JudikaturBVwG

L501 2303073-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
25. Januar 2025

Spruch

L501 2303073-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Markus BRANDNER und Dr. Andreas GATTINGER als Beisitzer über die Beschwerde von Herrn XXXX vertreten durch RA Mag. Dr. Jasmine SENK, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Vöcklabruck vom 30.09.2024 zu XXXX wegen Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Zeitraum 23.09.2024 - 01.12.2024, nach Beschwerdevorentscheidung vom 30.10.2024, GZ. LGSOÖ/Abt.2/2024-0566-4-014970-KS, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.09.2024 wurde festgestellt, dass der Anspruch der nunmehr beschwerdeführenden Partei (in der Folge kurz „bP“) auf Notstandshilfe gemäß § 16 Abs.1 lit. l Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) für den Zeitraum 23.09.2024 - 01.12.2024 ruht. Begründend wurde ausgeführt, dass die bP im genannten Zeitraum eine Urlaubsabfindung/Urlaubsentschädigung von einer näher bezeichneten Firma (in der Folge „A. GmbH“) erhalten habe.

In ihrer fristgerecht erhobenen Beschwerde erklärte die bP, dass die Urlaubsersatzleistung aus ihrer geringfügigen Beschäftigung bei der Firma A. resultiere.

Mit Bescheid vom 30.10.2024 wies die belangte Behörde die Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG iVm § 56 AlVG ab. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges im Wesentlichen ausgeführt, dass § 16 Abs. 1 lit. l AlVG, wonach der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Zeitraums, für den Anspruch auf Urlaubsersatzleistung bestehe, ruhe, nach dem Wortlaut auch bei „Urlaubsersatz/Urlaubsentschädigungsanspruch“ aus einer geringfügigen Beschäftigung gelte. Der Gesetzgeber habe die Frage des Leistungsbezugs während „Urlaubsersatz/Urlaubsentschädigungsanspruch“ nicht über die Definition der Arbeitslosigkeit (§ 12 AlVG) gelöst, also nicht generell an die Dauer der Pflichtversicherung angeknüpft. In diesem Fall wäre ein „Urlaubsersatz/Urlaubsentschädigungsanspruch“ aus geringfügiger Beschäftigung unschädlich. Das sei aber eben nicht der Fall, somit sei in der Gesamtsystematik bei „Urlaubsersatz/Urlaubsentschädigungsanspruch“ immer ein Ruhen angeordnet. Dem österreichischen Urlaubsrecht liege ein kalendarischer Urlaubsbegriff zugrunde. Daraus folge, dass eine Urlaubsentschädigung kein bloßer Geldbetrag sei, sondern eine Abgeltung eines in Ganztagen (Arbeitswochen) bemessenen Zeitraums. Der Gesetzgeber habe im Arbeitslosenversicherungsrecht festgelegt, dass in diesem Zeitraum keine Doppelversorgung vorliegen solle.

Mit Schreiben vom 06.11.2024 beantragte die bP die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

Die bP hat die Zuerkennung von Arbeitslosengeld ab dem 23.09.2024 beantragt.

Das geringfügige Dienstverhältnis der bP bei der A. GmbH endete am 31.08.2024. Von 01.09.2024 bis 15.09.2024 erhielt sie eine Kündigungsentschädigung und von 16.09.2024 – 01.12.2024 eine Urlaubsersatzleistung. Von 16.09.2024 – 22.09.2024 war sie im Krankengeldbezug.

II.2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie den Gerichtsakt. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus dem Akteninhalt.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch einen Senat, anzuwendendes Verfahrensrecht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, […] und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

II.3.2. Maßgebliche gesetzliche Grundlage im Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) idgF:

§ 16 AlVG lautet auszugsweise:

Ruhen des Arbeitslosengeldes

§ 16. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während

[…]

l) des Zeitraumes, für den Anspruch auf eine Ersatzleistung (Entschädigung, Abfindung) für Urlaubsentgelt nach dem Urlaubsgesetz, BGBl. Nr. 390/1976, in der jeweils geltenden Fassung, oder eine Urlaubsersatzleistung nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG), BGBl. Nr. 414/1972, in der jeweils geltenden Fassung, besteht oder eine Urlaubsabfindung nach dem BUAG gewährt wird, nach Maßgabe des Abs. 4,

[…]

II.3.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 17.12.2024, Ra 2024/08/0124, zum gegenständlich relevanten Ruhenstatbestand „§ 16 Abs. 1 lit. c AIVG“ wie folgt ausgeführt:

„Als anspruchsbegründendes Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 16 Abs. 4 AlVG ist also jenes zu verstehen, dessen Beendigung gemäß § 12 AlVG die Arbeitslosigkeit als Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe herbeigeführt hat. Wird in der Folge ein daneben zunächst noch aufrechtes oder während der Arbeitslosigkeit aufgenommenes (weiteres) geringfügiges Beschäftigungsverhältnis (§ 12 Abs. 6 lit. a AlVG) beendet und auf Grund dessen eine Urlaubsersatzleistung bezogen, so führt dies - da es sich nicht um ein anspruchsbegründendes Beschäftigungsverhältnis im Sinn des § 16 Abs. 4 AlVG handelt - nicht zum Ruhen des Anspruchs.“

Die von der bP im Zeitraum vom 16.09.2024 bis 01.12.2024 bezogene Urlaubsersatzleistung stammt aus dem geringfügigen Dienstverhältnis bei der Fa. A. GmbH, es handelt sich hierbei sohin im Hinblick auf das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes um kein anspruchsbegründendes Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 16 AlVG. Der Anspruch der bP ruht nicht im Zeitraum 23.09.2024 bis 01.12.2024, der Beschwerde ist folglich stattzugeben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil zu den gegenständlich anzuwendenden Bestimmungen zahlreiche Judikate des Verwaltungsgerichtshofes vorliegen, die Rechtsfragen in der bisherigen Rechtsprechung einheitlich beantwortet wurden und in der vorliegenden Entscheidung von der höchstrichterlichen Spruchpraxis auch nicht abgewichen wurde. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Absehen von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung:

Eine mündliche Verhandlung konnte unterbleiben, weil sich bereits aus der Aktenlage ergibt, dass von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine weitere Klärung des Sachverhalts nicht zu erwarten ist. Gegenständlich war es nicht erforderlich, sich als Gericht einen persönlichen Eindruck von Parteien bzw. Zeugen zu verschaffen und darauf die Beweiswürdigung zu gründen. Vielmehr konnte der maßgebliche Sachverhalt bereits als durch die Aktenlage geklärt erachtet werden und ist nicht ergänzungsbedürftig. Auch wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätten. Da dem Entfall der Verhandlung zudem weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen, wurde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen.

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