Spruch
G305 2305045-1/8Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS über die Beschwerde des serbischen Staatsangehörigen XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4/4. Stock, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2024, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht und wird beschlossen:
A) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer (BF) ist Staatsbürger von Serbien und hält sich seit einem unbekannten Zeitraum, zumindest durch zwei Jahre, in Österreich auf.
Seinen Aufenthalt im Bundesgebiet hat er sich durch „Schwarzarbeit“ mit Gelegenheitsjobs finanziert.
Er war zu keinem Zeitpunkt im Bundesgebiet mit Hauptwohnsitz gemeldet. Er hat sich hier länger aufgehalten, als erlaubt und war unsteten Aufenthalts. Er verfügt über keinen rechtmäßigen Aufenthalt.
Bei ihm scheinen keine Meldungen im Register des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger auf.
Er ist im Bundesgebiet weder in sozialer, noch in wirtschaftlicher Hinsicht verankert.
1.2. Mit Bescheid vom XXXX 2024 sprach die belangte Behörde aus, dass ihm eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.) und gem. § 10 Abs. 2 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs.1 Z 1 FPG wider ihn erlassen werde (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Serbien gem. § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.), gegen ihn ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen werde (Spruchpunkt IV.), gem. § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt werde (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt VI.).
Letzteres wurde im Wesentlichen zusammengefasst damit begründet, dass er den Besitz von Mitteln für seinen Unterhalt im Bundesgebiet nicht nachzuweisen vermochte und sich beharrlich im Bundesgebiet aufgehalten habe, wobei er sich den Unterhalt durch „Schwarzarbeit“ finanziere. Mit seinem Verhalten gefährde er die öffentliche Ordnung und das wirtschaftliche Wohl des Landes. Seine sofortige Ausreise sei im öffentlichen Interesse gelegen, um zu verhindern, dass er sich den Unterhalt im Bundesgebiet durch illegale Quellen finanziere bzw. zur Belastung für die öffentliche Hand werde. Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat sei keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben. Vielmehr sei in seinem Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten sei.
1.3. Gegen sämtliche Spruchpunkte dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde des BF, in der er im Wesentlichen kurz zusammengefasst ausführte, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall zu Unrecht vom Primat der freiwilligen Ausreise abgewichen sei, indem der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise erfordere das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen seien. Gegenständlich habe die belangte Behörden den Sachverhalt nicht in allen beurteilungserheblichen Punkten geklärt. Eine derartige Begründung sei im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht enthalten und seien dem Akteninhalt keine diesbezüglichen Anhaltspunkte zu entnehmen gewesen.
1.4. Das BFA übermittelte die Beschwerde samt Verwaltungsakten.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakte des BFA sowie des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus der Beschwerde, aus Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und im Strafregister.
Rechtliche Beurteilung:
Als Staatsangehöriger von Serbien ist der BF Fremder iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Betroffenen oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Aufgrund der Erklärung, dass sich die Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, den Ausführungen zur aufschiebenden Wirkung, wonach die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung das Verfahrensergebnis vorwegnehme, ergibt sich zweifelsfrei, dass sich die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids richtet, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.
Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise der BF oder die sofortige Durchsetzung im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids erforderlich ist (vgl. VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).
Eine solche Begründung lässt sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde nicht nur mit den bereits für die Erlassung des Einreiseverbotes maßgeblichen Gründen, konkret mit dem Fehlverhalten des BF, das sich auf seinen, den zulässigen Aufenthaltszeitraum bei Weitem überschreitenden Aufenthalt und den mit „Schwarzarbeit“ finanzierten Unterhalt sowie mit dem Fehlen jeglicher sozialer Bindungen bzw. mit dem Nichtvorhandensein eines nach Art. 8 EMRK schützenswerten Familienlebens begründet. Dem Beschwerdevorbringen, dass das Verhalten des BF kein solches Verhalten darstelle, das eine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebieten würde, ist entgegen zu halten, dass der BF zu keiner Zeit seines Aufenthaltes im Bundesgebiet mit Wohnsitz gemeldet war und sich stattdessen unstet wo aufgehalten hat. Er ist zu keiner Zeit einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen und hat sich, wie schon ausgeführt, den Unterhalt mit „Schwarzarbeit“ finanziert. Familiäre Anknüpfungspunkte fehlen völlig. Im Register des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger scheint bei ihm keine Meldung auf. Es durfte daher schon die belangte Behörde annehmen, dass sich der BF lediglich dazu aufgehalten hat, sich den Aufenthalt mit Schwarzarbeit zu finanzieren, wodurch er einen erheblichen Einfluss auf das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in nachteiliger Weise Einfluss genommen hat.
Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen des BF hinsichtlich Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, wonach die von der Judikatur geforderte Begründung dem Bescheid nicht zu entnehmen sei. geht somit ins Leere, ebenso wie jenes, dass die belangte Behörde jede Ermittlungstätigkeit unterlassen hätte. Vielmehr hat die belangte Behörde den BF am XXXX .2024 niederschriftlich dokumentiert einvernommen und den entscheidungsrelevanten Sachverhalt ermittelt. Im Zuge seiner Einvernahme hat sich der BF auch rückkehrunwillig gezeigt und angegeben, dass er „so lange wie möglich“ im Schengenraum bleiben wolle.
Anlassbezogen ist hervorzuheben, dass der BF während seines Aufenthalts im Bundesgebiet ein massiv der öffentlichen Ruhe und Ordnung widerstrebendes Verhalten gezeigt hat. Zum einen verabsäumte er, sich melderechtlich im Bundesgebiet anzumelden, zum anderen finanzierte er sich den Lebensunterhalt mit auch von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs verpönter „Schwarzarbeit“. Dadurch, dass er im Bundesgebiet quasi als U-Boot gelebt hat, versuchte er, sich dem Zugriff durch die Behörden, darunter die Fremdenbehörden, zu entziehen. Dieses Verhalten zeigt ein hohes Maß an krimineller Energie, die sich mit dem Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht in Einklang bringen lässt. Der BF stellt somit eindeutig eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat der BF (Serbien) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 BFA-VG.
Angesichts dessen ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung keine Verletzung von Art 8 EMRK verbunden. Der BF ist im Bundesgebiet weder sozial noch wirtschaftlich verankert.
Die Begründung der Aberkennung der aufschiebendn Wirkung im angefochtenen Bescheid ist somit ausreichend und im Hinblick auf das Gesamtverhalten des BF als nachvollziehbar anzusehen.
Die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden.
Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids ist daher mit Teilerkenntnis zu bestätigen und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG keine Folge zu erteilen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen waren.