JudikaturBVwG

L532 2199165-4 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
17. Januar 2025

Spruch

L532 2199165-4/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg WILD-NAHODIL über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.08.2023, Zl. XXXX , betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Namensänderung gem. § 3 BFA-VG zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 12.06.2023 brachte der Beschwerdeführer (i.d.F. „BF“), ein subsidiär Schutzberechtigter mit irakischer Staatsbürgerschaft, einen Antrag auf Namensänderung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (i.d.F. „bB“ oder „Bundesamt“) ein.

2. Mit Bescheid vom 11.08.2023, Zl. XXXX , wies die bB den Antrag gem. § 3 Abs 2 BFA-VG mangels sachlicher Zuständigkeit zurück. Der Bescheid wurde am 18.08.2023 zugestellt.

3. Mit rechtzeitig erhobener Beschwerde vom 05.09.2023 wandte sich der BF, vertreten durch die BBU GmbH, an das Bundesverwaltungsgericht (i.d.F. „BVwG“).

4. Der Akt wurde in Folge dessen einer Gerichtsabteilung der Außenstelle Linz des BVwG zugeteilt.

5. Mit 18.12.2024 erfolgte eine Abnahme und Neuzuteilung des Aktes zur Gerichtsabteilung L532.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF wird unter dem Namen „ XXXX “ bei sämtlichen österreichischen Behörden geführt. Dieser Personendatensatz wurde aufgrund authentischer herkunftsstaatlicher Dokumente festgestellt.

Mit 12.06.2022 begehrte der BF bei der bB die Änderung seines Datensatzes auf „ XXXX “ (richtig laut Reisepass: „ XXXX ““

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf dem behördlichen Administrativakt und sind zwischen den Parteien unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zur Zurückweisung des Antrages wegen sachlicher Unzuständigkeit

3.1. § 1 NÄG lautet auszugsweise:

„(1) Eine Änderung des Namens (§ 38 Abs. 2 PStG 2013) ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft

1. einen österreichischen Staatsbürger;

2. einen Staatenlosen oder eine Person ungeklärter Staatsangehörigkeit, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben;

3. eine Person, die Flüchtling im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist oder deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, wenn sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.“

§ 35 Abs 2 PStG lautet:

„Ein in im Ausland eingetretener Personenstandsfall ist einzutragen, wenn der Personenstandsfall betrifft:

1. einen österreichischen Staatsbürger;

2. einen Staatenlosen oder eine Person ungeklärter Staatsangehörigkeit, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben;

3. eine Person, die Flüchtling im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist, wenn sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat oder eine Person, deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, wenn sie ihren Wohnsitz, mangels eines solchen ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und eine Eintragung beantragt.“

Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides lautete § 35 Abs 2 Z 3 PStG:

„einen Flüchtling im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, wenn er seinen Wohnsitz, mangels eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.“

3.2. Nach der Wortinterpretation war der BF zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung durchaus im Recht, wenn er im Beschwerdeschriftsatz sinngemäß moniert, das Gesetz spreche lediglich von „Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“ und ergäbe sich daraus in seinem Falle keine Zuständigkeit der Personenstandsbehörden für eine Namensänderung, und auf dementsprechende Literatur verweist. Auch war der Hinweis, das im angefochtenen Bescheid zitierte Judikat des BVwG vom 08.07.2016, L509 2010479-2, beziehe sich auf Konventionsflüchtlinge, zum damaligen Zeitpunkt vollinhaltlich zutreffend.

3.3. Den – zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung nicht zu beanstandenden – Beschwerdeausführungen ist jedoch Folgendes zu entgegnen:

„Fassung BG BGBl I 2023/160 (tritt mit 1. 9. 2024 in Kraft; s § 72 Abs 12).

Nach dem besonderen Teil der RV (ErläutRV 2202 BlgNR 27. GP 5) orientiert sich diese Bestimmung am Personenkreis des § 9 Abs 3 IPRG und soll danach für Personen, bei denen österreichisches Recht zur Anwendung kommt, die Möglichkeit zur Eintragung eines im Ausland eingetretenen Personenstandsfalles bestehen. Nach dem neuen Wortlaut soll neben Flüchtlingen auch Personen, deren Beziehungen zu ihrem Heimatstaat aus vergleichbar schwerwiegenden Gründen abgebrochen sind, ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet werden, einen im Ausland eingetretenen Personenstandsfall in das ZPR eintragen zu lassen.

Wenngleich nur im Vorblatt angeführt – spricht bereits die RV (2202 BlgNR 27. GP 2) im Zusammenhang mit der Ergänzung des Kreises der Personen, die einen Anspruch auf Nachbeurkundung eines im Ausland eingetretenen Personenstandsfalles gelten machen können, von rund 9.500 in Österreich aufhältigen subsidiär Schutzberechtigten. Es wird angenommen, dass in etwa die Hälfte diese neu eröffneten Nachbeurkundungsmöglichkeiten am Standesamt in Anspruch nehmen könnte.

So auch in den Erläuterungen zu einem beschlossenen Abänderungsantrag (AA-350 BlgNR 27. GP 2; s auch die Kenntlichmachung der Änderungen im beschlossenen Gesetzestext gegenüber dem Vorschlag des Innenausschusses APNR-BR 11356 BlgBR), worin explizit ausgeführt wird, dass unter den in Z 3 definierten Personengruppen jedenfalls Personen zu verstehen sind, denen der Status des Asylberechtigten bzw des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Dies unabhängig davon, ob ihnen dieser Status originär oder abgeleitet zukommt. Die Beziehungen zum Heimatstaat sind etwa auch bei LGBTIQ+ Personen abgebrochen, die in ihrem Heimatstaat aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität systematisch diskriminiert bzw verfolgt werden.

Womöglich wollte der Gesetzgeber mit der Ausdehnung der privilegierten Personengruppe des § 35 Abs 2 einem korrigierenden Eingriff des VfGH zuvorkommen, bei dem über Antrag des VwG Wien ein Gesetzesprüfungsverfahren zu § 35 Abs 2 eingeleitet worden war, bevor die ggst Gesetzesinitiative (RV 2202 BlgNR 27. GP 5) auf den Weg gebracht wurde (vgl dazu auch das vom VwGH abgeänderte Erkenntnis des VwG Wien 16. 9. 2021, VGW-101/070/2963/2021, worin der Umstand, dass subsidiär Schutzberechtigte nicht von § 35 Abs 2 Z 3 PStG erfasst waren, als Regelungslücke gewertet wurde). Dieser vorauseilende Gehorsam des Gesetzgebers auf das in dieser Sache ausstehende Erkenntnis des VfGH wäre letztlich aber gar nicht notwendig gewesen, zumal der VfGH (6. 12. 2023, G 170/2023-15) in der Nichtberücksichtigung von subsidiär Schutzberechtigten in § 35 Abs 2 idF vor BG BGBl I 2023/160 keine Verfassungswidrigkeit erkennt. Anders als insbesondere bei Asylberechtigten, denen grundsätzlich der Kontakt mit den Behörden ihres Herkunftsstaates unzumutbar sein wird, weil die Definition des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK von der Unmöglichkeit oder dem fehlenden Willen des Flüchtlings ausgeht, sich dem Schutz seines Herkunftsstaates auf Grund begründeter Furcht vor Verfolgung zu unterstellen, geht die den Status begründende Gefährdung subsidiär Schutzberechtigter in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen nicht von staatlichen Behörden, sondern von anderen Umständen aus, sodass eine kurzfristige Kontaktaufnahme mit den Behörden des Herkunftsstaates zumutbar sein kann (Rz 36 vgl auch Rz 32).

Ungeachtet dieser im parlamentarischen Verfahren nicht mehr berücksichtigten Klarstellungen durch den VfGH ist nun in Ansehungen der obzitierten Materialien und im Gleichklang zur zivilrechtlichen Literatur zu § 9 Abs 3 IPRG (Hueber, Zur Anspruchsberechtigung anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter auf Unterhaltsvorschüsse, iFamZ 2018, 275, nach dem man dies schon aufgrund der Tatsache, dass der Person subsidiärer Schutz gewährt wurde, regelmäßig annehmen wird können; auch nach Verschraegen in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 § 9 IPRG Rz 69 [Stand 1. 3. 2023, rdb.at], spricht vieles dafür, dasselbe Personalstatut wie jenes für Flüchtlinge [Art 12 GFK] auch für subsidiär Schutzberechtigte heranzuziehen) wohl davon auszugehen, dass (ab 1. 9. 2024) subsidiär Schutzberechtigte generell unter die Personengruppe des § 35 Abs 2 zu subsumieren sind (dem folgend BMI mit Rundschreiben 23. 8. 2024, 2024-0.6.12.243). Dies befreit die Behörde jedoch nicht von einer Einzelfallprüfung bzw -entscheidung.

Außer den subsidiär Schutzberechtigten (bei denen das Antragsrecht anzunehmen ist) sind auch andere Personen zu berücksichtigen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen und entsprechende Begründungen belegt werden können (zB s § 46a FPG, geduldete Personen). Eine abschließende Festlegung berechtigter Antragsteller ist daher rechtlich nicht möglich, da sowohl die Antragslegitimierung als auch die Qualität des Sachverhaltes zu prüfen sind.“ (Kutscher/Wildpert, Personenstandsrecht2 § 35 PStG 2013 [Stand 31.7.2024, rdb.at], Anmerkung 4)

3.4. Da das BVwG sich nach ständiger höchstgerichtlicher Judikatur bei seinen Entscheidungen an der maßgeblichen Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung auszurichten hat (vgl. z.B. VwGH vom 18.02.2015, Ra 2015/04/0007), war die Beschwerde, mag sie zum damaligen Zeitpunkt auch zu Recht erhoben worden sein, aufgrund des geänderten Gesetzeswortlauts im Zusammenhang mit den zitierten Gesetzesmaterialien, die zur Auslegung des § 35 Abs 2 PStG heranzuziehen waren, als unbegründet abzuweisen.

Der BF hat sich sohin - neuerlich – an die sachlich und örtlich zuständige Personenstandsbehörde zu wenden.

Zum Absehen von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung:

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde vom Bundesamt vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch als aktuell und vollständig zu erachten.

In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender, für die Beurteilung relevanter Sachverhalt konkret und substantiiert behauptet, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das Neuerungsverbot verstößt.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war – aufgrund des unstrittigen Sachverhalts – ausschließlich eine Rechtsfrage, zu deren Lösung die Anhörung des BF in keinster Weise beigetragen hätte.

Es konnte daher davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt erachtet werden und eine Verhandlung entfallen konnte.

Bei der Frage der Rechtsrichtigkeit einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache handelt es sich grundsätzlich um eine reine Rechtsfrage, die keiner Erörterung bedarf.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar fehlt es an jeglicher Rechtsprechung zur Interpretation des § 35 Abs 2 PStG, jedoch liegt bei Eindeutigkeit der Rechtslage keine „grundsätzliche Rechtsfrage“, welche zur Anrufung des VwGH legitimieren würde, vor (vgl. VwGH 28.05.2014, Ra 2014/07/0053). Eine solche Eindeutigkeit ist aufgrund der Erläuterungen jedenfalls gegeben.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor und wird eine solche auch in der Beschwerde nicht dargetan.

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