JudikaturBVwG

G305 2306320-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
24. Januar 2025

Spruch

G305 2306320-1/2Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Mag. Bernhard GRAF, Rechtsanwalt, Rheinstraße 243, 6800 Feldkirch, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht und wird beschlossen:

A) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland und hält sich seit XXXX .2022 bis laufend in Österreich auf.

Seit dem XXXX .2023 ist er an der Anschrift XXXX mit Hauptwohnsitz amtlich gemeldet. Seit dem XXXX .2024 scheint bei ihm im Zentralen Melderegister eine Nebenwohnsitzmeldung an der Anschrift XXXX in XXXX (JA XXXX ) auf.

Er ist im Bundesgebiet vom ersten XXXX .2022 bis XXXX .2023 einer legalen, die Arbeitslosigkeit ausschließenden Erwerbstätigkeit als Arbeiter der Dienstgeberin XXXX nachgegangen. Vom XXXX .2023 bis XXXX .2024 stand er in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis zum XXXX und vom XXXX .2024 bis XXXX .2024 in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis zur Dienstgeberin XXXX .

Am XXXX .2024 wurde er von Beamten der öffentlichen Sicherheitsbehörde festgenommen und in die Justizanstalt XXXX eingeliefert.

Mit Note vom XXXX .2024 teilte ihm das BFA mit, dass beabsichtigt sei, ein Aufenthaltsverbot + Schubhaft gegen ihn zu erlassen und wurde ihm im Rahmen des Parteiengehörs zur Abgabe einer Stellungnahme innert gleichzeitig festgesetzter Frist gegeben.

Mit Eingabe vom XXXX .2024 gab der BF eine handschriftlich verfasste Stellungnahme ab.

Ungeachtet seines kurzen Aufenthalts im Bundesgebiet war er bereits Adressat einer strafgerichtlichen Verurteilung durch das Landesgericht XXXX zu GZ: XXXX wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 15 StGB, wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB, wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 erster Fall StGB, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs.1 StGB, wofür das Strafgericht am XXXX .2024 eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten über ihn verhängte.

Eine bedingte Strafnachsicht vom XXXX .2024 zu XXXX wurde widerrufen, sodass er von den über ihn verhängten Freiheitsstrafen 5 Monate verbüßen muss.

Zumindest im Entscheidungszeitpunkt galt der BF als mittellos bzw. als nicht selbsterhaltungsfähig.

Derzeit verbüßt er die über ihn verhängte, unbedingte Freiheitsstrafe in der XXXX .

Der BF hat im Bundesgebiet weder Verwandte, noch nahe Angehörige. Er hat angegeben, dass der Zweck seiner Einreise ins Bundesgebiet eine Partnerschaft mit einer Vorarlbergerin gewesen sei, mit der er eine Eheschließung plane. Er ist weder im Besitz von Immobilien, noch von Ersparnissen in einer nennenswerten Höhe.

1.2. Mit Bescheid vom XXXX .2024 erließ die belangte Behörde gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 6 Jahren gegen den BF (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass ein Durchsetzungsaufschub nicht erteilt werde (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gem. § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt III.).

Letzteres wurde im Wesentlichen zusammengefasst damit begründet, dass sein bisheriger Aufenthalt im Bundesgebiet ausschließlich auf die Begehung von Straftaten abgezielt habe, weshalb sein Verhalten während seines bisherigen Aufenthalts eine aktuelle gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit und für fremdes Eigentum darstelle.

Gegen sämtliche Spruchpunkte dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde des BF.

Das BFA übermittelte die Beschwerde samt Verwaltungsakten.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakte des BFA sowie des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus der Beschwerde, aus Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und im Strafregister.

Rechtliche Beurteilung:

Als Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland ist der BF Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.

Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Betroffenen oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gem. § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Aufgrund der Erklärung, dass sich die Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, den Ausführungen zur aufschiebenden Wirkung, wonach die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung das Verfahrensergebnis vorwegnehme, ergibt sich zweifelsfrei, dass sich die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids richtet, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise der BF oder die sofortige Durchsetzung im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids erforderlich ist (vgl. VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).

Eine solche Begründung lässt sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde nicht nur mit den bereits für die Erlassung des Einreiseverbotes maßgeblichen Gründen, sondern auch mit der Delinquenz begründet, wobei die belangte Behörde unter Berücksichtigung der Strafzumessungsgründe ensprechende Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des BF zog, die im Widerspruch zum öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit steht.

Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen des BF hinsichtlich Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, geht, was die Argumentation gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betrifft, ins Leere. Die Behörde hat vor der Erlassung des bekämpften Bescheides ein ordentliches Ermittlungsverfahren geführt und den BF in dieses eingebunden. Letzterer gab im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs keine Stellungnahme ab.

Anlassbezogen ist hervorzuheben, dass der BF ungeachtet seines kurzen Aufenthalts im Bundesgebiet bereits Adressat einer strafgerichtlichen Verurteilung war und vom Landesgericht XXXX zu GZ: XXXX wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 15 StGB, wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB, wegen des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 erster Fall StGB, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs.1 StGB, verurteilt wurde, wofür das Strafgericht am XXXX .2024 eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von 18 Monaten über ihn verhängte.

Die Behörde hat in ihrer Entscheidung nicht nur die strafgerichtliche Verurteilung des BF gewürdigt, sondern auch den Umstand, dass in seiner gegenwärtig andauernden Beschäftigungslosigkeit und der daraus resultierenden Selbsterhaltungsfähigkeit eine Gefahr der öffentlichen Ordnung und Sicherheit liege. Da er nicht nachzuweisen vermochte, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sah die Behörde auch darin, in Verbindung mit dem sonstigen Persönlichkeitsbild, das sich in seiner Delinquenz manifestierte, eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, weshalb der Gefährdungsmaßstab iSd § 67 Abs. 1 1. und 2. Satz FPG als erfüllt angesehen wurde. Diese Bedenken vermochte der BF weder mit seinen Angaben in der Beschwerde noch mit seinen Angaben in der im Rahmen des PG erstatteten Stellungnahme zerstreuen. Es haben sich anlassbezogen keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG ergeben.

Angesichts dessen ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung keine Verletzung von Art 8 EMRK verbunden. Selbst wenn der BF eine Eheschließung mit seiner Lebensgefährtin plant, ist bei ihm eine nennenswerte soziale bzw. wirtschaftliche Verankerung im Bundesgebiet nicht erkennbar.

Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist somit ausreichend und im Hinblick auf das Gesamtverhalten des BF als nachvollziehbar anzusehen.

Die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist daher mit Teilerkenntnis zu bestätigen und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG keine Folge zu erteilen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zu lösen waren.

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