Spruch
W208 2304302-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Norbert SCHOPF, gegen den Zuweisungsbescheid der Zivildienstserviceagentur (ZISA) vom 08.11.2024, Zl.: 355355/17/ZD/1124, beschlossen:
A) Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden BF) wurde mit Beschluss vom 17.02.2010 für tauglich befunden. Er hat eine mit 11.08.2010 datierte und von ihm unterschriebene Zivildiensterklärung abgegeben, die am 17.08.2010 beim Militärkommando (MilKdo) eingelangt ist. Am 02.09.2010 wurde ihm der Bescheid der ZISA vom 31.08.2010, mit dem seine Zivildienstpflicht festgestellt wurde, durch Hinterlegung zugestellt.
2. Mit Bescheid vom 08.11.2024 (zugestellt am 02.12.2024) wurde der BF von der Zivildienstserviceagentur (ZISA) zur Leistung des Zivildienstes, beginnend mit 03.03.2025 einberufen. Der Bescheid weist keine eigenhändige Unterschrift auf, noch ist er elektronisch signiert bzw amtssigniert, noch enthält er eine Beglaubigung der Kanzlei.
3. Mit Schreiben vom 09.12.2024 brachte der BF über den im Spruch genannten Rechtsanwalt Beschwerde gegen den Bescheid und einen Antrag auf aufschiebende Wirkung ein.
4. Mit Schreiben vom 23.12.2024 brachte das BVwG ua seine auf einen Beschluss des VfGH vom 24.09.2024, G 32/2024-8 gestützte Rechtsansicht zur Derogation des § 74 ZDG - der vorsah, dass schriftliche Ausfertigungen von Erledigungen (§ 18 AVG), die unter Verwendung elektronischer Datenverarbeitungsanlagen hergestellt werden, weder der Unterschrift noch der Beglaubigung bedürfen - den Parteien zur Kenntnis und räumte eine Stellungnahmefrist von drei Wochen ein.
5. Mit Schriftsatz vom 15.01.2025 brachte die ZISA ihren Bescheid vom 15.01.2025, Zl.: 355355/17/ZD/0125 dem BVwG zur Kenntnis. Darin wird festgestellt, dass der BF am 12.12.2024 gem § 6 Abs 1 und Abs 2 ZDG einen Widerruf seiner Zivildiensterklärung eingebracht habe und diese damit erloschen sei. Im Schriftsatz wird darauf hingewiesen, dass die Widerrufserklärung als fristgerecht angesehen werde. Die gegenständliche Beschwerde sei daher nach Ansicht der ZISA als gegenstandlos zu betrachten.
Weitere Ausführungen machte die ZISA nicht und auch der BF gab bis dato keine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung
Der Verfahrensgang wird festgestellt. Insbesondere steht fest, dass der verfahrensgegenständliche Zuweisungsbescheid keine eigenhändige Unterschrift aufweist, nicht elektronisch signiert bzw amtssigniert ist und auch keine Beglaubigung der Kanzlei aufweist. Dass ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Duplikat und ist die belangte Behörde in der Beweiswürdigung diesem Vorhalt nicht entgegengetreten. Die belangte Behörde hat vielmehr einen Widerruf der Zivildiensterklärung vom 12.12.2024 akzeptiert und einen Feststellungsbescheid erlassen, der das Erlöschen der Zivildienstpflicht feststellt.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Im konkreten Fall ist entgegen § 18 Abs 2 AVG die Genehmigung des angefochtenen Bescheides, nicht durch Unterschrift des Genehmigenden erfolgt und der Ausfertigung weder eine Amtssignatur noch eine Beglaubigung der Kanzlei zu entnehmen sei.
Ein Bescheid liegt vor, wenn dessen Urheber eine Verwaltungsbehörde (VwGH 19.12.2000, 2000/12/0045, VwGH 08.09.2016, Ra 2016/11/0103) ist, die im Rahmen ihrer (zumindest abstrakten) hoheitlichen Kompetenz entschieden hat, der Bescheid einen individuell bestimmten, tauglichen Adressaten (VwGH 24.05.2012, 2008/03/0173) betrifft, in seinem Ergebnis Außenwirkung (im Unterschied zur Weisung) hat und ein autoritatives Wollen der Behörde darstellt (im Gegensatz zu einer reinen Mitteilung; VwGH 25.01.1990, 89/16/0195; VwGH 22.09.1992, 92/07/0121); die Entscheidung erfolgt (nur) durch den Spruch, der eine Feststellung oder Gestaltung eines Rechtsverhältnisses (VwGH 08.07.1994, 94/17/0305) zum Inhalt hat und subjektive Rechte und/oder Pflichten der Partei(en) betrifft (VwSlg 1629 A/1950). Allerdings ist das Erfordernis, dass der Bescheid einen Spruch enthalten muss, nicht streng formal auszulegen; vielmehr ist normativer Abspruch auch aus einer Formulierung erschließbar, doch muss sich Wille der Behörde, in einer Verwaltungssache gegenüber (einer) individuell bestimmten Person(en) hoheitlich abzusprechen, eindeutig aus der Erledigung ergeben. Auch formlose Schreiben können Bescheide sein (VwGH 22.09.2020, Ra 2019/12/0033).
Darüber hinaus muss gemäß § 18 Abs 3 AVG jede schriftliche Erledigung durch die Unterschrift – bzw bei elektronisch erstellten Erledigungen durch ein Verfahren zum Nachweis der Identität des Genehmigenden und der Authentizität der Erledigung – genehmigt und einem bestimmten Organwalter zurechenbar sein. Andernfalls kommt eine Erledigung selbst dann nicht zustande, wenn ihre Ausfertigung allen Anforderungen des § 18 Abs 4 AVG genügt (vgl VwGH 29.11.2011, 2010/10/0252).
Im Gegenstand liegt unstrittig kein elektronisch signierter Bescheid vor, daher handelt es sich um eine sonstige Ausfertigung iSd § 18 Abs 4 dritter Satz AVG.
Daher muss die Bescheidurkunde entweder vom Genehmigenden (im Original) unterschrieben sein oder eine Beglaubigung der Kanzlei (im Original) enthalten. Fehlt es in einem solchen Fall an einer Unterschrift oder Beglaubigung, ist der Bescheid den Parteien gegenüber nicht wirksam geworden (VwGH 25.11.2015, Ra 2015/16/0102).
Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 3 und 4 AVG konnten im Gegenstand nicht festgestellt werden.
§ 74 ZDG, wonach schriftliche Ausfertigungen von Erledigungen (§ 18 AVG), die unter Verwendung elektronischer Datenverarbeitungsanlagen hergestellt werden, weder der Unterschrift noch der Beglaubigung bedürfen, ist seit der Novelle des § 18 AVG, welche am 01.01.2008 in Kraft trat, und dem Auslaufen der Übergangsbestimmung mit Ablauf des 31.12.2010 nicht mehr anwendbar, weil materiell derogiert (vgl dazu die Einstellung eines diesbezüglichen Gesetzesprüfungsverfahrens mit VfGH-Beschluss vom 24.09.2024, G 32/2024-8).
Die belangte Behörde geht offenbar auch selbst nicht mehr davon aus, dass ein rechtsgültiger Zuweisungsbescheid vorliegt, hat sie doch eine Widerrufserklärung nach § 6 ZDG vom BF akzeptiert und das Erlöschen der Zivildienstpflicht festgestellt.
§ 6 ZDG lautet:
„(1) Der Zivildienstpflichtige kann die Zivildiensterklärung widerrufen. Hiezu muss er erklären, dass er die Erfüllung der Wehrpflicht nicht mehr aus den in § 1 Abs. 1 genannten Gründen verweigere. Die Widerrufserklärung ist schriftlich oder mündlich bei der Zivildienstserviceagentur oder beim Militärkommando einzubringen. Das Recht, die Widerrufserklärung abzugeben ruht ab dem 15. Tag nach Zustellung eines Zuweisungsbescheides zum Zivildienst bis zu dessen vorzeitiger Beendigung und ist nach vollständiger Ableistung des ordentlichen Zivildienstes ausgeschlossen.
(2) Mit Einbringung einer Widerrufserklärung gemäß Abs. 1 erlischt die Zivildienstpflicht. Die Zivildienstserviceagentur hat mit Bescheid festzustellen, ob die Zivildienstpflicht erloschen ist.
(3) […]
(4) Mit Einbringung einer Widerrufserklärung (Abs. 2) und mit Aufhebung der Zivildienstpflicht (Abs. 3) unterliegt der Betreffende der Wehrpflicht im Sinne des Wehrgesetzes. Die Zivildienstserviceagentur hat das Militärkommando davon unverzüglich in Kenntnis zu setzen und ihm gleichzeitig die in § 5 Abs. 3 angeführten Unterlagen zurück zu übermitteln.
(5) Zeiten des abgeleisteten ordentlichen Zivildienstes sind in den Grundwehrdienst einzurechnen. Vom Wehrpflichtigen gemäß Abs. 4 ist jedoch mindestens ein Grundwehrdienst in der Dauer von vier Monaten zu leisten.
(6) (Verfassungsbestimmung) Das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben, ruht für die Dauer eines Jahres nach Einbringung einer Widerrufserklärung (Abs. 2) oder nach Aufhebung der Zivildienstpflicht (Abs. 3).“
Ist die Entscheidung der belangten Behörde ein Nichtbescheid, so hat das BVwG die Beschwerde dagegen als unzulässig zurückzuweisen. Es darf den „Bescheid“ weder beheben noch durch Spruch feststellen, dass der Bescheid kein „Bescheid“ ist.
Auf die vom BF angeführten Beschwerdegründe braucht vor diesem Hintergrund nicht näher eingegangen werden. Die Beschwerde ist mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes spruchgemäß zurückzuweisen.
Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG konnte eine Verhandlung entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen ist und dies bereits auf Grund der Aktenlage feststeht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auf die oben dargestellte Rechtsprechung des VwGH wird verwiesen.