe der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und ihre Nebenbetriebe, soweit diese in der Hauptsache die Verarbeitung der eigenen Erzeugnisse zum Gegenstand haben und sich nicht als selbständige, von der Land- und Forstwirtschaft getrennt verwaltete Wirtschaftskörper darstellen, ferner die Hilfsbetriebe, die der Herstellung und Instandhaltung der Betriebsmittel für den land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb dienen. In diesem Rahmen zählen zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte einschließlich des Wein- und Obstbaues, des Gartenbaues und der Baumschulen, das Halten von Nutztieren zur Zucht, die Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse sowie die Jagd und Fischerei. Der land- und forstwirtschaftlichen Produktion gleichzuhalten ist die der Erhaltung der Kulturlandschaft dienende Landschaftspflege, sofern dafür Förderung aus öffentlichen Mitteln bezogen wird, deren zu Grunde liegendes Förderungsziel die Erhaltung der Kulturlandschaft direkt oder indirekt miteinschließt.
(2) Unter Gartenbau im Sinne des Abs. 1 ist die Hervorbringung von Blumen, Obst, Gemüse, Bäumen und sonstigen Gärtnereierzeugnissen auf eigenem oder gepachtetem Grund ohne Rücksicht auf die Betriebsweise zu verstehen, nicht aber die Errichtung und die Instandhaltung von Gärten einschließlich der gärtnerischen Gräber- und Raumausschmückung, ferner nicht das Binden von Kränzen und Sträußen und der Handel mit Gärtnereierzeugnissen, es sei denn, dass diese Tätigkeiten im Rahmen eines gartenwirtschaftlichen Nebenbetriebes, das heißt in einem im Verhältnis zum Hauptbetrieb untergeordneten Umfang und in der Hauptsache unter Verwendung eigener Erzeugnisse ausgeübt werden
[…]
II.3.3. Voraussetzung für die Versicherungspflicht nach dem BSVG ist die Führung eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auf eigene Rechnung und Gefahr, wobei auch die Absicht auf Erzielung eines Gewinnes fehlen kann. Zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion zählen nach § 4 Abs. 1 LAG die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte einschließlich des Wein- und Obstbaues, des Gartenbaues und der Baumschulen, das Halten von Nutztieren zur Zucht, die Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse sowie die Jagd und Fischerei. Das Vorliegen eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft muss auch dann angenommen werden, wenn auf landwirtschaftlicher Grundfläche eine land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinn entwickelt wird, ohne dass hiebei eine Gewinnerzielung beabsichtigt oder möglich ist (vgl. VwGH vom 16.03.2011, 2008/08/0058 unter Hinweis auf Erkenntnis vom 20.02.2002, 96/08/0355).
Die bP 1 und 2 bestreiten das Vorliegen eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes mit dem Argument des Fehlens einer land- und forstwirtschaftlichen Produktion, sodass im Folgenden auf die im Verfahren hervorgekommenen Tätigkeiten unter diesem Gesichtspunkt einzugehen ist:
Das bloße Halten der im Eigentum der bP 1 und 2 stehenden vier Pferde auf den land(forst)wirtschaftlichen Flächen stellt gemäß Rechtsprechung noch keine landwirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 LAG dar, zumal aus der Definition in dieser Bestimmung hervorgeht, dass nur das Halten von Nutztieren „zur Zucht, Mast oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse" Landwirtschaft darstellt (vgl. VwGH vom 16.03.2011, 2008/08/0058). Wie den Feststellungen allerding zu entnehmen ist, betreiben die bP 1 und 2 über das Halten der Pferde hinaus weder eine Züchtung noch die Gewinnung von tierischen Erzeugnissen, noch werden die Tiere kommerziell verwertet; auch ist nichts dergleichen geplant.
Schließlich liegt auch die festgestellte Grasnutzung nicht auf der Linie einer landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 20.02.2002, 96/08/0355, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 18.12.1981, Zl. 2663/79, ausgesprochen hat, stellt das bloße Abweiden von Wiesen durch zwei Pferde keine land- und forstwirtschaftliche Produktion dar und ist es für eine landwirtschaftliche Tätigkeit erforderlich, dass mit gemähtem Gras in einer Art verfahren wird, die an sich auf der Linie einer landwirtschaftlichen Bewirtschaftung liegt, wozu auch das Füttern von Vieh, aber nur im Rahmen einer landwirtschaftlichen Produktion, also der Viehzucht oder der Hervorbringung tierischer Produkte, zählt. Eine solche liegt gegenständlich nicht vor.
Im Hinblick auf das festgestellte „Abmähen“ ist überdies auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.08.2002, 99/08/0064, zu verweisen, wonach bei einer bloßen Vernichtung des gemähten Grases (z.B. um der Gefahr eines Grasbrandes vorzubeugen) ebensowenig eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung vorliegt (Hinweis E 27. Juni 1980, 2869, 2870/78) wie (vgl. Erkenntnis vom 30. Jänner 2002, 96/08/0289) in der Kompostierung des Aufwuchses einer ehemals als Weingarten bewirtschafteten, nicht weiter landwirtschaftlich genutzten Fläche, auf der nach Gewährung einer Stilllegeprämie Begrünungs- und Pflegemaßnahmen durchzuführen waren (Hinweis auch auf E 4. Oktober 2001, 97/08/0643, in dem die Verwendung von Sumpfgras als Einstreu als kostengünstige und umweltschonende Entsorgungsmöglichkeit als nicht auf der Linie einer Bewirtschaftung im Sinne des Landarbeitsgesetzes gewertet wurde).; auch die (kostenlose) Überlassung des Grases an dritte Personen, gleich wie diese das Gras verwenden, stellt keine landwirtschaftliche Betriebsführung des Schenkers dar (Hinweis E 27. Juni 1980, 2869, 2870/78).
Die forstwirtschaftlichen Tätigkeiten der bP 1 und 2 beschränken sich auf die forstrechtlich gebotene Beseitigung von Windwurf(Bruch)- und Käferholz sowie auf die – soweit möglich - Verwendung zu Heizzwecken. Die Arbeiten waren jedenfalls nicht mit Bewirtschaftungsmaßnahmen (z.B. Aufforstungen) verbunden, aus denen auf eine künftige Nutzung im kommerziellen Sinn geschlossen werden könnte. Das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Betriebes ist daher im Sinne der Judikatur zu verneinen (vgl. VwGH vom 30.04.1991, 90/08/0018).
Der land- und forstwirtschaftlichen Produktion gleichzuhalten ist schließlich gemäß § 4 Abs. 1 LAG die der Erhaltung der Kulturlandschaft dienende Landschaftspflege, sofern dafür Förderung aus öffentlichen Mitteln bezogen wird, deren zu Grunde liegendes Förderungsziel die Erhaltung der Kulturlandschaft direkt oder indirekt miteinschließt. Da die bP 1 und 2 seit dem 01.01.2023 keine öffentlichen Gelder mehr im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen land-, forst-und alpwirtschaftlichen Nutzflächen beziehen, liegt auch in dieser Hinsicht keine land- und forstwirtschaftlichen Produktion vor.
Die bP 2 baut am Hof auf einer landwirtschaftlichen Fläche im Mindestausmaß von 12 m2 Gemüse für den Familienbedarf an. Die Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte einschließlich des Wein- und Obstbaues sowie des Gartenbaues zählt nun aber zur land- und forstwirtschaftlichen Produktion nach § 4 Abs. 1 LAG.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 18.12.1981, Zl. 2663/79, ausgesprochen, dass bereits die Tätigkeit des Anbaues von Johannisbeeren auf einem Grundstück nur zum Zwecke des Marmeladekochens für den eigenen Bedarf auf der Linie der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung liegt. Abgrenzend dazu wurde im Erkenntnis vom 16.10.1986, Zl. 83/08/0256, entschieden, dass eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung dann zu verneinen sei, wenn auf Grund von ungünstigen Boden- und Klimaverhältnissen die auf einem Grundstück befindlichen Obstbäume schlecht gedeihen und nur fallweise Früchte hervorbringen, deren Zahl bzw. Menge gerade ausreiche, um an Ort und Stelle verzehrt werden zu können ("Naschbäume").
Nichts anderes kann für den Anbau von Gemüse gelten. Angesichts der von der bP 2 beispielhaft geschilderten Vielfalt des von ihr angebauten Gemüses zur Versorgung der Familie, der Anbaugröße sowie der überwiegend erforderlichen Weiterverarbeitung dieses Gemüses in der Küche wird die „Naschgrenze“ jedenfalls überschritten und liegt der Gartenanbau sohin im Sinne der oben angeführten Judikatur zur Ernte von Johannisbeeren auf der Linie der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung.
Die bP 1 und 2 führen daher einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf eigene Rechnung und Gefahr, sodass die Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nach dem BSVG auszusprechen war.
Zu B) Zulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, da Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf die „Naschgrenze“ beim Gemüseanbau fehlt.