Spruch
I403 2305517-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , VSNr. XXXX , vertreten durch Bliem – DV Steuerberatung GmbH, Museumstraße 3, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid der Österreichische Gesundheitskasse Landesstelle XXXX (ÖGK- XXXX ) vom 25.11.2024, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Österreichische Gesundheitskasse Landesstelle XXXX (ÖGK- XXXX ) forderte XXXX (im Folgenden als Beschwerdeführer bezeichnet) als ehemaligen Geschäftsführer der mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 18.04.2023 zu XXXX aufgelösten XXXX GmbH (im Folgenden als Primärschuldnerin bezeichnet) mit Schreiben vom 31.10.2024 dazu auf, den am Beitragskonto der Gesellschaft bestehenden Rückstand an Beitragsschulden in Höhe von EUR 11.655,33 zuzüglich gesetzliche Verzugszinsen bis 18.11.2024 zu begleichen bzw. eine Stellungnahme innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung des Schreibens (am 06.11.2024) abzugeben. Eine Stellungnahme ist dem Akt nicht zu entnehmen.
Mit Bescheid der ÖGK- XXXX vom 25.11.2024, zugestellt am 28.11.2024, wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Primärschuldnerin (Beitragskontoinhaberin) gemäß § 67 Abs. 10 ASVG in Verbindung mit § 83 ASVG die zu entrichten gewesenen Beiträge samt Nebengebühren aus den Vorschreibungen für die Zeiträume Mai 2022 bis September 2022 in der Höhe von EUR 11.655,33 zuzüglich Verzugszinsen in der sich nach § 59 Abs. 1 ASVG ergebenden Höhe (ab 31.10.2024 somit 7,88% aus EUR 11.319,39) schulde. Der Beschwerdeführer wurde verpflichtet, den Betrag binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheides an die ÖGK zu zahlen. Die Sozialversicherungsbeiträge seien aus den vom Dienstgeber bzw. dessen Steuerberater erstellten monatlichen Beitragsgrundlagenmeldungen ermittelt worden; dem Bescheid war eine Aufstellung der im Haftungszeitraum gemeldeten Dienstnehmer beigefügt. Eine Einbringlichmachung bei der Primärschuldnerin sei nicht möglich gewesen; auf die ÖGK als Gläubigerin sei im Insolvenzverfahren eine Quote von 2,815683% entfallen. Der Beschwerdeführer habe keine Unterlagen vorgelegt, aus denen sich ergebe, dass keine Gläubigerungleichbehandlung zuungunsten der ÖGK vorliege.
Gegen den Bescheid wurde am 18.11.2024 Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass das Schreiben der ÖGK-T vom 31.10.2024 dem Beschwerdeführer erst am 25.11.2024 zugegangen sei. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer während des relevanten Zeitraums die „Befugnis der Verwaltung des Unternehmens“ in die Hände des Mitarbeiters XXXX gelegt. Dieser sei mit „sämtlichen anfallenden Bürotätigkeiten, einschließlich der steuerlichen und finanziellen Angelegenheiten der GmbH, dem Einkauf der Materialien, der Einteilung der Kundenaufträge sowie allen Personalangelegenheiten betraut“ gewesen und habe er auch die „Verantwortung für die Verwaltung der Liquidität und die fristgerechte Abwicklung sämtlicher Zahlungsverpflichtungen“ getragen. Da der Beschwerdeführer seinem Mitarbeiter vertraut habe, habe dieser „den gesamten Zahlungsverkehr sowie die Kommunikation mit dem damaligen Steuerberater“ alleine geregelt und habe der Beschwerdeführer nicht einmal Zutritt zum Büro von XXXX gehabt. Der Beschwerdeführer sei nach interner Aufgabenverteilung nur für die operative Tätigkeit, im haftungsrelevanten Zeitraum aber „nicht für die finanziellen und buchhalterischen Angelegenheiten der Gesellschaft zuständig“ gewesen. Die Aufteilung der Verantwortlichkeiten sei bereits im Gerichtsverfahren ( XXXX ) erörtert worden und aufgrund der nachgewiesenen getrennten Zuständigkeitsbereiche ein Freispruch für den Beschwerdeführer ergangen. Eine detaillierte Liquiditätsrechnung könne für den fraglichen Zeitraum nicht erstellt werden, da der Beschwerdeführer keinen Zugang zu den erforderlichen Unterlagen habe. Der Beschwerdeführer versichere jedoch, dass nach besten Wissen und Gewissen keine absichtliche Benachteiligung der ÖGK gegenüber anderen Gläubigern erfolgt sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Bei der Primärschuldnerin handelt es sich um eine im Firmenbuch unter der Nummer XXXX eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Innsbruck. Der Geschäftszweig war „Reinigung“. Die Gesellschaft wurde am 18.03.2021 errichtet und mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 18.04.2023 zu 19 S 31/23s wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin der Konkurs eröffnet. Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 11.10.2024 wurde das Konkursverfahren nach Schlussverteilung aufgehoben. Auf die ÖGK- XXXX als Gläubigerin entfiel eine Quote in der Höhe von 2,815683%.
1.2. Handelsrechtliche Geschäftsführer der Primärschuldnerin, die für den jeweiligen Zeitraum auch alleinige Gesellschafter waren, waren laut Firmenbuch
• für den Zeitraum 27.03.2021 bis 12.10.2021: XXXX
• für den Zeitraum 13.10.2021 bis 20.10.2022: XXXX (Beschwerdeführer)
• ab dem 21.10.2022: XXXX
1.3. Der Beschwerdeführer lernte im Jahr 2020 XXXX kennen, der ihm anbot, die Primärschuldnerin zu übernehmen. Der Beschwerdeführer sagte zu und war von Oktober 2021 bis Oktober 2022 alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Aufgrund fehlender Erfahrung stützte sich der Beschwerdeführer in wesentlichen Verwaltungsangelegenheiten auf den Mitarbeiter XXXX , der im Oktober 2022 die Primärschuldnerin vom Beschwerdeführer übernahm. Auch wenn der Beschwerdeführer im Firmenbuch als Geschäftsführer eingetragen war, war er vorrangig im operativen Bereich (Reinigung- und Ausbesserungsarbeiten) tätig, während XXXX alle Verwaltungsangelegenheiten erledigte.
1.4. Die Primärschuldnerin schuldet der belangten Behörde EUR 11.655,33 für nicht entrichtete Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren zuzüglich Verzugszinsen für Mai bis September 2022. Diese Summe ergibt sich aus den offenen Beiträgen in der Höhe von EUR 11.319,39 zuzüglich Verzugszinsen bis 18.04.2023 in der Höhe von EUR 169,76 zuzüglich Säumniszuschläge gemäß § 114 ASVG in der Höhe von EUR 166,18. Die von der Primärschuldnerin geschuldeten Beiträge wurden von dieser nicht fristgerecht bezahlt. Auch die zwangsweise Eintreibung der Forderung bei der Primärschuldnerin durch die belangte Behörde blieb erfolglos.
1.5. Der Beschwerdeführer war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (Mai bis September 2022) alleiniger Gesellschafter und selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Primärschuldnerin. Im Zeitpunkt des Entstehens der Rückstände war der Beschwerdeführer für die rechtzeitige und ordnungsgemäße Entrichtung der Beiträge verantwortlich.
1.6. Der Beschwerdeführer hat weder der belangten Behörde noch dem BVwG Unterlagen vorgelegt, aus denen ersichtlich ist, dass im Zeitraum von Mai bis September 2022 überhaupt keine liquiden Mittel mehr vorhanden waren oder die Forderungen der Österreichischen Gesundheitskasse und anderer Gläubiger gleichbehandelt wurden.
1.7. Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen der Hauptverhandlung am 09.11.2023 mit Urteil des Landesgerichts XXXX zu XXXX wegen des Verdachts eines Verstoßes nach § 153c Abs. 1 StGB („Vorenthalten von Dienstnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung“) gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur XXXX GmbH und zum Konkursverfahren ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Auszug aus der Ediktsdatei zu LG XXXX , AZ XXXX und dem Firmenbuchauszug zu FN XXXX . Die Feststellungen decken sich im Übrigen auch mit jenen des angefochtenen Bescheides und wurden diese auch nicht bestritten.
2.2. Die Feststellungen zu den Geschäftsführern der Primärschuldnerin ergeben sich aus dem Firmenbuchauszug zu FN XXXX .
2.3. Die Feststellungen zur internen Aufgabenverteilung bei der Primärschuldnerin ergeben sich aus den im Akt einliegenden „Protokoll(en) über die Beschuldigtenvernehmung“ des Amtes für Betrugsbekämpfung vom 31.05.2023 (Befragung des Beschwerdeführers) und vom 07.08.2023 (Befragung von XXXX ). Im Wesentlichen bestätigten beide, dass XXXX in der verfahrensgegenständlichen Zeit die administrativen Tätigkeiten innehatte; allerdings gab er im Gegensatz zum Beschwerdeführer an, diesem immer „alles“ vorgelegt zu haben und dass der Beschwerdeführer selbst die Zahlungen getätigt habe.
2.4. Die Höhe der aushaftenden Sozialversicherungsbeiträge der Primärschuldnerin ergibt sich aus den Rückstandsausweisen (insb. OZ 9) und blieb diese auch vom Beschwerdeführer unbestritten. Ebenso blieb die Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach die Beiträge von der Primärschuldnerin – trotz Mahnverfahren bzw. Fahrnisexekutionen - nicht einbezahlt wurden, unbestritten.
2.5. Die Feststellung, wonach die Beitragsrückstände in dem Zeitraum entstanden, in dem der Beschwerdeführer alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Primärschuldnerin war, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Firmenbuchauszug zu FN XXXX und wurde auch in der Beschwerde bestätigt, dass der Beschwerdeführer zwischen 13.10.2021 und 21.10.2022 Geschäftsführer der Primärschuldnerin war. In der Beschwerde wurde allerdings bestritten, dass der Beschwerdeführer für die rechtzeitige und ordnungsgemäße Entrichtung der Beiträge verantwortlich war; vielmehr sei er „nach interner Aufgabenverteilung ausschließlich für die operative Tätigkeit auf den Baustellen und Arbeitseinsätzen verantwortlich“ gewesen. Dem ist zu entgegnen, dass die Bestellung eines "Geschäftsführers auf dem Papier" nichts an seiner Stellung als Organwalter und am Bestand der ihn treffenden Pflichten (nach § 58 Abs. 5 ASVG) ändert. Das Einverständnis, nur formell bzw. nur auf dem Papier als Geschäftsführer zu fungieren, somit auf die tatsächliche Geschäftsführung keinen Einfluss zu nehmen, befreit nicht von der Verantwortung hinsichtlich der Erfüllung der mit der Übernahme der handelsrechtlichen Geschäftsführung verbundenen gesetzlichen Verpflichtungen. Ein bestellter Geschäftsführer, der der rechtlichen oder faktischen Möglichkeit einer ausreichenden und effektiven Kontrolle in der Richtung, ob die jeweils fällig werdenden Sozialversicherungsbeiträge zumindest anteilig entrichtet werden, beraubt ist, muss sich gegen die unzulässige Beschränkung seiner Geschäftsführung oder zumindest seiner Aufsichtsaufgaben und Kontrollaufgaben in Bezug auf die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge durch entsprechende gerichtliche Schritte zur Wehr setzen oder von seiner Geschäftsführerfunktion unverzüglich zurücktreten. Hat er dies nicht getan, dann muss er die haftungsrechtlichen Konsequenzen tragen. Der Geschäftsführer einer GesmbH haftet daher auch dann für rückständige Sozialversicherungsbeiträge, wenn er aufgrund seiner rechtlichen und tatsächlichen Position keine Möglichkeit der Einflussnahme auf die Erfüllung der Verbindlichkeiten gehabt hat (VwGH 29.06.1999, 94/08/0105; 20.04.2005, 2003/08/0243; vgl. zu § 80 BAO VwGH 19.03.2015, 2013/16/0166). Es ist daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer für die rechtzeitige und ordnungsgemäße Entrichtung der Beiträge verantwortlich war.
2.6. Dass der Beschwerdeführer weder der belangten Behörde noch dem BVwG Unterlagen vorgelegt hat, aus denen ersichtlich ist, dass im Zeitraum von Mai bis September 2022 überhaupt keine liquiden Mittel mehr vorhanden waren oder die Forderungen der Österreichischen Gesundheitskasse und anderer Gläubiger gleichbehandelt wurden, ergibt sich aus dem Akteninhalt. Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 31.10.2024 unter anderem aufgefordert, innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung des Schreibens „alle Tatsachen vorzubringen, die (…) gegen eine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG sprechen“ (OZ 4). Das entsprechende Schreiben war ab 06.11.2024 zur Abholung hinterlegt (laut Rückschein, OZ 7). Nachdem dem Beschwerdeführer laut Beschwerdevorbringen das Schreiben erst am 25.11.2024 „zukam“, wurde im Verwaltungsverfahren kein Vorbringen erstattet. Doch auch im Rahmen der Beschwerde wurden – trotz des Hinweises im angefochtenen Bescheid mittels einer „Aufstellung der Zahlungsbewegungen samt Belegen und Status der Verbindlichkeiten per 20.10.2022 und Aufstellung der neuhinzugekommenen Verbindlichkeiten“ nachzuweisen, dass während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums die offenen Sozialversicherungsbeiträge nicht in geringerem Ausmaß bezahlt wurden als sonstige Verbindlichkeiten – keine entsprechenden bzw. gar keine Unterlagen vorgelegt.
2.7. Der Freispruch ergibt sich aus der im Akt einliegenden Verhandlungsmitschrift des LG XXXX zu XXXX .
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde:
3.1.Die Haftung des Geschäftsführers nach § 67 Abs. 10 ASVG ist ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat.
Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften ua die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 58 Abs. 5 ASVG, in der hier anzuwendenden Fassung, haben die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
3.2. Die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG setzt die Uneinbringlichkeit der Beiträge, die Stellung des Haftenden als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters und dessen Verschulden an der Pflichtverletzung, deren Ursächlichkeit für die Uneinbringlichkeit sowie den Rechtswidrigkeitszusammenhang voraus (vgl. VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).
3.3. Dazu ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht vertritt, dass ein Tatbestandsmerkmal des § 67 Abs. 10 ASVG und primäre Haftungsvoraussetzung die Uneinbringlichkeit der Forderung beim Primärschuldner ist bzw. der Haftungspflichtige jedenfalls so lange nicht in Anspruch genommen werden kann, als ein Ausfall beim Beitragsschuldner als Primärschuldner noch nicht angenommen werden kann. Wesentliche und primäre sachliche Voraussetzung der subsidiären Haftung eines Vertreters ist die objektive gänzliche oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit der Forderung beim Primärschuldner. Erst wenn diese feststeht, ist auf die Prüfung der für eine Haftung maßgebenden weiteren, an die Person des allenfalls Haftungspflichtigen geknüpften Voraussetzungen einzugehen (vgl. etwa VwGH vom 19.12.2007, 2005/08/0068).
Die Uneinbringlichkeit beim Primärschuldner ist in der Regel (unter anderem) nach Abschluss eines Sanierungsplans anzunehmen, ist doch - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - davon auszugehen, dass der in der Quote nicht mehr Deckung findende Teil der Beitragsforderung uneinbringlich sein wird (vgl. VwGH vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).
Im konkreten Fall steht fest, dass mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 11.10.2024 das Konkursverfahren nach Schlussverteilung aufgehoben wurde und auf die belangte Behörde als Gläubigerin eine Quote in der Höhe von 2,815683% entfiel. Die danach noch offene Beitragsforderung ist daher uneinbringlich.
Die nicht rechtzeitige Entrichtung der Beitragsverbindlichkeiten war auch kausal für deren spätere Uneinbringlichkeit, insbesondere da sich im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte ergaben, dass bereits eine Uneinbringlichkeit zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge gegeben war, betrafen diese doch das Jahr 2022. Das im April 2023 eröffnete Konkursverfahren erfolgte somit erst nach der bereits eingetretenen Fälligkeit der Beiträge.
3.4. Weiters steht fest, dass der Beschwerdeführer von 13.10.2021 bis 21.10.2022 als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin im Firmenbuch eingetragen und daher gemäß § 58 Abs. 5 ASVG dazu verpflichtet war, dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit entrichtet werden. Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer betreffend Beiträge der Monate Mai bis September 2022 nicht (vollständig) nachgekommen.
3.5. Es gilt nun in weiterer Folge zu prüfen, ob der Beschwerdeführer infolge schuldhafter Pflichtverletzung für die nicht einbringlichen Beitragsforderungen der belangten Behörde haftet. Eine solche Pflichtverletzung kann darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Beiträge (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Gebietskrankenkasse Sorge trägt. Der Geschäftsführer wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweist, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung der Gebietskrankenkasse in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger (vgl. etwa VwGH vom 20.06.2018, Ra 2018/08/0039).
Einen Vertreter nach § 67 Abs. 10 ASVG trifft dabei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung seiner Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Wenn der Vertreter dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen aufstellt, ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern; kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat. Dabei muss der Vertreter nicht nur allgemein dartun, dass er dem Benachteiligungsverbot Rechnung getragen hat, sondern insbesondere die im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen darlegen (vgl. etwa VwGH 26.03.2021, Ra 2021/08/0034, mwN).
Es wäre vom Beschwerdeführer nachzuweisen, dass er entweder im fraglichen Zeitraum insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet hat, oder zwar über Mittel verfügt hat, aber die Beitragsschuldigkeiten nicht in Benachteiligung der Gebietskrankenkasse in einem geringeren Ausmaß beglichen hat als die Forderungen anderer Gläubiger (vgl. bsp. zuletzt VwGH vom 11.03.2024, Ra 2022/08/0166).
Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer jedenfalls nicht nachgekommen. So hat er weder der belangten Behörde noch dem BVwG eine Aufstellung der insgesamt fälligen Verbindlichkeiten und der Zahlungen vorgelegt. Dass den Beschwerdeführer nicht zumindest leichte Fahrlässigkeit getroffen hat, legt er nicht dar, zumal es einem Geschäftsführer nach der vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Zahlungstheorie offen stünde, eine Ungleichbehandlung von Gläubigern dadurch zu vermeiden, dass er im Fall eines Liquiditätsengpasses die Zahlungen ganz einstellt - sei es vorübergehend bis zur Überwindung dieses Engpasses oder endgültig zugunsten der gleichmäßigen Verteilung im Insolvenzverfahren (vgl. in diesem Sinn Müller in SV-Komm, § 67 ASVG Rz 117). Es gibt aber keinen Hinweis darauf, dass im verfahrensgegenständlichen Zeitraum keine Zahlungen geleistet wurden.
Letztlich wurde vom Beschwerdeführer eine Ungleichbehandlung auch gar nicht bestritten, sondern nur erklärt, dass „nach besten Wissen und Gewissen keine absichtliche Benachteiligung der ÖGK gegenüber anderen Gläubigern erfolgt sei“. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht für die Vertreterhaftung nach § 67 Abs. 10 ASVG allerdings bereits leichte Fahrlässigkeit (bei der Verletzung der den Geschäftsführer treffenden Verpflichtungen) aus (vgl. VwGH vom 20. 02.1996, Zl. 95/08/0251) und muss kein Vorsatz vorliegen.
Da der Beschwerdeführer daher seiner besonderen Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht nachgekommen ist, kann ohne weitere Ermittlungen eine schuldhafte (fahrlässige) Pflichtverletzung angenommen werden (vgl. VwGH vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).
3.6. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, keinen Zugang zu den Unterlagen zu haben, da diese nur seinem ehemaligen Steuerberater bzw. seinem früheren Mitarbeiter vorliegen würden, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es jedem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht (oder nicht zur Gänze) entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar ist, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Fall der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Diese Darlegungspflicht trifft nämlich auch solche Haftungspflichtige, die im Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft nicht mehr deren Vertreter sind (VwGH 28.10.1998, 97/14/0160,).
3.7. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass einer seiner Mitarbeiter für alle Verwaltungsangelegenheiten zuständig gewesen sei, ist, wie bereits in der Beweiswürdigung erfolgt, nochmals darauf zu verweisen, dass die Bestellung eines "Geschäftsführers auf dem Papier" nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nichts an seiner Stellung als Organwalter und am Bestand der ihn treffenden Pflichten (nach § 58 Abs. 5 ASVG) ändert (VwGH 09.09.2019, Ra 2019/08/0126). Gerade der in der Beschwerde offengelegte Umstand, dass der Beschwerdeführer die Führung des Unternehmens gänzlich einem Mitarbeiter anvertraut hatte, zeigt, dass er bewusst über einen langen Zeitraum eine Situation in Kauf genommen hat, die eine Einschränkung seiner Befugnisse bzw. eine Nichterfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen bedingt hat und ist er diesbezüglich seinen Aufsichts- und Kontrollverbindlichkeiten nicht nachgekommen.
3.8. In der Beschwerde fand auch der Freispruch des Beschwerdeführers in Bezug auf die Anklage nach § 153c StGB im Rahmen der Hauptverhandlung am 09.11.2023 mit Urteil des Landesgerichts XXXX zu XXXX Erwähnung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Inanspruchnahme als Haftender gemäß § 67 Abs. 10 ASVG eine rechtskräftige Bestrafung nach § 153c StGB (bzw. nach der Vorgängerbestimmung des § 111 ASVG) nicht erforderlich (VwGH 26.05.2004, 2001/08/0209). In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass eine Verurteilung nach § 153c StGB in subjektiver Hinsicht (zumindest) das Vorliegen eines dolus eventualis erfordert, während – wie bereits ausgeführt – für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG eine fahrlässige Pflichtverletzung als ausreichend angesehen wird.
3.9. Was die ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe des Haftungsbetrags anbelangt, so legte die belangte Behörde ihrem Bescheid einen Rückstandsausweis zugrunde. Der Haftungsbetrag wurde im Rückstandsausweis näher aufgegliedert. Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und begründet nach § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld (vgl. OGH RIS-Justiz RS0040429 mwN). Die Haftung umfasst im Hinblick auf 83 ASVG auch die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen nach § 59 Abs. 1 ASVG (vgl. VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038). Die Höhe der Haftungssumme wurde nicht bestritten.
3.10. Aufgrund der umseitigen Erwägungen ist daher eine schuldhafte (fahrlässige) Pflichtverletzung anzunehmen. Da somit alle Voraussetzungen für die Haftung des Beschwerdeführers nach § 67 Abs. 10 ASVG gegeben sind, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.
3.11. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der für den gegenständlichen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Eine Verhandlung wurde auch von keiner der Verfahrensparteien beantragt.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.