JudikaturBVwG

W218 2304284-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
22. Januar 2025

Spruch

W218 2304284-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Marion STEINER-KOPSCHAR sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gesetzlich vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wolfgang SCHIMEK, Graben 42, 3300 Amstetten, als gerichtlicher Erwachsenenvertreter, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, (SMS) vom 09.10.2024, OB 71864957300032, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 09.10.2024 hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) dem Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß § 2 und § 14 BEinstG stattgegeben und einen Grad der Behinderung in Höhe von 70 vH festgestellt.

Dem Bescheid zugrunde gelegt wurde das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.07.2024, das einen Gesamtgrad der Behinderung von 70 vH ergab.

2. Gegen diesen Bescheid wurde vom gesetzlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Grad der Behinderung höher eingestuft hätte werden müssen und das Sachverständigengutachten nicht nachvollziehbar sei.

3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten langten am 13.12.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 70 vH.

Der Beschwerdeführer leidet an folgenden Funktionseinschränkungen:

1. Paranoide Schizophrenie, episodisch remittiert, Aspergersyndrom, Klinefelter Syndrom

Mittlerer Rahmensatz, da durchgängig geringe Belastbarkeit und Minussymptomatik, aber keine kognitiv höhergradige Beeinträchtigung (Orientierung, Merkfähigkeit), Pos.Nr.: 03.07.02, Grad der Behinderung 60%

2. Diabetes mellitus, Insulinpflichtiger Diabetes

Oberer Rahmensatz, inkludiert die Polyneuropathie und Nephropathie, Pos.Nr.: 09.02.02, Grad der Behinderung 40%

3. Zustand nach Schlaganfall 9/2020 (Medulla oblongata paramedian links) mit residueller Gefühlsstörung, leichter Feinnmotorikstörung und diskreter Gangbeeinträchtigung

1 Stufe über unterem Rahmensatz, da keine schwerwiegenden Lähmungen vorliegend, Pos.Nr.: 04.01.01, Grad der Behinderung 20%

4. Bluthochdruck, fixer Rahmensatz, Pos.Nr.: 05.01.01, Grad der Behinderung 10%

5. Schmerzen Kniegelenk rechts, Abnützungen

Unterer Rahmensatz, da Beugung 90 Grad möglich, Pos.Nr.: 02.05.18; Grad der Behinderung 10%

2. Beweiswürdigung:

Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Im medizinischen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 02.07.2024 wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

In der Anamnese hält die Sachverständige unter dem Status Psychicus Folgendes fest:

„Kooperativ und freundlich, gut auskunftsfähig, bewußtseinsklar, voll orientiert, kein kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus: geordnet, kohärent, leicht verlangsamt, Konzentration in der Untersuchung erhalten, Antrieb in der Untersuchung gering reduziert, Stimmungslage indifferent, stabil, kaum affizierbar; Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik angegeben.“

Dies deckt sich auch mit dem neurologisch – psychiatrischen Gutachten zur Erhebung des Pflegebedarfs, in dem als psychopathologischer Untersuchungsbefund Folgendes festgehalten wird:

„BEWUSSTSEIN: klar

ORIENTIERUNG: örtlich, zeitlich, zur Person orientiert

KONZENTRATION/AUFMERKSAMKEIT: etwas vermindert

DENKEN/GEDANKENDUKTUS: inhaltlich und formal keine Denkstörung,

vielleicht leichte Denkverlangsamung, jedoch keine produktive Symptomatik

vorahnden, er beklagt eine subjektive Gedächtnisstörung

GEDÄCHTNIS: nicht beeinträchtigt

STIMMUNG: wechselhaft

BEFINDLICHKEIT: negativ getönt

ANTRIEB: eher herabgesetzt

AFFEKTE/EMOTIONEN: Affektschablonen etwas herabgesetzt, er berichtet über Ängste, die eigentlich seit der Kindheit bestehen, diesbezüglich nimmt er immer wieder Beruhigungstabletten bei Bedarf ein

AFFIZIERBARKEIT: in beiden Scalenbereichen affizierbar

SUIZIDALITÄT: nicht erhöht“

Zum führenden Leiden wählt sie die Pos.Nr.: 03.07.02 mit einem mittleren Rahmensatz, da durchgängig geringe Belastbarkeit und Minussymptomatik vorhanden sind, aber keine kognitiv höhergradige Beeinträchtigung hinsichtlich Orientierung und Merkfähigkeit vorliegt. Ergänzend wird in einer Stellungnahme ausgeführt, dass beim Beschwerdeführer seit Jahren unter laufender Therapie eine Stabilität vorliegt ohne psychotische Zustandsbilder und ohne Notwendigkeit der stationären psychiatrischen Behandlung.

Dies entspricht auch der Anlage zur Einschätzungsverordnung, wo unter „03.07 Schizophrene Störungen“ ausgeführt wird, dass unter einer Mittelschweren Verlaufsform 50 – 70 % Folgendes zu verstehen ist:

50 %: Mindestens zwei psychotische Zustandsbilder in den letzten 1,5 Jahren, Psychotische Symptome im Status Psychopathologisch instabil (Störung des formalen Denkens, Wahninhalte und Negativsymptomatik) trotz Dauertherapie Soziale Integration und Arbeitsleistung deutlich herabgesetzt

60 %: Durchgängig geringe Belastbarkeit in allen Lebensbereichen Soziale Isolation, sozialer Abstieg

70 %: Langjährige Anamnese, hochdosierte Therapie, Affektive Zusatzerkrankungen Kognitiv höhergradig beeinträchtigt (Orientierung, Merkfähigkeit) Schwere und durchgängig soziale Beeinträchtigung

Für das Leiden 2 - Diabetes mellitus, Insulinpflichtiger Diabetes – wählt die Sachverständige den oberen Rahmensatz, welcher die Polyneuropathie und Nephropathie inkludiert.

Das Leiden 3 - Zustand nach Schlaganfall 9/2020 (Medulla oblongata paramedian links) mit residueller Gefühlsstörung, leichter Feinnmotorikstörung und diskreter Gangbeeinträchtigung – wird mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz eingeschätzt, da keine schwerwiegenden Lähmungen vorliegend sind.

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wird ausgeführt, dass die Auswirkungen des führenden Leidens 1 durch jene des Leidens 2 um 1 Stufe erhöht werden, da es sich um ein schwerwiegendes Leiden handelt. Die anderen Leiden erhöhen nicht weiter bei fehlender wechselseitiger relevanter negativer Leidensbeeinflussung.

Die Behörde (bzw. das Gericht) hat ein Gutachten auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten hat die Behörde nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das eingeholte Sachverständigengutachten als schlüssig, vollständig und nachvollziehbar. In einer Zusammenschau der vorliegenden Befunde und der von der belangten Behörde eingeholten Gutachten, geht der erkennende Senat davon aus, dass das Sachverständigengutachten bzw. der darin festgelegte Grad der Behinderung von 70 v.H. der Entscheidung zugrunde zu legen ist.

Der Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 10.11.2023 auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch den Senat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:

1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,

2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,

3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind. (§ 2 Abs. 1 BEinstG)

Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind. (§ 2 Abs. 2 BEinstG)

Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen. (§ 2 Abs.3 BEinstG)

Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 3 BEinstG).

Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt der letzte rechtskräftige Bescheid über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung.

Die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (§ 2) auf Grund der in lit. a bis d genannten Nachweise erlischt mit Ablauf des dritten Monates, der dem Eintritt der Rechtskraft des jeweiligen Bescheides bzw. Urteiles folgt, sofern nicht der begünstigte Behinderte innerhalb dieser Frist gegenüber dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen erklärt, weiterhin dem Personenkreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten angehören zu wollen. (§ 14 Abs. 1 BEinstG)

Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden.

Die Begünstigungen nach diesem Bundesgesetz werden mit dem Zutreffen der Voraussetzungen, frühestens mit dem Tag des Einlangens des Antrages beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen wirksam. Sie werden jedoch mit dem Ersten des Monates wirksam, in dem der Antrag eingelangt ist, wenn dieser unverzüglich nach dem Eintritt der Behinderung (Abs. 3) gestellt wird.

Die Begünstigungen erlöschen mit Ablauf des Monates, der auf die Zustellung des Bescheides folgt, mit dem der Wegfall der Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten rechtskräftig ausgesprochen wird. (§ 14 Abs. 2 BEinstG)

Im Falle eines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach Ablauf des 31. August 2013 hat die Einschätzung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) zu erfolgen. Im Falle einer von Amts wegen durchgeführten Nachuntersuchung bleibt – bei objektiv unverändertem Gesundheitszustand – der festgestellte Grad der Behinderung unberührt. (§ 27 Abs. 1a BEinstG)

Auszug aus der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) idgF:

„Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn - sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt, - zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.“

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.

Der Rechtsprechung des EGMR kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.4.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993).

Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ. 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 4.3.2008, 2005/05/0304).

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde auf gutachterlicher Basis ermittelt. Zudem wurde vom Beschwerdeführer bzw. durch dessen gerichtlichen Erwachsenenvertreter in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, welches eine weitere Erörterung notwendig erschienen ließ.

Im Hinblick auf obige Überlegungen sah der erkennende Senat daher unter Beachtung der Wahrung der Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung ab, zumal auch eine weitere Klärung der Rechtssache hierdurch nicht erwartbar war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Rückverweise