JudikaturBVwG

W170 2298966-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2025

Spruch

W170 2298965-1/27E W170 2298966-1/27E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerden gegen das Disziplinarerkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde vom 07.08.2024, 2023-0.322.428, 2023-0.562.574 und 2023-0.285.737 (1.) des Disziplinaranwalts HR Mag. Heinz SCHIESTL, M.Sc. gegen den Freispruch zu II. lit a) und (2.) des XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerald RUHRI, gegen den Strafausspruch:

A)

Die Beschwerden werden gemäß §§ 28 Abs. 2, 31 VwGVG, 118 Abs. 2 BDG 1979 und Art. 132 Abs. 1 Z 1, Abs. 4 B-VG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Im Disziplinarerkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde vom 07.08.2024, 2023-0.322.428, 2023-0.562.574 und 2023-0.285.737, wurde der damalige RevInsp XXXX wegen erheblicher Dienstpflichtverletzungen zum Teil schuldig und zum Teil freigesprochen. Gegen XXXX wurde die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.

Das Disziplinarerkenntnis wurde am 17.02.2023 dem Disziplinaranwalt und am 20.02.2023 dem im Spruch genannten Vertreter des XXXX zugestellt.

1.2. Mit Ablauf des 31.12.2024 ist XXXX aus dem öffentlichen Dienst ausgetreten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage, hinsichtlich 1.1. aus den von der Bundesdisziplinarbehörde vorgelegten Verwaltungsakten, hinsichtlich 1.2. aus der Bestätigung der Landespolizeidirektion Steiermark vom 03.12.2024 (Oz 25), der die Parteien trotz Vorhalt nicht entgegengetreten sind und der Mitteilung des im Spruch genannten Vertreter des XXXX vom 03.04.2023 (Oz 21).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. XXXX ist aus dem Bundesdienst ausgeschieden, gemäß § 118 Abs. 2 BDG 1979 gilt das Disziplinarverfahren als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet.

3.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aus diesen Bestimmungen jedoch nicht abzuleiten, dass bereits ergangene, noch nicht rechtskräftige Entscheidungen im Disziplinarverfahren ersatzlos zu beheben wären. Vielmehr gilt nach § 118 Abs. 2 BDG 1979 das Disziplinarverfahren kraft Gesetzes, also ohne weiteren Rechtsakt, als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet (VwGH 21.02.1991, 90/09/0176; VwGH 27.10.1999, 99/12/0262; 31.5.1990, 86/09/0200; VwGH 27.05.2020, Ro 2019/09/0008; vgl. demgegenüber § 143 RStDG, der gemäß § 170 Abs. 1 Notariatsordnung im Disziplinarverfahren der Notare sinngemäß anzuwenden ist, wonach das Disziplinarverfahren einzustellen ist, wenn der Beschuldigte vor Rechtskraft des Erkenntnisses stirbt oder aus dem Dienstverhältnis austritt).

3.3. Die nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 bescheidmäßig zu verfügende Einstellung des Disziplinarverfahrens stellt die gegensätzliche Handlung zum Einleitungsbeschluss (§ 123 Abs. 2 BDG 1979) dar („actus contrarius“). Daneben gilt gemäß § 118 Abs. 2 BDG 1979 das Disziplinarverfahren kraft Gesetzes, also ohne weiteren Rechtsakt, verfahrensrechtlich als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet. Verliert der Beamte durch die von ihm selbstgewählte Beendigung seines Dienstverhältnisses seinen besonderen Status (Rechtsstellung), dann ist nicht nur für die in § 96 BDG 1979 aufgezählten Disziplinarbehörden, sondern auch für den mit Säumnisbeschwerde oder Bescheidbeschwerde angerufenen Verwaltungsgerichtshof eine (disziplinäre) Weiterverfolgung rechtens ausgeschlossen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 19.01.1989, 88/09/0146) führt nicht nur die formelle (ausdrückliche) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung, weil der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer nach (dem damaligen) Art. 131 B-VG erhobenen Bescheidbeschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Ergibt sich im Zuge eines derartigen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, dass eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlich Rechtes des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) gegeben ist, dass auch eine stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes keine (weitere) Veränderung bewirken würde und die in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen damit nicht mehr fallbezogene, sondern nur noch theoretische Bedeutung besitzen, dann führt dies zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (VwGH 21.02.1991, 90/09/0176). Das muss auch für das nunmehr zuständige Verwaltungsgericht gelten.

Das Disziplinarrecht beruht auf einer persönlichen Bindung in einem konkreten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Der Status eines Beamten im aktiven Dienst oder im Ruhestand (§ 133 BDG 1979) ist notwendige Voraussetzung für die Durchführung eines Disziplinarverfahrens. Ist der Beamtenstatus nicht mehr gegeben, dann können durch den angefochtenen Bescheid subjektiv-öffentliche Rechte nicht beeinträchtigt werden (siehe VwGH, ebendort).

3.4. Da das Disziplinarverfahren vor Erlassung eines rechtskräftigen Disziplinarerkenntnisses oder verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses gemäß § 118 Abs. 2 BDG 1979 ex lege als eingestellt gilt (und nach der oben zitierten Rechtsprechung das Disziplinarerkenntnis daher durch das Bundesverwaltungsgericht nicht mehr behoben werden kann), kommt den Beschwerden nur mehr theoretische Bedeutung zu und sind diese daher als unzulässig zurückzuweisen.

3.5. Die Zuständigkeit des Einzelrichters ergibt sich aus dem Umstand, dass nunmehr kein Disziplinarerkenntnis und daher auch keines, mit dem der Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche verhängt wurde, vorliegt und daher zum Entscheidungszeitpunkt die Voraussetzungen von § 135a Abs. 3 BDG nicht (mehr) gegeben sind.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die relevante Rechtsprechung unter A) zitiert und der Entscheidung zu Grunde gelegt, daher ist die Revision nicht zulässig.

Rückverweise