Spruch
W137 2295690-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch den Verein SUARA, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2023, Zl. 1322234907/222729748, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.11.2024 und 02.01.2025 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (im Folgenden AsylG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste schlepperunterstützt und unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 31.08.2022 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am 01.09.2022 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Der Beschwerdeführer brachte dabei vor, syrischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens zu sein und der Volksgruppe der Araber anzugehören. Er stamme aus Idlib, sei verheiratet und habe drei Töchter sowie zwei Söhne. In Syrien habe er neun Jahre die Grundschule besucht, sei in der Polizeischule aufgenommen worden und bis zuletzt als Polizist tätig gewesen. Seine Mutter, sein Vater, seine Ehefrau, die gemeinsamen Kinder, zwei Brüder und eine Schwester würden derzeit in der Türkei leben. Zwei weitere Brüder würden sich in Saudi-Arabien und Österreich aufhalten. In Syrien habe er keine weiteren Verwandten. Zum Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, in Syrien von seinem Dienst als Polizist desertiert zu sein. Im Fall einer Rückkehr drohe im die Hinrichtung.
3. Am 08.09.2023 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen. Dabei gab er an, syrischer Staatsangehöriger zu sein und der Volksgruppe der Araber sowie der sunnitischen Glaubensrichtung anzugehören. Er sei im Dorf XXXX geboren und habe sein gesamtes berufliches Leben in Damaskus verbracht, jedoch in Idlib neun Jahre die Grundschule besucht und sei dort im Jahr 1997 für ein Jahr die Polizeischule gegangen. Ab diesem Zeitpunkt (1998) habe er bis durchgehend 2014 in Damaskus gelebt und gearbeitet. Syrien habe er letztendlich im Jahr 2015 illegal in die Türkei verlassen. Seine Ehe sei im Jahr 2006 in Damaskus traditionell sowie standesamtlich geschlossen worden und würden seine drei Töchter und zwei Söhne aus dieser Ehe stammen. Seine gesamte Familie lebe (mit Ausnahme von zwei Brüdern, welche in Österreich und Saudi-Arabien aufhältig seien) in der Türkei. In Syrien habe er keine engeren Angehörigen.
Zum Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer an, er sei im Jahr 2014 von seinem Beruf als Polizist in Damaskus desertiert und nach Idlib in ein Flüchtlingslager geflohen. Im Jahr 2015 habe er Syrien endgültig mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern in die Türkei verlassen. Diese seien kurz vorher direkt aus Damaskus zu ihm nach Idlib gereist. Seine Familie habe nichts von seiner Desertion gewusst und deshalb eine Abgängigkeitsanzeige erstattet. Er sei desertiert, da er kämpfen hätte müssen und gesehen habe, wie das syrische Regime mit Demonstranten umgehe. Er sei bei der Polizei für die Wartung und Reparatur von Fahrzeugen zuständig und nie im Außendienst gewesen, jedoch fühle er sich schuldig als ein Angehöriger der Polizei. Zudem gäbe es einen Haftbefehl wegen der Desertion gegen ihn. Im Fall einer Rückkehr befürchte er die Todesstrafe.
Der Beschwerdeführer legte seinen Dienstausweis (Waffenbesitzkarte) der syrischen Polizei und Reisepass im Original vor.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen – im Spruch bezeichneten – Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 100/2005 abgewiesen und ihm der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde ihm allerdings gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 leg.cit für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer an seinem letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort (Idlib im Jahr 2015) keine Verfolgung durch das syrische Regime drohe. Dieser Ort stehe derzeit unter der Kontrolle der freien syrischen Armee. Auch liege kein weiteres Indiz vor, dass dem Beschwerdeführer aus anderen Gründen eine asylrelevante Verfolgung an seinem letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort drohen würde. Das Vorbingen des Beschwerdeführers sei in sich widersprüchlich und könne keine spezielle Ausbildung oder Tätigkeit des Beschwerdeführers angenommen werden. Seine Familie habe, trotz direkter Verwandtschaft mit einem Deserteur, weiterhin in Damaskus leben können und keine Probleme mit den syrischen Behörden gehabt. Zudem wäre es ihm möglich gewesen, auf normalem Weg aus der Polizei auszuscheiden, ohne zu desertieren. Ihm drohe im Fall der Rückkehr nach Syrien nicht die Todesstrafe, da strafmildernd berücksichtigt werden würde, dass er Fahrzeuge repariert habe. Im Ergebnis drohe ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren Haft. Es seien auch keine Anhaltspunkte für einen behaupteten Haftbefehl gegen den Beschwerdeführer ersichtlich.
5. In der gegen den Spruchpunkt I. dieses Bescheides rechtzeitig eingebrachten Beschwerde führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass das Bundesamt irre, wenn es davon ausgehe, dass er im Jahr 2015 in einem Flüchtlingslager in Idlib Fuß gefasst habe und es sich bei dieser Region um seine „neue“ Heimatregion handle. Seine Heimatregion sei Damaskus, da er in Idlib in einem Flüchtlingslager gewartet habe, bis seine Ehefrau mit den Kindern heimlich aus dem Regimegebiet fliehen habe können. In der Folge seien sie umgehend in die Türkei ausgereist. Zudem drohe dem Beschwerdeführer, wie das Bundesamt selbst ausführte, eine Haftstrafe, welche immer auch mit Folter verbunden sei. Das Bundesamt verkenne auch die Sanktionspraxis, wenn sie argumentiere, dass eine syrische Untersuchungskommission die Fahrzeugreparaturen des Beschwerdeführers strafmildernd berücksichtigen werde. Die Desertion vom Polizeidienst sei jener vom syrischen Militärdienst gleichzusetzen. Daher drohe dem Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung durch das syrische Regime.
6. Das Bundesamt legte die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Ein von seinem Vertreter im Verfahren des Bruders (Verfahrenszahl 2273547-1) vorgelegtes Konvolut an Beweismitteln (OZ 9), das den Beschwerdeführer und die in der Türkei lebenden Brüder betrifft, wurde amtswegig in das Verfahren einbezogen. Am 10.10.2024 beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine Verhandlung für 11.11.2024 an; am 07.11.2024 teilte der bisher bevollmächtigte Rechtsanwalt des Beschwerdeführers, Dr. Gregor Klammer, mit, dass das Vollmachtsverhältnis aufgelöst wurde und er daher an der Verhandlung nicht teilnehmen werde.
7. Am 08.11.2024 legte der Beschwerdeführer durch den nunmehrigen Vertreter (unter Einschluss der Vollmacht) ein Konvolut an Lichtbildern vor, welche Personen in Polizeiuniform zeigen, Kopien von Dienstausweisen und deren Übersetzungen enthalten. Dieses deckt sich im Wesentlichen mit dem unter Punkt 6 angeführten Konvolut.
8. Am 11.11.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch durch. Die belangte Behörde verzichtete schriftlich auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Einleitend gab der Beschwerdeführer an, dass bei ihm keine Hinderungsgründe oder chronischen Krankheiten und Leiden vorlägen. Er sei in der Lage, der Verhandlung in vollem Umfang zu folgen.
Zum Fluchtgrund befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er in Syrien keine Verwandten mehr habe und seine gesamte Familie in der Türkei sowie Saudi-Arabien und Österreich lebe. Der Polizeidienst in Syrien habe eine Dauer von 30 Jahre und müsse in diesem Fall kein Wehrdienst geleistet werden. Er habe ab 1998 gemeinsam mit seiner Familie in Damaskus gelebt. Bei der Polizei habe er ausschließlich im administrativen Bereich gearbeitet; zunächst für medizinische Serviceleistungen, später habe er sich bei verschiedenen Abteilungen um den Fuhrpark und allfällige Reparaturen von Fahrzeugen gekümmert. Aufgaben im Bereich Sicherheit/Kriminalitätsbekämpfung habe er nicht gehabt.
Zwei seiner Brüder ( XXXX und XXXX ) seien ebenfalls für die Sicherheitsbehörden tätig gewesen, von diesen nach seiner Desertion verhaftet und wieder freigelassen worden. Diese hätten Syrien im Jahr 2016 verlassen. Er habe im Umland von Damaskus gelebt und sei der Arbeitsweg im Jahr 2014 zu gefährlich geworden. Sein Vorgesetzter bei der Polizei habe ihn einmal auf einer regimekritischen Demonstration in Damaskus gesehen und mit dem Umbringen bedroht. Bei den vorgelegten Lichtbildern handle es sich bei den abgebildeten Personen um seine in der Türkei lebenden Brüder XXXX und XXXX . Zum in Österreich lebenden Bruder XXXX habe er vor der Wiederbegegnung in Österreich zuletzt 2011 Kontakt gehabt.
9. Nach dem Sturz des Assad-Regimes übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer aktualisierte Feststellungen betreffend die Situation in Syrien (Kurzinformation der Staatendokumentation vom 10.12.2024) und forderte ihn zur Stellungnahme auf, da sein bisheriges Verfolgungsvorbringen offenbar weggefallen sei.
In einer schriftlichen Stellungnahme vom 26.12.2024 wurde bestätigt, dass die Furcht vor einer Festnahme wegen Desertion weggefallen sei. Neu wurde allerdings vorgebracht, dass aufgrund von Kämpfen zwischen der HTS und ehemaligen Polizisten der Beschwerdeführer als ehemaliger Polizist gefährdet sei. Zudem seien Mitglieder seiner Familie auch in höheren Positionen bei den Sicherheitsbehörden beschäftigt (gewesen) und würden öffentlich an den Pranger gestellt. Es existiere auch ein Video, dass mehrere festgenommene Familienmitglieder zeige.
10. Am 02.01.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht eine weitere mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch durch. Die belangte Behörde verzichtete schriftlich auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung. Einleitend gab der Beschwerdeführer an, dass bei ihm keine Hinderungsgründe oder chronischen Krankheiten und Leiden vorlägen. Er sei in der Lage, der Verhandlung in vollem Umfang zu folgen.
Vorgelegt wurden zwei Artikel von online-Medien in englischer Sprache, betreffend Inhaftierungen von Personen, denen Kollaboration mit dem Assad-Regime vorgeworfen wird.
Der Beschwerdeführer gab dabei einleitend an, dass sein Haus in der Türkei aus unbekannter Ursache abgebrannt sei. Bereits zu Beginn seines Deutschkurses – etwa vor vier Monaten – hätten sich Syrer von ihm distanziert und nicht mehr zurückgerufen. Bei der letzten Verhandlung sei ihm das aber nicht relevant erschienen. Vor eineinhalb Monaten sei ihm dann im Kurs vorgeworfen worden, er hätte als Polizist in Syrien negative Berichte über syrische Bürger geschrieben. Man habe ihm mitgeteilt, er solle auf sich aufpassen.
Der Beschwerdeführer erklärte in diesem Zusammenhang auch, dass er der einzige aus seiner Familie sei, der gegen das Regime gewesen sei und seine Familie „nicht immer der gleichen politischen Meinung war“.
Angesprochen auf eine im Schreiben vom 26.12.2024 namhaft gemachte Person – XXXX – erklärte er erst, das sei er selbst. Danach ergänzte er, es gebe 30 bis 40 Personen mit diesem Namen. Auf Vorhalt der in diesem Schreiben erwähnten Funktion des Mannes antwortete der Beschwerdeführer, dass er zu diesem nichts sagen könne. Vielleicht habe er einmal kurz in derselben Ortschaft gelebt. Kontakt habe er nicht.
Mit der HTS hätte er Probleme, weil er deren Ideologie ablehne. Auf Frage seines Vertreters, ob er auch beschuldigt werde, auch in Österreich für das Regime Berichte geschrieben zu haben, gab der Beschwerdeführer an, das sei angesichts der sehr allgemeinen Formulierung des Vorwurfes möglich.
Abschließend brachte der Beschwerdeführer vor, bei seiner Flucht aus Syrien in der Region Idlib (nahe der Stadt XXXX ) entführt und gefoltert worden zu sein. Dies habe er bisher verschwiegen. Auch dies dürfte mit seinem Familiennamen zusammenhängen. Wer ihn misshandelt habe, könne er jedoch nicht sagen. Auf seine Familie habe er dann in einem anderen Ort gewartet und die Öffentlichkeit gemieden. Schließlich habe nach dem Sturz des Regimes auch ein Imam aus seiner Verwandtschaft seinen Job verloren – was erneut die Gehässigkeit der HTS gegen den Familiennamen XXXX belege.
Der Vertreter hob anschließend nochmals hervor, dass dem Beschwerdeführer eine Tätigkeit als Spitzel für das Assad-Regime vorgeworfen werde und er deswegen eine berechtigte Furcht vor Verfolgungshandlungen seitens der HTS oder durch Familien von Regime-Opfern habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Aufgrund der der Entscheidung zugrundeliegenden Akten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des Bundesverwaltungsgerichtes steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:
1.1. Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe und dem sunnitischen Glauben an. Er ist 45 Jahre alt, gesund und zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt nicht (mehr) im regulären Wehrdienstalter. Er hat statt dem syrischen Wehrdienst eine Berufslaufbahn als Polizist eingeschlagen.
1.2. Der Beschwerdeführer ist im Dorf XXXX geboren, hat in Idlib neun Jahre die Grundschule besucht, sowie eine Mechanikerlehre begonnen und abgebrochen. Nach einem Jahr Polizeischule in Idlib hat er ab dem Jahr 1998 bis zum Jahr 2014 in Damaskus gelebt und als Polizist gearbeitet. 2014 verließ er den Polizeidienst ohne Genehmigung und begab sich für ein Jahr in ein Flüchtlingslager nach Idlib. Von dort reiste er im Jahr 2015 mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern, welche sich kurz zuvor aus Damaskus zu ihm nach Idlib begaben, illegal in die Türkei. Er ist Ende 2015 illegal aus Syrien in die Türkei ausgereist und ab August 2022 über mehrere Drittländer illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Die Kernfamilie verblieb in der Türkei. Die Heimatregion des Beschwerdeführers ist Damaskus samt Umland - sie unterliegt der Kontrolle der neuen, von der HTS dominierten Machthaber in Syrien.
1.3. Der Beschwerdeführer verfügt in der Türkei über seine Mutter, seinen Vater, seine Ehefrau, die gemeinsamen Kinder (3 Töchter, zwei Söhne), zwei Brüder ( XXXX und XXXX , ca. 39 sowie 42 Jahre) und eine Schwester. Ein Bruder ( XXXX , ca. 46 Jahre) pendelt zwischen Saudi-Arabien und der Türkei. Ein weiterer Bruder hält sich in Österreich auf ( XXXX , 38 Jahre). Mit seinen Familienmitgliedern in der Türkei hat er regelmäßig Kontakt. In Syrien hat der Beschwerdeführer keine weiteren Verwandten. Der Beschwerdeführer heiratete seine Ehefrau nach traditionellem Recht und standesamtlich im Jahr 2006 in Damaskus, Syrien. Seine beiden Söhne sind im Jahr 2011 und 2009 geboren. Die drei Töchter sind in den Jahren 2021, 2018 und 2009 geboren. Er gründete seine Familie während seiner Berufstätigkeit in Damaskus.
Seine Eltern verließen Syrien bereits vor dem Jahr 2014 und hielten sich für 7 Jahre in Saudi-Arabien auf, bevor sie in die Türkei reisten.
1.4. Seit seiner Antragstellung befindet sich der Beschwerdeführer auf Grundlage einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 sowie auf Grundlage einer befristeten Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet. Er bezieht seitdem regelmäßig Leistungen aus der Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer absolviert in Österreich keine Ausbildung, er ging bzw. geht auch keiner Erwerbstätigkeit nach. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten und gesund.
1.5. Seinen Antrag auf internationalen Schutz begründete der Beschwerdeführer bis 26.12.2024 im Wesentlichen mit der Gefahr, durch das syrische Regime inhaftiert oder getötet zu werden, da er im Jahr 2014 vom Polizeidienst desertierte und auf einer Demonstration durch seinen Vorgesetzten gesehen worden zu sein. Der Wegfall dieser Verfolgungsgefahr wurde vom Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.12.2024 auch bestätigt.
Der Beschwerdeführer hat in Syrien statt dem verpflichtenden Wehrdienst seinen Dienst als Berufspolizist angetreten. Er absolvierte ein Jahr Polizeischule und versah seinen Dienst als Polizist von 1998 bis 2014 in und um Damaskus. Er war nicht im Außendienst/Kriminaldienst tätig, sondern ausschließlich in unterschiedlichen Abteilungen in der Verwaltung beschäftigt und dabei im Wesentlichen (unabhängig von der konkreten Abteilung) mit der Betreuung des Fuhrparks und der Reparatur von Kraftfahrzeugen betraut. Er verfügt über keinerlei militärische oder paramilitärische Erfahrung und hat keine Spezialausbildung erhalten, die von militärischer Relevanz wäre. Er musste im Rahmen seines Dienstes keine gewaltsamen Handlungen gegen Demonstranten setzen, hatte keinerlei relevanten Kontakte zur polizeilichen Leitungsebene oder der Staatssicherheit und verfügte auch über keinen Zugang zu Informationen aus diesen Bereichen. Er verließ den Polizeidienst im Jahr 2014 ohne Aufkündigung und ging bis Ende 2015 nach Idlib in ein Flüchtlingslager. Danach setzte er sich in die Türkei ab.
Zwei Brüder des Beschwerdeführers ( XXXX und XXXX ) haben ebenfalls bei den syrischen Sicherheitskräften (Straßen- bzw Verkehrspolizei beziehungsweise Luftverteidigung) ihren Dienst versehen. Sie wurden aufgrund der Verschleierung des Vorgehens des Beschwerdeführers – unberechtigtes Beenden des Polizeidienstes – ungefähr drei Monate später verhaftet und nach weiteren 3 Monaten aufgrund einer Generalamnestie amnestiert und enthaftet. Sie verließen Syrien im Jahr 2016.
Sämtliche Brüder und die Eltern des Beschwerdeführers haben sich bereits vor mehr als acht Jahren erkennbar vom Assad-Regime distanziert und Syrien verlassen. Die vom Beschwerdeführer in diesem Kontext behauptete innerfamiliäre Alleinstellung erweist sich als tatsachenwidrig.
Die Beweismittel in der Stellungnahme vom 26.12.2024 wurden vom in Österreich lebenden Bruder XXXX (Verfahrenszahl 2273547) dem gemeinsamen Vertreter vorgelegt; der Beschwerdeführer war darin nicht involviert.
1.6. Der Beschwerdeführer hat in den letzten 8 Jahren weder in Syrien gelebt, noch hat er zwischen 2010 und 2016 in Syrien in irgendeiner Form Handlungen gesetzt, die ihn für Dritte in unmittelbare Nähe zu Verbrechen des Assad-Regimes rücken können. Vielmehr könnte er den jahrelangen Auslandsaufenthalt und den Asylantrag im Falle einer – aktuell ohnehin nur theoretischen – Rückkehr nach Syrien problemlos belegen.
Die behaupteten Vorwürfe einer Spitzeltätigkeit für das Assad-Regime durch syrische Staatsbürger in Österreich werden der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zu Grunde gelegt.
Der Beschwerdeführer kann mit keinen entfernten Verwandten (Trägern desselben Familiennamens), die bis zuletzt in Syrien verblieben sind und gegenüber dem Regime loyal waren in eine engere Verbindung gebracht werden. Die behauptete systematische Verfolgung aller Personen mit dem Namen XXXX in Syrien durch die HTS oder andere Milizen (insbesondere auch solche aus Idlib) wird der Entscheidung mangels Glaubhaftigkeit nicht zu Grunde gelegt.
Dem Beschwerdeführer droht im Falle seiner Rückkehr auch keine Gefahr, wegen seiner illegalen Ausreise und der Asylantragstellung in Österreich bedroht und bestraft zu werden.
1.7. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:
Nach monatelanger Vorbereitung und Training (NYT 1.12.2024) starteten islamistische Regierungsgegner unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) (Standard 1.12.2024) die Operation „Abschreckung der Aggression“ – auf نن Arabisch: ردع العدوا - Rad’a al-‘Adwan (AJ 2.12.2024) und setzten der Regierung von
Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende. Die folgende Karte zeigt die Gebietskontrolle der einzelnen Akteure am 26.11.2024 vor Beginn der Großoffensive:
Am 30.11. nahmen die Oppositionskämpfer Aleppo ein und stießen weiter in Richtung der Stadt Hama vor, welche sie am 5.12. einnahmen. Danach setzten sie ihre Offensive in Richtung der Stadt Homs fort (AJ 8.12.2024). Dort übernahmen sie die Kontrolle in der Nacht vom 7.12. auf 8.12. (BBC 8.12.2024).
Am 6.12. zog der Iran sein Militärpersonal aus Syrien ab (NYT 6.12.2024). Russland forderte am 7.12. seine Staatsbürger auf, das Land zu verlassen (FR 7.12.2024). Am 7.12. begannen lokale Milizen und Rebellengruppierungen im Süden Syriens ebenfalls mit einer Offensive und nahmen Daraa ein (TNA 7.12.2024; Vgl. AJ 8.12.2024), nachdem sie sich mit der Syrischen Arabischen Armee auf deren geordneten Abzug geeinigt hatten (AWN 7.12.2024). Aus den südlichen Provinzen Suweida und Quneitra zogen ebenfalls syrische Soldaten, sowie Polizeichefs und Gouverneure ab (AJ 7.12.2024). Erste Oppositionsgruppierungen stießen am 7.12. Richtung Damaskus vor (AJ 8.12.2024). Am frühen Morgen des 8.12. verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 8.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 9.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 8.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 8.12.2024).
Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 9.12.2024).
Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 6.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zour im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 7.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 7.12.2024).
Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen unter dem Namen Syrian National Army (SNA) im Norden Syriens starteten eine eigene Operation gegen die von den Kurden geführten Syrian Democratic Forces (SDF) im Norden von Aleppo (BBC 8.12.2024). ج فف ج Im Zuge der Operation „Morgenröte der Freiheit“ (auf Arabisch ر
ال ر ح ة يية - Fajr al-Hurriya) nahmen diese Gruppierungen am 9.12.2024 die Stadt Manbij
ein (SOHR 9.12.2024). Die Kampfhandlungen zwischen Einheiten der durch die Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) auf der einen Seite und den SDF auf der anderen Seite dauerten danach weiter an. Türkische Drohnen unterstützten dabei die Truppen am Boden durch Luftangriffe (SOHR 9.12.2024b).
Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind seit Beginn der Offensive 910 Menschen ums Leben gekommen, darunter 138 Zivilisten (AAA 8.12.2024). Beim Vormarsch auf Homs waren tausende Menschen Richtung Küste nach Westen geflohen (AJ 6.12.2024). Bei der Offensive gegen Manbij wurden hingegen einige Zivilisten in Richtung Osten vertrieben (SOHR 9.12.2024).
In Damaskus herrschte weit verbreitetes Chaos nach der Machtübernahme durch die Opposition. So wurde der Sturz von Assad mit schweren Schüssen gefeiert und Zivilisten stürmten einige staatliche Einrichtungen, wie die Zentralbank am Saba-Bahrat-Platz, das Verteidigungsministerium (Zivilschutz) in Mleiha und die Einwanderungs- und Passbehörde in der Nähe von Zabaltani, außerdem wurden in verschiedenen Straßen zerstörte und brennende Fahrzeuge gefunden (AJ 8.12.2024b). Anführer al-Joulani soll die Anweisung an die Oppositionskämpfer erlassen haben, keine öffentlichen Einrichtungen anzugreifen (8.12.2024c) und erklärte, dass die öffentlichen Einrichtungen bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht von Ministerpräsident Mohammed al-Jalali aus der Assad-Regierung bleiben (Rudaw 9.12.2024).
Gefangene wurden aus Gefängnissen befreit, wie aus dem berüchtigten Sedanaya Gefängnis im Norden von Damaskus (AJ 8.12.2024c).
Die Akteure
Syrische Arabische Armee (SAA): Die Syrische Arabische Armee kämpfte gemeinsam mit den National Defense Forces, einer regierungsnahen, paramilitärischen Gruppierung. Unterstützt wurde die SAA von der Hisbollah, Iran und Russland (AJ 8.12.2024).
Die Einheiten der syrischen Regierungstruppen zogen sich beim Zusammenstoß mit den Oppositionskräften zurück, während diese weiter vorrückten. Viele Soldaten flohen oder desertierten (NZZ 8.12.2024). In Suweida im Süden Syriens sind die Soldaten der Syrischen Arabischen Armee massenweise desertiert (Standard 7.12.2024). Am 7.12. flohen mehrere Tausend syrische Soldaten über die Grenze in den Irak (Arabiya 7.12.2024; vgl. Guardian 8.12.2024). Präsident al-Assad erhöhte am 4.12. die Gehälter seiner Soldaten, nicht aber dasjenige von Personen, die ihren Pflichtwehrdienst ableisteten (TNA 5.12.2024). Dieser Versuch, die Moral zu erhöhen, blieb erfolglos (Guardian 8.12.2024).
Die Opposition forderte die Soldaten indes zur Desertion auf (TNA 5.12.2024). Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beobachteten, dass Hunderte Soldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie entlassen wurden (SOHR 8.12.2024). Offiziere und Mitarbeiter des Regimes ließen ihre Militär- und Sicherheitsfahrzeuge in der Nähe des Republikanischen Palastes, des Büros des Premierministers und des Volkspalastes unverschlossen stehen, aus Angst von Rebellen am Steuer erwischt zu werden (AJ 8.12.2024b).
Opposition: Obwohl Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) den plötzlichen Vormarsch auf Aleppo gestartet hat und treibende Kraft der Offensive war haben auch andere Rebellengruppierungen sich gegen die Regierung gewandt und sich am Aufstand beteiligt (BBC 8.12.2024c).
Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS): Die HTS wurde 2011 als Ableger der al-Qaida unter dem Namen Jabhat an-Nusra gegründet (BBC 8.12.2024c). Im Jahr 2017 brach die Gruppierung ihre Verbindung mit der Al-Qaida (CSIS 2018) und formierte sich unter dem Namen Hay’at Tahrir ash-Sham neu, gemeinsam mit anderen Gruppierungen (BBC 8.12.2024c). Sie wird von der UN, den USA, der Europäischen Union (AJ 4.12.2024) und der Türkei als Terrororganisation eingestuft (BBC 8.12.2024c). Der Anführer der HTS, der bisher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Joulani bekannt war, hat begonnen wieder seinen bürgerlichen Namen, Ahmad ash-Shara’a zu verwenden (Nashra 8.12.2024). Er positioniert sich als Anführer im Post-Assad Syrien (BBC 8.12.2024c). Die HTS hat in den letzten Jahren versucht, sich als nationalistische Kraft (BBC 8.12.2024b) und pragmatische Alternative zu al-Assad zu positionieren (BBC 8.12.2024c).
Der Gruppierung werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (BBC 8.12.2024c). Einem Terrorismusexperten zufolge gibt es bereits erste Videos von Personen aus dem HTS-Umfeld, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024).
National Liberation Front (NFL): Eine Reihe kleinerer Kampfgruppen, aus denen sich die NFL zusammensetzt, nahmen an der Operation „Abschreckung der Aggression“ teil, darunter die Jaish al-Nasr, das Sham Corps und die Freie Idlib-Armee. Die 2018 in Idlib gegründete NFL umfasst mehrere nordsyrische Fraktionen, von denen einige auch unter das Dach der Freien Syrischen Armee fallen (AJ 2.12.2024b).
Ahrar al-Sham Movement: Die Ahrar al-Sham-Bewegung ist hauptsächlich in Aleppo und Idlib aktiv und wurde 2011 gegründet. Sie definiert sich selbst als „umfassende reformistische islamische Bewegung, die in die Islamische Front eingebunden und integriert ist“ (AJ 2.12.2024b).
Jaish al-Izza: Jaish al-Izza: Übersetzt: „Die Armee des Stolzes“ ist Teil der Freien Syrischen Armee und konzentriert sich auf den Norden des Gouvernements Hama und einige Teile von Lattakia. Im Jahr 2019 erhielt die Gruppierung Unterstützung aus dem Westen, darunter auch Hochleistungswaffen (AJ 2.12.2024b).
Nur Eddin Zinki-Bewegung (Zinki): Diese Gruppierung entstand 2014 in Aleppo, versuchte 2017, sich mit der HTS zusammenzuschließen, was jedoch nicht funktionierte. Die beiden Gruppierungen kämpften 2018 gegeneinander, und „Zinki“ wurde Anfang 2019 von ihren Machtpositionen in der Provinz Aleppo vertrieben. Ein Jahr später verhandelte „Zinki“ mit der HTS, und ihre Kämpfer kehrten an die Front zurück, und seitdem ist die Gruppe unter den oppositionellen Kämpfern präsent (AJ 2.12.2024b).
Milizen in Südsyrien: Gruppierungen aus südlichen Städten und Ortschaften, die sich in den letzten Jahren zurückhielten, aber nie ganz aufgaben und einst unter dem Banner der Freien Syrien Armeekämpften, beteiligten sich am Aufstand (BBC 8.12.2024c). In Suweida nahmen Milizen der syrischen Minderheit der Drusen Militärstützpunkte ein (Standard 7.12.2024).
Syrian Democratic Forces (SDF): Die SDF ist eine gemischte Truppe aus arabischen und kurdischen Milizen sowie Stammesgruppen. Die kurdische Volksschutzeinheit YPG ist die stärkste Miliz des Bündnisses und bildet die militärische Führung der SDF (WiWo 9.12.2024). Sie werden von den USA unterstützt (AJ 8.12.2024). Im kurdisch kontrollierten Norden liegen die größten Ölreserven des Landes (WiWo 9.12.2024).
Syrian National Army (SNA): Diese werden von der Türkei unterstützt (BBC 8.12.2024c) und operieren im Norden Syriens im Grenzgebiet zur Türkei (AJ 8.12.2024). Der SNA werden mögliche Kriegsverbrechen, wie Geiselnahmen, Folter und Vergewaltigung vorgeworfen. Plünderungen und die Aneignung von Privatgrundstücken, insbesondere in den kurdischen Gebieten, sind ebenfalls dokumentiert (WiWo 9.12.2024).
Sicherheitslage
Israel hat Gebäude der Syrischen Sicherheitsbehörden und ein Forschungszentrum in Damaskus aus der Luft angegriffen, sowie militärische Einrichtungen in Südsyrien, und den Militärflughafen in Mezzeh. Israelische Streitkräfte marschierten außerdem in al-Quneitra ein (Almodon 8.12.2024) und besetzten weitere Gebiete abseits der Golan-Höhen, sowie den Berg Hermon (NYT 8.12.2024). Die israelische Militärpräsenz sei laut israelischem Außenminister nur temporär, um die Sicherheit Israels in der Umbruchphase sicherzustellen (AJ 8.12.2024d). Am 9.12.2024 wurden weitere Luftangriffe auf syrische Ziele durchgeführt (SOHR 9.12.2024c). Einer Menschenrechtsorganisation zufolge fliegt Israel seine schwersten Angriffe in Syrien. Sie fokussieren auf Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftabwehr (NTV 9.12.2024). Quellen aus Sicherheitskreisen berichten indes, dass Israelisches Militär bis 25km an Damaskus in Südsyrien einmarschiert wäre (AJ 10.12.2024).
Das US-Central Command gab an, dass die US-Streitkräfte Luftangriffe gegen den Islamischen Staat in Zentralsyrien geflogen sind (REU 9.12.2024). Präsident Biden kündigte an, weitere Angriffe gegen den Islamischen Staat vorzunehmen, der das Machtvakuum ausnützen könnte, um seine Fähigkeiten wiederherzustellen (BBC 7.12.2024).
Russland versucht, obwohl es bis zum Schluss al-Assad unterstützte, mit der neuen Führung Syriens in Dialog zu treten. Anstatt wie bisher als Terroristen bezeichnen russische Medien die Opposition mittlerweile als „bewaffnete Opposition“ (BBC 8.12.2024d).
Sozio-Ökonomische Lage:
Die Opposition versprach, den Minderheiten keinen Schaden zuzufügen und sie nicht zu diskriminieren, egal ob es sich um Christen, Drusen, Schiiten oder Alawiten handle. Gerade letztere besetzten unter der Führung Al-Assad’s oft hohe Positionen im Militär und den Geheimdiensten (TNA 5.12.2024).
Für alle Wehrpflichtigen, die in der Syrischen Arabischen Armee gedient haben, wurde von den führenden Oppositionskräften eine Generalamnestie erlassen. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie wurden untersagt (Presse 9.12.2024). Ausgenommen von der Amnestie sind jene Soldaten, die sich freiwillig für den Dienst in der Armee gemeldet haben (Spiegel 9.12.2024).
Die syrischen Banken sollen ihre Arbeit am 10.12.2024 wiederaufnehmen, die Bediensteten wurden aufgefordert, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren (Arabiya 9.12.2024).
Die HTS, die weiterhin auf der Terrorliste der UN steht, ist seit 2016 von Sanktionen des UN-Sicherheitsrates betroffen. Diplomaten zufolge war die Streichung der HTS von der Sanktionenliste kein Thema bei der jüngsten Ratssitzung (REU 10.12.2024).
Bevor der Wiederaufbau zerstörter Städte, Infrastruktur und Öl- und Landwirtschaftssektoren beginnen kann, muss mehr Klarheit über die neue Regierung Syriens geschaffen werden (DW 10.12.2024).
1.8. Jüngste Entwicklung in Syrien:
In der Herkunftsregion des Beschwerdeführers (Damaskus und Umland) ist der Bürgerkrieg beendet, seit mehreren Wochen finden in dieser Region keine Kampfhandlungen statt. Die Kontrolle der Rebellen unter HTS-Führung ist in dieser Region gegeben; es gibt keine Widerstandsnester des Regimes innerhalb der Sicherheitskräfte, die diese Kontrolle substanziell in Frage stellen würden. Es gibt keine strukturierten quasi-staatlichen oder extralegalen Verfolgungshandlungen gegen Personen, die Anfang Dezember 2024 noch der Polizei oder den Streitkräften angehört haben, allein aufgrund dieses Umstandes. Insbesondere gilt das auch für jene Angehörigen der Sicherheitskräfte, die im Zuge der Implosion des Assad-Regimes die Waffen niedergelegt und dadurch den Durchmarsch der Rebellen in dieser Form ermöglicht haben. Die neuen Machthaber bemühen sich um internationale Anerkennung und empfangen unter anderem diplomatische Besuche aus der Europäischen Union.
Die bisherige (reguläre) syrische Armee ist faktisch außer Funktion gestellt; insbesondere finden aktuell keine Einziehungen von Reservisten statt und die Wehrpflicht wird nicht durchgesetzt. Die noch andauernden Kämpfe im Norden werden von unterschiedlichen, bereits vor 2025 aktiven Milizen geführt – die Armee ist an diesen nicht beteiligt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft, insbesondere zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung sowie aus dem vorgelegten syrischen Reisepass. Dass der Beschwerdeführer statt seinem Militärdienst einen Werdegang als Polizist absolviert hat, gab er glaubhaft in der Einvernahme vor dem Bundesamt sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an und stimmen die Angaben mit der Kopie seines Polizeidienstausweises überein. Lediglich seine Behauptung, man müsse 30 Jahre bei der Polizei dienen, ist schlicht falsch. Es handelt sich (siehe Seite 54 des angefochtenen Bescheides) um lediglich 10 Jahre gemäß der Gesetzeslage bei seinem Dienstantritt (seit 2012 nur noch 5 Jahre); jedenfalls nicht um 30, wie in der Beschwerdeverhandlung behauptet. Aus diesen Umständen ergibt sich der Ausschluss einer drohenden Einberufung zum Wehr- oder Reservedienst (der im Übrigen auch nie behauptet worden ist).
2.2. Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Geburts- und Aufenthaltsort, seinem Familienstand, seinen Familienangehörigen und deren Aufenthaltsorten sowie zu seinem schulischen und beruflichen Werdegang sind chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen in Syrien plausibel. Daraus ergibt sich auch die Festlegung von Damaskus (und dem städtischen Umland) als Herkunftsregion. Er hat dort nahezu sein gesamtes Leben als Erwachsener (vor dem Verlassen des Landes) geführt, sich eine Existenz aufgebaut und eine Familie gegründet. Die Machtverhältnisse in Damaskus ergeben sich aus den Informationen zur Situation in Syrien und sind unstrittig.
2.3. Die Detailinformationen zu den Aufenthalten der Familienmitglieder erweisen sich als stets widerspruchsfrei vorgebracht und glaubhaft. Hinsichtlich der Kinder und der Ehefrau wurden Dokumente in Kopie vorgelegt.
2.4. Die Feststellungen hinsichtlich des Aufenthalts im Bundesgebiet und des Bezugs von Leistungen aus der Grundversorgung gründen sich auf die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister und dem Grundversorgungs-Informationssystem.
Dass der Beschwerdeführer keinen Deutschkurs sowie keine Ausbildung absolviert hat, nicht ehrenamtlich tätig gewesen ist und kein Mitglied in einem Verein ist, folgt aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers (auch in der Beschwerdeverhandlung), welche keine relevanten Indizien enthalten.
Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus dessen eigenen Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer war auf Grundlage der Einsichtnahme in das Strafregister festzustellen.
2.5. Dass der Beschwerdeführer statt dem verpflichtenden syrischen Wehrdienst eine Berufslaufbahn bei der Polizei einschlug, in Damaskus für 14 Jahre als Polizist arbeitete, dabei aber ausschließlich in der der Verwaltung bzw. im Bereich der Reparatur von Fahrzeugen tätig war und weder eine Führungsfunktion, noch einen nennenswerten Kontakt mit Führungskadern oder zu Bereichen der Staatssicherheit hatte, ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wobei er diese Angaben auf Nachfragen in der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2024 auch ausdrücklich bestätigte. Weiter bestätigte er, außer im Rahmen der Grundausbildung bei der Polizei keine waffentechnische Ausbildung gehabt zu haben und über keine militärischen oder paramilitärischen Erfahrungen zu verfügen. Auch finden sich in seinen Angaben keine Hinweise für kriegswichtige Spezialausbildungen. Ausdrücklich erklärte er, nie dem uniformierten Kader der Polizei angehört, sondern letztlich nur eine zivile administrative Tätigkeit (Fuhrparkbetreuung) im Polizeibereich ausgeübt zu haben – dies insbesondere auch während seiner dienstlichen Zuteilung bei der „Kriminalsicherheit“.
Dass der Beschwerdeführer vom Polizeidienst im Jahr 2014 desertierte – respektive ohne Auflösung des Dienstverhältnisses nicht mehr zum Dienst erschien - und Syrien im Jahr 2015 illegal verließ, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften, konsistenten und nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers im Laufe des Verfahrens, sowie den damit übereinstimmenden Dokumenten. Dass die vorgebrachte drohende Verfolgung durch das Regime (wegen Desertion aus dem Polizeidienst beziehungsweise unterstellter politischer Gesinnung) weggefallen ist, ergibt sich aus der Eingabe des Beschwerdeführers vom 26.12.2024 und es wurde auch in der Beschwerdeverhandlung am 02.01.2025 nichts Gegenteiliges vorgebracht.
Aus den vorgelegten Beweismitteln ist ersichtlich, dass die im Sicherheitsdienst tätigen Brüder in der Folge des Bekanntwerdens der Desertion durch das syrische Regime vorübergehend angehalten wurden, weil sie versucht hatten den Beschwerdeführer zu decken bzw. ihn vor einer möglichen Strafverfolgung zu schützen. Das Fallenlassen aller strafrechtlich relevanter Anschuldigen durch das syrische Regime ergibt sich aus dem vorgelegten Beschluss eines syrischen Strafgerichtes vom 22.07.2014 (siehe Verfahrensgang I.6. bzw OZ 1 im gegenständlichen gerichtlichen Verfahren): darin wird ausdrücklich ausgeführt, dass die Anklage wegen Verschleierung auf Grund des „Dekretes für Generalamnestie 22/2024 vom 09.06.2014“ fallen gelassen wird.
Aus dem bisherigen Vorbringen des Beschwerdeführers ist auch klar ersichtlich, dass sich seine engeren Familienmitglieder (Eltern, Geschwister) schon vor Jahren sichtbar vom Regime distanziert haben. Auch der gemeinsam mit ihm verhandelte Bruder hat im Verfahren oppositionelle politische Gesinnung gegenüber dem Assad-Regime geltend gemacht. Wenn der Beschwerdeführer also in Hinblick auf die politische Einstellung zum Regime von einer innerfamiliären Alleinstellung spricht, handelt es sich dabei um eine offensichtliche Tatsachenwidrigkeit.
Die Feststellungen betreffend die zuletzt vorgelegten Beweismittel (Stellungnahme vom 26.12.2024) ergeben sich aus der Befragung des Beschwerdeführers und seines Bruders im Rahmen der verbundenen Verhandlung am 02.01.2025, wo der Beschwerdeführer gar nicht wusste, um welche Personen es sich bei den abgebildeten handle.
2.6. Für die Zeit nach Ableistung der Polizeiausbildung – somit seit rund 20 Jahren - hat der Beschwerdeführer keinerlei Handlungen oder Tätigkeiten vorgebracht (und dementsprechend auch nicht belegt), die ihn öffentlich in irgendeiner Form mit sicherheitspolizeilichen Vorgängen des Regimes oder gar dessen Verbrechen in Verbindung bringen könnten. Er war ausschließlich administrativ-technisch im Bereich der Infrastruktur (Fuhrpark) eingesetzt.
Soweit der Beschwerdeführer nunmehr eine ihm (von Syrern in Österreich) unterstellte Spitzeltätigkeit für das Regime vorbringt, erweist sich diese als nicht glaubhaft und wird daher der gegenständlichen Entscheidung nicht zugrunde gelegt. Dies insbesondere, weil der Beschwerdeführer sich faktisch nur auf seinen Namen als auslösendes Moment bezieht und sein Bruder (selber Familienname) derartiges nicht vorgebracht hat.
Bis November 2024 hat der Beschwerdeführer nie vorgebracht, dass er mit Personen in engerer Verbindung stehen würde, die dem Regime loyal gegenüberstehen würden und mit diesem in eine engere Verbindung gebracht werden könnten. Nach der Implosion des Assad-Regimes wurde zwar ein entsprechendes Vorbringen erstattet, jedoch nicht substantiiert unterfüttert. Gleiches gilt für die behauptete Gruppenverfolgung beziehungsweise Reflexverfolgung aller Personen, mit Namen XXXX . In beiden Fällen liegt die „Beweislast“ (im Sinne der Glaubhaftmachung) beim Beschwerdeführer. Dies ist ihm allerdings nicht gelungen, weil schon sein Vorbringen einer innerhalb der Familie alleinigen oppositionellen Position zum Assad-Regime nicht glaubhaft war (siehe oben Punkt 2.5.) und er für die Reflexverfolgung lediglich zwei Einträge auf Sozialen Medien vorlegte, hinsichtlich derer weder eine Verifizierung (nicht zuletzt mangels Quellenangabe – des Eintrags, nicht des Mediums) möglich ist, noch eine solche Gruppenverfolgung tatsächlich hervorgeht. Die bloße Namensgleichheit reicht dazu nicht aus, zumal der Beschwerdeführer einräumen musste, dass ihm ein Name überhaupt nichts sage. Im Übrigen konnte der Beschwerdeführer auch nicht darlegen, dass die syrische Gesellschaft allgemein von einer „Clanstruktur“ geprägt wäre und es finden sich in den im Verfahren eingebrachten Länderberichten auch keine entsprechenden Hinweise. Die betonte Familienstruktur des Assad-Regimes hat diesbezüglich im Übrigen keine Aussagekraft, weil es sich hier um Angehörige einer vergleichsweise kleinen religiösen Minderheit und nicht um die sunnitisch-arabische Mehrheitsbevölkerung handelt.
In der Eingabe vom 26.12.2024 führte der Beschwerdeführer die zwei nicht näher bezeichneten Einträge „auf Social-Media-Plattformen“ an. Wie im Protokoll der Verhandlung am 02.01.2025 ersichtlich, konnte der Beschwerdeführer zur ersten namhaft gemachten Person nur angeben, dass es rund 30 oder 40 Personen mit diesem Namen gebe – in selbst eingeschlossen. Auf Vorhalt der im Schreiben des Beschwerdeführers angeführten Person erklärte der Beschwerdeführer, dazu falle ihm „gar nichts“ ein. Möglich sei, dass er sich mit dieser Person einmal im selben Ort aufgehalten habe. Damit ist klar ersichtlich, dass der Beschwerdeführer keine Vorstellung vom konkreten Inhalt des angeführten Beweismittels hat und welche (angeblichen/muitmaßlichen) „Verwandten“ darin angeführt oder abgebildet sind.
Dass es sich bei der Person tatsächlich um einen „Onkel“ im Sinne des österreichischen Zivilrechts – also einen nahmen Verwandten – handelt, konnte somit nicht glaubhaft gemacht werden. Für eine objektivierbare Verifizierung/Identifizierung der Personen (auch nur hinsichtlich des Namens) konnte der Beschwerdeführer keine Beweismittel vorlegen. Im Übrigen gab der Vertreter im Rahmen der Verhandlung (bei der Befragung des gemeinsam verhandelten Bruders) ausdrücklich an, diese Beweismittel nicht vom Beschwerdeführer selbst, sondern eben von dessen Bruder erhalten zu haben.
Für das Bestehen einer Verfolgung aufgrund der Ausreise und der Asylantragstellung gibt es jedenfalls seit dem Sturz des Assad-Regimes keine plausible Begründung und wurde diese Befürchtung auch in der Verhandlung am 02.01.2025 nicht mehr vorgebracht.
2.7. Die Feststellungen zur Situation in Syrien ergeben sich aus der in das Verfahren eingebrachten Kurzinformation der Staatendokumentation vom 10.12.2024, der seitens des Beschwerdeführers nicht entgegengetreten worden ist.
Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang auch, dass UNHCR seine bisherige Position („Erwägungen zum Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen“) bezüglich aus Syrien geflüchtete Personen im Dezember zurückgezogen haben, womit insbesondere keine Indizwirkung einer Verfolgung von Personen besteht, die sich in welcher Weise immer gegen das Assad-Regime positioniert haben.
2.8. Die Feststellungen betreffend die jüngsten Entwicklungen in Syrien beruhen auf rezenten Medienberichten (internationale Nachrichtenagenturen, Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk in Österreich und Deutschland, Der Standard, Die Zeit, etc.) mit Fokus auf die Herkunftsregion des Beschwerdeführers: Damaskus und Umland. Dabei ist insbesondere festzuhalten, dass aus dieser Region nahezu durchgehend von Journalisten der angeführten Medien berichtet werden konnte und kann.
Die Berichterstattung ist jedenfalls in Bezug auf die nahezu vollständige Kontrolle der HTS (und verbündeter Milizen) im bisherigen Regimegebiet, das Fehlen substanzieller Widerstandsnester, den gänzlichen Zusammenbruch des Assad-Regimes (im Sinne der Führungsspitze) und fehlende asylrelevante Gruppenverfolgungen gegen einfache Armeeangehörige oder Angehörige der bisherigen Sicherheitskräfte (unter dem Assad-Regime) konzise, widerspruchsfrei und ausführlich. Insbesondere kann der Zusammenbruch des Regimes bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt – angesichts der Implosion der Sicherheitskräfte binnen weniger Tage – als dauerhaft und gefestigt angesehen werden.
Ebenfalls klar ersichtlich (und durch die angeführte Berichterstattung belegt) ist, dass aktuelle keine Einziehungen zum Grundwehrdienst stattfinden, die Armee an den noch laufenden Kampfhandlungen im türkisch-syrischen (kurdischen) Grenzgebiet effektiv nicht beteiligt ist und es keinerlei schlüssigen Grund für die Einziehung von Reservisten gibt.
Auch der Beschwerdeführer hat in diesen Zusammenhängen kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstatten können. Abseits des unter Punkt 2.6. abgehandelten Vorbringens wurden lediglich Medienberichte vorgelegt, die den Feststellungen unter Punkt 1.8. durchwegs nicht entgegenstehen:
Ein Spiegel-Bericht vom 26.12.2024 darüber, dass Sicherheitskräfte bei der Festnahme eines bis zuletzt aktiven Ex-Offiziers des Assad-Regimes in einen Hinterhalt geraten seien sowie über Proteste religiöser Minderheiten.
Ein Ausdruck eines Artikels (30.12.2024) der Website „socialnewes.xyz“ (Sitz: Melbourne) über die Festnahme mutmaßlicher „Assad-Kämpfer“ in Latakia und Hama.
Ein Ausdruck einer Kurzmeldung (01.01.2025) der Website „syriahr.com“ (Seite der Organisation SOHR – The Syrian Observatory for Human Rights; kein Impressum), die von der Suche nach Regime-Kollaborateuren in Jabrin/Aleppo durch türkisch unterstützte „military police“ berichtet.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
Zu A) Zur Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF):
3.2. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße – möglicherweise vorübergehende – Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).
In der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird ausgeführt, dass drohende Bestrafung wegen der Weigerung der Teilnahme an einem von der Völkergemeinschaft verurteilten Kriegseinsatz dann zur Asylgewährung führen könne, wenn dem jeweiligen Asylwerber eine feindliche politische Gesinnung unterstellt werde (siehe etwa VwGH 21.12.2000, 2000/01/0072). Der Verwaltungsgerichtshof vertritt darüber hinaus ausdrücklich die Auffassung, dass unter dem Gesichtspunkt des Zwangs zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen – etwa gegen die Zivilbevölkerung – auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen kann (VwGH 25.03.2003, 2001/01/0009). Dies ist auch in Art. 9 Abs. 2 lit e der Richtlinie 2011/95/EU ausdrücklich festgehalten. Daher wäre eine (drohende) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 der genannten Richtlinie fallen, eine (drohende) asylrelevante Verfolgung.
3.3. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 1991 setzt positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, Zl. 95/01/0627). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, Zl. 92/01/0560). So erscheint es im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, Zl. 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, Zl. 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, Zl. 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, Zl. 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat (hier Schläge, Ziehen an den Haaren, Begießen mit kaltem Wasser) spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, Zl. 92/01/0181). Auch unbestrittenen Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen (Vgl. VwGH 21.06.1994, Zl. 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, Zl. 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH vom 23.01.1997, Zl. 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, Zl. 2001/20/0457).
Die amtswegigen Ermittlungspflichten im Asylverfahren sind im § 18 Abs. 1 AsylG 2005 geregelt, der inhaltlich nahezu wortgleich der Vorgängerbestimmung des § 28 AsylG 1997 entspricht. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. AsylG 1997 folgend stellt diese Gesetzesstelle eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörden dar, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht (vgl. VwGH 08.04.2003, Zl. 2002/01/0522). Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insbesondere seine wahre Bedrohungssituation in dem seiner Auffassung nach auf ihn zutreffenden Herkunftsstaat, für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (Vgl. VwGH 31.05.2001, Zl. 2001/20/0041; VwGH 23.07.1999, Zl. 98/20/0464). Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (Vgl. VwGH 14.12.2000, Zl. 2000/20/0494; VwGH 06.10.1999, Zl. 98/01/0311; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0222). Die Ermittlungspflicht der Behörde geht auch nicht soweit, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (vgl. VwGH vom 21.09.2000, Zl. 98/20/0361; VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0599).
3.4. Die Ausführungen des Beschwerdeführers sind insgesamt nicht geeignet, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK sowie eine für sie aktuelle Verfolgungsgefahr aus eben diesen Gründen darzutun.
Zunächst ist festzuhalten, dass das bisherige Vorbringen in Bezug auf das Assad-Regime (und die Einziehung zum Reservedienst) auch nach Ansicht des Beschwerdeführers selbst vollständig weggefallen ist. Dieser Wegfall kann aufgrund der sehr engen Definition des geltend gemachten Verfolgers und dessen vollständigen Zusammenbruchs (samt Flucht des Diktators ins Ausland) auch bereits zum jetzigen Zeitpunkt als nachhaltige und dauerhafte Änderung der Umstände angesehen werden. Es gibt keine schlüssige Argumentation, wie das Assad-Regime sich in Syrien erneut etablieren sollte, wo doch die militärischen Verbündeten (Russland und Iran) bei seinem Sturz effektiv nicht reagiert haben und die nationale Struktur des Regimes binnen eines Wochenendes nahezu vollständig implodiert ist.
Auch eine Asylantragstellung im Ausland begründet angesichts der geänderten Umstände im Herkunftsstaat kein Risiko einer asylrelevanten Verfolgung.
Aus dem bis Dezember 2024 erstatteten Vorbringen ist damit für den Beschwerdeführer auf der hier relevanten rechtlichen Ebene nichts zu gewinnen.
Soweit der Beschwerdeführer im Dezember 2024 und im Jänner 2025 neue Asylgründe vorbrachte, kommt diesen – wie oben dargelegt – im Wesentlichen keine Glaubhaftigkeit zu beziehungsweise erweisen sie sich als Spekulationen oder betreffen eine Schutzebene, die im gegenständlichen Verfahren gar nicht zur Diskussion steht.
Insbesondere erweist sich das Vorbringen einer unterstellten Spionage für das Regime (sei es in Österreich oder vor Jahren in Syrien) aus den oben dargelegten Gründen als nicht glaubhaft. Gleiches gilt für die erstmals im Jänner 2025 behaupteten Misshandlungen im Zuge der Desertion und Ausreise in die Türkei in umkämpften Gebieten nahe der türkischen Grenze. Selbst bei Wahrunterstellung der Schilderung könnten diese kein schlüssiges Verfolgungsrisiko betreffend den Beschwerdeführer oder eine nachvollziehbare Furcht vor Verfolgungshandlungen aus Gründen der GFK belegen, da auch der Beschwerdeführer selbst nur Mutmaßungen über die dahinterstehende Motivation machen kann, diese Vorfälle rund 10 Jahre zurückliegen und sich weit entfernt von seinem – hier bezüglich der Prüfung relevanten – Herkunftsort zugetragen haben sollen.
Dem Beschwerdeführer ist es auch nicht gelungen, eine besondere Ablehnung der nunmehrigen Machthaber glaubhaft zu machen, zumal er ja auch selbst gegen das Assad-Regime demonstriert haben will. Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer als „weltoffen“ deklariert, reicht dafür jedenfalls nicht aus.
Ganz grundsätzlich geben die Berichte zur Situation in Syrien – insbesondere das belegte Verhalten gegenüber den bis Dezember 2024 aktiven Militär- und Sicherheitskräften des Regimes – auch keinerlei Anlass für eine drohende Gruppenverfolgung von Personen, die vor vielen Jahren an untergeordneter Stelle im syrischen Sicherheitsapparat tätig waren (wie etwa der Beschwerdeführer und einige seiner engeren Familienangehörigen) und die sich zudem glaubhaft seit Jahren vom Regime distanziert haben. Selbiges gilt für deren Angehörige. Eine allfällig drohende Verfolgung aus diesem Motiv liegt damit gesichert weit unter der Schwelle des „real risk“.
Andere potenzielle Verfolgungsmotive (etwa ethnische Herkunft) wurden vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Sie sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
3.5. „Aussetzung von Verfahren“, Rechtsschutz und UNHCR-Position zur Rückkehr in die Arabische Republik Syrien
Der Vollständigkeit halber ist vor dem Hintergrund der laufenden Diskussionen und der Vorgehensweise des BFA im Kontext mit Verfahren betreffend Syrien festzuhalten, dass die österreichische Rechtsordnung ein rechtswirksames „Aussetzen“ von Verfahren betreffend internationalen Schutz aufgrund einer allfällig „unklaren“ Situation nicht vorsieht. Dies gilt insbesondere für das Bundesverwaltungsgericht, dem gleichzeitig eine gesetzliche Erledigungsfrist vorgeschrieben ist. Ein Abwarten auf eine umfangreiche strukturierte Berichtslage zur Situation in Syrien (inkludierend auch die Umstände für eine allfällige Rückkehr) ist daher nicht abzuwarten, wenn hinsichtlich der entscheidungsrelevanten Fragen eines Verfahrens hinreichend gesicherte Informationen vorliegen.
Soweit eine gewisse Skepsis hinsichtlich der weiteren Entwicklung in Syrien besteht, ist nochmals zu betonen, dass die österreichische Rechtsordnung sowohl das Institut der Wiederaufnahme eines Verfahrens kennt als auch die Möglichkeit eines weiteren Antrags auf internationalen Schutz einräumt. Angesichts der oben in Punkt 1.7. dargestellten Lageänderung bestehen kaum Zweifel, dass derartige (Folge-)Anträge – soweit sie sich auf die Entwicklung seit 10.12.2024, insbesondere die Politik der HTS, beziehen - inhaltlich behandelt werden müssen und nicht wegen „entschiedener Sache“ zurückgewiesen werden können. Umgekehrt können gegenwärtige Befürchtungen betreffend eine asylrelevante Verfolgung ohne aktuell hinreichende Substanz (sondern lediglich mit dem Verweis auf eine mögliche zukünftige Entwicklung) nicht zu einer Zuerkennung des Asylstatus führen – und auch nicht dazu, dass die Behörden/Gerichte mit einer Entscheidung zuwarten, ob sich die Situation in Richtung der geäußerten Befürchtungen verschlechtert.
Soweit die UNHCR „Position on Returns to the Syrian Arab Republic“ in ihrem Punkt 7 davon spricht, dass UNHCR „does not consider that the requirements for cessation of refugee status for beneficiariesof international protection originating from Syriahave currently been met“ ist zu betonen, dass es sich bei diesem Papier um eine Globalposition zur weltweiten Verbreitung handelt und sich aus dem Titel, der Gesamtstruktur und den Punkten 2 bis 4 sowie 5 und 6 klar ergibt, dass sich dieses Papier primär auf die Rückkehr, die Erlassung von Rückkehrentscheidungen (dabei beachtlich: das Prinzip des non-refoulment) sowie den nach wie vor zu gewährenden Zugang zu einem Verfahren betreffend internationalen Schutz bezieht. In diesem Zusammenhang besteht auch die in der Judikatur des VwGH festgehaltene „Indizwirkung“ von Dokumenten des UNHCR. All diese Themen sind allerdings nicht von der gegenständlichen Entscheidung betroffen.
Insbesondere macht die Formulierung des Punkt 6 der „Position“ klar, dass es nach Ansicht des UNHCR keine vollständig negativen Entscheidungen (mit Rückkehrpflicht) geben soll, bevor nicht hinreichend verlässliche Informationen über die allgemeine Sicherheitslage und Menschenrechtssituation bestehen. Damit bezieht sich UNHCR aber unmissverständlich auf jenen Bereich des internationalen Schutzes, der in Österreich vom Status des „Subsidiär Schutzberechtigten“ erfasst wird. Entscheidend ist dabei, dass diese rechtliche Differenzierung zwar in den EU-Mitgliedsstaaten erfolgt, aber eben nicht weltweit, weshalb UNHCR in einer allgemein formulierten Position diese Differenzierung nicht aufnehmen kann.
Daraus ergibt sich, dass dem vorliegenden UNHCR-Positionspapier zwar eine Indizwirkung in Bezug auf die Zuerkennung von subsidiärem Schutz sowie hinsichtlich der Erlassung einer Rückkehrentscheidung zukommt. Nicht jedoch hinsichtlich der Frage, wie über die (ausschließliche) Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zu entscheiden ist. Mangels einer entsprechenden einschlägigen Indizwirkung steht das Positionspapier somit einer negativen Entscheidung ausschließlich betreffend § 3 AsylG nicht entgegen. Subsidiärer Schutz – und damit ein bestehendes Hindernis für eine Rückkehrentscheidung – kommt dem Beschwerdeführer ohnehin zu.
3.6. Im gegenständlichen Fall liegen somit keine substantiellen, stichhaltigen Gründe für das Vorliegen einer individuellen Gefahr der Verfolgung oder einer gegründeten Furcht vor einer solchen nach § 3 Abs. 1 AsylG iVm. Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK vor. Vielmehr sind zum Entscheidungszeitpunkt bloß alle Staatsbürger gleichermaßen treffende Unbilligkeiten aufgrund des (bisherigen) Bürgerkrieges bzw. der allgemein schlechten Lage im Herkunftsland des Beschwerdeführers zu erkennen, die nicht asylrelevant sind und denen bereits mit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes Rechnung getragen wurde.
Zu B) Zulässigkeitsentscheidung hinsichtlich der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Verfassungsgerichtshofes, des EuGH und des EGMR); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.