JudikaturBVwG

W241 2285138-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
17. Januar 2025

Spruch

W241 2285138-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HAFNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.12.2023, Zl. 1260133508/231481389, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 88 Abs. 2a FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF) stellte am 07.02.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit Bescheid vom 02.07.2020 den Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab und erkannte ihr gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status einer subsidiär Schutzberechtigten zu. Eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr wurde erteilt.

Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

1.3. Am 07.09.2023 beantragte die BF beim Bundesamt gem. § 88 Abs. 2a FPG die Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte.

1.4. Mit Schriftsatz des Bundesamtes vom 09.10.2023 wurde die BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, ihr die weitere Vorgangsweise der Behörde zur Kenntnis gebracht und eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme eingeräumt.

1.5. In einer Stellungnahme vom 24.10.2023 führte die BF aus, dass sie befürchte, durch den Kontakt mit dem syrischen Regime Repressionen ausgesetzt zu sein, sowie dass ihre Reisebewegungen bekannt werden und ihre noch in Syrien aufhältigen Familienmitglieder in Gefahr gebracht würden. Weiters sei ein Reisepass sehr teuer und wolle die BF die syrische Regierung durch die Gebühren nicht finanzieren.

1.6. Mit gegenständlichem Bescheid vom 23.12.2023 wies das Bundesamt den Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG ab.

Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass im Zuge der Nichtzuerkennung des Asylstatus festgestellt worden sei, dass keinerlei Verfolgung der BF durch den syrischen Staat vorläge. Die Vorsprache bei der syrischen Botschaft in Wien sei aufgrund der Entscheidung hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Asylstatus nach Ansicht des Bundesamtes ebenfalls zumutbar.

1.7. In der dagegen erhobenen fristgerechten Beschwerde wurde im Wesentlichen das Vorbringen in der Stellungnahme vom 24.10.2023 wiederholt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.07.2020 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 abgewiesen und ihr gemäß § 8 Abs. 1 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Die BF ist somit rechtmäßig in Österreich aufhältig. Sie verfügt über einen befristeten Aufenthaltstitel für subsidiär Schutzberechtigte.

Am 07.09.2023 stellte die BF den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG.

Die BF hat die Ausstellung eines gültigen syrischen Reisedokumentes bei der syrischen Botschaft in Wien nicht beantragt und es ist davon auszugehen, dass die BF dort einen nationalen gültigen syrischen Reisepass erhalten kann. Die BF bzw. ihre Familienangehörigen in Syrien sind weder gegenwärtig noch waren sie während der Regierungszeit des ehemaligen syrischen Präsidenten Assad (aufgrund der illegalen Ausreise der BF bzw. ihrer Asylantragstellung in Österreich) mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von Verfolgungshandlungen erheblicher Intensität seitens der syrischen Behörden betroffen. Weiters ist auch darauf zu verweisen, dass es der BF zur etwaigen Erlangung eines syrischen Reisedokumentes zumutbar ist, die syrische Botschaft in Wien aufzusuchen.

Da die BF nicht zu dem in § 88 Abs. 1 Z 1 – Z 5 FPG genannten Personenkreis zählt, ist eine diesbezügliche Feststellung zum Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses nicht erforderlich.

Zur aktuellen politischen Lage in Syrien:

Ende November 2024 starteten das extremistisch-islamistische Bündnis Haiʾat Tahrir asch-Scham (auch Hay’at Tahrir ash-Sham; HTS) und seine Verbündeten in Teilen Syriens eine militärische Offensive. Der HTS und ihren Verbündeten gelang es, binnen kurzer Zeit die Herrschaft Baschar al-Assads sowie sein Regime zu beenden und die Macht im Großteil des Staatsgebiets zu übernehmen. Baschar al-Assad und seine Familie hatten kurz vor der Einnahme der syrischen Hauptstadt durch die HTS und ihre Verbündeten Syrien Richtung Russland verlassen. Des Weiteren erlangten kurdische Kräfte einerseits die Kontrolle über Deir ez-Zor. Andererseits mussten kurdische Kräfte in bewaffneten Auseinandersetzungen mit den von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen Syrian National Army (SNA) Gebietsverluste, insbesondere im Distrikt Manbidsch, verzeichnen.

Quellen:

https://syria.liveuamap.com/ [17.12.2024]

https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html [17.12.2024]

https://www.derstandard.at/story/3000000247056/jihadisten-in-syrien-eroberten-mehr-als-50-staedte-und-doerfer [17.12.2024]

https://www.zeit.de/politik/ausland/2024-12/islamistische-rebellen-syrien-hama-baschar-al-assad-kaempfe [17.12.2024]

https://acleddata.com/2024/12/02/syrian-hts-led-forces-capture-over-200-locations-from-assad-forces-in-aleppo-idlib-and-hama/ [17.12.2024]

https://www.derstandard.at/story/3000000247207/nahost-experte-zu-offensive-in-syrien-das-wird-wieder-sehr-viele-menschenleben-kosten [17.12.2024]

https://orf.at/stories/3378405/ [17.12.2024]

https://www.tagesschau.de/syrien-sieg-rebellen-entwicklung-100.html [17.12.2024]

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Vorverfahren der BF hinsichtlich des Antrages auf internationalen Schutz, der Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten und der Feststellung, dass die BF derzeit über einen gültigen Aufenthaltstitel für subsidiär Schutzberechtigten verfügt, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus dem vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz, insbesondere der Einsicht in den Bescheid vom 02.07.2020.

Dass die BF die Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG beantragt hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt.

Die BF hat im gesamten Verfahren keine Nachweise erbracht, dass sie die Ausstellung von syrischen Reisedokumenten bei der syrischen Botschaft beantragt hat bzw. ihr die Ausstellung eines syrischen Reisepasses versagt worden wäre – z.B. durch die Vorlage einer Bestätigung der syrischen Botschaft –, sodass das Gericht davon ausgeht, dass die BF nicht versucht hat einen syrischen Reisepass zu erlangen.

Im mit 02.07.2020 abgeschlossenen Verfahren wurde hinsichtlich der Ausreise und der Asylantragstellung sowie ihres Lebens in Österreich festgestellt, dass der BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung in Syrien droht. Ein anderer Grund, aus dem dem BF eine oppositionell-politische Gesinnung unterstellt werden sollte, war ebenso nicht feststellbar. Im Zuge des Verfahrens haben sich keine Hinweise für eine diesbezügliche Verfolgung, weder gegen die BF noch gegen ihre Familienmitglieder, in Syrien ergeben. Die BF hat in ihrer Einvernahme vor dem BFA am 01.07.2020 keine asylrelevnate Verfolgung in Syrien behauptet. Sie war weder politisch tätig noch gehörte sie einer politischen Partei an. Auch machte sie keine Verfolgung aufgrund ihrer Familienangehörigeneigenschaft zu in Syrien verfolgten bzw. gesuchten Personen geltend. Der BF wurde daher vom BFA der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt. Der Bescheid erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

In der Stellungnahme und Beschwerde im gegenständlichen Verfahren wird zwar mehrfach ausgeführt, dass es der BF nicht möglich sei, bei der syrischen Botschaft einen Reisepass zu beantragen, jedoch nicht angeführt, weshalb die BF befürchte, dass sie selbst oder ihre Familienmitglieder bei Weiterleitung ihrer Daten nach Syrien dort Verfolgung ausgesetzt sein sollten. Der bloße Verweis auf den Aufenthalt und die Asylantragstellung der BF in Österreich genügt nicht, um glaubhaft zu machen, dass die BF oder die Familienangehörigen der BF in Syrien Verfolgung ausgesetzt wären, sollte ihr Aufenthalt in Österrich bekannt werden. Den gerichtsbekannten Länderberichten zu Syrien zufolge sind Personen, sofern sie nicht politisch exponiert sind, nicht allein aufgrund ihrer illegalen Ausreise, Asylantragsstellung im Ausland oder Abstammung aus einem als oppositionell angesehenen Gebiet Verfolgung durch die syrische Regierung ausgesetzt. Rückkehrern wird von der Regierung und Teilen der Bevölkerung zwar mit Misstrauen und Ablehnung begegnet, tatsächliche Repressalien richten sich aber insbesondere gegen jene, die als oppositionell oder regimekritisch bekannt sind. Aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die BF oder die Familienangehörigen der BF allein aufgrund ihrer illegalen Ausreise und Asylantragstellung in Österreich Verfolgung zu befürchten hätten.

Dies gilt sowohl für die ehemalige syrische Regierung unter Präsident Bashar Al-Assad als auch für die seit Dezember 2024 die Kontrolle innehabende Regierung unter Führung der Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS). Es liegen keine Hinweise darauf vor, dass die HTS-geführte Regierung die BF oder deren Familienmitglieder in Syrien allein aufgrund ihrer (illegalen) Ausreise oder ihrer Asylantragstellung in irgendeiner Weise bedrohen oder verfolgen sollte.

Die Feststellungen zur aktuellel politischen Lage in Syrien waren im Lichte der jüngsten Ereignisse in Syrien zu treffen. Diese Ereignisse bzw. Tatsachen sind aufgrund öffentlich zugänglicher, weit verbreiteter medialer Berichterstattung allgemein bekannt („notorisch“; vgl. die bei den Feststellungen exemplarisch angegebenen Quellen). Die Feststellungen stützen sich insbesondere auf die Websites https://syria.liveuamap.com/ und https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html,. Zu betonen ist, dass auf der Website https://syria.liveuamap.com/ nicht nur die aktuellen Machtverhältnisse wiedergegeben werden, sondern anhand der dort veröffentlichten „News“ (englischsprachige Version) bzw. „Ereignisse“ (deutschsprachige Version) auch das nähere Geschehen nachvollzogen werden kann.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 5 Abs. 1a Z 3 FPG sowie § 3 Abs. 2 Z 5 BFA-VG obliegt dem Bundesamt die Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde gemäß dem 11. Hauptstück des FPG.

§ 88 FPG – Ausstellung von Fremdenpässen – lautet:

§ 88 (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für

1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;

2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) gegeben sind;

4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder

5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.

(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

(2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimat-staates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

(3) […]

(4) […]

Die Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 Z 1 bis Z 5 FPG sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die BF ist weder staatenlos [Z 1), verfügt weder über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet (Z 2) noch liegen bei ihr die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“ (Z 3) vor, eine Auswanderungsabsicht ist nicht erkennbar und wurde auch nicht vorgebracht (Z 4). Ebenso wenig liegen Bestätigungen des zuständigen Bundesministers oder der Landesregierung vor, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt (Z 5).

Die Prüfung, ob ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für die BF besteht, konnte mangels Erfüllung der in § 88 Abs. 1 Ziffer 1 bis 5 FPG genannten Voraussetzungen entfallen.

Die Bestimmung des § 88 Abs. 2a FPG regelt die Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte in Umsetzung von Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie (RL 2004/83/EG), welche vor dem Hintergrund einer Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten unter bestimmten Umständen einen (ansonsten nicht bestehenden) Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses vorsieht (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/ Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG K7).

Die Statusrichtlinie sieht die Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten, unter anderem in Bezug auf den Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat, vor. Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie sieht diesbezüglich vor, dass subsidiär Schutzberechtigten, die keine Reisedokumente ihres Herkunftsstaates erhalten können, durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat Reisedokumente auszustellen sind, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Diese Richtlinienbestimmung wird durch die Bestimmung des § 88 Abs. 2a FPG umgesetzt, indem subsidiär Schutzberechtigten nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt wird, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden kann. Humanitäre Gründe für die Anwesenheit in einem anderen Staat sind nicht mehr erforderlich (Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. 2013/68).

Erfüllt der Antragsteller eine der nötigen Voraussetzung nicht, so ist der Antrag abzuweisen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG K11).

Das in § 88 Abs. 2a FPG normierte Erfordernis, dass der Fremde nicht in der Lage ist, sich Reisedokumente seines Herkunftsstaates zu beschaffen, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses einen massiven Eingriff in die Hoheitsrechte des Herkunftsstaats bedeutet, weshalb dem Gesetz die Prämisse zu Grunde liegt, dass Fremde sich zuerst an ihre Heimatvertretung hinsichtlich der Ausstellung eines Reisedokuments wenden müssen.

Dem Fremden muss es konkret (tatsächlich) möglich sein, ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu erlangen. Dies ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn dem Antragsteller die Ausstellung eines Reisedokuments seitens der Vertretungsbehörde tatsächlich verweigert wird (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG K8f).

Die bloß abstrakte Möglichkeit im Falle der Vorlage geeigneter Dokumente grundsätzlich willens zu sein, dem Beschwerdeführer ein Reisedokument auszustellen, reicht für die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses nicht aus, vielmehr muss für den Antragsteller die konkrete Möglichkeit bestehen, sich Reisedokumente seines Heimatstaates zu beschaffen. Erst wenn der Fremde keine Reisedokumente erhält, ist bei Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen ein Fremdenpass auszustellen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/ Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 88 FPG E7).

Mit der Ausstellung eines Fremdenpasses an den Betroffenen übernimmt Österreich die völkerrechtliche Rücknahmeverpflichtung. Die „zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung“ müssen sich auf die den Betroffenen mit dem Fremdenpass eröffnete Reisefreiheit beziehen (Schrefler-König/Szymanski [Hrsg], Fremdenpolizei und Asylrecht zu § 88 FPG Anm. 2).

Der BF wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.07.2020 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Die BF hat bei der syrischen Vertretungsbehörde in Österreich die Ausstellung von nationalen syrischen Reisedokument nicht begehrt und keinen Versuch unternommen, auf diesem Wege einen gültigen nationalen Reisepass zu erhalten.

Wie sich insbesondere aus dem Bescheid des BFA vom 02.07.2020 ergibt, hat die BF in ihrem Asylverfahren weder eine Verfolgung aufgrund einer tatsächlichen oder unterstellten politischen Gesinnung behauptet, noch war ein anderer Grund, aus dem der BF eine oppositionelle-politische Gesinnung unterstellt werden sollte, feststellbar. Auch machte die BF keinen Sachverhalt geltend, der Hinweise darauf geben würde, dass sie gegenwärtig mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen erheblicher Intensität bzw. mit Verfolgungshandlungen gegenüber ihren Familienmitgliedern in Syrien seitens der syrischen Behörden wegen illegaler Ausreise oder wegen Asylantragstellung rechnen müsse.

Die BF ist weiterhin nicht politisch tätig, noch sind ihr Aktivitäten zuzuschreiben, die eine oppositionelle Gesinnung indizieren würden. Dafür, dass die syrische Vertretungsbehörde in Österreich die BF als oppositionell ansehen und dadurch ihre Familienangehörigen in Syrien ins Visier der syrischen Behörden geraten würden, fehlen jegliche Anhaltspunkte. Dies gilt sowohl für die frührer syrische Regierung unter Präsident Assad als auch für die aktuelle, von der HTS geführte Regierung. Es ist somit kein Grund ersichtlich, weshalb die BF sich nicht in der syrischen Botschaft um einen syrischen Reisepass bemühen und diesen auch erhalten könnte, sodass der belangten Behörde beizupflichten ist, dass der BF im vorliegenden Fall die Vorsprache bei den syrischen Behörden als zumutbar angesehen werden muss.

Im Gegensatz zum Asylverfahren reicht es hinsichtlich des zwingendes Tatbestandsmerkmals, ob die BF „nicht in der Lage [ist], sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen“, nicht aus, diesen Umstand glaubhaft zu machen; vielmehr müsste die BF – so die amtswegigen Ermittlungen den Umstand nicht beweisen können – hier den Beweis führen.

Das Bundesverwaltungsgericht hält es aber im Lichte der Feststellungen für lebensnahe und mit hinreichender, weit überwiegender Wahrscheinlichkeit für möglich, dass die BF in der Lage ist, sich mit ihren syrischen Dokumenten auch einen syrischen Reisepass in der syrischen Botschaft ausstellen zu lassen. Vielmehr wurden Umstände, die gegen die Ausstellung von syrischen Reisedokumenten durch die syrische Vertretungsbehörde sprechen, von der BF auch in der Beschwerde nicht substantiiert aufgezeigt.

Im Ergebnis hat die Annahme der BF in der Beschwerde, sie sei nicht in der Lage, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates ausstellen zu lassen, keinerlei substantielle Grundlage. Nach dem Gesagten kann daher im vorliegenden Fall nicht im Sinne des § 88 Abs. 2a FPG davon ausgegangen werden, dass die BF als in Österreich subsidiär Schutzberechtigter nicht in der Lage ist, ein gültiges Reisedokument ihres Herkunftsstaates Syrien zu erhalten. Ein zwingendes Tatbestandsmerkmal (eine Erfolgsvoraussetzung) für die Ausstellung vom Fremdenpass ist sohin im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Im vorliegenden Fall ist der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage geklärt bzw. stand bereits aufgrund der Aktenlage fest, dass die BF die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Fremdenpasses nicht erfüllt. Da es sich zudem um eine reine Rechtsfrage handelt und sich sohin keine Hinweise auf die Notwendigkeit ergeben haben, den maßgeblichen Sachverhalt mit der BF zu erörtern, konnte ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

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